S 38 AS 17/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
38
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 38 AS 17/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
1. Der Beschluss des Stadtrates der LH Dresden vom 24.11.2011 zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft i.S. des § 22 SGB 2 beruht nicht auf einem schlüssigen Konzept.

2. Anhand des vorhandenen Datenmaterials kann die Angemessenheits
I. Der Bescheid vom 7.10.2010 in Gestalt des WB vom 8.12.10 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.3.11 wird dahingehend geändert, dass der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin für 11/10 weitere 37,00 EUR, für 12/10 weitere 42,00 EUR, für 01 - 03/11 monatlich weitere 42 EUR und für 04/11 weitere 42,45 EUR zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte. IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin und das beklagte Jobcenter (im Folgenden: der Beklagte) streiten über Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011.

Die 1966 geborene, erwerbslose Klägerin wohnte in dem streitgegenständlichen Zeitraum in Dresden in einer 48,60 m² großen Wohnung, für die sie bis zum 31.03.2011 248,00 EUR Grundmiete, 40,00 EUR Betriebskostenvorschuss und 40,00 EUR Heizkostenvorschuss, insgesamt 328,00 EUR zahlte. Ab dem 01.04.2011 betrug der Betriebskostenvorschuss 48,98 EUR, so dass die Klägerin insgesamt 336,98 EUR zahlte. Die Wohnung wird mit Fernwärme geheizt. In diese war die Klägerin im Mai 2009 ohne Zustimmung des Beklagten eingezogen, nachdem dieser jedoch die Notwendigkeit eines Umzuges bestätigt hatte.

Im Dezember 2009 attestierte ihr der behandelnde Arzt eine Laktoseintoleranz, beruhend auf einer Untersuchung am 27.07.2009.

Die Klägerin bezieht seit 2005 fortlaufend Leistungen nach dem SGB II. Auf den Fortzahlungsantrag vom 31.08.2010 bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 07.10.2010 Leistungen für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011. Dabei übernahm er die Kosten der Unterkunft nur in Höhe von 308,70 EUR.

Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 08.12.2010 zurück. Die Klage ging am 03.01.2011 beim Sozialgericht Dresden ein. Mit Bescheid vom 26.03.2011 änderte der Beklagte den Bescheid aufgrund der erhöhten Regelleistung. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung folgendes Teilanerkenntnis abgegeben:

"In dem hier streitigem Zeitraum von November 2010 bis April 2011 wird in die Berechnung der Leistungsansprüche der Klägerin ein Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung monatlich wie folgt einbestellt: Im November 2010 314,23 EUR, im Dezember 2010 309,53 EUR, für die Zeit von Januar bis April 2011 monatlich 316,00 EUR."

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und im Übrigen an dem Rechtsstreit festgehalten.

Die Klägerin meint, die aufgrund ihrer Erkrankung vorgegebene Ernährung sei mit einem Kostenaufwand verbunden, der mit der Regelleistung nicht zu decken sei. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet, die Kosten der Unterkunft in voller Höhe zu übernehmen.

Die Klägerin beantragt:

Der Bescheid vom 07.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 wird dahingehend geändert, dass der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen, insbesondere einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich 30,00 EUR und die Kosten der Unterkunft in voller Höhe.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass bei der Klägerin kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu bewilligen sei. Auch bei der Laktoseintoleranz sei davon auszugehen, dass der in der Regelleistung enthaltener Anteil für Ernährung den notwendigen Aufwand decke. Die Klägerin sei erneut – und zwar durch den amtsärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit – zu untersuchen, um festzustellen, ob bei ihr eine Laktoseintoleranz vorliege. Die Kosten der Unterkunft seien nur in Höhe des anerkannten Betrages zu übernehmen, da die von der Klägerin gezahlte Bruttokaltmiete die Angemessenheitsgrenze überschreite.

Das Gericht hat Befundberichte der Dr. med. L. L., des Dipl.-med. M. H. und R. eingeholt und in diesem Verfahren beigezogen. Hierzu wird auf Bl. 60 f., 78ff. und 27 der Gerichtsakte S 38 AS 4987/09 verwiesen.

Das Gericht hat außerdem Beweis erhoben Einholung eines Sachverständigengutachtens der Dipl. oec.troph. T. R. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf Bl. 45 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Das Gericht hat die Leistungsakte mit dem Az. 07402 BG 0008717 und die Gerichtsakte S 38 AS 4987/09 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der Kammer lagen die gerichtlichen Verfahrensakten, die Verwaltungsakte des Beklagten, der Methodenbericht zum Dresdener Mietspiegel 2010, die Mietspiegeltabelle 2010, die Kommunale Bürgerumfrage 2010 sowie das Gutachten des Instituts Wohnen und Umwelt und dessen ergänzende Stellungnahmen vom 16.02.2012 und vom 09.05.2012 vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der Beratung und der Entscheidungsfindung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Akte, die Gerichtsakte, die gewechselten Schriftsätze insgesamt und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2012 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

1. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 07.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2010, mit dem der Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.05.2010 - 31.10.2010 bewilligt hat. Der Bescheid vom 26.03.2011 ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

2. Der Bescheid vom 07.10.2010 ist rechtswidrig, die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt.

2.1. In der Zeit vom 01.11.2010 - 31.12.2010 hatte die Klägerin, die alle weiteren Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, Anspruch auf Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 711,00 EUR.

2.1.1. Neben der Regelleistung in Höhe von 359,00 EUR hatte die Klägerin Anspruch auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf (§ 21 Abs. 5 SGB II a.F.) wegen der bestehenden Laktoseintoleranz in Höhe von 30,00 EUR monatlich. Sie hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, diesen nicht mehr wegen Urolthiasis und Hyperurikämie geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22.11.2011, Az. B 4 AS 138/10 R m.w.N.) ist die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Eines gesonderten Antrags auf diese Leistungen bedarf es damit nicht.

Die Kammer ist insbesondere aufgrund der ärztlichen Stellungnahme des Arztes Herrn R. (Bl. 81f. GA S 38 AS 4987/09) zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin an einer Laktoseintoleranz leidet. Die Untersuchung erfolgte durch eine pneumologische Schwerpunktpraxis u.a. für Allergologie. Der Nachweis der Erkrankung wurde mittels eines Laktoseintoleranz-Tests geführt, nachdem der sog. Prick-Test den Nachweis einer Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel nicht erbracht hatte.

Dem nicht näher begründeten Antrag des Beklagten auf neuerliche Begutachtung der Klägerin war nicht nachzugehen. Der untersuchende Arzt hat bereits festgestellt, die Klägerin bedürfe einer laktosefreien Ernährung. Nach den Ausführungen der Gutachterin R. (S. 3 des Gutachtens) gibt es kein zuverlässiges Testverfahren, um den Grad der Unverträglichkeit nachzuweisen.

