S 7 AS 486/14 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 486/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr 2 SGB II begegnet keinen europarechtlichen Bedenken. Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich um pauschalierte Leistungen zur Existenzsicherung ohne Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und damit um Sozialhilfeleistungen im Sinne von Art. 24 Abs 2 Richtlinie 2004/38 EG. Die Bezeichnung "Arbeitslosengeld II" ändert daran nichts.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.

Der ... 1979 in V. (Bulgarien) geborene Antragsteller ist bulgarischer Staatsangehöriger. Er war als Trockenbauer in L. vom 18.10.2011 bis zum 28.01.2013 selbständig tätig, woraus er im Jahr 2012 einen steuerlichen Gewinn iHv 8.020,27 EUR erzielte. Er bewohnt gegenwärtig in M. als Mitmieter neben Herrn S. H. eine Wohnung (60 qm), für die insgesamt Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) iHv 326,70 EUR (Grundmiete 180,70 EUR, Betriebskosten 51,00 EUR, Heizkosten 95,00 EUR) anfallen. Am 23.01.2013 beantragte er erstmals Leistungen beim Antragsgegner, welcher dieser mit Bescheid vom 24.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 ablehnte. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Halle erhobene Klage ruht (S 7 AS 3156/13, Beschluss vom 10.09.2013). Am 09.09.2013 beantragte der Antragsteller erneut Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner und meldete sich am 30.09.2013 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos. Mit Bescheid vom 08.11.2013 lehnte der Antragsgegner die Leistungsgewährung ab, wogegen der Antragsteller am 26.11.2013 Widerspruch erhob, über den bislang nicht entschieden ist. Mit Schreiben vom 21.01.2014 kündigte der Vermieter Herrn H. und dem Antragsteller wegen Mietrückständen iHv 1.214,69 EUR fristlos.

Am 30.01.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Halle um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er verfüge über keine Einkünfte noch sonstiges Vermögen und habe den auf ihn entfallenden Mietanteil iHv 163,35 EUR zu erbringen. Nahrungsmittel, Kleidung und sonstige Dinge des täglichen Lebens erhalte er von (namentlich benannten) Dritten kostenlos zur Verfügung gestellt, wobei diese selbst an ihre wirtschaftliche Leistungsgrenze stießen und ihn künftig nicht mehr unterstützen könnten. Er könne als EU-Bürger nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden. § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II verstoße insoweit gegen das Gleichbehandlungsgebot in Art 4 der VO (EG) 883/2004.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller sei dem Grunde nach vom Leistungsbezug gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 SGB II ausgeschlossen. Der Antragsteller habe sein gewinnbringendes Gewerbe Anfang 2013 aufgegeben und halte sich gegenwärtig allein zum Zwecke der Arbeitssuche auf, was er mit seiner Arbeitslosmeldung bei der Bundesagentur für Arbeit bekundet habe. Eine Europarechtswidrigkeit des den Antragsteller betreffenden Leistungsausschluss bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

II.

1. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.

Nach § 86b Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Eine Regelungsanordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und er ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würden (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass dem Antragsteller bei Abwägung seiner Interessen gegenüber denjenigen des Antragsgegners nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache – die Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch vom 26.11.2013 – abzuwarten. Insoweit käme selbst bei einem Vorliegen aller Voraussetzungen der hier begehrten behördlichen Entscheidung des Antragsgegners unter Beachtung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache regelmäßig allein eine vorläufige Regelung in Betracht, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Bei einem offenen Ausgang der Hauptsache, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend zu berücksichtigen und in die Abwägung einzustellen. Das Begehren des Antragstellers muss bei der im einstweiligen Rechtschutz gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheinen.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

a. Der Antragsteller vermochte bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen. Der Antragsteller ist – unabhängig von seiner behaupteten Hilfebedürftigkeit – gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 SGB II bereits dem Grunde nach vom Leistungsbezug ausgeschlossen, was entgegen der Ansicht des Antragstellers auch keinen europarechtlichen Bedenken begegnet. Mangels Anordnungsanspruchs bleibt insoweit auch für eine (vorläufige bzw darlehensweise) Leistungsgewährung aufgrund einer Folgenabwägung kein Raum, zumal – im Falle eines etwaigen späteren Unterliegens des Antragstellers in der Hauptsache – deren spätere tatsächliche Rückzahlung nicht gesichert erscheint.

