L 20 AS 1322/12 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 9546/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 1322/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2012 mit Ausnahme der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben und der Antrag der Antragsteller abgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I S, Sstraße B, beigeordnet (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -, § 119 Abs. 1 Satz 2, § 121 ZPO)

Gründe:

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit der Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25 Mai 2012, soweit er mit diesem im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – ab dem 1. Mai 2012 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2012, zu gewähren und den Antragstellern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht zu erstatten.

Die Antragstellerin zu 1) besitzt die niederländische Staatsangehörigkeit. Sie meldete sich am 16. März 2011 in Deutschland an und gibt an, kurzfristig vom 31. August 2011 bis zum 24. November 2011 ein Gewerbe als Reinigungskraft betrieben zu haben. Der Antragsteller zu 2) wurde am 2012 in Deutschland geboren. Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin zu 1) Leistungen für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. April 2012. Den Fortzahlungsantrag lehnt der Antragsgegner mit Bescheid vom 3. April 2012 mit der Begründung ab, die Antragstellerin sei nur zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland und somit von Leistungen ausgeschlossen. Der hier gegen von der Antragstellerin erhobene Widerspruch vom 13. April 2012 ist bisher nicht beschieden worden. Ein nach Angaben der Antragstellerin formlos gestellter Antrag auf Leistungen für den Antragsteller zu 2) wurde bisher nicht beschieden.

Am 13. April 2012 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 727,64 Euro begehrt haben. Die Antragstellerin zu 1) gab an, sie beabsichtige, wenn Ihr Sohn ein Jahr alt sei, wieder arbeiten zu gehen und sich eine Arbeit zu suchen. Vermögen in den Niederlanden besitze sie nicht. Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Antragstellerin Elterngeld i.H.v. 300 Euro monatlich bewilligt, der Antrag auf Kindergeld für den Antragsteller zu 2) ist nach Angaben der Antragstellerin noch nicht beschieden.

Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 25. Mai 2000 verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Unterhalts ab dem 1. Mai 2011 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2012 zu gewähren.

Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 25. Mai 2012 zugestellten Beschluss am 5. Juni 2012 Beschwerde erhoben, mit der er beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2012 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Vorsitzende des Senat hat auf Antrag des Antragsgegners die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2012 bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Beschwerdeinstanz ausgesetzt (§ 199 Abs. 2 S. 1 SGG).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners (Az. - Behelfsakte) Bezug genommen, der vorlag und Gegenstand der Beratung war.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Denn die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Antragsteller müssen glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO), dass ihnen ein Anspruch auf die geltend gemachte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für sie mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund).

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Sie sind von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen ausgenommen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Antragstellerin zu 1. hat angegeben, sich sobald Ihr Sohn ein Jahr alt ist, wieder Arbeit suchen zu wollen und damit ein anderes als dem Zweck der Arbeitsuche dienendes Aufenthaltsrecht bereits nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht.

Es ist daher von einem Aufenthaltszweck der Arbeitssuche auszugehen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfüllt sind. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist als geltendes Recht auch anzuwenden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG). Der Senat ist von der Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1. Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht überzeugt. Nur eine solche Überzeugung könnte ihn ausnahmsweise berechtigen, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Anders als in Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG, bei denen ggf. eine Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung zu treffen ist (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 13. März 1996 – 7 NC 147.95, NVwZ 1996, 1239; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 10. März 2010 – 12 ME 176/08, NuR 2010, 290, und vom 5. Januar 2011 – 1 MN 178/10, BauR 2010, 990), sind die Gerichte im Rahmen des § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich nicht berechtigt, formelle Gesetze als unwirksam zu behandeln. Dies gilt insbesondere, wenn das Gericht lediglich Zweifel an der Vereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht hat (a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. August 2011 – L 15 AS 188/11 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 30. November 2010 – L 34 AS 1501/10 B ER –, vom 17. Mai 2011 – L 28 AS 566/11 B ER –, vom 20. Juni 2011 – L 25 AS 535/11 B ER – und vom 30. September 2011 – L 14 AS 1148/11 B ER, L 14 AS 1152/11 B PKH; Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2010 – L 16 AS 767/10 B ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011 – L 7 AS 107/11 B ER). Nur ausnahmsweise, wenn das Gericht von der Europarechtswidrigkeit einer innerstaatlichen Norm überzeugt ist und zudem die Durchsetzung der Ansprüche des Antragstellers endgültig versagt würde, kommt Art. 19 Abs. 4 GG Vorrang vor Art. 20 Abs. 3 GG zu mit der Folge, dass ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung ergehen kann. Diese setzt jedoch eine ansonsten abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage auch im Eilverfahren voraus; für eine "Folgenabwägung" ist hingegen kein Raum (so im Ergebnis auch SG Dresden, Beschluss vom 5. August 2011 – S 36 AS 3461/11 ER). Eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II lässt sich den vorgenannten Entscheidungen der Landessozialgerichte nicht entnehmen. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof durch ein Landessozialgericht ist nicht bekannt. Auch der Senat kann eine solche Überzeugung nicht gewinnen.