Die Kammer ist aufgrund des zu dieser Frage eingeholten Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme der Dipl. oec. troph. R. zu der Überzeugung gelangt, dass der Mehrbedarf der Klägerin in Höhe von 1,00 EUR/Tag zu bemessen ist.

Die Sachverständige hat verständlich und nachvollziehbar dargelegt, dass die laktosearme Kost weitgehend mit herkömmlichen Lebensmitteln realisierbar ist und die Mehrkosten mit bis zu 1,00 EUR täglich zu bemessen sind. An dem Sachverstand der dem Gericht bereits aus anderen Verfahren bekannten Gutachterin hat die Kammer keinen Zweifel. Die gutachterlichen Ausführungen lassen weder Denkfehler noch sonstige Widersprüche oder Mängel erkennen. Dem Umstand, dass die Sachverständige den Betrag nicht endgültig beziffert hat, hat das Gericht dadurch Rechnung getragen, dass es den von ihr genannten Höchstbetrag in Ansatz gebracht hat. Nach § 41 Abs. 1, S. 2 SGB II wird der Monat mit 30 Tagen berechnet, woraus sich der Betrag von 30,00 EUR monatlich als Mehrbedarf ergibt.

2.1.2. Die Kosten der Unterkunft waren für die Zeit vom 01.11.2010 – 31.12.2010 abzüglich der Warmwasserpauschale mit 321,53 EUR zu berücksichtigen, denn in dieser Höhe sind sie angemessen i.S.d. § 22 Abs. 1 S.1 SGB II.

2.1.2.1. Die Angemessenheit der Unterkunft ist in mehreren Schritten zu prüfen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 30/08 R). Hierzu ist in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnstandard zu bestimmen.

Die zulässige Wohnungsgröße für einen 1-Personenhaushalt beträgt 45 m². Insoweit hat das LSG in seiner Entscheidung vom 29.05.2012 (Beschluss, Az. L 7 AS 24/12 B ER) ausgeführt, die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen sei entgegen aller vorgetragenen Bedenken anwendbar.

Angemessen sind "Aufwendungen für eine Wohnung" außerdem nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist", es sich um eine "Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt" handelt ("lediglich einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung", vgl. BSG Urteil vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 30/08 R). Angemessen erscheinen insoweit Wohnungen mit einem Badezimmer, Sammelheizung, Fenstern und ausreichender Elektroinstallation.

2.1.2.2. Um prüfen zu können, welche Aufwendungen für eine "einfache" Wohnung abstrakt angemessener Größe im unteren Segment des Wohnungsmarktes zu zahlen ist, muss nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG auf einer zweiten Prüfungsstufe der maßgebliche räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt werden, innerhalb dessen das (durchschnittliche) Mietpreisniveau solcher Wohnungen ermittelt wird. Das BSG geht dabei im Grundsatz vom Wohnort des Hilfebedürftigen als dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsraum aus. Der Vergleichsraum erstreckt sich hier auf das gesamte Stadtgebiet der LH Dresden.

2.1.2.3. Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen.

Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R):

&61656; Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), &61656; es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, &61656; Angaben über den Beobachtungszeitraum, &61656; Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), &61656; Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, &61656; Validität der Datenerhebung, &61656; Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und &61656; Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

2.1.2.4. Die Stadt Dresden verfügte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht über ein Konzept, dass diesen Vorgaben des BSG entsprach.

Die von der Landeshauptstadt Dresden auf der Grundlage des IWU-Gutachtens im Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 für die Bruttokaltmiete ab dem 01.12.2010 festgelegten Richtwerte beruhen, unabhängig davon, dass sie nach dem Stadtratsbeschluss erst ab Dezember 2010 angewendet werden sollen, nicht auf einem schlüssigen Konzept.

Die 40. Kammer hat hierzu in ihrem Urteil vom 01.06.2012 (S 40 AS 5436/11) Folgendes ausgeführt: "aa) Das I.-Institut geht in seiner Methodik von der Überlegung aus, dass es wenig sinnvoll sei, "abstrakte Richtwerte festzulegen, zu denen der aktuelle Wohnungsmarkt konkret keine Wohnungen in ausreichender Zahl vorhalte" (vgl. S. 5 des Gutachtens). Daher berücksichtigt das I.-Institut bereits bei der Festlegung der Angemessenheitsgrenze eine "abstrakte Verfügbarkeit bzw. Häufigkeit angemessener Wohnungen". Die Angemessenheitsgrenze wird nicht allein durch eine Analyse des zur Verfügung stehenden Angebots ermittelt. Vielmehr liegt die Angemessenheitsgrenze laut I.-Institut an dem Punkt, an dem sich das monatliche Angebot in einem bestimmten Eignungssegment mit der monatlichen Nachfrage durch Leistungsempfänger nach Wohnungen in diesem Segment trifft. Durch die Einbeziehung der Nachfrageseite in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze will das I.-Institut gewährleisten, dass in der Regel mit den maximal zu gewährenden Leistungen für die Bruttokaltmiete auch eine Wohnung konkret angemietet werden kann. Damit soll dieses sogenannte "Wohnungsmarktmodell" für jeden unangemessen wohnenden Leistungsempfänger ein angemessenes Wohnungsangebot suchen.

bb) Das Bundessozialgericht hatte in den bisher ergangenen Entscheidungen zu der Berechnung der Angemessenheitsgrenze für Wohnkosten bislang keinen Anlass, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine derartige Methode, welche Angebot und Nachfrage gegenüberstellt, überhaupt geeignet ist, um eine grundsicherungsrelevante Angemessenheitsgrenze zu berechnen. Dies liegt daran, dass die bislang zur Entscheidung gestellten Berechnungsmethoden ausschließlich - entsprechend den vorstehend bereits dargestellten Schritten - die "Angebotsseite" beleuchtet hatten. Dabei wurde auf der Grundlage eines einfachen oder qualifizierten Mietspiegels untersucht, welche Bruttokaltmiete für einfachen und abstrakt angemessenen Wohnraum gezahlt werden musste. Von diesem Vorgehen unterscheidet sich die Berechnungsmethode der Landeshauptstadt Dresden grundsätzlich, weil sie auf eine derartige Vorbestimmung des einfachen und abstrakt angemessenen Wohnraums ganz überwiegend verzichtet und eine Berechnung ausschließlich über den Preis vornimmt. Dies ist nach Auffassung der Kammer grundsätzlich zulässig. Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht einer solchen Methode, bei der zur Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze grundsätzlich auch die abstrakte Verfügbarkeit von Wohnungen bereits in der Berechnung selbst berücksichtigt wird, nicht entgegen (vgl. dazu auch die Ausführungen des SächsLSG, Beschl. v. 29.5.2012, L 7 AS 24/12 B ER, dort insb. S.18, noch nicht veröffentlicht).

cc) Die konkrete angebots-/nachfrageorientierte Berechnungsweise des I.-Instituts, die sich der Beklagte auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 24.11.2011 zu Eigen macht, beachtet aber die für ein schlüssiges Konzept erforderlichen "Eckpunkte" nicht. Insbesondere sind einige der in die Berechnung übernommenen Daten nach den vorstehenden Maßgaben zu beanstanden. Darüber hinaus sind aber auch einige Grundannahmen, die in der Berechnung mathematisch korrekt umgesetzt worden sind, aus rechtlichen Gründen fehlerhaft.