Im Einzelnen:

aa. Der Antragsteller ist zwar leistungsberechtigt iSv § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 SGB II. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet, ist erwerbsfähig (§ 8 SGB II), außerdem – soweit erkennbar – hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Gleichwohl ist er vom Leistungsbezug dem Grunde nach ausgeschlossen. Vom Leistungsbezug ausgenommen sind nämlich Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II), Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen (§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II) und Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II). Der Antragsteller hat nach eigenem Bekunden seine selbständige Tätigkeit am 28.01.2013 aufgeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Selbständigkeit auf Veranlassung des Antragsgegners bzw – wie der Antragsteller meint – der Agentur für Arbeit noch sonst auf Umständen beruht, die der Antragsteller nicht zu vertreten hat, beendet wurde, sind nicht glaubhaft gemacht, weshalb eine Freizügigkeitsberechtigung trotz Aufgabe der selbständigen Tätigkeit nicht fortwirkt (§ 2 Abs 3 Nr 2 FreizügG/EU). Auch im Erörterungstermin am 18.02.2014 konnte der Antragsteller keine weiteren Angaben zum Grund der Aufgabe seiner gewinnbringenden selbständigen Tätigkeit machen. Für die Kammer ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb die gewinnbringende selbständige Tätigkeit aufgegeben wurde und diese zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit gegenwärtig nicht wieder aufgenommen wird. Bei Wiederaufnahme der selbständigen Tätigkeit stünde einem Anspruch auf ggf ergänzend erforderliche aufstockende Leistungen die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II angesichts des andauernden Aufenthalts des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls nicht entgegen. Seit Aufgabe der selbständigen Tätigkeit hält sich der Antragsteller deshalb gegenwärtig – was sich durch die am 30.09.2013 Antragsteller (vermutlich bereits am 29.01.2013, Blatt 10 der Verwaltungsakte) bei der Bundesagentur für Arbeit erfolgte Meldung als arbeitssuchend bestätigt – ausschließlich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er gehört damit gegenwärtig zu dem in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II geregelten und vom Leistungsausschluss erfassten Personenkreis. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass dieser Leistungsausschluss gegen Europarecht verstößt und deshalb nicht anwendbar erscheint, hat die Kammer nicht. Insbesondere verstoßen die Leistungsausschlüsse weder gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art 18 AEUV) noch gegen das Recht, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Art 21 AEUV). Zwar ist umstritten, ob der Leistungsausschluss in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II für Unionsbürger anwendbar ist bzw das sekundärrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gilt (vgl dazu nur BSG, B 4 AS 9/13 R, Beschluss vom 12.12.2013 über die Vorlage an den EuGH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2013, L 2 AS 889/13 B ER, juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2013, L 2 AS 841/13 B ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 AS 365/13 B ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.01.2014, L 13 AS 266/13 B ER, juris; Jüttner, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und AsylbLG, § 7 RdNr 42 ff; Spellbrink/G. Becker, in; Eicher, SGB II, 5. Auflage 2013, § 7 RdNr 24 ff; Thie, LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 7 RdNr 27 ff; jeweils mwN) und deshalb eine Anspruchsberechtigung dem Grunde nach besteht. Nach Auffassung der Kammer greifen diese Bedenken jedoch nicht Platz. Nach Art 24 Abs 2 Richtlinie 2004/38/EG besteht für den Aufnahmemitgliedstaat nämlich gerade keine Verpflichtung, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder ggf während des längeren Zeitraums (Art 14 Abs 4 b Richtlinie 2004/38/EG) einen Anspruch auf Sozialhilfe, dh finanzielle Mittel, die der Existenzsicherung dienen (vgl Art 7 Abs 1b Richtlinie 2004/38/EG), zu gewähren. Ausgenommen sind dabei finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (EUGH, Urteil vom 04.06.2009, C-22/08, C-23/08, Vatsouras, Koupatantze, juris). Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich jedenfalls im Hinblick auf Regelbedarf (einschließlich etwaiger Mehrbedarfe) und KdUH nach Auffassung der Kammer jedoch um Sozialhilfeleistungen iSv Art 24 Abs 2 Richtlinie 2004/34/EG (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 AS 365/13 B ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.01.2014, L 13 AS 266/13 B ER, juris; Jüttner, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und AsylbLG, § 7 RdNr 42c). Denn die Leistungen nach dem SGB II knüpfen dem Grunde nach – im Unterschied zum ALG I – gerade nicht an eine (vorherige) Erwerbstätigkeit an, sondern sind vielmehr pauschalierte und dem Hilfesystem des SGB XII vergleichbare Leistungen, deren primärer Zweck die finanzielle Existenzsicherung erwerbsfähiger Menschen ist. Die Leistungen nach dem SGB II sind mithin ein subsidiäres System sozialer Sicherung des Existenzminimums (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, juris RdNr 147). Es ist dabei für die Gewährung der Leistungen nach dem SGB II – trotz der Regelungen zur Anrechnung von Erwerbseinkommen bzw Gewährung von Freibeträgen (§ 11b SGB II) – dem Grunde nach unerheblich, ob einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird. Demgemäß ist ein SGB II-Leistungsbezug – abhängig von der Einkommenshöhe – auch bei einer Vollzeittätigkeit möglich. Im Vordergrund steht damit die verfassungsrechtlich gebotene Existenzsicherung ohne Rücksicht auf ein Arbeitsverhältnis. Die Leistungen nach dem SGB II stellen sich deshalb als (der Höhe nach) einkommensabhängige sozialhilferechtliche Grundsicherungsleistungen dar. Sie entsprechen hinsichtlich ihrer Pauschalierung den Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII und unterscheiden sich insoweit nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Bedarfssicherung, sondern ihrer Grundstruktur nach einzig im – insoweit zu vernachlässigenden – Merkmal der Erwerbsfähigkeit. Der Umstand, dass der Gesetzgeber im SGB II die Bezeichnung "Arbeitslosengeld II" gewählt hat, ändert daran nichts. Ebenso ändert hieran das in § 1 Abs 2 SGB II verankerte gesetzgeberische Ziel, die Leistungsberechtigten im Hinblick auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu stärken, zu unterstützen und die Leistungen möglichst auf eine künftige Beseitigung der Hilfebedürftigkeit auszurichten, nichts. Dies verdeutlicht vielmehr, dass es der üblichen Lebensführung bis zum Erreichen der in § 7a SGB II geregelten Altersgrenze entspricht, möglichst seinen Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit selbst zu bestreiten. Dass mithin die Leistungen des SGB II neben der im Vordergrund stehenden Existenzsicherung zugleich eine Unterstützung der Leistungsberechtigten im Hinblick auf eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bezwecken, liegt in der Natur der Sache der Leistungsgewährung an erwerbsfähige Menschen; es handelt sich aber nicht deshalb nicht um finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Dem stehen weder das in Art 4 VO (EG) 883/2004 verankerte Gleichbehandlungsgebot noch die möglicherweise Auslegung der SGB II-Leistungen als "besondere beitragsunabhängige Leistungen der sozialen Sicherheit" iSv Art 70 Abs 1 VO (EG) 883/2004 entgegen. Für die Auslegung des Sozialhilfebegriffs in Art 24 Abs 2 Richtlinie 2004/34/EG ist nämlich nach Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Zweck davon auszugehen, dass alle Leistungen erfasst werden sollen, die den Lebensunterhalt von Arbeitssuchenden sichern (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 AS 365/13 B ER, juris; Jüttner, aaO).

