L 5 AS 58/07

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 56 AS 1137/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AS 58/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. August 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der ihnen in der Zeit vom 20. Mai 2005 bis 30. November 2006 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – gewährten Leistungen. Dabei geht es allein noch darum, ob die Beklagte bei der Berechnung der Leistungen vom Einkommen des Klägers zu 2. in Form von Kindergeld und Unterhaltsvorschussleistungen Ausgaben für Versicherungsbeiträge abzusetzen hat, wodurch sich höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ergeben würden. Dies hat die Beklagte abgelehnt.

Die 1971 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige Klägerin zu 1. ist alleinerziehende Mutter des 1997 geborenen Klägers zu 2., mit dem sie zusammen in einer selbst genutzten Eigentumswohnung in Hamburg lebt. Im Mai 2005 beantragten die Kläger bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 24. Juni 2005 und Änderungsbescheiden vom 25. Oktober 2005, 3. November 2005 und 7. Dezember 2005 wurden den Klägern für die Zeit vom 20. Mai 2005 bis 30. November 2005 Leistungen in wechselnder Höhe bewilligt: Für die Monate Mai, Juni, Juli und August 2005 wurden jeweils voneinander abweichende Beträge zwischen 176,54 EUR und 1122,76 EUR und für die Monate September bis November 2005 der jeweils selbe Leistungsbetrag in Höhe von 1125,64 EUR berechnet. Die Unterschiede in der Höhe der monatlichen Leistungsgewährung beruhten vor allem auf Schwankungen im Einkommen der Klägerin zu 1. und bei den Kosten der Unterkunft für das selbst genutzte Eigenheim. Für den Zeitraum von Juli bis einschließlich November 2006 bewilligte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 23. Mai 2006 Leistungen in Höhe von 1036,64 EUR monatlich. Gegen die Leistungsbescheide legten die Kläger fristgemäß Widerspruch ein. Am 15. Juni 2006 haben die Kläger Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht erhoben, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides der Beklagten am 6. Juli 2006 in eine Anfechtungsklage umgestellt wurde. Der Widerspruchsbescheid umfasste auch den nicht durch Widerspruch angefochtenen Leistungszeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006, indem der Widerspruch für den gesamten Zeitraum zurückgewiesen und ausdrücklich ausgeführt wurde, dass der für den Zeitraum Dezember 2005 bis Mai 2006 am 3. November 2005 ergangene Bescheid nach § 86 Sozialgerichtsgesetz – SGG – Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden sei.

Im Laufe des Klageverfahrens haben die Kläger ihre Klage darauf beschränkt, den Abzug diverser Versicherungsbeiträge für den Kläger zu 2. von dessen Einkommen von der Beklagten zu begehren. Dabei handelte es sich um die folgenden eigens für den Kläger zu 2. abgeschlossenen Versicherungen: Eine Unfallversicherung in Höhe von monatlich 8,37 EUR, eine Zusatzkrankenversicherung in Höhe von monatlich 3,26 EUR und eine Kapitalversicherung (fondsgebundene Kinderrentenversicherung) in Höhe von monatlich 35,- EUR. Ferner verlangte die Klägerin, jeweils den hälftigen monatlichen Beitrag zu der von ihr abgeschlossenen Familienprivathaftpflichtversicherung in Höhe von 3,82 EUR, der Familienauslandskrankenversicherung in Höhe von 0,71 EUR und der Hausratversicherung in Höhe von 7,82 EUR abzusetzen. Insgesamt begehrten die Kläger somit den Abzug von monatlich 58,98 EUR monatlich vom Einkommen des Klägers zu 2.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage zwar zulässig sei, insbesondere auch im Hinblick auf den Zeitraum 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006, da die Beklagte in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid über diesen Zeitraum mitentschieden habe und ein möglicherweise insoweit fehlender Widerspruch der Zulässigkeit der Klage nicht mehr entgegenstehe.