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist nicht schon wegen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) unanwendbar.

Hierzu hat der 29. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 7. Juni 2012 (L 29 AS 920/12 B ER – zur Veröffentlichung in Juris vorgesehen) ausgeführt: "Selbst wenn jedoch weiterhin von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des EFA ausgegangen würde, sieht der Senat keine Anhaltspunkte, von einem Verstoß des Leistungsausschlusses nach § 7 SGB II gegen das EFA auszugehen, da ein entsprechender Vorbehalt erklärt wurde.

Die Bundesregierung hat am 19. Dezember 2011 gegen die Anwendung des SGB II und des SGB XII im Rahmen des EFA Vorbehalte fixiert. Der Vorbehalt hinsichtlich der Vorschriften des SGB II (es gibt einen weiteren hinsichtlich der Vorschriften des SGB XII) lautet (in deutscher Übersetzung - Bekanntmachung vom 31. Januar 2012 in BGBl. II S. 144, ber. durch Bekanntmachung vom 3. April 2012 in BGBl. II S. 470): "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland übernimmt keine Verpflichtung, die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Leistungen an Staatsangehörige der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden."

Dieser Vorbehalt ist nach Ansicht des Senats wirksam. Er basiert auf Art 16 b Satz 2 EFA und ist von dieser Norm gedeckt.

Nach Art 16 a EFA haben die Vertragschließenden den Generalsekretär des Europarates über jede Änderung ihrer Gesetzgebung zu unterrichten, die den Inhalt von Anhang I und III berührt. Gemäß Art 16 b EFA hat jeder Vertragschließende dem Generalsekretär des Europarates alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind (Satz 1); gleichzeitig mit dieser Mitteilung kann der Vertragschließende Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden machen (Satz 2).

Dieser Verpflichtung gemäß Art 16 b Satz 1 EFA ist die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer Erklärung vom 19. Dezember 2011 nachgekommen. Als neue Rechtsvorschriften wurden sowohl das SGB II als auch das SGB XII mitgeteilt. Gleichzeitig hat die Bundesrepublik Deutschland von dem ihr gemäß Art 16 b Satz 2 EFA eingeräumten Recht, Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden zu machen, Gebrauch gemacht (siehe hierzu Antrag unter anderem der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN vom 21. März 2012, Bundestagsdrucksache 17/9036 S. 2). Das Recht, einen nachträglichen Vorbehalt zu dem EFA zu machen, beruht damit unmittelbar auf einer speziellen Regelung des Abkommens selbst; auf Art. 19 des Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) kommt es schon aus diesem Grunde nicht an. Entgegen einer vom 19. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg geäußerten Ansicht (Beschluss vom 9. Mai 2012, Az.: L 19 AS 794/12 B ER, zitiert nach uris) ist der Vorbehalt damit rechtzeitig erklärt, da er "gleichzeitig" im Sinne von Art. 16 b EFA mit der Mitteilung erfolgt ist.

Soweit der 19. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung die Auffassung vertritt, das SGB II und das SGB XII sei bei seiner Mitteilung und der Erklärung des Vorbehaltes im Dezember 2011 kein "neues Gesetz" im Sinne des Art. 16 b EFA gewesen, vermag sich der erkennende Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Dem 19. Senat des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist zwar zuzugeben, dass diese Gesetze im Dezember 2011 bereits einige Jahre (seit dem 1. Januar 2005) in Kraft waren und daher rein kalendarisch gegebenenfalls kaum noch als "neu" betrachtet werden könnten. Welche Gesetze als "neue Rechtsvorschriften" im Sinne von Art. 16 b EFA anzusehen sind, ergibt sich jedoch schon aus dem Wortlaut der Regelung. Dort ist im Art. 16 b Satz 1 EFA nämlich ausdrücklich erwähnt, dass dem Generalsekretär "alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen (sind), die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind." Im Anhang I war das SGB II und SGB XII jedoch bis Dezember 2011 nicht aufgeführt und diese Regelungen sind daher nach der Definition des Art. 16 b Satz 1 EFA entsprechend als "neue Rechtsvorschriften" aufzufassen, die mitzuteilen waren. Dass die Mitteilung dieser neuen Rechtsvorschriften und des Vorbehalts erst Jahre nach Inkrafttreten dieser Gesetze erfolgte, ist insoweit unerheblich. Fristen für die Mitteilung und für die Erklärung von Vorbehalten enthält Art. 16 EFA gerade nicht.

Ob sich aus der nicht zeitnahen Mitteilung der Gesetze und der Erklärung der Vorbehalte gegebenenfalls andere rechtliche Konsequenzen für die Bundesrepublik Deutschland ergeben, kann offen bleiben. Zu einer Unwirksamkeit des Vorbehalts kann dieses Verhalten - wie ausgeführt - jedenfalls nicht führen.

Im Übrigen spricht für die Wirksamkeit des Vorbehalts auch dessen Veröffentlichung auf der aktuellen Seite des Europarates – Vertragsbüro (Gesamtverzeichnis unter http://conventions.coe.int). Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Europarat einen Vorbehalt veröffentlicht, wenn dort Zweifel an der Wirksamkeit dieses Vorbehaltes bestehen.

Schließlich ist es nach Ansicht des Senats auch sehr zweifelhaft, ob bei einem unwirksamen Vorbehalt tatsächlich über Art. 1 EFA ein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestehen würde. Nach Wortlaut und Systematik des EFA könnte vielmehr die Annahme gerechtfertigt sein, dass das SGB II nur dann über das EFA einen Anspruch begründen kann, wenn es dort im Anhang I erwähnt ist (so schon der 34. Senat des Landessozialgerichts Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 23. Dezember 2009, L 34 AS 1350/09 B ER, zitiert nach juris). Gemäß Art. 1 EFA wird eine Gleichbehandlung nämlich nur im Bereich der "Fürsorgegesetzgebung" gewährleistet und dieser Bereich wird über Art. 2 b und 19 EFA im Anhang I jeweils für die einzelnen Vertragsschließenden festgestellt. Bei der Veröffentlichung des EFA vom 11. Dezember 1953 im Bundesgesetzblatt vom 18. Mai 1956 (BGBl. II, Seite 563) war im Anhang I für die Bundesrepublik Deutschland aufgeführt:

- Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 - Reichsgrundsätze über Voraussetzungen, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge - vom 4. Dezember 1924 - Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 - Verordnung über Tuberkulose Hilfe vom 8. September 1942 - preußisches Gesetz über die Beschulung blinder und taub stummer Kinder vom 7. August 1911

Für diese gesetzlichen Regelungen galt mithin das EFA schon bei seiner Bekanntmachung. Jede spätere Änderung war nach Art. 16 a EFA mitzuteilen und über die Aufnahme in den Anhang I in den Geltungsbereich des EFA einzubeziehen, um auch dort die Gleichbehandlung aufgrund des Art. 1 EFA erreichen zu können. Käme danach einer Aufnahme in den Anhang I zum EFA eine konstitutive Wirkung zu, so würde die Nichtmitteilung (der neuen Rechtsvorschriften) gerade nicht zu einer (gar vorbehaltslosen) Einbeziehung führen.

Eine Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vermag der Senat danach im Hinblick auf das EFA nicht zu erkennen."

Diesen Ausführungen folgt der erkennende Senat in vollem Umfang.

Der Senat ist ferner nicht davon überzeugt, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG – sog. Unionsbürgerrichtlinie – gedeckt ist, soweit Leistungen zum Lebensunterhalt begehrt werden (so auch Peters in Estelmann, SGB II, § 7 Rn. 14, und mit zutreffenden Erwägungen LSG Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 8. Juni 2009 – L 34 AS 790/09 B ER –; inzwischen hat dieser Senat seine Rechtsprechung allerdings aufgegeben, Beschluss vom 30. November 2011 – L 34 AS 1501/10B ER, L 34 AS 1518/10 B PKH). Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren. Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie bestimmt, dass auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden darf, wenn die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II beruht auf diesen europarechtlichen Bestimmungen (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 13). Der Senat hat auch keine Bedenken, die vorliegend erstrebten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie anzusehen. Die Frage, welche Leistungen unter diesen Sozialhilfebegriff fallen, ist im Einklang mit Art. 39 Abs. 2 des EG-Vertrags (EGV) zu beantworten (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, Vatsouras, Koupatantze, C 22-/08 und C 23/08). Nach Art. 39 Abs. 2 EGV umfasst die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die nach Art. 39 Abs. 1 EGV gewährleistet wird, die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Vor dem Hintergrund dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es nicht mehr möglich, Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, von finanziellen Leistungen auszunehmen, sofern diese den Zugang zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates erleichtern sollen (EuGH, Urteile vom 23. März 2004, Collins, C-138/02, und vom 15. September 2005, Ioannidis, C-258/04). Bei den von den Antragstellern beantragten Leistungen handelt es sich nicht um finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, sondern um staatliche Fürsorgeleistungen, die der Existenzsicherung dienen. Es ist Sache der nationalen Behörden und innerstaatlichen Gerichte, nicht nur das Vorliegen einer tatsächlichen Verbindung mit dem Arbeitsmarkt festzustellen, sondern auch die grundlegenden Merkmale dieser Leistungen zu prüfen (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, Vatsouras, Koupatantze, C 22-/08 und C 23/08). Grundlegendes Merkmal der von den Antragstellern begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist deren "Passivität", das heißt deren Existenz sichernde Funktion (vgl. zum Charakter des SGB II als Fürsorgegesetz BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 23/10 R); sie begehren hingegen nicht "aktive" Leistungen der Eingliederung in Arbeit (vgl. zur Trennbarkeit der Leistungen im SGB II auch ausführlich SG Berlin, Urteil vom 16. Dezember 2011 – S 26 AS 10021/08; Beschluss des SG Dresden vom 5. August 2011 – S 36 AS 3461/11 ER; LSG Berlin-Brandenburg, 34. Senat, a. a. O.). Die Regelungen des SGB II führen die frühere Arbeitslosenhilfe einerseits und die frühere Sozialhilfe andererseits zusammen (BT-Drs. 15/1516, S. 44). Das bisherige Nebeneinander von zwei staatlichen Fürsorgeleistungen sollte beendet, der Grundsatz "Arbeit statt passiver Leistung" besser umgesetzt werden (a. a. O.). Die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit werden aber weiterhin als aktive Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und als passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht (a. a. O., S. 50). Während die aktiven Leistungen den Erwerbsfähigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützen sollen, sollen die passiven Leistungen den Lebensunterhalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können (a. a. O.). Die Antragsteller begehren allein Leistungen, die der Existenzsicherung dienen, und damit Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie.

Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass sich eine Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II aus einem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit – VO 883/2004 – ergibt. Es werden zwar Zweifel erhoben, ob der Leistungsausschluss im SGB II mit der VO 883/2004 vereinbar ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2011 – L 14 AS 1148/11 B ER, L 14 AS 1152/11 B PKH; SG Dresden, Beschluss vom 5. August 2011 – S 36 AS 3461/11 ER). Der Senat hält die Annahme der Unvereinbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II aber nicht für zwingend.

