L 7 AS 832/12 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 AS 2200/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 832/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Zusicherung zu den Kosten einer künftigen Wohnung nach § 22 Abs. 4 SGB II hat den Zweck, dem Betroffenen vor einem Umzug Klarheit über die künftige Übernahme der Kosten der neuen Wohnung zu verschaffen. Sie ist keine Anspruchsvoraussetzung für die laufenden Leistungen.
Wenn der Umzug ohne Zusicherung erfolgt, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf nachträgliche Erteilung der Zusicherung. Die Aufklärungs- und Warnfunktion der Zusicherung wird hinfällig. Die angemessenen Unterkunftkosten werden im Rahmen der Bewilligung bzw. Ablehung der laufenden Leistungen geklärt.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 2012 wird zurückgewiesen

Gründe:

I.
Streitig ist die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen ein Schreiben, mit dem die Zusicherung für die laufenden Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht erteilt wurde.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin teilte mit E-Mail vom 31.05.2012 dem Beklagten mit, dass sie beabsichtige, in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten umzuziehen. Sie bitte um eine Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten, damit das bisher zuständige Jobcenter P. die Umzugskosten übernehme. Mit formlosen Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 05.06.2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Kosten der künftigen Wohnung nicht den Richtlinien des Beklagten entsprechen würden und somit nicht angemessen seien.

Mit Bescheid vom 13.06.2012 bewilligte das Jobcenter P. gleichwohl Umzugskosten entsprechend des Kostenvoranschlages einer Spedition in Höhe von 3.534,78 Euro.

Die Klägerin zog am 01.07.2012 zusammen mit ihrem Mitbewohner in die neue Wohnung.

Mit Bescheid vom 17.07.2012 wurde der Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II abgelehnt. Dagegen ist am Sozialgericht München die Klage S 53 AS 2438/12 anhängig.

Den Widerspruch gegen das Schreiben vom 06.05.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2012 als unzulässig zurück. Nach erfolgtem Umzug sei das Rechtsschutzbedürfnis wegen der Erteilung einer Zusicherung entfallen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob am 21.08.2012 Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.07.2012 und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das Schreiben vom 05.06.2012 enthalte keine ausreichende Begründung.

Mit Beschluss vom 12.12.2012 lehnte das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzinteresse auf Erteilung einer gesonderten Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung für die Übernahme angemessene Unterkunftskosten wegen grundsätzlicher Erforderlichkeit des Umzugs entfalle, wenn aufgrund eines zwischenzeitlich vollzogenen Wohnungswechsels nunmehr in einem andern Streitverfahren wegen der Höhe der Unterkunftskosten über den Gegenstand einer möglichen Zusicherung selbst zu befinden sei (BSG, Urteil vom 06.04.2011, B 4 AS 5/10 R). Außerdem sei der Beklagte nicht passivlegitimiert, weil er für die begehrte Zusicherung nicht zuständig gewesen sei. Der Beschluss wurde der Klägerin am 22.10.2012 zugestellt.

Die Klägerin hat am 14.11.2011 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Die Ablehnung der Zusicherung sei rechtswidrig, weil die neue Wohnung eine angemessene Miete habe. Der Beklagte habe sich insbesondere im Widerspruchsbescheid als zuständige Behörde bezeichnet. Wenn der Beklagte nicht passiv legitimiert sei, sei der Bescheid objektiv rechtswidrig und zu beseitigen, gegebenenfalls nach § 44 SGB X.

II.
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist auch statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Die Klage hat keine Erfolgsaussicht.

Das Sozialgericht hat zu Recht das Rechtsschutzbedürfnis verneint. Die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ist keine Anspruchsvoraussetzung für die laufenden Leistungen. Sie hat den Zweck, dem Betroffenen vor einem Umzug Klarheit über die Übernahme der Kosten der künftigen Wohnung zu verschaffen. Nach erfolgtem Umzug besteht für eine Klage auf nachträgliche Erteilung der Zusicherung kein Rechtsschutzinteresse mehr (Berlit in Münder, LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 124, 133). Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos in Anspruch nehmen darf. Die Klage ist unzulässig, weil die weitere Rechtsverfolgung der Klägerin offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile mehr bringen kann (BSG, Urteil vom 06.04.2011, B 4 AS 5/10 R). Die Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten wird im Rahmen der Bewilligung bzw. Ablehnung des laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geklärt, hier in der parallelen Klage auf Gewährung von Arbeitslosengeld II.

Es kann daher offen bleiben, ob das Schreiben vom 05.06.2012 überhaupt ein Verwaltungsakt war, ob der Beklagte örtlich zuständig war (vgl. § 42 SGB X) und ob das Schreiben inhaltlich richtig war. Selbst die Umzugskosten, weswegen die Klägerin die Zusicherung begehrte, wurden bereits bewilligt. Ebenso kann offen bleiben, ob die Zusicherung tatsächlich gemäß § 22 Abs. 4 SGB II vor Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft beantragt wurde. Es fällt auf, dass auch später kein Mietvertrag eingereicht wurde, der die Unterschriften der Mietparteien und das Datum der Unterzeichnung enthält.

Eine Kostenentscheidung unterbleibt im Beschwerdeverfahren gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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