Nach Auffassung der Kammer ist zunächst festzuhalten, dass auch bei dem von der Landeshauptstadt Dresden gewählten Wohnungsmarktmodell jeder einzelne Faktor, der letztlich in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze eingeflossen ist, auf hinreichend validen, d.h. insbesondere auch hinreichend aktuellen und belastbaren Daten beruhen muss, die ausschließlich im Vergleichsraum selbst erhoben worden sind. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Daten handelt, die das I.-Institut auf der Angebots- oder auf der Nachfrageseite berücksichtigt. Denn das Ergebnis des I.-Instituts beruht letztlich auf der Verknüpfung sämtlicher erhobener Faktoren. Deswegen muss auch jeder dieser Faktoren den Anforderungen entsprechen. Es ist hingegen nicht ausreichend, wenn ausschließlich der Mietspiegeldatensatz diesen Vorgaben entspricht und die übrigen Berechnungen aufgrund von Daten oder Annahmen erfolgen, die weniger hohen Qualitätsanforderungen genügen. Soweit hier gelegentlich seitens des Beklagten vorgetragen worden ist, dass sich die bereits im Vorfeld von anderen Kammern des Sozialgerichts beanstandeten Berechnungsfaktoren nur "unwesentlich" auf das Ergebnis auswirkten, oder aber soweit behauptet wurde, dass die Datenerhebung möglicherweise zwar nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts genügt hätte, aber gleichwohl aufgrund der mathematisch statistischen Überlegenheit zu "besseren Ergebnissen" oder einer "realitätsnäheren Abbildung des Wohnungsmarktes" führen würde, hält die Kammer dies für unbeachtlich. Schließlich ist auch das Ergebnis, welches die Landeshauptstadt auf der Basis des I.-Gutachtens beschlossen hat, ein Ergebnis auf EUR und Cent. Es reklamiert für sich die absolute Richtigkeit, daher können potentielle Abweichungen im Rechenweg, die sich zu Lasten der Hilfeempfänger auswirken könnten, grundsätzlich nicht hingenommen werden.

Wie oben bereits ausführlich dargestellt wurde, geht es im Bereich der Grundsicherung nicht darum, mathematisch /statistisch belastbare volkswirtschaftliche Rechenmodelle zu liefern, sondern es geht um den grundrechtlich verankerten Anspruch von Hilfeempfängern auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Die vom Bundessozialgericht aufgestellten und von der Kammer übernommenen Eckpunkte oder Mindeststandards sind verfassungsrechtlich erforderlich, um diesen Anspruch mindestens zu sichern und daher auch mit mathematischen, statistischen oder volkswirtschaftlichen Argumenten nicht "verhandelbar". Gerade weil es um Grundsicherung und um das menschenwürdige Existenzminimum geht, können auch kleinere mathematische Unsicherheiten im Rechenweg nicht toleriert werden, ohne dass das Gericht im Einzelnen nachzuvollziehen hätte, in welcher Größenordnung diese das Ergebnis beeinflussen. Sobald ein Verstoß gegen die Mindeststandards festgestellt wird, liegt kein schlüssiges Konzept mehr vor.

Die Kammer beanstandet die Berechnung an mehreren Stellen:

- In die Angebotsseite hat das I.-Institut in nicht unerheblichen Umfang leerstehenden Wohnraum einbezogen, von dem nicht hinreichend feststeht, ob dieser Wohnraum einfachen grundlegenden Wohnbedürfnissen vom Standard her noch genügt. Insoweit hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zwar erläutert, dass bereits in der Anfrage an die Wohnungsunternehmen ausdrücklich nach so genanntem "marktaktiven" Leerstand gefragt worden sei, also nach Leerstand, der von den Wohnungsunternehmen derzeit auch auf dem Markt angeboten werde. Daher habe der Beklagte aus den Antworten schließen dürfen, dass der mitgeteilte Leerstand auch zumutbar sei. Dem folgt die Kammer jedoch nicht, weil es keine allgemeingültige Definition des Begriffs "marktaktiv" gibt, der diese Schlussfolgerung trägt. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass es überwiegend unwahrscheinlich sein dürfte, dass eine höhere Anzahl dieser Leerstände den Eignungsklassen 1 und 2 der Dresdner Mietspiegeltabelle zuzuordnen ist, weil die Anzahl dieser unzumutbar ausgestatteten Wohnungen durch die Sanierungstätigkeit seit 1990 deutlich zurückgegangen ist. Gleichwohl ist es aber nicht auszuschließen, dass in dem Leerstand, der von den angefragten Wohnungsunternehmen mitgeteilt worden ist, solche Wohnungen enthalten waren. Die Fragestellung des Beklagten nach "marktaktivem Leerstand" gibt insoweit nur Auskunft darüber, ob der Eigentümer meint, die Wohnung vermieten zu können. Sie besagt aber gerade nicht ausdrücklich, dass die angebotene Wohnung tatsächlich zumutbar ist und über ein Badezimmer und eine Heizung verfügt. Dies hätte der Beklagte vielmehr ermitteln müssen.

