L 7 AS 21/12 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 954/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 21/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung
Die Rechtsbehelfsbelehrung eines Widerspruchsbescheids ist unrichtig mit der Folge, dass die Klagefrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr beträgt, wenn sie die Vorgaben des § 92 Abs. 1 SGG zum Klageinhalt enthält.
Sie ist weiter unrichtig, wenn sie die Vorgaben des § 93 SGG zu den Abschriften der Klageschrift enthält.
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist ferner unrichtig, wenn sie im Bereich des SGB II darauf verweist, dass "die Klage auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden kann, soweit eine Bevollmächtigung dazu gegeben ist".
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 14. Dezember 2011 abgeändert und der Antragsgegner vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller in der Zeit vom 01.01.2012 bis 30.04.2012 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 150,- Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob und welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) dem Antragsteller vorläufig zu gewähren sind. Insbesondere ist streitig, ob Einkommen und Vermögen von Frau G. wegen einer eheähnlichen Gemeinschaft anzurechnen ist.

Der 1956 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer beantragte im Dezember 2010 erstmals Arbeitslosengeld II beim Antragsgegner und Beschwerdegegner. Davor bezog er dieselbe Leistung in M. Dabei teilte er mit, dass er im Haus seiner Vermieterin (Frau G.) kostenlos wohnen könne, weil er dieser wöchentlich zwei bis drei Stunden bei der Haus- und Gartenarbeit helfe. Frau G. sei auch seine frühere Vermieterin in M. gewesen. Er unterzeichnete einen Vermerk, dass er in dem Haus in einer abgeschlossenen Wohnung wohne. Dem Antragsteller wurde daraufhin bis einschließlich 31.10.2011 Arbeitslosengeld II in Höhe der Regelbedarfs (zuletzt 364,- Euro) bewilligt.

Bereits am 08.02.2011 sollte ein Hausbesuch erfolgen. Nach dem zugehörigen Vermerk gebe es nur eine Türklingel und nur einen Briefkasten. Es handle sich um ein kleines Haus. Der anwesende Antragsteller lehnte den Hausbesuch mit der Begründung ab, dass dieser nicht angekündigt worden sei.

Am 14.10.2011 beantragte der Antragsteller die Weitergewährung von Leistungen für die Zeit ab 01.11.2011. Mit Schreiben vom 24.10.2011 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, bis spätestens 24.11.2011 einen Termin für einen Hausbesuch abzusprechen. Weil der Antragsteller den Hausbesuch nicht in die Wege leitete, wurde die Leistung mit Bescheid vom 30.11.2011 abgelehnt. Die Hilfebedürftigkeit habe nicht geklärt werden können.

Bereits am 31.10.2011 erhob der Kläger eine Untätigkeitsklage (S 4 AS 859/11) zum Sozialgericht Regensburg, weil über seinen Leistungsantrag noch nicht entschieden worden sei. In diesem Verfahren teilte der Antragsteller mit, dass Frau G. eine monatliche Rente von 800,- Euro beziehe und dafür die Hausmiete von 350,- Euro zuzüglich Nebenkosten bestreiten müsse. Nachdem der Ablehnungsbescheid ergangen war, forderte das Sozialgericht den Antragsteller auf, die Untätigkeitsklage für erledigt zu erklären und sich gegebenenfalls gegen den Ablehnungsbescheid zu wenden. Eine Äußerung ging daraufhin nicht ein.

Der Antragsteller erhob Widerspruch gegen den Ablehungsbescheid. Er lebe zwar mit Frau G. in einem gemeinsamen Haushalt, erhalte von ihr jedoch in keiner Form Geld- oder Sachleistungen. Ein Hausbesuch sei nicht erforderlich. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2011 zurückgewiesen. Dieser wurde laut Aktenvermerk am 22.12.2011 versandt. Der Widerspruchsbescheid enthält folgende Rechtsbehelfsbelehrung:

"Gegen diese Entscheidung kann jeder Betroffene für sich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Sozialgericht Regensburg [Anschrift] Klage erheben. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Für minderjährige oder nicht geschäftsfähige Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Klage kann auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden, soweit eine Bevollmächtigung dazu gegeben ist.

Die Klage muss gemäß § 92 des Sozialgerichtsgesetzes den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder der zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden. Der Klageschrift sind gemäß § 93 des Sozialgerichtsgesetz nach Möglichkeit Abschriften für die Beteiligten beizufügen."

Am 06.12.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Er sei weiterhin bedürftig und benötige ärztliche Behandlung. Mit Beschluss vom 14.12.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die gesetzliche Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 3a SGB II sei anwendbar, weil der Antragsteller und Frau G. seit über einem Jahr zusammenleben würden. Es werde auch gemeinsam gewirtschaftet, weil der Antragsteller für geringe Haus- und Gartenarbeit umsonst bei Frau G. wohne.

Am 05.01.2012 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Der Stichtag für den Hausbesuch sei der 24.11.2011 gewesen - deshalb sei der Vorwurf, er lebe schon seit einem Jahr mit Frau G. in einem gemeinsamen Haushalt, nicht richtig. Er könne nicht verstehen, warum ihm trotz fortbestehender Hilfebedürftigkeit die Leistung nicht bis 24.11.2011 gewährt werde. Einen Hausbesuch würde er nur dulden, wenn er von unbefangenen Mitarbeitern des Antragsgegners durchgeführt werde. Bei der Wohnungen München habe es sich um eine Mietwohnung gehandelt. Er sei Untermieter von Frau G. gewesen. Er habe seit geraumer Zeit starke Zahnschmerzen und benötige ärztliche Behandlung und eine Krankenversicherung.

Auf Befragen durch das Beschwerdegericht hat der Antragsteller mitgeteilt, dass Frau G. keinerlei verwertbares Vermögen in Form von Immobilien, Wertpapieren, Kapitalanlagen oder ähnliches habe. Auf den Hinweis des Beschwerdegericht, dass einstweiliger Rechtsschutz nur möglich sei, wenn er rechtzeitig Klage gegen den Widerspruchsbescheid erhebe, hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er eine weitere Klage für aussichtslos halte.

Der Antragsgegner hat als Mietobergrenze für zwei Personen 352,- Euro benannt, bezogen auf die Nettokaltmiete einschließlich der Nebenkosten, jedoch ohne Heizkosten.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 14.12.2011 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten ihm vorläufig ab 01.11.2011 Arbeitslosengeld II in Höhe des Regelbedarfs zu gewähren

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Antragsgegners, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 14.12.2011 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 SGG). Sie ist auch teilweise begründet.

1. Der strittige Bescheid wurde nicht bestandskräftig.

Der Bescheid vom 30.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.12.2011 zur Ablehnung der Leistungen ab 01.11.2011 wurde nicht gemäß § 77 SGG in der Sache bindend. Wäre der Bescheid bestandskräftig, wäre ein Eilverfahren ohne Erfolgsaussicht (vgl. BayLSG, Beschluss vom 26.09.2011, L 7 AS 742/11 B ER).

Gemäß § 87 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Diese Frist wurde nicht eingehalten. Insbesondere gilt die Untätigkeitsklage nicht automatisch als Klage gegen den Ablehnungsbescheid. Eine solche Klage müsste der Antragsteller - auch jetzt noch - ausdrücklich erklären. Die Klagefrist beträgt aber gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Jahr, weil die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig erteilt wurde. Diese Frist ist noch offen.

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist jedenfalls dann unrichtig, wenn sie Fehler enthält, die von einer sachgerechten Einlegung des gegebenen Rechtsbehelfs abhalten können (BSG, Beschluss vom 18.10.2007, B 3 P 24/07 B, Rn. 6). Eine Rechtsbehelfbelehrung hat "Wegweiserfunktion". Sie muss die notwendigen Hinweise für die ersten Schritte des Betroffenen enthalten, sie darf aber nicht durch weitere Informationen inhaltlich überfrachtet werden und statt Klarheit zu schaffen, wegen ihres Umfangs und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiften (BSG, a.a.O. Rn. 7). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der konkrete Betroffene vom richtigen Rechtsbehelf abgehalten werden kann, es genügt vielmehr die abstrakte Möglichkeit eines Irrtums (BSG, Beschluss vom 02.03.1995, 7 BAr 196/94, Rn. 8).

a) Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zum einen unrichtig, weil sie darauf verweist, dass die Klage "auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden kann, soweit eine Bevollmächtigung dazu gegeben ist". Die gesetzliche Vermutung aus der Bedarfsgemeinschaft nach § 38 SGB II gibt aber keine Vollmacht zur Klageerhebung (Urteil des BSG vom 02.07.2009, B 14 AS 54/08 R). Insofern ist die Verknüpfung der Bedarfsgemeinschaft mit der Klagebevollmächtigung zumindest irreführend.

b) Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zum zweiten unrichtig, weil sie die Vorgaben des § 92 Abs. 1 SGG zum Klageinhalt und des § 93 SGG zu den weiteren Abschriften der Schriftsätze anführt (so ausdrücklich für § 92 SGG Wolff-Dellen in Breitkreuz / Fichte, SGG, 1. Auflage 2008, § 66 Rn. 22).