Nach Art. 4 der VO 883/2004 haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staats, soweit mit der VO nichts anderes bestimmt ist. Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung erstreckt sich gemäß Art. 2 Abs. 1 u. a. auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der sachliche Geltungsbereich gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. h) auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Während Art. 3 Abs. 1 VO 883/2004 die Anwendbarkeit der VO auf die Systeme der sozialen Sicherheit regelt und damit diese einer Exportpflicht unterwirft, regelt Art. 3 Abs. 5 Lit. a) VO 883/2004 den Ausschluss der Fürsorgeleistungen vom Anwendungsbereich der VO und damit von der Exportpflicht. In Reaktion auf Ausgestaltungen von Sozialleistungssystemen in den Mitgliedsstaaten, die die Kategorisierung von Leistungen in solche der sozialen Sicherung einerseits und Leistungen der Fürsorge andererseits erschwerten und aufgrund der Rechtsprechung des EuGH wurde bereits mit Art. 10a Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 eine Regelung geschaffen, die für etwaige "Mischleistungen", nämlich für besondere beitragsunabhängige Leistungen, eine Ausnahme von der generellen Exportpflicht (Art. 10 Abs. 1 VO 1408/71) vorsah. Für diese Leistungen, sofern sie denn als beitragsunabhängige Sonderleistungen von den Koordinierungsregelungen der VO erfasst waren, sollte der Leistungstransfer in das europäische Ausland ausgeschlossen werden. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises war damit nicht verbunden; bereits Art 10a Abs. 1 Satz 2 VO 1408/71 bestimmte, dass die Leistungen ausschließlich im Wohnmitgliedsstaat und ausschließlich nach dessen Rechtsvorschriften erbracht werden.

Auch nach Art. 3 Abs. 3 VO 883/2004 gilt nunmehr die (Nachfolge-)Verordnung ausdrücklich auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Art. 70. Als solche Leistungen sind gemäß Art. 70 Abs. 2 lit. c) i. V. m. Anhang X für Deutschland auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt sind, aufgeführt. Dies führt jedoch nicht zu der Annahme eines grundsätzlichen Anspruchs aller Unionsbürger auf scheinbar alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Art. 4 VO 883/2004 bestimmt den Gleichbehandlungsgrundsatz sofern in der VO selbst nichts anderes bestimmt ist. Art. 70 Abs. 4 VO 883/2004 regelt, dass die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnortlandes geleistet werden. Hier können Zugangsregelungen geschaffen werden. Eine Ausweitung der grundsätzlichen Leistungsberechtigungen der beitragsunabhängigen Leistungen nach nationalem Recht für alle Unionsbürger war auch mit der Regelung des Art. 70 VO 883/2004 nicht bezweckt. Dieses Verständnis entspricht der historisch-systematischen sowie teleologischen Auslegung. Die Unionsbürgerrichtlinie, die in Art. 24 Abs. 2 die Möglichkeit eines Leistungsausschlusses eröffnet, und die VO 883/2004, wonach der vorgenannte Leistungsausschluss gerade nicht möglich sein soll, datieren auf denselben Tag, nämlich den 29. April 2004. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Europäische Parlament und der Rat sich widersprechende Regelungswerke in Kraft setzen wollten (vgl. zu den "Widersprüchlichkeiten" SG Dresden, a. a. O., das allerdings deshalb zu dem Schluss der Unvereinbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit der VO 883/2004 kommt). Dies gilt umso mehr, als mit der VO 883/2004 die Koordinierung der Sozialsysteme, aber gerade nicht die Vereinheitlichung der materiellen Standards bezweckt war (vgl. Schreiber in VO (EG) Nr. 883/2004, Kommentar, 2012, Einleitung Rn. 5), eine Aushöhlung der Möglichkeit des mitgliederstaatlichen Leistungsausschlusses auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie durch die Regelungen in VO 883/2004 also nicht beabsichtigt gewesen sein dürfte. Nach dem bisherigen materiellen Standard, der in der Verordnung (EG) Nr. 1408/71, die durch Art. 90 der VO 883/2004 überwiegend aufgehoben wurde, abgebildet ist, waren nicht auch Arbeitssuchende vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst (Art. 2 VO 1408/71; vgl. hierzu Schreiber, a. a. O. Art. 70 Rn. 5).