Die Kammer hat allerdings keine Bedenken dagegen, dass auf der Angebotsseite eine nicht unerhebliche Anzahl von Ein-Raum-Wohnungen berücksichtigt wird, die in Plattenbauweise überwiegend in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet worden sind und – je nach konkretem Bautyp - eine Wohnungsgröße von ca. 26 m² haben. Die Kammer hält diese Wohnungen nicht für grundsätzlich unzumutbar für alleinstehende Leistungsempfänger. Dabei hat sich die Kammer insbesondere von der Überlegung leiten lassen, dass dieser Wohnungstyp, der in ganz Sachsen und daher auch in Dresden weit verbreitet ist, schon durch seine Häufigkeit als prägend für einfache und bescheidene, aber eben gleichwohl zumutbare Wohnbedürfnisse angesehen werden kann. Zwar sind inzwischen die Wohnungsverhältnisse grundsätzlich verändert im Gegensatz zu dem durch eine starke Wohnungsnot geprägten Mietmarkt zu DDR Zeiten. Die Kammer kann aber nicht feststellen, dass es Hilfeempfängern unzumutbar wäre, mit einer Wohnfläche von 26 m² auszukommen. Hierbei ist außerdem der (standardisierte) günstige Zuschnitt dieser Wohnungen zu berücksichtigen, der ebenfalls dazu beiträgt, dass einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen noch genügt wird. Es ist sicherlich zutreffend, dass bei der Wohnungsgröße, die der Festlegung einer abstrakten Höchstgrenze zugänglich ist, auch die Feststellung einer abstrakten Mindestgrenze möglich sein muss. Die Kammer lässt indes offen, wo genau diese Mindestgrenze anzusetzen ist, weil noch kleinere Wohnungen als die vorgenannten in dem vom I.-Institut auf der Angebotsseite herangezogenen Mietspiegeldatensatz nicht enthalten sind.

Die Kammer bemängelt jedoch auf der Angebotsseite den sogenannten Mehrfachinserate-Faktor, weil dieser anhand von Daten berechnet wird, von denen nicht feststeht, ob sie für Dresden hinreichend repräsentativ und valide sind.

Der Beklagte hat der Kammer in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass die verfügbaren Wohnungen auf der Angebotsseite nach dem Konzept des I.-Instituts durch eine Auswertung eines längeren Zeitraums (anhand der jährlich neu vermieteten Wohnungen in Dresden) ermittelt werden. Da die Angemessenheitsgrenze insgesamt aber dann auf der Grundlage einer punktuellen Bewertung eines Monats berechnet werde, sei es zwingend erforderlich, das ermittelte Angebot auf den Betrachtungsmonat umzurechnen. Dies hält die Kammer für mathematisch plausibel. In dem Gutachten des I.-Instituts ist der genaue Rechenweg auf Seite 23 erläutert und in der Tabelle 6 auf Seite 24 dargestellt. Nach dem Gutachten wird die Anzahl der jährlich auf den Markt kommenden Mietwohnungen dazu zunächst durch zwölf (Monate) geteilt. Nach den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung dient der Mehrfachinseratefaktor sodann dazu, mathematisch darzustellen und einzuberechnen, dass ein gewisser Teil der jährlich auf den Markt kommenden Mietwohnungen länger als einen Monat leer steht und damit auch länger als einen Monat auf dem Mietmarkt verfügbar sein kann.

Die Kammer hat Bedenken, ob es vorliegend eines Mehrfachinseratefaktors tatsächlich bedarf. Das Mietwohnungsangebot dürfte durch die Aufteilung der durchschnittlich pro Jahr neu vermieteten Wohnungen auf einzelne Monate bereits hinreichend dargestellt sein. Denn das I.-Institut hat das zur Verfügung stehende Angebot gerade nicht durch eine Auswertung der in Dresden durch Inserate angebotenen Wohnungen über mehrere Monate ermittelt, sondern, was zulässig ist, anhand der Kommunalen Bürgerumfrage durch eine Betrachtung der tatsächlich vorhandenen Mietwohnungen, von denen jeweils ein bestimmter Prozentsatz im Jahr auf den Markt kommt. Folglich bedarf es bei dieser Art der Angebotsermittlung eines Mehrfachinseratefaktors nicht, um die Anzahl der monatlich zur Neuvermietung zur Verfügung stehenden Wohnungen zu ermitteln. Der Fakt, dass es bei manchen Wohnungen länger dauert, bis diese einen Nachmieter finden, dürfte hingegen dadurch bereits ausgeschaltet worden sein, dass das I.-Gutachten auf den Anteil der tatsächlichen Neuvermietungen im Jahr 2009 im Vergleich zum Gesamtbestand und nicht auf die Anzahl der inserierten Wohnungen abgestellt hat.

Die Kammer kann dies aber offen lassen, denn selbst wenn es einen plausiblen und belastbaren Grund dafür gäbe, dass hier zusätzlich ein Mehrfachinseratefaktor berücksichtigt werden muss, ist dieser jedenfalls unzureichend ermittelt. Auch wenn das Portal www.immodaten.net als sogenannte Metadatenbank über hinreichend viele Datensätze verfügte, mit denen es einen Mehrfachinseratefaktor errechnen könnte, bleibt offen, welcher örtliche Vergleichsraum genau herangezogen worden ist, Daten welchen Alters und welcher Menge in die Berechnung eingeflossen sind und inwieweit diese Daten tatsächlich belastbar sind. Zwar hat das I.-Institut in der sogenannten Stellungnahme I vom 16.2.2012 als Reaktion auf den Beschluss der 10. Kammer in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 AS 6969/11 ER ausgeführt, dass die Daten von www.immodaten.net sehr gut seien und sogar für andere statistische Erhebungen Verwendung fänden. Mit diesem Argument wird indessen den Vorgaben, die das Bundessozialgericht an die Datenerhebung aufgestellt hat und die die Kammer sich zu Eigen macht, nicht genüge getan. Denn die grundlegende Kritik, dass nicht hinreichend festgestellt werden kann, wie valide und aktuell die Datengrundlage tatsächlich ist, die bereits von der 10. Kammer formuliert worden war, ist nicht entkräftet und die Fragen nach Aktualität, Repräsentativität und Erhebungsraum sind gerade nicht beantwortet.

Die Berechnung des I.-Instituts vermag auch insoweit nicht zu überzeugen, als ein einheitlicher Mehrfachinseratefaktor über alle Wohnungsgrößen verwendet worden ist, weil hiermit gegen den Grundsatz verstoßen wird, dass grundsätzlich nach Wohnungsgrößen zu differenzieren ist. Die Kammer zieht nicht in Zweifel, dass die Angabe des I.-Instituts, dass es "keine statistisch signifikanten Unterschiede" gebe, zutreffend ist. In der Berechnung der Angebotsmenge macht es sich aber in Anbetracht der Bedeutung dieses Gewichtungsfaktors bemerkbar, mit welchem Multiplikationsfaktor in der Zeile G von Tabelle 6 gerechnet wird. Die Abweichungen bei den einzelnen Wohnungsgrößen mögen daher tatsächlich so klein sein, dass man sie als "statistisch" nicht signifikant bezeichnen kann, bei der Multiplikation wirken sich Unterschiede aber gleichwohl aus, auch wenn sie gering sind.

