L 2 AS 1962/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AS 3254/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1962/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach § 7 Abs. 5 SGB II sind auch in Ausbildung befindliche behinderte Menschen, die Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III beziehen, vom Leistungsausschluss nach dem SGB II erfasst, wenn die Ausbildung dem Grunde nach förderfähig ist.

Der Ausschluss der Ausbildungsvergütung im Berufsausbildungsvertrag für eine Ausbildung im Berufsbildungswerk führt nicht zum Förderungsausschluss dem Grunde nach und steht somit der Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5 SGB II nicht entgegen.
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin Ziff. 2 (I.) im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 während ihrer Berufsausbildung als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) sowie die Klägerin Ziff. 1 deshalb höheres Alg II beanspruchen können.

Die am 31.01.1965 geborene erwerbsfähige, hilfebedürftige und arbeitsuchende Klägerin Ziff. 1 ist die alleinerziehende Mutter der am 06.02.1991 geborenen I. K., der Klägerin Ziff. 2 (im SG-Verfahren Klägerin Ziff. 3) und der am 21.10.1993 geborenen S. K. (vormals Klägerin Ziff. 2), die im streitigen Zeitraum bei ihrer Mutter lebte. Für beide Kinder wurde der Klägerin Ziff.1 Kindergeld in Höhe von zusammen 368,00 EUR monatlich gewährt, das nicht weitergeleitet wurde (Bl. 856 VA).

Die Klägerinnen und S. standen seit längerem im Leistungsbezug bei der Agentur für Arbeit Heilbronn (Rechtsnachfolger Jobcenter Stadt Heilbronn, im Folgenden nur Bekl.). Die Kosten der Unterkunft waren in getrennter Trägerschaft vom Amt für Familie, Jugend und Senioren der Stadt Heilbronn zu tragen.

Die Klägerin Ziff. 2 leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit; sie ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Sie besuchte bis 30.07.2010 eine berufsvorbereitende Maßnahme und absolviert seit 30.08.2010 bis voraussichtlich 29.08.2013 eine Berufsausbildung zur Buchbinderin - Buchfertigung (Serie) - im Berufsbildungswerk München (BBW). Hierzu ist der auf der Grundlage der §§ 10, 11 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Berufsausbildungsvertrag am 28.06.2010 geschlossen worden, der in das Ausbildungsverzeichnis eingetragen ist. Die Klägerin Ziff. 2 ist dort im Internat, einer Einrichtung i.S. von § 35 des Sozialgesetzbuchs, Neuntes Buch - SGB IX, untergebracht. Dort erhält sie - mit Ausnahme der Tage, an denen das Internat geschlossen ist (Ferien und während der Heimfahrtwochenenden im Turnus von zwei Wochen) volle Verpflegung. Dafür gewährt ihr die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Heilbronn - Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 97 ff Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) i.V.m. § 33 und §§ 44 ff SGB IX (Änderungsbescheid vom 07.12.2010; Bl. 878 VA). Das bewilligte Ausbildungsgeld betrug im streitigen Zeitraum 104,00 EUR monatlich, Reisekosten wurden in Höhe von 236,00 EUR monatlich übernommen und als Einmalzahlung An- und Rückreisekosten für die Gesamtmaßnahme in Höhe von 118,00 EUR bewilligt. An den Heimfahrwochenden, in den Ferien und während der Zeiten von Arbeitsunfähigkeit hielt sie sich im Haushalt ihrer Mutter und Schwester in Heilbronn auf.