Mit der Aufnahme der Leistungen zur Sicherung der Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den zuvor leeren Anhang X der VO 883/2004 mit der Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 ist damit keine Abkehr vom bisherigen materiellen Standard erfolgt, sondern auf die Einführung dieser Leistungen und der Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - SGB XII – reagiert und sichergestellt worden, dass diese Leistungen – soweit sie die weiteren Voraussetzungen des Art. 70 Abs. 2 VO 883/04 erfüllen, also "Mischleistungen" sind - nicht dem generellen Exportgebot unterfallen, sondern nur in Deutschland erbracht werden. Soweit es sich bei den Leistungen nach dem SGB II nicht um "besondere beitragsunabhängige" i.S. des Art. 70 Abs. 2 VO 883/04 handelt, sie reine Fürsorgeleistungen sind, sind sie weiterhin bereits nach Art 3 Abs. 5 VO 883/04 nicht von den Koordinierungsvorschriften erfasst.

Die Leistungen nach dem SGB II sind mit Aufnahme im Anhang X als insoweit besondere beitragsunabhängige Leistungen im Sinne des Art. 70 VO 883/2004 qualifiziert, als sie – nach den vorstehenden Ausführungen – Leistungen der sozialen Fürsorge darstellen und eine Leistung der Sozialen Sicherheit ersetzen oder ergänzen. Die Leistungen nach §§ 19 ff. "ergänzen" nicht Leistungen der sozialen Sicherheit (vgl. hierzu Fuchs, in Europäisches Sozialrecht, 5. Auflage 2010, Rn. 11), da sie nicht zusammen mit einer der von Art. 3 Abs. 1 VO 883/04 erfassten Leistung erbracht werden (hier Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III -). Die Leistungen der §§ 19 ff. SGB II ersetzen auch nicht in jeder Leistungsform eine Leistung der Sozialen Sicherheit im Sinne des Art. 3 VO 883/04, hier eine Leistung bei Arbeitslosigkeit. Ersatzweise i.S. Art. Abs. 2 VO 883/04 werden solche Leistungen gewährt, die anstelle von Regelleistungen in Versicherungsfällen nach Art. 3 Abs. 1 VO 883/04 gewährt werden, es muss ein "exakt identischer Versicherungsfall" (Fuchs, a.a.O.) gegeben sein. Dies ist in den Fällen, in denen das Arbeitslosengeld II nach dem SGB II, welches nicht an die Arbeitslosigkeit, sondern an die Bedürftigkeit mangels Einkommens und Vermögens trotz bestehender Erwerbsfähigkeit anknüpft, jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der reine Fürsorgecharakter der Leistung im Vordergrund steht, d.h. kein Bezug zu einem vorausgegangenen Verlust eines Arbeitsplatzes gegeben ist.

Ob die hier in Rede stehenden Leistungen der §§ 19 ff. SGB II insgesamt tatsächlich besondere beitragsunabhängige Sonderleistungen oder nicht doch insgesamt Leistungen der sozialen Fürsorge sind, wäre ggf. vom EuGH zu überprüfen (vgl. hierzu Schreiber a. a. O., Art. 70 Rn. 22). § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II regelt jedenfalls allein einen Ausschluss von reinen Fürsorgeleistungen i.S. des Art. 3 VO 883/2004. Die so verstandene Regelung der Art. 3 Abs. 3, Art. 70 VO 883/2004 führt auch nicht zu der Annahme, dass die Aufnahme der Leistungen der Grundsicherung nach §§ 19 ff. SGB etwa ins Leere läuft. Da Unionsbürger nicht generell vom Leistungsbezug nach §§ 19 ff. SGB II ausgeschlossen sind, bestand ein Regelungsbedarf dahin, diese betragsunabhängige Leistung, soweit sie eine besondere Leistung i.S. des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004 ist, nicht den generellen Exportverpflichtungen der VO zu unterwerfen (Art. 7 VO 883/2004) und nur spezielle Koordinierungsregelungen für anwendbar zu erklären (so das Wohnortprinzip, Art. 70 Abs. 4 VO 883/2004).

Einer Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII – bedurfte es nicht, da ein Anspruch gegen diesen nicht in Betracht kam. Die Antragstellerin zu 1) und auch der Antragsteller zu 2) sind von den Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, die hier allein geltend gemacht werden, ausgeschlossen.

Nach § 21 Satz 1 SGB XII sind Personen, die als Erwerbsfähige dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB II sind, was bei der Antragstellerin zu 1) der Fall ist, von der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen; dies gilt auch für Angehörige, also für den Antragsteller zu 2). Grundsätzlich richten sich die Leistungsansprüche von Erwerbsfähigen und ihren Angehörigen nach dem SGB II, ein subsidiäres Eingreifen von Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Die Abgrenzung der Systeme der Grundsicherung nach dem SGB II und dem SGB XII geschieht durch den Begriff der Erwerbsfähigkeit (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage, § 21, Rn. 7; Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 21, Rn. 12, 15), wie dies auch im Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII zum Ausdruck kommt. Diese Vorschrift ist, soweit Leistungen nach dem SGB XII in Erwägung gezogen werden, "als vor die Klammer gezogene Ausschlussnorm" vorab zu prüfen (Eicher, a.a.O., Rn. 8). Dies gilt auch für erwerbsfähige Ausländer, die dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB XII sind (Eicher, a.a.O.). Die Regelung des § 21 SGB XII stellt eine Norm zur Abgrenzung der Hilfesysteme nach dem SGB II und dem SGB XII anhand der Erwerbsfähigkeit dar. Dies gilt auch, soweit ein tatsächlicher Leistungsanspruch bei vorhandener Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II nicht ausgelöst wird, da es für die Abgrenzung nur auf einen Anspruch dem Grunde nach ankommt. Durch die Abgrenzung der Leistungssysteme in § 21 SGB XII nach der Erwerbsfähigkeit und die Ausschlusswirkung bei einem Anspruch nach dem System des SGB II dem Grunde nach bei Erwerbsfähigkeit scheidet ein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII auch für solche Personen aus, die erwerbsfähig sind, deren Anspruch jedoch aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Soweit § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Ansprüche nach dem SGB XII für Ausländer, die sich im Inland aufhalten, normiert, ist diese Regelung nach ihrer systematischen Stellung nach § 21 SGB XII und unter Berücksichtigung dessen, dass die gleichrangigen Sicherungssysteme der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII hinsichtlich des dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreises nach der Erwerbsfähigkeit abzugrenzen und die Normen in diesem Sinne harmonisierend auszulegen sind (Eicher, a.a.O., Rn. 9f.), dahin auszulegen, dass die Regelung in § 23 SGB XII jedenfalls nicht erwerbsfähigen Ausländern und ihren Angehörigen einen - dem Grunde nach im SGB II geregelten - Anspruch unter anderen Voraussetzungen zusätzlich oder ersatzweise zuerkennt (a.A. offenbar: Eicher, a.a.O., Rn. 26 ff.; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, § 23, Rn. 36.3). Wie auch der Anwendungsbereich des § 22 SGB XII als Sonderregelung für Auszubildende im SGB XII deshalb begrenzt ist, weil Auszubildende regelmäßig erwerbsfähig sind und damit die Anspruchberechtigung sich allein aus dem SGB II ergeben kann (Grube, a.a.O., Rn. 1), gilt auch ein eingeschränkter Anwendungsbereich für § 23 SGB XII, da sich auch für diesen Personenkreis die Leistungsberechtigung nach dem Leistungssystem des SGB II bestimmt. Auch in diesem Leistungssystem wird für EU-Bürger das europarechtliche Gleichbehandlungsgebot – unter Berücksichtigung des nunmehr erklärten Vorbehalts – berücksichtigt.

Den Antragstellern ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG , § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung ZPO ). Dabei kommt es auf die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht an, da sie in erster Instanz obsiegt haben und der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Entscheidung des Sozialgerichts über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren, die vom Antragsgegner mit der Beschwerde - mangels Beschwerdebefugnis zu Recht - nicht angegriffen worden ist, bleibt unberührt.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochtenen werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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