Außerdem kritisiert die Kammer grundsätzlich, dass die Landeshauptstadt in der Tabelle 6 mit der Zahl der neu vermieteten Wohnungen des Jahres 2009 gerechnet hat, obwohl im Zeitpunkt der Berechnung bereits die Zahlen des Jahres 2010 zur Verfügung gestanden haben müssen, die mit der kommunalen Bürgerumfrage 2010 erfasst worden sind. Selbst wenn hier durch den Zeitplan der Bürgerumfrage (die Fragebögen wurden bereits im September 2010 verschickt) noch nicht alle Monate des Jahres 2010 abgelaufen gewesen sein sollten, wäre es plausibler gewesen, jedenfalls für drei Quartale mit den aktuelleren Werten zu arbeiten. Die Kammer hält es insoweit für unvereinbar mit dem Sinn und Zweck der Berechnung einer Angemessenheitsgrenze, die für den Zeitraum ab dem 1.12.2010 gelten soll, wenn älteres Datenmaterial aus 2009 herangezogen wird, obwohl jüngeres Datenmaterial von 2010 vorhanden ist (vgl. auch BSG, Urt. v. 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – Rn 28 nach juris).

- Auf der Nachfrageseite beanstandet die Kammer, dass die unter 25-jährigen Leistungsempfänger überhaupt nicht berücksichtigt worden sind, sondern unter Verweis auf die für sie nach der Auffassung der Landeshauptstadt Dresden zumutbaren Wohngemeinschaftszimmer vollständig ausgeklammert wurden. Dies hat rechnerisch die Konsequenz, dass die durch das I.-Institut errechnete Angemessenheitsgrenze nach unten sinkt, weil diese direkt von der Zahl der Nachfrager abhängig ist. Das Argument des Beklagten, dass die unter 25-jährigen Leistungsempfänger zu der Angemessenheitsgrenze, die ohne ihre Einbeziehung ermittelt werde, jedenfalls mit günstigen Wohngemeinschaftszimmern versorgt werden könnten, verfängt insofern nicht. Nach Auffassung der Kammer dürfen die unter 25-jährige Leistungsempfänger schon aus Rechtsgründen nicht in der Berechnung ausgeklammert werden. Die diesem Rechenschritt zu Grunde liegende Rechtsauffassung, dass für unter 25-jährige Hilfeempfänger, die durch einen früheren Auszug bei den Eltern oder durch frühere Berufstätigkeit etc. bereits eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden und nicht mehr bei ihren Eltern leben, eine andere Zumutbarkeitsgrenze für Wohnraum gilt, als für Hilfeempfänger die über 25 Jahre alt sind, findet im Gesetz keine Stütze. Es ist zwar zutreffend, dass in § 22 Abs. 5 SGB II Sonderregelungen für unter 25- jährige Leistungsempfänger getroffen werden. Diese Sonderregelungen beschränken nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nur die Umzugsmöglichkeiten für unter 25-jährige, die aus dem Haushalt der Eltern ausziehen wollen. Sie sagen indessen nichts darüber aus, dass unter 25- jährigen Hilfeempfänger, die bereits eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden dürfen und unangemessen teuer wohnen, nur in ein Wohngemeinschaftszimmer einziehen dürfen.

- Auf der Nachfrageseite ist des Weiteren zu beanstanden, dass der Beklagte die Bedarfsgemeinschaften, die unangemessen wohnen und demzufolge tatsächlich umziehen müssten, nur zu 1/6 berücksichtigt.

Der Beklagte hat dem Gericht in der mündlichen Verhandlung genauer erläutert, dass sich die Gruppe der sogenannten "Überschreiter" sowohl aus den Personen zusammensetzt, die in den letzten 6 Monaten eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, als auch aus den Personen, die bereits länger zurückliegend eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, aber gleichwohl nicht umgezogen sind und deswegen nur noch gekappte Unterkunftskosten erhalten. Mit dem Faktor 1/6 habe die Stadt Dresden in dem Konzept zum Ausdruck bringen wollen, dass diese Personen nicht alle im gleichen Monat umziehen würden, sondern innerhalb von 6 Monaten mit angemessenem Wohnraum versorgt werden könnten. Empirisch könne sogar aus dem SGB II-Datensatz belegt werden, dass die Leistungsempfänger noch seltener umzögen.

Dieser Ansatz vermag aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen: Das Konzept der Landeshauptstadt Dresden beruht auf einer Gegenüberstellung von Nachfrage nach billigem Wohnraum und dem Angebot, wobei ein repräsentativer Monat betrachtet wird. Jede Erhöhung des Angebots bzw. jede Verringerung der Nachfrage wirkt sich konkret auf die so ermittelte Angemessenheitsgrenze aus, die an dem Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve liegt. Im vorliegenden Fall wurde die Gruppe der potentiell Nachfragenden durch den Faktor 1/6 deutlich verringert, was auch die Angemessenheitsgrenze verringert, weil die (jetzt) geringere Nachfrage durch weniger Angebote und damit zu einem günstigeren Preis befriedigt werden kann. Dabei berücksichtigt das Konzept jedoch nicht, dass Personen, die gerade eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, nicht erst in sechs Monaten umziehen müssen, sondern auch bereits früher umziehen dürften, nämlich sobald sie eine angemessene neue Wohnung gefunden haben und ihre bisherige Wohnung aufgeben können und wollen. Wenn nun die Angemessenheitsgrenze dadurch vermindert wird, dass diese Nachfrager nur zu 1/6 zählen, bedeutet dies in der Konsequenz, dass hierdurch eine Angemessenheitsgrenze fixiert wird, die es den Personen, die gerade eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, rechnerisch unmöglich macht, vor Ablauf des 6. Monats eine neue Wohnung anzumieten, da das (rechnerisch vorhandene) Angebot für sie erst nach 6 Monaten zur Verfügung steht. Die zu niedrige Angemessenheitsgrenze zwingt diese Personengruppe also gleichsam, von ihrem Recht zum Umzug keinen sofortigen Gebrauch zu machen. Dies widerspricht dem Gesetz, weil dort eine solche Pflicht nicht verankert ist. Dagegen muss nach Auffassung der Kammer die möglicherweise empirisch richtige Feststellung, dass in der Vergangenheit eher eine geringere Umzugstätigkeit festzustellen war, zurückstehen, denn die Berechnungsmethode darf im Ergebnis nicht dazu führen, dass Personen von ihrem Umzugsrecht keinen sofortigen Gebrauch machen dürfen. Genau dies würde aber durch die dadurch zu niedrig festgesetzte Angemessenheitsgrenze festgeschrieben.

Hinsichtlich der Nachfragegruppe, deren Kostensenkungsaufforderung bereits länger als 6 Monate zurückliegt und die gleichwohl nicht umgezogen sind, bedeutet die Verringerung der Nachfrage um den Faktor 1/6 ebenfalls, dass diese Gruppe zu dem von der Landeshauptstadt als angemessen ermittelten Preis gar nicht vor Ablauf von weiteren 6 Monaten umziehen kann, weil das rechnerisch ermittelte Angebot dafür "nicht ausreicht". Dies überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Auf der Angebotsseite wird nämlich ein von den großen und mittleren Eigentümern angebotener Leerstand in der Berechnung vollständig berücksichtigt, obwohl empirisch ebenfalls feststehen dürfte, dass dieser Leerstand nicht in einem Monat bezogen werden kann oder wird. Das Konzept berücksichtigt diesen Leerstand jedoch vollständig exakt in dem Monat, der der Betrachtung zugrunde gelegt wird. Wieso dann dem vollständig ermittelten Angebot nicht auch die vollständige Nachfrage gegenübergestellt wird, vermochte der Beklagte nicht zu plausibilisieren. Grundsätzlich kann zwar nach Auffassung der Kammer die Angemessenheitsgrenze in einer Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage berechnet werden. Dazu muss auch ein repräsentativer Monat gewählt werden. Wird jedoch, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu erläutern versucht hat, der Nachfrage-"Berg" durch eine empirische Sichtweise so verringert, dass rechnerisch jeder Nachfrager innerhalb von 6 Monaten ein Angebot unterhalb der Angemessenheitsgrenze finden kann, dann muss auch der Angebots-"Berg" (denn nichts anderes ist die Leerstandsreserve) empirisch nach den gleichen Maßstäben behandelt werden. Es ist insoweit zwar zutreffend, dass die Berechnungsmethode letztlich nicht die Konsequenz haben darf, dass ein riesiger Leerstand an günstigerem Wohnraum durch die Festsetzung einer zu hohen Angemessenheitsgrenze über einen längeren Zeitraum gleichsam aufrecht erhalten wird. Die von der Landeshauptstadt Dresden vorgenommene Berechnung geht aber davon aus, dass in jedem Monat nur 1/6 der tatsächlich potentiell vorhandenen Nachfrager ihre Nachfrage durch den Bezug von sämtlichen günstigen derzeit leerstehenden Wohnungen stillen kann, die aber gleichwohl in jedem Monat vorhanden seien. Dies kann auch im Hinblick darauf nicht richtig sein, dass nach dem Bezug einer leerstehenden Wohnung durch einen unangemessen wohnenden Hilfeempfänger nun dessen alte Wohnung in die Leerstandsreserve hineinfällt, denn die alte Wohnung liegt ja gerade über der Angemessenheitsgrenze und steht damit rechnerisch im nächsten Betrachtungsmonat dem nächsten nachfragenden Sechstel der umzugswilligen Überschreiter zu dem von der Landeshauptstadt Dresden als angemessen angesehenen Preis gerade nicht zur Verfügung.

- Die Kammer beanstandet auch die Art und Weise, wie der Beklagte die sogenannten "anerkannten Überschreiter" aus der Nachfrage herausgerechnet hat. Hier ist zunächst grundsätzlich anzuführen, dass Personen, die eine unangemessen teure Wohnung bewohnen, aber aus individuellen Gründen nicht umziehen müssen, sondern die vollen Unterkunftskosten erhalten, natürlich auf der Nachfrageseite in dem Berechnungsmodell des I.-Instituts nicht berücksichtigt werden müssen. Denn diese Personen müssen nicht mit billigerem Wohnraum versorgt werden. In der mündlichen Verhandlung musste der Beklagte indessen einräumen, dass in der Zahl der sogenannten "anerkannten Überschreiter" auch Personen enthalten sein könnten, die bereits eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben und demzufolge durchaus nachfragerelevant sein könnten. Der Mitarbeiter der Landeshauptstadt Dresden aus der Statistikstelle hat dem Gericht insoweit nachvollziehbar und glaubwürdig dargestellt, dass die Gruppe der "anerkannten Überschreiter" diejenigen Personen seien, deren Wohnungskosten über der derzeitigen Angemessenheitsgrenze der Landeshauptstadt Dresden lägen und die gleichwohl die vollständigen Unterkunftskosten erhielten. Hierbei werde aber nach seiner Erinnerung nicht danach differenziert, ob bereits eine Kostensenkungsaufforderung ergangen sei. Die Kammer kann hieraus nur schließen, dass nicht hinreichend ermittelt worden ist, ob aus der Tabelle der "anerkannten Überschreiter" doch Personen auf der Nachfrageseite in die Berechnung einzustellen sind.