Es hat die Klage aber für unbegründet gehalten. Zwar handele es sich bei dem Unterhaltsvorschuss und dem Kindergeld für den Kläger zu 2. um Einkommen im Sinne des Gesetzes, welches allein ihm zuzurechnen sei. Jedoch seien hiervon die begehrten Versicherungsbeiträge weder pauschal noch in der konkret geltend gemachten Höhe gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abzusetzen. Die Versicherungspauschale sei nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld – Verordnung (ALG II-V) vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger und bei minderjährigen Hilfebedürftigen nur dann abzusetzen, wenn diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebten. Da der Kläger zu 2. mit seiner (volljährigen) Mutter, der Klägerin zu 1. zusammenlebe, zähle er nicht zu dem Personenkreis. Diese Beschränkung der gesetzlichen Vergünstigung verstoße auch nicht gegen die Verfassung; insbesondere liege hierin kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz – GG –. Die Regelung habe im Blick, dass minderjährige Kinder in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern zumeist von dem Versicherungsschutz der von den Eltern abgeschlossenen Versicherungen erfasst würden. Konkret nachgewiesene Beiträge für speziell für das Kind abgeschlossenen Versicherungen könnten nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgesetzt werden, wenn sie nach Grund und Höhe angemessen seien. Bedenken begegne dieses Ergebnis auch dann nicht, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nur minderjährige Kinder Einkommen erzielten und die Versicherungspauschale gar keine Berücksichtigung finde, denn der Anspruch solle nicht generell für jeden Hilfebedürftigen bestehen, sondern Hilfebedürftige mit Einkommen privilegieren. Eine Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen vom Einkommen Minderjähriger setze jedoch voraus, dass es sich um eigene Versicherungen des Minderjährigen handele. Handele es sich hingegen um die Versicherung der Eltern unter Einbeziehung der Kinder in deren Schutzumfang, käme ein Abzug nur vom Einkommen der Eltern in Betracht. Jedenfalls müssten die zu leistenden Beiträge nach Grund und Höhe angemessen sein. Dieses sei bei den von den Klägern geltend gemachten Versicherungen nicht der Fall.

In Bezug auf die Haftpflicht-, die Hausrats- und Auslandskrankenversicherung fehle es schon an einer eigenen Versicherung des Klägers zu 2. Denn bei diesen Versicherungen handele es sich um Familienversicherungen, bei denen der Versicherungsschutz der von der Klägerin zu 1. abgeschlossenen Versicherung sich auch auf den Kläger zu 2. erstrecke und schon nach dem Vortrag der Kläger dieser umfassendere Versicherungsschutz keine Beitragserhöhung bewirkt habe. Die Zusatzkrankenversicherung sei zwar speziell für den Kläger zu 2. abgeschlossen worden, nach dem klägerischen Vortrag solle hiermit einmal jährlich eine neue Brille für den Kläger zu 2. beschafft werden. Die gesetzliche Krankenkasse übernehme nur 30 EUR für die Gläser, die Versicherung erleichtere die Neuanschaffung der Brille. Bereits die Vorschrift von § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a) SGB II stehe der Übernahme dieser Versicherung mit der hiermit zum Ausdruck kommenden Wertung entgegen. In jedem Fall aber sei Voraussetzung, dass Leistungsfälle abgedeckt werden, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden und deren Absicherung im Einzelfall geboten erscheine. Das sei deshalb nicht der Fall, weil die gesetzliche Krankenversicherung Leistungen für Brillengläser für Kinder erbringe, die nicht gewährten Brillenfassungen für Kinder aber bei einzelnen Optikern unentgeltlich zu erwerben seien. Die gesetzliche Krankenversicherung gewähre zwar nur die Kosten für Brillengläser einfachster Ausführung in Form einer Pauschale. Es sei aber gerichtsbekannt, dass es Optiker gäbe, die Gläser zu diesen Preisen herstellten. Der Kläger zu 2. könne daher seiner Sehschwäche angepasst eine Brille erwerben ohne zuzahlen zu müssen. Auch die Beiträge für die für den Kläger zu 2. abgeschlossene Kapitalversicherung seien nicht angemessen. Die fondsgebundene Kinderrentenversicherung solle dem Kläger zu 2. ab dem Jahr 2057 eine Rente beziehungsweise eine Kapitalabfindung verschaffen. Hierbei handele es sich um eine Anlageform, bei der die Klägerin zu 1. für den Kläger zu 2. Geld anspare. Das Versicherungselement bestehe darin, dass unter bestimmten Voraussetzungen des Wegfalls des Versorgers der Versicherer die Versicherungsbeiträge bis zum 25. Lebensjahr des Kindes fortzahle. Die in § 11 Abs. 2 Nr. 3b und Abs. 4 SGB II genannten Fälle, in den Beiträge zur Altersvorsorge vom Einkommen abgesetzt würden, seien hier ersichtlich nicht einschlägig. Mit den im Gesetz genannten Formen der vom SGB II geförderten Altersvorsorge seien zugleich die Grenzen der geförderten Vorsorgearten gezogen; damit sei zugleich zum Ausdruck gebracht, dass Beiträge zu anderen Vorsorgearten nicht vom Einkommen abgesetzt werden könnten. Rentenversicherungen für Kinder seien auch keine übliche Versicherungsform von Menschen unterer Einkommensschichten. Auch lägen hier keine Besonderheiten vor, die eine derartige Versicherung in ein anderes Licht rücken würden. Soweit damit eine spätere Ausbildung für den Kläger zu 2. finanziert werden solle, sei der Bedarf hierfür ebenfalls nicht erkennbar, da der Kläger gegebenenfalls durch die gesetzlichen Vorschriften der Ausbildungsförderung wie BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe hinreichend gesichert sei.