Am 23.11.2010 beantragte die Klägerin Ziff. 1 die Fortzahlung des Alg II für sich und ihre Töchter. Die Beklagte bewilligte vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2011 nur für die Klägerin Ziff. 1 und S. - ohne Kosten der Unterkunft - (Bescheid vom 29.11.2010, Bl. 862 VA, 14 SG). Die Bewilligung erfolgte vorläufig, weil bereits im vorhergehenden Zeitraum streitig war, ob die Klägerin Ziff. 2 noch zur Bedarfsgemeinschaft zählt und Klagen hierzu beim Sozialgericht Heilbronn anhängig waren. Bei der Berechnung wurden als Bedarf der Klägerin Ziff. 1 berücksichtigt: 359 EUR Regelleistung, 43 EUR Mehrbedarf als allein Erziehende und als Einkommen das für die Klägerin Ziff. 2 bewilligte Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 EUR. Für S. wurde Sozialgeld in Höhe von 287,00 EUR und als deren Einkommen das für diese bewilligte Kindergeld in Höhe von 184 EUR berücksichtigt. Nach Verteilung des Gesamteinkommens ergaben sich monatliche Zahlbeträge für die Klägerin Ziff. 1 in Höhe von 297,86 EUR und für S. in Höhe von 53,14 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 wurde Alg II aufgrund der erhöhten Regelleistung rückwirkend ab 01.01.2011 für die Klägerin Ziff. 1 in Höhe von 303,51 EUR und für S. in Höhe von 53,49 EUR monatlich gewährt. Durch die weiteren - von den Klägerinnen nicht beanstandeten - Änderungsbescheide vom 30.03.2011 und 25.05.2011 wurden den streitigen Zeitraum betreffend Einkünfte der S. aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma R. Schuhzentrum GmbH in Höhe von 140,00 EUR ab 01.04.2011 unter Abzug eines Freibetrages von 108,00 EUR berücksichtigt und deshalb - unter teilweiser Aufhebung des zuvor ergangenen Bescheids (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.05.2011, geändert durch Änderungsbescheid vom 27.07.2011) - Alg II ab 01.04. bis 30.06.2011 für die Klägerin Ziff. 1 vorläufig in Höhe von 299,45 EUR und für S. in Höhe von 25,55 EUR monatlich bewilligt (vgl. Bl. 1024, 1004, 1092, 1099, 1158 VA).

Bereits gegen den Ausgangsbescheid vom 29.11.2010 erhoben die Klägerinnen Ziff. 1 und Ziff. 2 sowie S. mit Schreiben vom 29.12.2010 Widerspruch. Sie beanstandeten, dass die Klägerin Ziff. 2 (vormals Ziff. 3) als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft keine Leistungen erhalte; für die Klägerin Ziff. 1 und S. seien dann höhere Leistungen zu erbringen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2011 zurückgewiesen. Für die Klägerin Ziff. 2 seien während ihrer Ausbildung die Lehrgangskosten übernommen und ihr Reisekosten sowie Ausbildungsgeld nach den § 104, 105 SGB III bewilligt worden. Danach bestehe für die Klägerin Ziff. 2 nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II kein Anspruch auf Alg II. Eine Tatbestandsausnahme nach § 7 Abs. 6 SGB II liege nicht vor. Das Kindergeld für die volljährige Klägerin Ziff. 2 sei grundsätzlich als Einkommen der kindergeldberechtigten Klägerin Ziff. 1 zuzuordnen. Zwar gehöre die Klägerin Ziff. 2 nicht dem Haushalt und der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin Ziff. 1 an, es sei aber nicht nachgewiesen, dass das für die Klägerin Ziff. 2 bewilligte Kindergeld an diese weitergeleitet werde. Deshalb werde das Kindergeld bei der Klägerin Ziff. 1 unter Abzug der Pauschale von 30,00 EUR als Einkommen angerechnet.

Dagegen haben die Klägerinnen Ziff. 1 und Ziff. 2 (vormals Ziff. 3) sowie S. (vormals Klägerin Ziff. 2) Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ihr Ziel, Alg II für die Klägerin Ziff. 2 (291 EUR Regelleistung zuzüglich behinderungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von 127 EUR monatlich) als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sowie höhere Leistungen für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu erhalten, weiterverfolgt. Die Fahrtkosten seien nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, weil es sich insoweit um zweckbestimmte Einnahmen handele, was auch für das der Klägerin Ziff. 2 gewährte Ausbildungsgeld gelte. Einkommensmindernd sei allerdings das Kindergeld abzusetzen.

Die damaligen Klägerinnen haben in der nichtöffentlichen Sitzung vom 27.01.2012 vor dem SG erklärt, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.05.2011, der die Leistungen für S. im Hinblick auf das von ihr erzielte Einkommen für April 2011 regelt, mit der Klage nicht angefochten sei und der Änderungsbescheid vom 30.03.2011 mit der darin geregelten Anrechnung des Einkommens von S. nicht beanstandet werde.

In der weiteren nichtöffentlichen Sitzung vom 26.03.2012 hat sich der Beklagte bereit erklärt, einen Anspruch der Klägerin Ziff. 2 unter dem Blickwinkel eines besonderen Härtefalles für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2011 zu überprüfen und darüber zu entscheiden, ob ihr deshalb anteilige Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Wohnung im Kapellenweg 2/1, 74078 Heilbronn sowie anteilige Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes während ihrer in der Bedarfsgemeinschaft aus der Klägerin Ziff. 1 und S. verbrachten Ferien, Wochenend- und Krankheitsaufenthalte (je Kalendertag ein Dreißigstel des Monatssatzes) jeweils darlehensweise zu gewähren sind. Die Klägerin Ziff. 2 hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und sich mit der Aufrechnung des Darlehens gegen Leistungen nach dem SGB II einverstanden erklärt, soweit sie im Klageverfahren S 1 AS 3254/11 obsiegt und ihr deshalb Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2011 zu bewilligen sind. Diese Prüfung wurde noch nicht durchgeführt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.03.2012 abgewiesen. Die Voraussetzungen für als Zuschuss zu gewährende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes - als Darlehen zu gewährende Leistungen seien nicht Streitgegenstand, nachdem ein entsprechendes Teilanerkenntnis zur Prüfung abgegeben worden sei - lägen für die Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) im streitigen Zeitraum nicht vor, folglich könnten die Klägerin Ziff. 1 und S. keine höheren Leistungen für sich beanspruchen. Auch die Einkommensanrechnung (S. betreffend) und die dies umsetzenden Änderungsbescheide vom 30.03.2011 und 25.05.2011 seien nicht zu beanstanden. Die Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) sei nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Ausbildung zur Buchbinderin - anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und abgeschlossener Ausbildungsvertrag - sei die erste berufliche Ausbildung, die auch grundsätzlich nach § 60 SGB III förderfähig sei. Daraus resultiere dem Grund nach ein Anspruch auf eine Berufsausbildungsbeihilfe nach § 59 SGB III. Da die Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) schwerbehindert sei, würden ihr nach § 97 SGB III Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, gemäß § 102 Absatz 1 SGB II anstelle der allgemeinen Leistungen die besonderen Leistungen zur Förderung ihrer Ausbildung im BBW. Als besondere Leistung erhalte sie während ihrer Ausbildung Ausbildungsgeld nach § 103 Satz 1 Nr. 2‚ 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, das sich nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sowie § 108 SGB III bezüglich des Bedarfs und der Einkommensanrechnung bestimme. Im vorliegenden Fall liege eine Berufsausbildung nach § 59, 60 SGB III vor, deren Förderung allerdings nach dem siebten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III erfolge. § 7 Absatz 5 Satz 1 SGB II stelle nicht darauf ab, wie die Ausbildung gefördert werde, insbesondere ob der Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe oder - wie hier als Leistung zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben - Ausbildungsgeld erhalte oder beanspruchen könne. Die Art der Förderung (,‚wie") orientiere sich an den persönlichen Voraussetzungen des Auszubildenden, nämlich daran, ob dieser zu den behinderten Menschen zähle oder nicht. Der Gesetzgeber habe durch die Bezugnahme auf die §§ 60 bis 62 SGB III in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II einen Ausschlusstatbestand auch für solche behinderten Menschen geschaffen, deren Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig sei, auch wenn sie besondere Leistungen nach den § 102 ff SGB III erhielten. Weil die Klägerin Ziff. 2 eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolviere (und Ausbildungsgeld erhalte), habe sie keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, was sich aus der Systematik der gesetzlichen Regelungen ergebe - entgegen der in der Rechtsprechung wiederholt geäußerten Auffassung (Hinweis auf Rechtsprechung). Entscheidend sei die Förderfähigkeit der Ausbildung selbst ("ob"), die allein die Folge des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nach sich ziehe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30.08.2010, B 4 AS 97/09 R). Dieses Verständnis des Norminhalts von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II werde durch § 22 Abs. 7 SGB II in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung sowie § 27 Abs. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung gestützt. Dort fänden sich Sonderregelungen für Auszubildende, die - auch - an im Siebten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III beschriebene Tatbestände anknüpften. Ausdrücklich würden Auszubildende als Normbegünstigte beschrieben, die u.a. Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch erhalten und deren Bedarf sich nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 und 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III richte, also nach Normen, die den beim Ausbildungsgeld für behinderte Menschen zu berücksichtigenden Bedarf regeln. Der Gesetzgeber habe damit konsequent an den Grundsatz angeknüpft, dass eine dem Grunde nach förderungsfähige Berufsausbildung Leistungen nach dem SGB II ausschließe. Vor diesem Hintergrund habe es der Sonderregelungen für behinderte Menschen, die während ihrer Berufsausbildung und des Bezugs von Ausbildungsgeld im elterlichen Haushalt oder außerhalb eines Wohnheims oder Internats ohne Kostenerstattung für Unterbringung und Verpflegung anderweitig untergebracht seien, bedurft, denen Darlehensleistungen nach dem SGB II eröffnet worden seien. Dieser Sonderregelungen hätte es nicht bedurft, wenn der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II von vornherein keine Fälle erfasse, in denen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Bezug von Ausbildungsgeld nach den § 104 ff SGB III gegeben seien. Demnach belegten die Sonderregelungen, dass der Gesetzgeber behinderte Menschen während einer dem Grunde nach förderungsfähigen Berufsausbildung - abgesehen von den gesondert beschriebenen Ausnahmen - aus dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausschließen wollte. Die Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) sei allein auf das Leistungssystem des SGB III verwiesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 23.03.2010 (B 8 SO 17/09 R). Nach dieser zum Ausbildungsgeld im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen ergangenen Entscheidung könnten keine Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 SGB II gezogen werden. Das so gewonnene Ergebnis begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zum Einen gehöre die Förderung der beruflichen Ausbildung nicht zu den Zielen des SGB II (Hinweis auf BSG, Urteile vom 03.12.2009 - B 11 AL 38/08 R und vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R). Zum Anderen trügen die Regelungen des SGB III zur Förderung der Berufsausbildung behinderter Menschen den Belangen der Auszubildenden, die dieser Personengruppe zugehörten, ausreichend Rechnung. Diese Förderung umfasse nicht nur das Ausbildungsgeld, Fahrkosten (§ 67 SGB III) und sonstige Aufwendungen (§ 68 SGB III), sondern insbesondere auch die Übernahme der Teilnahmekosten (§ 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III) sowie die Leistungen an Träger nach dem Sechsten Kapitel, erster Abschnitt des SGB III (§ 101 Abs. 2 SGB III). Schließlich könnten der Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) im Rahmen der Härtefallregelungen (§ 7 Abs. 5 Satz 2 SGB.1 a.F. bzw. des § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II n.F.) Leistungen darlehensweise erbracht werden, worüber der Beklagte entsprechend seiner Erklärung im Termin vom 26.03.2012 noch entscheiden werde. Auch ein Mehrbedarf stehe ihr nicht zu, weil der ausbildungsgeprägte Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte vom grundsätzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II erfasst werde. Dies ergebe sich auch aus § 27 Absatz 2 SGB II n.F., in dem erstmalig der Anspruch Auszubildender auf Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 geregelt, indessen der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II gerade nicht erfasst werde. Bei bestehendem Anspruch auf Teilhabeleistungen nach § 33 SGB IX, wie dies bei der Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) der Fall sei, würden die ausbildungsbedingten Mehrbedarfe durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt (vgl. BT-Drucksache 17/3404, S. 103). Nachdem die Klägerin Ziff. 3 (hier Ziff. 2) keine Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss beanspruchen könne, seien auch die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der übrigen Klägerinnen nicht begründet, deren Berechnung nicht zu beanstanden sei.

Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gegen Empfangsbekenntnis am 10.04.2012 zugestellte Urteil hat sie am 10.05.2012 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 25.02.2013 in Bezug auf die frühere Klägerin Ziff. 2 (S.) zurückgenommen hat (Bl. 78 LSG). Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Klägerin Ziff. 2 (Isabelle) ebenfalls Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei und nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen sei. Die Vorschrift sei dahingehend auszulegen, dass das konkrete Ausbildungsverhältnis, so wie es sich nach dem Ausbildungsvertrag darstelle ("deren Ausbildung"), dem Grunde nach förderungsfähig sein müsse, um den Leistungsausschluss zu bewirken. Dies sei im Falle der Klägerin Ziff. 2 nicht der Fall, da es an dem nach § 57 Abs. 1 SGB III (§ 60 Abs. 1 SGB III aF) vorgeschriebenen Berufsausbildungsvertrag fehle. Der von der Klägerin unterzeichnete Ausbildungsvertrag genüge nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 1 BBiG, wonach dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu zahlen sei, die vorliegend ausgeschlossen sei und die Klägerin Ziff. 2 nur Ausbildungsgeld von der Arbeitsverwaltung erhalte. Der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 04.07.2012 - L 15 AS 168/12 B ER), wonach der Eintragung in das nach § 34 BBiG zu führende Register Tatbestandswirkung zukomme, könne nicht gefolgt werden. Bei der Prüfung der Förderfähigkeit sei auch inzident der Ausbildungsvertrag gemessen an den Vorschriften des BBiG zu prüfen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Berufsausbildungsbeihilfe monetär betrachtet deutlich höher sei als das der Klägerin Ziff. 2 gewährte Ausbildungsgeld in Höhe von 102 EUR (richtig: 104 EUR) monatlich, was vom Gesetzgeber für behinderte Menschen nicht gewollt sein könne und auch nicht das zur Existenzsicherung Erforderliche decke. Weiter verbiete sich der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II, weil in der Norm nur Bezug genommen werde auf §§ 60 bis 62 SGB III, die Klägerin Ziff. 2 aber Berufsausbildungsbeihilfe nach § 104 Abs. 2 SGB II erhalte. Auch stelle das BSG im Urteil vom 22.03.2012 (B 4 AS 102/11 R) ganz konkret auf die tatsächlichen Verhältnisse ab und nicht auf abstrakte Kriterien. Dies sei zu berücksichtigen, weil das konkrete Ausbildungsverhältnis definiert durch den Ausbildungsvertrag nicht förderfähig nach § 57 SGB III a.F. wäre. Die Anrechnung des Ausbildungsgeldes verbiete sich nach § 11a Abs. 3 SGB II, da das Ausbildungsgeld einem über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehenden Zweck diene. Desweiteren habe die Klägerin Ziff. 2 Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II. Letztlich verbiete sich die Anrechnung der zweckbestimmten Reisekosten.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. März 2012 aufzuheben sowie die Bescheide des Beklagten vom 29. November 2010 in der Form der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 30. März 2011 und vom 25. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2011 der Klägerin Ziff. 2 (Isabelle) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin Ziff. 1 und S. Kucher und ohne Anrechnung des ihr gewährten Ausbildungsgeldes und der Reise- bzw. Fahrtkosten sowie der Klägerin Ziff. 1 deshalb höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Silvia Schmidt an die Bundesregierung nebst Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gerd Hoofe vom 16.11.2012 zu diesem Problem. Danach vertrete auch die Bundesregierung die Auffassung, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II fallen (BT-Drs 17/11490, S. 32/33 Nr. 47, 48 vom 16.11.2012; Bl. 81 LSG).

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 17.01.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Band IV bis VII) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.

Auf Beklagtenseite ist nach dem Ende der getrennten Aufgabenwahrnehmung das Jobcenter Heilbronn (gemeinsame Einrichtung gemäß § 44b SGB II in der seit 01.01.2011 gültigen Fassung) als Rechtsnachfolger der beklagten Bundesagentur für Arbeit in das Verfahren eingetreten (§ 76 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB II). Das SG hat das Rubrum zu Recht entsprechend von Amts wegen berichtigt (vgl. BSG v. 18.1.2011 – B 4 AS 99/10 R = NJW 2011, 2538).

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klägerin Ziff. 2 hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss., weil sie nach § 7 Abs. 5 SGB II als Bezieherin von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - hier Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III in der bis zum 31.03.2012 gültigen Fassung (jetzt § 122 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl. I S. 2854) - für ihre Ausbildung zur Buchbinderin beim BBW München mit Internatsunterbringung von den Leistungen ausgeschlossen ist. Darauf fußend kann auch die Klägerin Ziff. 1 - die Tochter S. ist nach der Rücknahme der Berufung nicht mehr am Verfahren beteiligt - keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für sich beanspruchen. Darlehensweise zu gewährende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in besonderen Härtefällen nach § 7 Absatz 5 Satz 2 SGB II (in der bis 31.03.2011 geltenden Fassung (a.F.) des Gesetzes vom 24.03.2011, BGB1. I, 453) bzw. nach § 27 Absatz 4 SGB II (in der seit 01.04.2011 geltenden Neufassung durch die Bekanntmachung vom 13.05.2011, BGB1. I, 850) sind nicht Streitgegenstand. Der Beklagte hat sich insoweit bereit erklärt, über einen Anspruch der Klägerin Ziffer 2 auf Darlehensleistungen getrennt zu entscheiden und ein Teilanerkenntnis abgegeben, dass die Klägerinnen angenommen haben. Ebenso sind Leistungen für Unterkunft und Heizung etwa als Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. nicht Streitgegenstand, nachdem der Beklagte darüber im streitigen Zeitraum nicht zu entscheiden hatte.

Das SG hat so unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung verbunden mit einer rechtsfehlerfreien Auslegung zutreffend entschieden und dies ausführlich begründet. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an, sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Beklagte für die begehrte Leistungsgewährung örtlich zuständig ist. Die Beiladung des Jobcenters München als dem am Ausbildungsort zuständigen Leistungsträger war daher nicht erforderlich (vgl. hierzu Hessisches LSG, Urteil vom 24.11.2010 - L 6 AS 168/08 einerseits und LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.12.2012 - L 5 AS 645/12 B ER andererseits, beide über juris). Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB II (a.F. und n.F.) richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Auch wenn sich die Klägerin die Woche über am Ausbildungsort aufhält, pendelt sie zumindest jedes zweite Wochenende, in den Ferien und bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wieder zu ihrer Familie in Heilbronn. Die familiären und sozialen Bindungen sowie der Umstand, dass die Klägerin die dortige Wohnung und den Wohnsitz beibehalten hat und nicht in einer andere Wohnung nach München oder Umgebung umgezogen ist, spricht für eine Beibehaltung des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts und nur einen vorübergehenden – für die Dauer der Ausbildung – Aufenthaltswechsel an den Ort der Ausbildungsstätte sowie gegen eine dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunkts.

Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren wird Folgendes ausgeführt:

Das SG hat bereits in seinem Urteil zutreffend die für den vorliegenden Fall einschlägigen Fassungen des § 7 Abs. 5 SGB II herangezogen. In beiden Fassungen wird jeweils - soweit hier einschlägig - noch auf §§ 60 bis 62 SGB III für den Leistungsausschluss Bezug genommen, die gem. § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III trotz der Gesetzesänderung zum 01.04.2012 weiterhin anwendbar sind, weil die Leistung vorher zuerkannt war. Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen herangezogenen §§ 51, 57 und 58 SGB III, die seit der Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt ab 01.04.2012 gelten, allerdings weitgehend inhaltsgleich sind, sind nicht einschlägig.

Zu Recht hat das SG die Ausbildung der Klägerin Ziff. 2 als nach § 60 SGB III - dem Grunde nach - förderfähig eingestuft. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt, insbesondere hat die Klägerin Ziff. 2 "den dafür vorgeschriebenen Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen". Der gegenteiligen Auffassung der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen, die sich auf die nach § 17 Abs. 1 BBiG zwar vorgeschriebene, im Falle der Klägerin aber ausgeschlossene Ausbildungsvergütung stützt und deshalb das Tatbestandsmerkmal in § 60 Abs. 1 SGB III, nämlich den Abschluss des dafür vorgeschriebenen Berufsausbildungsvertrages, als nicht vorliegend betrachtet, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin Ziff. 2 hat den für die Ausbildung zur Buchbinderin erforderlichen Berufsausbildungsvertrag am 28.06.2010 abgeschlossen. Dieser Vertrag ist ausweislich des Stempels in das Ausbildungsverzeichnis der IHK als der für die Überwachung der Ausbildung zuständigen Stelle eingetragen worden. Damit hat eine Prüfung stattgefunden, ob der Berufsausbildungsvertrag den gesetzlichen Vorschriften und der Ausbildungsordnung entspricht. Die Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse haben für die Bundesagentur für Arbeit, die Beteiligten und die Gerichte Tatbestandswirkung; ein eigenständiges Prüfrecht besteht nicht (vgl. Brecht-Heitzmann in Gagel, SGB II / SGB III, Stand 2013, Rn 21 mit Hinweis auf BSG 21.06.1994 – 11 RAr 81/93 – SozR 3–4100 § 40 Nr. 8; BSG v 18. 08. 2005 – B 7&8201;a/7 AL 100/04 R – juris; so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.07.2012 - L 15 AS 168/12 B ER, juris Rn 18). Dem Hinweis der Prozessbevollmächtigten auf § 58 SGB III (wohl nF) kommt vorliegend keine Relevanz zu, weil es sich um die Förderung im Ausland handelt. Von daher kann das Fehlen der Ausbildungsvergütung nicht zum Förderungsausschluss führen und steht der Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5 SGB II nicht entgegen.

Auch der Wortauslegung des § 7 Abs. 5 SGB II durch die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen vermag der Senat nicht zu folgen. Zunächst kann die Verwendung des Wortes "deren" im Zusammenhang mit der Ausbildung nicht losgelöst von der Formulierung "dem Grunde nach förderungsfähig" gesehen werden. Im Zusammenhang bedeutet dies, dass die konkrete Ausbildung der Klägerin - "deren", hier zur Buchbinderin - danach zu betrachten ist, ob eine solche dem Grunde nach, nämlich für sich betrachtet förderungsfähig wäre. Dass die Beurteilung der Förderfähigkeit der Ausbildung allein auf Grund abstrakter Kriterien, losgelöst von der Person des Auszubildenden zu erfolgen hat, hat bereits das BSG mehrfach entschieden (nach dem BAföG, BSG, Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R, juris Rn 14 mit Hinweis auf Urteil v. 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R, juris Rn. 14). Soweit die Prozessbevollmächtigte diese BSG-Rechtsprechung nicht für einschlägig hält bzw. ihre gegenteilige Auffassung dadurch belegt sieht, wird verkannt, dass dort unter Rn. 14 zunächst der abstrakte Prüfungsschritt beschrieben wird, der auch für den vorliegenden Fall gilt. In der weiteren Entscheidung des BSG - auf die sich die Prozessbevollmächtigte bezieht - wird erst in einem nächsten Schritt anschließend an die abstrakte Prüfung - die dortige Ausbildung (Studium) wurde grundsätzlich als förderungsfähig eingestuft - auf die konkrete dortige Situation eingegangen. Danach war es vom Status der dortigen Klägerin und dem tatsächlichen Betreiben des Studiums abhängig, ob sie vom Leistungsausschluss erfasst ist oder nicht. Mit der vorliegenden Problematik, in der die Klägerin Ziff. 2 unbestreitbar eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf absolviert, ist dies nicht vergleichbar und deshalb für den vorliegenden Rechtsstreit daraus nichts herleitbar.

Unerheblich für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II (aF) ist weiter, dass in der Vorschrift zwar auf die Förderfähigkeit nach dem BaföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III Bezug genommen wird, nicht jedoch auf das nach § 104 SGB III aF gezahlte Ausbildungsgeld, was dazu führen soll, dass das Ausbildungsgeld nicht vom Leistungsausschluss umfasst ist. Hierzu hat das LSG Niedersachsen-Bremen (aaO, Rn 19) ausgeführt:

"Ist die Ausbildung des Antragstellers danach vom Wortlaut des § 60 Abs. 1 SGB III a. F. erfasst, besteht nach Auffassung des Senats kein Anlass, sie gleichwohl von dem in § 7 Abs. 5 SGB II vorgesehenen Leistungsausschluss auszunehmen. Soweit diese Vorschrift in der Rechtsprechung nicht auf Bezieher von Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III a. F. angewendet wird, wird diese Ansicht im Kern damit begründet, dass es sich bei dem Ausbildungsgeld nach § 104 SGB II a. F. um ein aliud zur Berufsausbildungsbeihilfe nach § 59 SGB III a. F. handele, so dass der für nach §§ 60 - 62 SGB III a. F. förderungsfähige Ausbildungen geltende Ausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a. F. nicht ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden könne, dass er auch für nach §§ 97 ff. SGB III a. F. förderungsfähige Ausbildungen gelten solle. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen (vgl. z. B. Hessisches LSG, Urteil vom 24. November 2010 - L 6 AS 168/08 - Rdnr. 33; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. Juni 2011 - L 3 AS 61/11 B ER, L 3 AS 86/11 B PKH - Rdnr. 26; LSG Niedersachsen-Bremen, 7. Senat, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - L 7 AS 1235/11 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Januar 2012 - L 26 AS 2360/11 B ER - Rdnr. 12; jeweils mit weiteren Nachweisen). Bei dieser Argumentation wird allerdings nach Auffassung des Senats übersehen, dass § 7 Abs. 5 SGB II a. F. keinen Leistungsausschluss für Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe normiert mit der Folge, dass Leistungsbezieher von Ausbildungsgeld hiervon nicht erfasst wären, sondern für die Bestimmung des ausgeschlossenen Personenkreises darauf abstellt, ob es sich um Auszubildende handelt, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 - 62 SGB III a. F. dem Grunde nach förderungsfähig ist. Die Ausschlussregelung nimmt demgemäß auch nicht etwa auf § 59 SGB III a. F. Bezug, der die Anspruchsvoraussetzungen der Berufsausbildungsbeihilfe regelt, sondern auf §§ 60 - 62 SGB III a. F., die die Voraussetzungen für die Förderungsfähigkeit von beruflichen Ausbildungen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen betreffen. Diese Vorschriften definieren die Förderungsfähigkeit dem Grunde nach auch für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 97 ff. SGB III a. F. Dies ergibt sich aus § 99 SGB III a. F., wonach die allgemeinen und besonderen Leistungen sich nach den Vorschriften des ersten und vierten bis sechsten Abschnitts richten, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist, sowie aus § 101 Abs. 2 S. 1 SGB III a. F. und § 102 Abs. 1 S. 2 SGB III a. F. Diese Vorschriften erweitern den Kreis der förderungsfähigen beruflichen Ausbildungen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und knüpfen damit ersichtlich an die allgemeinen Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit nach den §§ 60 - 62 SGB III an. Sind die dort genannten Voraussetzungen erfüllt, kommt es nach Auffassung des Senats nicht darauf an, ob im konkreten Fall für die berufliche Ausbildung Berufsausbildungsbeihilfe nach § 57 SGB III a. F. gewährt wird oder Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III a. F., weil in der Person des Auszubildenden die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III a. F. erfüllt sind (so im Ergebnis auch: LSG Niedersachsen-Bremen, 6. Senat, Urteil vom 31. Oktober 2011 – L 6 AS 316/10; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juli 2010 – L 6 AS 587/10 B ER). Denn nach der Rechtsprechung des BSG ist allein aufgrund abstrakter Kriterien, losgelöst von der Person des Auszubildenden, über die Förderfähigkeit der Ausbildung zu befinden (st. Rspr., vgl. zuletzt Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 102/11 R - Rdnr. 14 m. w. N.)."

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2013 - L 34 AS 2968/12 B ER; wohl auch - unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung - LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.12.2012 - L 5 AS 645/12 B ER; gegen den Leistungsausschluss: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.07.2012 - L 7 AS 898/12 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.12.2011 - L 7 AS 1235/11 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.12.2011 - L 2 AS 438/11 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2011 - L 20 AS 1663/10; SG Dresden, Urteil vom 04.10.2011 - S 38 AS 4463/10; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.09.2011 - L 5 AS 429/10 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2011 - L 5 AS 191/11 B ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.06.2011 - L 3 AS 61/11 B ER; Hessisches LSG, Urteil vom 24.11.2010 - L 6 AS 168/08).

Im Übrigen hat auch die Bundesregierung in der schriftlichen Antwort vom 16.11.2012 (BT-Drucksache 17/11490, S. 32/33 Nr. 47, 48) mitgeteilt, dass Leistungen zum Lebensunterhalt während der Ausbildung (Ausbildungsgeld) auch für hilfebedürftige Auszubildende nicht nach dem SGB II, sondern nach dem SGB III von den Arbeitsagenturen erbracht wird, weil sie auch in den besonderen Ausbildungsformen für behinderte Menschen und behindertenspezifische Einrichtungen Leistungen der Ausbildungsförderung sind, mit deren Kosten die Grundsicherung nicht belastet werden soll. Eine weitergehende Zahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an behinderte Menschen, die in einer mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geförderten Ausbildung stehen, sei zudem nicht erforderlich. Das Ausbildungsgeld diene dem Lebensunterhalt während der Ausbildung. Die auf Grund der jeweiligen Behinderung erforderlichen sonstigen Leistungen würden zielgerichtet durch die Regelungen des SGB IX sichergestellt.

Nicht nachvollziehbar ist, worin die Prozessbevollmächtigte einen monetären Unterschied zwischen der Berufsausbildungsbeihilfe und dem der Klägerin Ziff. 2 gewährten Ausbildungsgeld mit Nachteilen für behinderte Menschen herleiten will. Wenn diese Differenz in der Ausbildungsvergütung liegen sollte, so ist hierzu anzumerken, dass die Berufsausbildungsbeihilfe gem. § 59 SGB III a.F. (§ 56 SGB III n.F.) grundsätzlich nur bedürftigkeitsabhängig gewährt wird und das Einkommen des Auszubildenden angerechnet wird (§ 71 Abs. 1 SGB III a.F.; § 67 Abs. 1 SGB III n.F.), somit die Ausbildungsvergütung nicht zusätzlich dem Leistungsempfänger zur Verfügung steht (vgl. Schmidt in BeckOK SGB III, Stand 01.03.2013 § 56 Rn. 3).

Nachdem der Leistungsausschluss der Klägerin Ziff. 2 rechtens ist, verbleibt es bei der Anrechnung des für die Klägerin Ziff. 2 gezahlten Kindergeldes als Einkommen der kindergeldberechtigten Klägerin Ziff. 1, da dieses ungeachtet der Frage, ob die Klägerin Ziff. 2 nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebt, jedenfalls nicht an sie weitergeleitet wurde und der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. Nr. 8 ALG II-VO nicht erfüllt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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