Die Kammer beanstandet auch die konkrete Berechnung der Nachfragekonkurrenz. Dabei handelt es sich um die Einbeziehung eines Faktors in die Berechnung, mit dessen Hilfe mathematisch dargestellt werden kann, dass nicht nur die Leistungsbezieher den ermittelten, tatsächlich vorhandenen günstigen Wohnraum nachfragen, sondern auch andere Haushalte, die keine Transferleistungen beziehen. Die Kammer hat sich anhand der Darstellungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen lassen, dass nur die differenzierte Berücksichtigung dieses Faktors, die in Tabelle 8 auf S. 29 des Gutachtens des I.-Instituts dargestellt und nach Wohnungsgrößen und Preisgruppen gestaffelt ist, methodisch dazu geeignet ist, um in dem von der Landeshauptstadt gewählten Berechnungsmodus zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen, weil sich die Nachfragekonkurrenz in den einzelnen Wohnungsmarktsegmenten sehr unterschiedlich darstellt. Der Projektleiter des I.-Instituts, Herr Dr. v. M., hat dies anschaulich im Einzelnen erläutert. Gerade aber bei diesem wichtigen Faktor musste der Beklagte zugestehen, dass hierfür keine lokalen und aktuellen Daten der Landeshauptstadt Dresden in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, weil weder die Kommunale Bürgerumfrage noch andere Datenerhebungen diese komplexen Beziehungen statistisch repräsentativ und valide abbilden. Die Kammer konnte auch durchaus nachvollziehen, warum das I.-Institut an dieser Stelle zur Behebung des "Dilemmas" auf die Mikrozensuserhebung Wohnen aus dem Jahr 2006 zurückgegriffen und dort die Daten anderer ostdeutscher "aufstrebender" Großstädte herangezogen hat. Die Erläuterung, dass diese Daten nach wissenschaftlichen Maßstäben besser geeignet seien und die Fehlerquote durch die Multiplikation mit einem "vergleichenden Arbeitslosigkeitsfaktor" verringert werde, mag volkswirtschaftlich vielleicht sogar richtig sein, aber kann gleichwohl nicht überdecken, dass diese Daten den juristischen Mindestanforderungen an ein schlüssiges Konzept nicht genügen können, weil sie einerseits zu alt und andererseits nicht im maßgeblichen Vergleichsraum erhoben worden sind. Wie bereits oben ausgeführt wurde, sind diese Standards auch unter Berücksichtigung einer beabsichtigten höheren Genauigkeit schlicht nicht verhandelbar, denn die Daten zur Nachfragekonkurrenz müssen letztlich denselben Qualitätsanforderungen genügen wie die Daten, die zur Ermittlung des Preisniveaus auf dem Wohnungsmarkt herangezogen werden. Wenn Dresden nicht über Daten verfügen würde, mit denen sich ermitteln ließe, welche Preise auf dem Wohnungsmarkt konkret zu zahlen sind, weil – zum Beispiel – keine Mietspiegelerhebungen und Bürgerumfragen durchgeführt worden wären, dürfte gleichwohl nicht der Mietspiegeldatensatz von Leipzig, Halle oder Erfurt verwendet werden. Dies wäre im Übrigen auch dann nicht zulässig, wenn die dortigen Ergebnisse noch mit dem Verhältnis der Arbeitslosenquoten multipliziert würden, denn für die Ermittlung einer kommunalen Angemessenheitsgrenze sind die benötigten Daten vielmehr immer lokal, zeitnah und hinreichend umfangreich zu erheben. Diese Forderung würde schließlich auch nicht dadurch obsolet, dass die Daten der anderen Städte nach wissenschaftlichen Maßgaben um so viel besser geeignet wären, als die bislang in Dresden tatsächlich verfügbaren Daten. Genauso verhält es sich hier mit der Nachfragekonkurrenz: Im Konzept der Landeshauptstadt Dresden ist sie unverzichtbar, aber die Datenerhebung hat bislang gerade nicht im örtlichen Vergleichsraum und auch nicht innerhalb eines im Verhältnis zum Gültigkeitszeitraum der Angemessenheitsgrenzen akzeptablen Beobachtungszeitraums stattgefunden.

Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass schließlich auch die mathematische Rundung der Angemessenheitsgrenze auf glatte Eurobeträge zu beanstanden ist. Für die Kammer ist weder eine mathematische noch eine rechtliche Begründung ersichtlich, die es rechtfertigen könnte, diese Rundung zu Lasten der Hilfeempfänger vorzunehmen. Dies wirkt sich zwar im vorliegenden Fall bei den Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften nicht aus, weil hier zu Gunsten der Betroffenen aufgerundet wurde. Die Kammer erlaubt sich dennoch diesen Hinweis, da dieser Fehler auf der Hand liegt und die Rundung im Übrigen in dem Gutachten des I.-Instituts an keiner Stelle erwähnt wird."

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung im Ergebnis an. Insbesondere war hierbei für das Gericht ausschlaggebend, dass bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze Fremddaten verwandt wurden, obwohl dies nach der Rechtsprechung des BSG nicht zulässig ist, denn die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Vergleichsraum erfolgen (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R).

2.1.2.5. Nach der Rechtsprechung des BSG hat das Gericht, in Fällen, in denen ein schlüssiges Konzept nicht vorliegt aufgrund vorhandener geeigneter Daten eine Angemessenheitsobergrenze ermitteln, soweit dies möglich ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 4 AS 27/09 R; Urteil vom 20.08.2009, Az. B 14 AS 65/08 R).

Dem Gericht liegt hierzu zunächst der Mietspiegel für das Jahr 2010 und der dazugehörige Methodenbericht vor. Außerdem existiert eine kommunale Bürgerumfrage aus dem Jahr 2010.

Die dem Mietspiegel und der Bürgerumfrage zugrunde liegenden Datensätze können nach Auffassung der Kammer Grundlage für die Bestimmung des angemessenen Mietpreises sein. Das IWU hat in seiner Stellungnahme vom 16.02.2012 diese Daten neu ausgewertet.

Die 29. Kammer hat im Urteil vom 17.07.2012 hierzu ausgeführt:

"Die in der Tabelle 1 der Stellungnahme des IWU vom 16.02.2012 ausgewiesenen gewichteten Mittelwerte weisen ohne Substandard (d.h. unter Ausschluss unzumutbarer Wohnungen) und ohne zehn unplausible Fälle zunächst mit Altverträgen und ohne Inflationierung aus, welche Mietpreise in Dresden für bestimmte Wohnungsgrößen bezahlt wurden (Spalte C), rechnet dann zunächst die "gute Lage" (Spalte D) und die in Neubauten ab 1991 befindliche Wohnungen (Spalte E) sowie bestimmte Ausstattungsmerkmale (Spalten F und G) heraus. Bei der Ermittlung der so genannten "Referenzmiete" muss, wie bereits ausgeführt, nach Wohnungsgrößen differenziert werden, da kleinere Wohnungen im Regelfall im Verhältnis teurer sind. Dabei ist es aber nicht erforderlich, dass die einbezogenen Wohnungsgrößen mit den abstrakt angemessenen Größen identisch sind; Schwankungen wie bei den Wohnungsgrößenkategorien der Mietspiegel sind hinnehmbar (Wiemer, NZS 2012 S. 9/12). Die Kammer schließt sich insoweit der Meinung des IWU an, dass es sachgerecht ist, Flächenkorridore von 20 qm um den jeweiligen Richtwert für die maximal abstrakt angemessene Wohnungsgröße nach der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen zu bilden, d.h. bei einem 1-Personen-Haushalt einen Flächenkorridor von 35 qm bis 55 qm um den maximal angemessenen Wert von 45 qm zu wählen (und nicht den Korridor von 24 bis 50 qm). Die Kammer ist nicht der Meinung, dass der Mietspiegeldatensatz um die so genannten "Bestandsmieten" zu bereinigen ist, noch dass die Preise für die Bestandsmieten zu inflationieren sind, wie es das IWU in der Tabelle 2 auf Seite 18 seines Gutachtens vorgenommen hat (a.A. Sächsisches LSG, Beschluss vom 29.05.2012 – L 7 AS 24/12 B ER – zitiert nach Juris). Das BSG verlangt in mehreren Entscheidungen ausdrücklich, dass bei der Ermittlung, wie viel für eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist, nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abgestellt wird, sondern auch auf vermietete Wohnungen (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – zitiert nach Juris Randnr. 22 und vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – zitiert nach Juris Randnr. 24). Diese Auffassung hält die Kammer für richtig, denn nicht jeder Arbeitssuchende, der Ansprüche nach dem SGB II geltend macht, ist kürzlich umgezogen bzw. beabsichtigt umzuziehen. Nach Meinung der Kammer sind aus der Tabelle 1 der Stellungnahme des IWU vom 16.02.2012 die Werte der Spalte D, d.h. die Werte ohne die in guter Lage befindlichen Wohnungen anzuwenden, denn im Bereich der Grundsicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. nur BSG, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R – (Freiburg), SGb 2012 S. 361/364 Randnr. 23) von einem einfachen, im unteren Marktsegment liegenden Wohnungsstandard auszugehen, der hinsichtlich Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt. Der ohne Einbeziehung der guten Wohnlagen berechnete Mittelwert bietet gleichwohl noch die Gewähr, dass Wohnraum zu diesem Preis über den gesamten Vergleichsraum von Dresden hinweg ohne die Gefahr einer Segregation (Ghettobildung) verfügbar ist (so auch SG Dresden, Urteil vom 01.06.2012 – S 40 AS 5435/11 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Kammer ist des Weiteren nicht der Meinung, dass aus den auf dem Mietspiegeldatensatz beruhenden Werten auch die in ab 1991 errichteten Neubauten befindlichen Wohnungen herauszurechnen sind. Das IWU geht in seiner ergänzenden Stellungnahme davon aus, dass Wohnungen in Neubauten ab 1991, die ca. 10% der gesamten Bausubstanz ausmachen, stark mit der gehobenen Ausstattung korrelieren. Insbesondere die Behauptung, dass die in Neubauten ab 1991 befindlichen Wohnungen einen Standard aufweisen, der über den einfachen Standard hinausgeht, sieht die Kammer als nicht durch valide Datenerhebungen belegt an. Zwar lässt sich aus dem Mietspiegel ersehen, dass ab 1991 neu gebaute Wohnungen durchweg den höheren Ausstattungsklassen zuzuordnen sind. Wie bereits zuvor die 40. Kammer ist jedoch auch die 29. Kammer der Auffassung, dass sich jedenfalls bei den Ausstattungsklassen 4 und 5 nicht feststellen lässt, dass diese für Grundsicherungsempfänger zu "luxuriös" wären und so die Herausnahme dieser gesamten Baualtersklasse aus der Ermittlung rechtfertigen könnte (SG Dresden, Urteil vom 01.06.2012 – B 40 AS 5435/11 – zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. auch BSG, Urteile vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R – (Berlin) zitiert nach Juris Randnr. 23 und - B 14 AS 32/09 R – (Berlin) zitiert nach Juris Randnr. 24 m.w.N.). Damit ist auch die darauf aufbauende Herausnahme bestimmter Ausstattungsmerkmale nicht zu berücksichtigten. Im Übrigen wäre bei einer weiteren Selektion nicht mehr gesichert, dass die Datengrundlage dann noch ausreicht, um einen angemessenen Mietpreis zu bestimmen, denn dann läge der Anteil der Wohnungen, die diesen Kriterien entsprechen, lediglich noch bei 19 bis 34 %. Zwar kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt man der Datenerhebung jedoch nur die Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, müsste nachvollziehbar sein, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl getroffen wurde und außerdem müsste in diesem Fall als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde gelegt werden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - zitiert nach Juris Randnr. 21). Da dies der Kammer nicht möglich ist, war nach Herausrechnung der "guten Lage" auf den Gesamtwohnungsbestand abzustellen und nicht nur auf Wohnungen eines einfachen Ausstattungsstandards."

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an. Die der Spalte D der Tabelle 1 der Stellungnahme des IWU vom 16.02.2012 entnommene Bruttokaltmiete beträgt 6,41 EUR/m².

Damit ist ein Preis von 6,41 pro m² in Ansatz zu bringen, woraus sich eine Angemessenheitsgrenze von (45 x 6,41 =) 288,45 Errechnet. Die von der Klägerin gezahlte Bruttokaltmiete liegt mit 288,00 EUR unter diesem Betrag. Hinzuzurechnen ist der Heizkostenvorschuss von 40,00 EUR. Abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,47 EUR hatte der Beklagte die Kosten der Unterkunft in Höhe von 321,98 EUR zu übernehmen.

Nach Auffassung der Kammer ist dieser Wert auch für den Monat November 2010 in Ansatz zu bringen, da die Daten im Jahr 2010 erhoben wurden.

2.2. In der Zeit vom 01.01.2011 - 31.03.2011 hatte die Klägerin einen Anspruch in Höhe von monatlich 717,00 EUR.

Ab dem 01.01.2011 hatte sich die Regelleistung auf 364,00 EUR erhöht (§ 20 SGB II) und eine Warmwasserpauschale war nicht mehr in Ansatz zu bringen. Hinsichtlich des ernährungsbedingten Mehrbedarfs verbleibt es bei den obigen Ausführungen. Die Gutachterin hat ausgeführt, der von ihr ermittelte Wert sei für alle Zeiträume ab 2009 zu Grunde zu legen. Die Kosten der Unterkunft sind mit 328,00 EUR (gerundet nach § 41 Abs. 2, 77 Abs. 14 SGB II) zu berücksichtigen. Zur Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

2.3. Für die Zeit vom 01.04.2011 - 30.04.2011 hat die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 722,45 EUR. Ab dem 01.04.2011 hatte die Klägerin eine Grundmiete von 248,00 EUR, einen Betriebskostenvorschuss von 48,98 EUR und einen Heizkostenvorschuss von 40,00 EUR, insgesamt monatlich 336,98 EUR zu zahlen. Damit war die Angemessenheitsgrenze von 288,45 EUR hinsichtlich der Bruttokaltmiete überschritten. Der Beklagte hatte einschließlich der Heizkosten 328,45 EUR zu übernehmen.

2.4. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten gezahlten bzw. anerkannten Beträge ergibt sich für 11/2010 ein Anspruch von weiteren 37,00 EUR, für die Zeit vom 01.12.2010 – 31.03.2011 ein Anspruch von monatlich weiteren 42,00 EUR und für 03/2011 ein Anspruch von weiteren 42,45 EUR.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGG, 91 ZPO und folgt der Entscheidung über die Hauptsache. Soweit die Klage wegen der Kosten der Unterkunft teilweise abgewiesen wurde, waren die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dennoch in vollem Umfang dem Beklagten aufzuerlegen, da das Unterliegen im Verhältnis zum dem Obsiegen nicht ins Gewicht fällt.

4. Die Berufung war gemäß § 144 Satz 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage, in welcher Höhe die Kosten der Unterkunft in Dresden zu bemessen sind, ist bislang nicht geklärt, die Klärung liegt im allgemeinen Interesse.
Rechtskraft
Aus
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