Schließlich sei auch die Unfallversicherung für den Kläger zu 2. schon dem Grunde nach keine angemessene Versicherung. Die Angemessenheit bemesse sich danach, ob das abgesicherte Risiko auch bei Beziehern unterer Einkommensschichten üblicherweise abgesichert werde oder durch besondere Umstände gerechtfertigt sei. Eine Unfallversicherung gehöre nicht zum allgemein üblichen Standard, dies umso mehr, wenn sie für ein Kind abgeschlossen werde. Sie decke das unfallbedingte Todes- und Invaliditätsrisiko ab. Auch hier seien keine besonderen Umstände ersichtlich die eine solche Versicherung für den Kläger zu 2. erforderlich erscheinen ließen; insbesondere da der Kläger während der Teilnahme am Schulunterricht und auf dem Schulweg durch die gesetzliche Schüler-Unfallversicherung abgesichert sei.

Gegen das ihnen am 13. September 2007 zugestellte Urteil haben die Kläger am 1. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 19. März 2008 zum Az.: B 11 AS 7/06 R entschieden, dass eine Absetzung des Pauschbetrages für Versicherungsbeiträge bei Minderjährigen, die Kindergeld bezögen, nicht in Betracht komme. Offen gelassen sei in dieser Entscheidung aber, wie die Rechtslage zu beurteilen sei, wenn der Minderjährige nachweisen könne, Versicherungsbeiträge entrichtet zu haben. Auch ergäben sich aus dem SGB II keine Hinweise, dass die Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen in den verschiedenen Einkommensarten unterschiedlich zu beurteilen sei. Überdies habe der Verordnungsgeber zwischenzeitlich § 6 Nr. 2 der ALG II-V geändert. Danach werde nunmehr auch vom Einkommen Minderjähriger ein Betrag von 30,- EUR monatlich in Abzug gebracht, wenn es sich dabei um Versicherungsbeiträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II handele. Dies sei Ausdruck der verfassungsmäßig zu fordernden Gleichbehandlung der Einkünfte der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 20. August 2007 und unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 24. Juni 2005, 25. Oktober 2005, 3. November 2005, 7. Dezember 2005 und 23. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2006 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 20. Mai 2005 bis 30. November 2006 Leistungen nach dem SGB II in der Weise zu gewähren, dass bei der Berechnung des Einkommens des Klägers zu 2. Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 58,98 EUR monatlich in Abzug gebracht werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre bisherigen Ausführungen und die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts. Sie ergänzt noch, dass das Bundessozialgericht mit Urteil vom 18. Juni 2008 zum Az. B 14 AS 55/07 R in Konstellationen wie der vorliegenden festgestellt habe, dass ein Abzug der Versicherungspauschale nicht zu erfolgen habe und dass für eine Anwendung der ab 1. August 2009 geltenden Neufassung der ALG II-V gefordert werde, dass der Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat, was hier nicht der Fall sei.

Im Verhandlungstermin vor dem Senat am 11. November 2010 ist die Höhe der den Klägern zu gewährenden Leistungen unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten eingehend erörtert worden. Die Beteiligten haben daraufhin ausdrücklich erklärt, darüber einig zu sein, dass der Ausgang des vorliegenden Verfahrens auch für weitere Verfahren der Klägerin maßgeblich sein soll und der vorliegende Rechtsstreit ausschließlich die Frage betrifft, ob und welche Versicherungsbeiträge ganz oder teilweise vom Einkommen des Klägers zu 2. aus Kindergeld und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – UVG – abzusetzen sind. Alle übrigen Berechnungsgrundlagen, welche die Höhe der den Klägern individuell und als Bedarfsgemeinschaft zustehenden Leistungen nach dem SGB II beeinflussten, seien dagegen zutreffend ermittelt und festgesetzt worden und sollten nicht streitig sein.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist statthaft (§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

II. Sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 20. August 2007 ist rechtmäßig. Die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere als die ihnen gewährten Leistungen; insbesondere sind von dem Einkommen des Klägers zu 2. keine Absetzungen wegen geleisteter Versicherungsbeiträge vorzunehmen. Allerdings haben die Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil sie die in § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 19 Satz 1 sowie in § 28 SGB II genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Soweit vorliegend die fraglichen Bescheide ihrer Leistungshöhe nach angefochten worden sind und daher für jeden Leistungsmonat zu klären wäre, ob die von der Beklagten angestellten Berechnungen rechtmäßig sind, ist festzustellen, dass die eingehende Prüfung und Erörterung der angefochtenen Bescheide im Verhandlungstermin am 11. November 2010 keinerlei Berechnungsfehler ergeben hat und die Berechnungspositionen der angefochtenen Bescheide (abgesehen von der Frage der Absetzung von Versicherungsbeiträgen) auch nicht (mehr) im Streit stehen. Die Beteiligten haben in der Verhandlung vom 11. November 2010 erklärt, dass der vorliegende Rechtsstreit ausschließlich die Frage der Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge vom Einkommen des Klägers zu 2. betreffen solle. Alle übrigen Berechnungsgrundlagen, welche die Höhe der den Klägern individuell und als Bedarfsgemeinschaft zustehenden Leistungen nach dem SGB II beeinflussten, seien dagegen zutreffend ermittelt und festgesetzt und sollten nicht streitig sein. Jedenfalls durch diese ausdrücklichen und eindeutigen Erklärungen ist der Gegenstand des Höhenstreits in zulässiger Weise beschränkt worden (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006, Az.: B 7b AS 8/06 R, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.5.2009, Az.: L 12 AS 5/08, beide in juris).

Ohne Erfolg wendet sich die Berufung aber auch gegen den unterbliebenen Abzug von Versicherungsbeiträgen vom Einkommen des Klägers zu 2. Ein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II ist für die Kläger daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht gegeben.