bb. Ebenso scheidet ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gestützt auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11.12.1953 (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R, juris) aus, denn Bulgarien gehört – soweit ersichtlich – nicht zu den Unterzeichnern dieses Abkommens.

cc. Zwar hat ein ausländischer Staatsbürger, der sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhält, unter Beachtung des Grundrechts der Menschenwürde in wirtschaftlichen Notlagen einen Anspruch auf materielle Unterstützung (vgl dazu LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2013, L 2 AS 889/13 B ER, juris). Dies vermag aber nicht zu begründen, entgegen des Wortlauts von § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II eine einstweilige Leistungsverpflichtung des Antragsgegners vorzunehmen. Anknüpfungspunkt für eine in diesem Sinne verfassungsrechtlich (Art 1 iVm Art 20 GG) gebotene Gewährleistung des Existenzminimums bei Unionsbürgern, die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II unterliegen, ist hingegen § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 AS 365/13 B ER, juris mwN); insoweit vermag grundsätzlich eine atypische Bedarfslage iSv § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) angenommen werden, welcher § 21 Abs 1 SGB XII nicht entgegensteht. Vorliegend hatte eine Beiladung des Sozialhilfeträgers bzw dessen Verpflichtung zur vorläufigen Gewährung jedoch zu unterbleiben, da der Antragsgegner allein vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II beansprucht.

b. Auf einen Anordnungsgrund kommt es damit nicht mehr an. Gleichwohl konnte der Antragsteller nicht glaubhaft machen, sich tatsächlich in einer Notlage zu befinden. Es ist nicht nachvollziehbar, ohne erkennbaren Grund eine gewinnbringende (8.020,27 EUR Gewinn im Jahr 2012) selbständige Tätigkeit im Januar 2013 aufzugeben und hierzu unsubstantiiert vorzubringen, seitdem ausschließlich durch Zuwendungen Dritter seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved