L 19 AS 2100/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 37 AS 1642/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2100/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.09.2012 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Erstattungsforderungen gegenüber den Klägern in Höhe von noch 436,83 EUR nach einer endgültigen Festsetzung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum 05-12/2010 sowie die Höhe der in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt zustehenden Leistungen nach dem SGB II.

Der am 00.00.1950 geborene Kläger zu 1) ist der Ehemann der am 00.00.1963 geborenen Klägerin zu 2). Im Zeitraum 05-12/2010 lebte im Haushalt auch die am 00.00.1984 geborene Tochter T, die aufgrund ihres Alters vom Beklagten als eigene Bedarfsgemeinschaft geführt wurde. Bis zum 15.08.2010 lebte des Weiteren der am 00.00.1986 geborene Sohn T1 im Haushalt. Die Kosten der 80qm großen Wohnung beliefen sich im vorgenannten Zeitraum auf monatlich 615 EUR für die Bruttokaltmiete sowie 81 EUR an Heizkosten, zusammen 696 EUR, und wurden vom Beklagten als angemessen angesehen.

Der Kläger zu 1) ist seit 11/2009 selbständig als Handwerker/Hausmeister tätig. Der Betrieb ist unter der Wohnanschrift gemeldet. Nach den letzten Angaben des Klägers zu 1) erzielte er im Zeitraum 04/2010 bis 03/2011 folgende Gewinne:

04/2010: 149,57 EUR
05/2010: 377,76 EUR
06/2010: 225,79 EUR
07/2010 197,84 EUR
08/2010: 156,32 EUR
09/2010: 225,77 EUR
10/2010: 198,23 EUR
11/2010: 187,86 EUR
12/2010: 52,53 EUR
01/2011: 257,75 EUR
02/2011: 258,54 EUR
03/2011: 268,02 EUR.

Der Kläger zu 1) erzielte aus einer angestellten Tätigkeit für 09/2010 56,06 EUR brutto bzw. 48,93 EUR netto, für 10/2010 54,98 EUR brutto bzw. 47,63 EUR netto sowie für 11/2010 57,13 EUR brutto bzw. 49,69 EUR netto. Der Beklagte erfuhr hiervon erst im Januar 2011 über einen Datenabgleich. Das Einkommen wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt. Der Kläger zu 1) zahlte für eine KfZ-Haftpflichtversicherung vierteljährlich 88,86 EUR und für eine private Rentenversicherung monatlich 76,69 EUR.

Der Sohn der Kläger erzielte aus einer Beschäftigung von 12/2009 bis 05/2010 monatlich 831,02 EUR brutto bzw. 672,50 EUR netto. Aus einer Beschäftigung ab dem 01.06.2010 erzielte er für 06/2010 1.137,10 EUR brutto bzw. 867,32 EUR netto, für 07/2010 1.012,60 EUR brutto bzw. 788,11 EUR netto. Das Einkommen wurde in beiden Beschäftigungsverhältnissen jeweils im Folgemonat ausgezahlt.

Der Beklagte gewährte den Klägern und zunächst auch dem Sohn T1 für 04-09/2010 vorläufig Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1) mit Bescheiden vom 19.03.2010, 29.03.2010, 18.08.2010 und 27.08.2010 in Höhe von (bezogen auf die Kläger) jeweils 496,91 EUR bzw. 496,93 EUR für 04-07/2010, von 527,83 EUR bzw. 527,85 EUR für 08/2010 und von jeweils 554,90 EUR für 09/2010. Er gewährte den Klägern für 10/2010 bis 03/2011 weiter vorläufig Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1) mit Bescheid vom 10.09.2010 in Höhe von monatlich jeweils 554,90 EUR.

Mit Bescheiden vom 06.12.2010 setzte der Beklagte die Leistungen für die Kläger für den Zeitraum 04-12/2010 und bis 08/2010 auch für den Sohn T1 endgültig fest in Höhe von (bezogen auf die Kläger) jeweils 447,01 EUR bzw. 447,03 EUR für 05-06/2010, 444,80 EUR bzw. 444,81 EUR für 07/2010, 475,72 EUR bzw. 475,73 EUR für 08/2010, 502,79 EUR bzw. 502,78 EUR für 09-10/2010, 554,90 für 11/2010 und 494,90 EUR für 12/2010. Dabei rechnete er für 05-10/2010 ein Einkommen des Klägers zu 1) von durchschnittlich 230,29 EUR, bereinigt 104,23 EUR, in 11/2010 gar kein Einkommen und in 12/2010 ein Einkommen von 250 EUR, bereinigt 130 EUR an. Mit weiterem Bescheid vom 06.12.2010 forderte der Beklagte vom Kläger zu 1) die Erstattung von 810,41 EUR nach endgültiger Festsetzung mit vorgenannten Bescheiden für 05-12/2010. Am 23.12.2010 legte der Kläger zu 1) Widerspruch "gegen den Bescheid vom 06.12.2010 Erstattung von Leistungsanspruch" ein. Der Erstattungsbetrag sei nicht nachvollziehbar.