Unter Anwendung der o.g. Maßstäbe ist zunächst festzustellen, dass der Hinweis auf die Mindestinhalte der Klage nach § 92 Abs. 1 SGG und die Mehrausfertigungen der Schriftsätze nach § 93 SGG nicht erforderlich war, um die "Wegweiserfunktion" zu erfüllen. Zum anderen waren diese Hinweise geeignet, von einer Einlegung des Rechtsbehelfs abzuhalten, weil sie den Eindruck erwecken, es handle sich um Zulässigkeitsvoraussetzungen und damit zu beachtende Hürden für eine Klage. Es ist für eine frist- und formwirksame Klage aber nicht erforderlich, die Klageinhalte nach § 92 Abs. 1 SGG zu gewährleisten und die Mehrausfertigungen zu übermitteln.

Aus § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt sich, dass selbst beim Fehlen der eigentlich unverzichtbaren Klagebestandteile nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG (Bezeichnung von Kläger, Beklagten und Gegenstand des Klagebegehren) keine unzulässige Klage vorliegt, sondern das Gericht nur eine Frist zur Ergänzung der Klage mit ausschließender Wirkung setzen kann. Dann kann im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung nicht - wie geschehen - nur darauf hingewiesen werden, dass die Klage gemäß § 92 des Sozialgerichtsgesetzes den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen muss. Die Nichterfüllung der in § 92 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGG genannten "Soll-Anforderungen" (bestimmter Antrag, Unterschrift mit Ort- und Datumsangabe, Angabe von Tatsachen und Beweismitteln, Übermittlung von Bescheid und Widerspruchsbescheid) ist - vorbehaltlich einer Präklusion nach § 106a SGG - größtenteils folgenlos. Andererseits kann die gesamte Regelung des § 92 SGG schwerlich in eine Rechtsbehelfsbelehrung aufgenommen werden, ohne zugleich wegen des dann entstehenden Umfangs und der Kompliziertheit Verwirrung zu stiften.

Für die Übermittlung von Mehrausfertigungen der Klageschrift nach § 93 SGG gilt im Wesentlichen das gleiche: Deren Übermittlung ist für eine wirksame Klageerhebung nicht erforderlich. Die Mehrfertigungen werden ggf. vom Gericht beim Kläger nachgefordert oder vom Gericht selbst angefertigt, wobei die Kosten für die Anfertigung dem Kläger auferlegt werden können.

2. Die Beschwerde ist teilweise begründet, weil eine einstweilige Anordnung zu Gunsten des Antragstellers zu ergehen hat.

Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (insb. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) ist eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen, wenn bei den Betroffenen ohne die Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz eine schwere Verletzung ihrer Rechte auch nur möglich ist. Dies folgt aus dem Schutzauftrag für die Menschenwürde (Art 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG) und der Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG). Kriterien der Interessensabwägung sind insbesondere die drohende Verletzung von (Grund-) Rechten, ausnahmsweise entgegenstehende überwiegende besonders gewichtige Gründe und die hypothetischen Folgen bei einer Versagung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz.

Der Maßstab des Bundesverfassungsgerichts ist hier anzuwenden, weil es um einen vollständigen Wegfall der existenzsichernden Leistungen geht, der nicht durch Schonvermögen oder Hilfe Dritter aufgefangen wird. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ist nicht möglich, weil die Höhe des Einkommens von Frau G. nicht genau bekannt ist. Ferner ist nicht vollständig geklärt, über welches Vermögen Frau G. verfügt. Allerdings geht das Beschwerdegericht davon aus, dass entsprechend den Angaben des Antragstellers Frau G. zumindest über ein Renteneinkommen von netto 800,- Euro im Monat verfügt und 350,- Euro an Miete für das Haus entstehen. In welcher Höhe Neben- und Heizkosten anfallen, ist unklar.

Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die weit überwiegenden Hinweiszeichen für eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau G. sprechen. Beide hatten zunächst schon in M. gemeinsam in einer Wohnung gelebt. Es ist nicht gerade typisch für eine Untermiete, dass diese nach einem größeren Ortswechsel fortgesetzt wird. Es ist mittlerweile geklärt, dass der Antragsteller in dem kleinen Haus von Frau G. wohnt, ohne über eine abgetrennte Wohnung zu verfügen. Es wird auch gemeinsam gewirtschaftet, weil der Antragsteller für geringe Mitarbeit im Haushalt und Garten umsonst wohnen kann. Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren - die Jahresfrist nach § 7 Abs. 3a SGB II müsste doch bis 24.11.2011 laufen - lassen erkennen, dass es ihm nur noch um den Zeitpunkt geht, ab dem die eheähnliche Gemeinschaft zu berücksichtigen ist, nicht mehr um des generelle Bestreiten dieser Gemeinschaft.

Bei der Güter- und Folgenabwägung zu berücksichtigen, dass die Unterkunft des Antragstellers nicht gefährdet ist. Er hat auch bisher umsonst gewohnt. Allerdings benötigt der Antragsteller nach seinen Angaben aktuell eine ärztliche Behandlung und dafür einen Krankenversicherungsschutz. Dies kann Frau G. angesichts der bislang bekannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse wohl nicht leisten.

Weiter ist in der Abwägung zu berücksichtigen, dass der Antragsteller es mehrmals verhinderte, den Sachverhalt durch Genehmigung eines Hausbesuchs weiter zu klären. Er ist zwar nicht verpflichtet, einen Hausbesuch zu dulden (vgl. BayLSG, Beschluss vom 11.03.2011, L 7 AS 83/11 B ER), er kann sich dann aber auch nicht auf die daraus resultierende Unklarheit bei der Sachverhaltsaufklärung berufen.

Bei einer überschlägigen Bedarfsberechnung ergibt sich ein Bedarf von zwei mal 337,- Euro für den Regelbedarf (Neufestsetzung ab 01.01.2012 durch Verordnung vom 17.10.2011, BGBl. I, S. 2090), 352,- Euro für die Mietobergrenze für zwei Partner zuzüglich Heizkosten in nicht bekannter Höhe. Dies ergibt 1.026,- Euro zuzüglich Heizkosten.

Dem steht gegenüber ein Einkommen von Frau G. von 800,- Euro, das um die Versicherungspauschale von 30,- Euro zu bereinigen ist, mithin 770,- Euro.

Als ungedeckter Bedarf ergäben sich dann monatlich 256,- Euro zuzüglich der unbekannten Heizkosten. Dieser Bedarf ist regelmäßig auf die beiden Personen aufzuteilen. Da nur der Antragsteller Leistungen begehrt, hat das Beschwerdegericht 150,- Euro monatlich angesetzt. Dieser Betrag deckt zwar nur einen Teil des vollen Regelbedarfs, allerdings kommt es für Januar zu einer Nachzahlung und der Antragsteller kann kurzfristig an der weiteren Klärung des Sachverhalts mitwirken. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Antragsgegner im Zuge der Amtsermittlung auf der Grundlage von § 60 Abs. 4 SGB II von Frau G. Auskünfte zu deren Einkommen und Vermögen verlangen dürfte und auch in dieser Hinsicht der Sachverhalt kurzfristig weiter geklärt werden kann.

Weil der Antragsteller vor allem für die Gegenwart und die nächste Zeit Krankenversicherungsschutz benötigt und es der Antragsteller bzw. Frau G. in der Hand haben, den Sachverhalt in den nächsten Wochen weiter aufzuklären, hat das Beschwerdegericht im einstweiligen Rechtsschutz Leistungen für Januar bis April 2012 verfügt.

Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Das geringe Obsiegen des Antragstellers und das Veranlassungsprinzip rechtfertigt keine Kostenbelastung des Antragsgegners.

Der Antragsteller wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen:

Wenn Frau G. - so wie er vorträgt - tatsächlich kein Vermögen besitzt (es gibt allerdings auch Schonvermögen), kein höheres Einkommen erzielt und Heizkosten anfallen, dann kann es sogar sein, dass er bzw. er zusammen mit Frau G. im Endergebnis in etwa die gleiche Leistung erhält wie bisher. Ob eine sogenannte "gemischte Bedarfsgemeinschaft" vorliegt, weil Frau G. evtl. eine Altersrente bezieht und nach § 7 Abs. 4 SGB II von Leistungen nach SGB II ausgeschlossen ist, kann das Gericht nicht beurteilen. In diesem Fall hätte aber der Antragsteller selbst einen höheren Leistungsanspruch.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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