Mit Schreiben vom 03.01.2011 erhob der Kläger zu 1) "Einspruch gegen die Erstattungsbescheide für das vergangene Jahr 2009 und auf alle diesjährige aus dem Jahr 2010". Er beantragte außerdem "erneute Überprüfung der Jahre 2009 und 2010". Der Beklagte wertete dies als Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 06.01.2011 ab. Am 09.02.2011 erklärte der Kläger zu 1), er habe diesen Bescheid an seine Gewerkschaft zur Prüfung übergeben.

Mit Bescheiden vom 07.02.2011 setzte der Beklagte die Leistungen der Kläger für 10/2010 und 12/2010 unter Berücksichtigung des erst jetzt bekannt gewordenen Einkommens des Klägers zu 1) aus seiner abhängigen Beschäftigung neu fest in Höhe von 483,93 EUR bzw. 483,92 EUR für 10/2010 und 475,77 EUR für 12/2010 (nunmehr Anrechnung von Einkommen für 10/2010 in Höhe von 279,22 EUR, bereinigt 141,95 und für Dezember 2010 in Höhe von 299,69 EUR, bereinigt 158,26 EUR). Mit Bescheiden gleichen Datums forderte er sowohl vom Kläger zu 1) als auch von der Klägerin zu 2) die Erstattung von (weiteren) 37,99 EUR. Am 01.03.2011 legten die Kläger Widerspruch gegen "die Bescheide vom 09.02.2011. Erstattung von Leistungsansprüchen" ein.

Am 10.03.2011 erließ der Beklagte erneut Bescheide über die endgültige Festsetzung der Leistungen für 05-12/2010. Diese entsprechen hinsichtlich der Monate 05-09/2010 sowie 11/2010 den Bescheiden vom 06.12.2010, hinsichtlich der Monate 10/2010 und 12/2010 den Bescheiden vom 07.02.2011. Ebenfalls am 10.03.2011 erließ der Beklagte Erstattungsbescheide für 05-12/2010 gegenüber dem Kläger zu 1) und diesmal auch gegenüber der Klägerin zu 2) mit einem Erstattungsbetrag von jeweils 368,24 EUR bzw. 368,28 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zu 1) gegen den Bescheid vom 06.12.2010 unter Einbeziehung des Bescheides vom 10.03.2011 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 10.03.2011 sei bei der Bestimmung des zu erstattenden Betrags das Individualisierungsprinzip beachtet worden. Als Einkommen sei der aus den Monaten 05-10/2010 gebildete Durchschnitt des vom Kläger zu 1) angegebenen Einkommens aus seiner selbständigen Tätigkeit herangezogen worden. Mit weiteren Widerspruchsbescheiden vom 22.03.2011 wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger gegen die Bescheide vom 09.02.2011 als unbegründet zurück.

Am 28.03.2011 legten die Kläger Widerspruch gegen "die Bescheide vom 10.03.2011 Erstattung von Leistungsansprüchen" ein. Der Beklagte wies beide Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 05.04.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Widersprüche seien unzulässig, weil die Bescheide vom 10.03.2011 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 06.12.2010 geworden seien.

Am 20.04.2011 haben die Kläger Klage gegen die Widerspruchsbescheide vom 22.03.2011 und 05.04.2011 sowie gegen den Bescheid vom 06.01.2011 erhoben.

Die Kläger haben vorgetragen, es seien die Einnahmen und Ausgaben des ganzen Jahres zu betrachten. Nach ihren eigenen Berechnungen stünden ihnen für 2009 und 2010 weitere Leistungen in erheblichem Umfang zu. Mit ihrem Schreiben vom 09.02.2011 hätten sie Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.01.2011 eingelegt.

Der Beklagte hat die Bescheide vom 07.02.2011 in Gestalt der entsprechenden Widerspruchsbescheide vom 22.03.2011 in einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 12.07.2012 aufgehoben.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 06.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011, sowie den Bescheid vom 10.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011, die Bescheide vom 07.02.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22.03.2011, sowie den Bescheid vom 06.11.2011 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 28.09.2012 teilweise stattgegeben und "die Bescheide vom 06.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 10.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2011 sowie (den) Bescheid vom 10.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.04.2011 ( ) aufgehoben, soweit von dem Kläger zu 1) ein Erstattungsbetrag von mehr als 218,44 EUR und von der Klägerin zu 2) ein Erstattungsbetrag von mehr als 218,39 EUR erstattet verlangt (werden)". Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 09.10.2012 zugestellte Urteil am 29.10.2012 Berufung eingelegt.

Sie tragen ergänzend vor, für 2009 müssten ihnen 1.855,87 EUR und für 2010 1.339,47 EUR nachgezahlt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden (§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), da diese mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die fristgerecht eingelegte Berufung ist auch statthaft. Zwar sind die Kläger durch die angefochtenen Erstattungsentscheidungen vom 06.12.2010 und 10.03.2010 nur noch in Höhe von weniger als 750 EUR beschwert. Sie machen aber zugleich Leistungen für 2009 und 2010 geltend.

Die teilweise Klageabweisung durch das Sozialgericht begegnet keinen Bedenken. Die nur zum Teil zulässige Klage war jedenfalls nicht in weiterem Umfang begründet als vom Sozialgericht angenommen.

Soweit sich die Klage gegen die Bescheide vom 07.02.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22.03.2011 wendet, ist sie unzulässig, da diese Bescheide vom Beklagten in einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 12.07.2012 aufgehoben wurden. Für eine Fortführung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es am Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Im Hinblick auf den Bescheid vom 06.01.2011 ist die Klage mangels vorherigen Vorverfahrens gemäß § 78 SGG unzulässig. Entgegen der klägerischen Auffassung ist das Schreiben des Klägers zu 1) vom 09.02.2011 nicht als Widerspruch i.S.v. § 83 SGG auszulegen. In dem Schreiben wird lediglich die Weitergabe der Unterlagen an eine Gewerkschaft mitgeteilt und erklärt, es werde ggf. Klage erhoben. Damit werden weder inhaltliche Bedenken gegen den Bescheid geäußert noch wird damit eine Überprüfung durch den Beklagten begehrt.

Der Annahme der Unzulässigkeit und einer entsprechenden Klageabweisung steht nicht entgegen, dass eine Klage gegen einen Bescheid als Widerspruch auszulegen ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 78 Rn 3b) und dass das Gericht dem Kläger die Möglichkeit zur Nachholung des Vorverfahrens geben soll (vgl. Leitherer aaO Rn 3a mwN). Abgesehen davon, dass letztgenannte Auffassung erheblichen Bedenken begegnet (vgl. SG Stuttgart Gerichtsbescheid vom 09.05.2011 - S 20 SO 1922/11 = juris Rn 18 ff.; im Anschluss hieran SG Mannheim Gerichtsbescheid vom 04.04.2012 - S 10 AS 627/12 = juris Rn 13 ff.), kann sie nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht gelten, wenn die als Widerspruch ausgelegte Klage offensichtlich unzulässig ist. Das ist hier aber der Fall. Die Klageschrift ging erst am 20.04.2011 ein und damit deutlich nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Im Hinblick auf den am 10.03.2011 gegenüber der Klägerin zu 2) erlassenen Erstattungsbescheid war das Sozialgericht nicht an einer Sachentscheidung gehindert. Allerdings ist der an die Klägerin zu 2) gerichtete Bescheid vom 10.03.2011 nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Erstattungsbescheid vom 06.12.2010 geworden, weil sich dieser allein an den Kläger zu 1) richtet. Insofern durfte der Widerspruch gegen den an die Klägerin zu 2) gerichteten Bescheid vom 10.03.2011 nicht als unzulässig verworfen werden. Ob im Fall einer fälschlichen Verwerfung als unzulässig das Klageverfahren hätte ausgesetzt werden müssen (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss vom 14.06.2011 - L 7 AS 552/11 B = juris Rn 5 mwN), kann dahinstehen. Der Widerspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Ob der an die Klägerin zu 2) gerichtete Bescheid vom 10.03.2011 im Hinblick auf die Monate 10/2010 und 12/2010 nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchs vom 01.03.2011 gegen den an die Klägerin zu 2) gerichteten Bescheid vom 07.02.2011 geworden ist, kann dann hier dahinstehen.

Die Kläger sind durch die angefochtenen Entscheidungen im Übrigen jedenfalls insofern nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, als damit entsprechend dem Urteil des Sozialgerichts Leistungen von 218,44 bzw. 218, 39 EUR erstattet verlangt werden, da die Bescheide jedenfalls insofern rechtmäßig sind.

Dabei kann dahinstehen, ob Gegenstand des Verfahrens allein die Erstattungsbescheide vom 06.12.2010 bzw. 10.03.2010 sind - der Wortlaut der Widersprüche vom 20.12.2010, 01.03.2011 und 28.03.2011 legt dies nahe - oder ob auch die endgültige Festsetzung von Leistungen für 05-12/2010 mit Bescheiden gleichen Datums ebenfalls angefochten ist.

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der bis zum 31.03.2011 gültigen Fassung (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 in der ab dem 01.04.2011 gültigen Fassung) i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) sind im Fall einer endgültigen Festsetzung von Leistungen - wie hier - die auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Vertrauensschutz oder Ermessenserwägungen sind im Rahmen der bloßen Erstattungsentscheidung nicht zu berücksichtigen (vgl. Düe in Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 328 Rn 27).

Die Kläger haben im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt, waren erwerbsfähig und nach Maßgabe der weiteren Ausführungen hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II.

Als Bedarf der Kläger sind monatlich jeweils ein Regelbedarf von 323 EUR sowie bis zum 14.08.2010 ein Viertel der Unterkunftskosten, also 174 EUR, ab dem 15.08.2010 ein Drittel, also 232 EUR, anzusetzen (zur kopfteiligen Berechnung der Unterkunftskosten vgl. BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = juris Rn 28). Der Bedarf beträgt demnach jeweils:

05-07/2010: 497 EUR
08/2010: 323 EUR + (14/30 von 174 EUR =) 81,20 EUR + (16/30 von 232 EUR =) 123,73 EUR = 527,93 EUR
09-12/2010: 555 EUR.

Als Einkommen steht dem das Einkommen des Klägers zu 1) aus seiner selbständigen Tätigkeit sowie aus den Monaten 09-11/2010 zusätzlich das Einkommen aus abhängiger Beschäftigung gegenüber. Zur Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II a.F. abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen, § 3 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V). Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Hier wird von den Angaben des Klägers zu 1) in den von ihm erstellten Einnahme-Überschuss-Rechnungen ausgegangen. Für den Bewilligungszeitraum 04-09/2010 ergibt dies eine Gesamtsumme von 1.333,05 EUR, monatlich also 222,18 EUR, für den Zeitraum 10/2010 bis 03/2011 insgesamt 1.222,93 EUR, monatlich also 203,82 EUR. In den Monaten 10-12/2010 ist das jeweils im Folgemonat zugeflossene Einkommen aus abhängiger Beschäftigung in 09-11/2010 von 48,93 EUR, 47,63 EUR und 49,69 EUR netto hinzuzurechnen. Das Einkommen ist gemäß §§ 11, 30 SGB II a.F. zu bereinigen, wobei wegen eines monatlichen Einkommens von nicht mehr als 400 EUR die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3-5 SGB II a.F. gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. mit pauschal 100 EUR anzusetzen sind und der Freibetrag nach § 30 SGB II a.F. aus der Addition der jeweiligen Bruttoeinkommen zu bestimmen ist (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 10 und 15 a.E.). Daraus ergibt sich folgendes anzurechnendes Einkommen:

05-09/2010: 222,18 EUR - 100 EUR - 24,44 EUR = 97,74 EUR
10/2010: 203,82 EUR + 48,93 EUR = 252,75 EUR - 100 EUR - 31,98 EUR = 120,77 EUR
11/2010: 203,82 EUR + 47,63 EUR = 251,45 EUR - 100 EUR - 31,76 EUR = 119,69 EUR
12/2010: 203,82 EUR + 49,69 EUR = 253,51 EUR - 100 EUR - 32,19 EUR = 121,32 EUR.

Das Einkommen ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II gemäß dem Anteil am Gesamtbedarf auf die Kläger und für 05-06/2010 auch auf den Sohn T1 aufzuteilen. Erst ab 07/2010 floss dem Sohn bedarfsdeckendes eigenes Einkommen zu, so dass er nicht mehr zu berücksichtigen war (wegen der Bedarfsberechnung des Sohnes T1 ab 07/2010 wird auf die Änderungsbescheide vom 10.03.2011 Bezug genommen). Ausgehend von dem vom Beklagten angesetzten Einkommen des Sohnes T1 für 05-06/2010 in Höhe von netto 660,46 EUR, bereinigt 416,86 EUR, hatte dieser bei einem Regelbedarf von 287 EUR und einem Unterkunftskostenanteil von 174 EUR, zusammen: 461 EUR einen Bedarf von 44,14 EUR. In den Monaten 05-06/2010 beträgt der Bedarfsanteil der Kläger dann jeweils 48%, danach jeweils 50%.

Es ergibt sich folgender Leistungsanspruch je Kläger:

05-06/2010: 497 EUR - (48% von 97,74 EUR =) 46,92 EUR = 450,08 EUR, gerundet 450 EUR
07/2010: 497 EUR - (50% von 97,74 EUR =) 48,87 EUR = 448,13 EUR, gerundet 448 EUR
08/2010: 527,93 EUR - (50% von 97,74 EUR =) 48,87 EUR = 479,06 EUR, gerundet 479 EUR
09/2010: 555 EUR - (50% von 97,74 EUR =) 48,87 EUR = 506,13 EUR, gerundet 506 EUR
10/2010: 555 EUR - (50% von 120,77 EUR =) 60,39 EUR = 494,61 EUR, gerundet 495 EUR
11/2010: 555 EUR - (50% von 119,69 EUR =) 59,85 EUR = 495,15 EUR, gerundet 495 EUR
12/2010: 555 EUR - (50% von 121,32 EUR =) 60,66 EUR = 494,34 EUR, gerundet 494 EUR.

Die vorgenannten Beträge liegen geringfügig über den vom Beklagten mit Bescheiden vom 06.12.2010 und 10.03.2011 endgültig festgesetzten Leistungen, führen aber immer noch zu einem höheren Erstattungsbetrag als demjenigen, der nach teilweiser Aufhebung der Bescheide durch das Sozialgericht verblieben ist:

05/2010: 496,91 EUR bzw. 496,93 EUR (vorläufig) - 450 EUR (tatsächlich) = 46,91 EUR bzw. 46,93 EUR
06/2010: 496,91 EUR bzw. 496,93 EUR - 450 EUR = 46,91 EUR bzw. 46,93 EUR
07/2010: 496,91 EUR bzw. 496,93 EUR - 448 EUR = 48,91 EUR bzw. 48,93 EUR
08/2010: 527,83 EUR bzw. 527,85 EUR - 479 EUR = 48,83 EUR bzw. 48,85 EUR
09/2010: 554,90 EUR - 506 EUR = 48,90 EUR
10/2010: 554,90 EUR - 495 EUR = 59,90 EUR
11/2010: 554,90 EUR - 495 EUR = 59,90 EUR
12/2010: 554,90 EUR - 494 EUR = 60,90 EUR, zusammen: 374,25 EUR bzw. 374,31 EUR, während gemäß dem Urteil des Sozialgerichts lediglich 218,44 bzw. 218,39 EUR zu erstatten sind.

Der nach dem Urteil des Sozialgerichts verbleibende Erstattungsbetrag ist auch dann noch rechtmäßig, wenn auf die Anrechnung des Einkommens aus abhängiger Beschäftigung in den Monaten 10-12/2010 verzichtet würde. Daher kann dahinstehen, ob die Bescheide vom 10.03.2011, die sich von denen vom 06.12.2010 allein insofern unterscheiden, als sie die mit Bescheiden vom 07.02.2011 vorgenommene weitere Einkommensanrechnung einbeziehen, insofern in das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Bescheide vom 07.02.2011 nach § 86 SGG einzubeziehen waren und welche Auswirkungen die Aufhebung der Bescheide vom 07.02.2011 dann hatte.

Soweit die Kläger nicht nur die Erstattungsbescheide, sondern auch die Bescheide über die endgültige Festsetzung angefochten haben, bedarf es trotz der geringfügig zu niedrigen Leistungsfestsetzung in den betreffenden Bescheiden keiner weiteren Abänderung dieser Bescheide. Die erstinstanzliche Entscheidung ist so auszulegen, dass damit auch diese Bescheide entsprechend der Teilaufhebung der Erstattungsbescheide abgeändert wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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