1. Der Kläger zu 2. verfügte im hier streitbefangenen Zeitraum über Einkommen, denn Kindergeld und Unterhaltsvorschuss sind Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II, das nach dieser Vorschrift seinen Hilfebedarf vermindert und dessen Berücksichtigung weder nach dem Gesetz noch nach § 1 Alg II-V ausgeschlossen ist. Er bezog in dem streitbefangenen Zeitraum durchgängig Kindergeld (154,- EUR) und Leistungen nach dem UVG (164,- bis 170,- EUR), welches seinen Bedarf nach dem SGB II nicht vollständig abdeckte, so dass ihm ergänzende Leistungen nach dem SGB II gewährt wurden. Für die Unterhaltsvorschussleistung ergibt sich die Einkommenszurechnung bei dem Kläger zu 2. aus § 1 Abs. 1 UVG, wonach der Kläger zu 2. Anspruchsberechtigter ist. Für das Kindergeld ergibt sich dies aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach das Kindergeld für die zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kinder, soweit es bei dem Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist. Da das dem Kläger zu 2. gem. § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II als Bedarf zustehende Sozialgeld (207,- EUR) zusammen mit den auf ihn entfallenden Kosten der Unterkunft (rd. 330,- bis 340,- EUR) über dem ihm zuzurechnenden Einkommen von maximal 324,- EUR liegt, wird das Kindergeld auch zur Sicherung seines Lebensunterhalts benötigt.

Dieses Einkommen des Klägers ist ihm auch zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008, Az.: B 14 S 55/07 R, juris). Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II und dem im SGB II verankerten Individualisierungsprinzip, nicht zuletzt verdeutlicht dies aber auch die Regelung von § 9 Abs. 2 SGB II, wonach bei bedarfsüberschießendem Einkommen der Eltern dieses auch auf den Bedarf der unverheirateten und mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder angerechnet wird, dies umgekehrt jedoch regelmäßig nicht gilt.

Der Kläger zu 2. erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen für die Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen, und zwar weder in Form eines Pauschalabzuges noch in Form eines bezifferten Abzuges der konkret in der Person des Klägers bestehenden Prämienzahlungsverpflichtung für die fraglichen Versicherungen. Zwar sind gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II vom Einkommen Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder (bei fakultativen Versicherungen) nach Grund und Höhe angemessen sind. Ergänzend hierzu ist in § 3 Nr. 1 (ab 1. Oktober 2005: § 3 Abs. 1 Nr. 1) der aufgrund des § 13 SGB II erlassenen Alg II-V (in den hier anzuwendenden Fassungen vom 20. Oktober 2004 und 22. August 2005) bestimmt, dass von dem Einkommen volljähriger und von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II leben, als Pauschbetrag ein Betrag von 30,- EUR monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II abzusetzen ist, die nach Grund und Höhe angemessen sind. Diese Voraussetzungen für die Absetzung von Versicherungsbeiträgen für die geltend gemachten Versicherungen für Unfallversicherung, Privathaftpflichtversicherung, Auslandskrankenversicherung, Zusatzkrankenversicherung, Hausratversicherung sowie fondsgebundene Rentenversicherung sind aber nicht erfüllt.

1.1. Die Voraussetzungen für einen pauschalen Abzug von Versicherungsbeiträgen in Höhe von monatlich 30,- EUR gemäß § 3 (Abs. 1) Nr. 1 Alg II-V liegen nicht vor. Dagegen steht bereits der Wortlaut der Regelung, wonach der Pauschbetrag von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger nur abzusetzen ist, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 des SGB II leben. Hieran fehlt es, denn der Kläger zu 2. ist minderjähriger Hilfebedürftiger und lebt mit einer volljährigen Hilfebedürftigen – seiner Mutter, der Klägerin zu 1. - in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II, zusammen. Diese insoweit eindeutige Eingrenzung des von der Regelung begünstigten Personenkreises präzisiert die gesetzliche Regelung aus § 11 Abs. 1 Satz 3, § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 und § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, lässt die Abzugsfähigkeit für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen unberührt und ist deshalb von der Ermächtigungsnorm des § 13 SGB II gedeckt (vgl. BSG, Urteile vom 7.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, vom 19.3.2008, Az.: B 11b AS 7/06 R und vom 18.6.2008, Az.: B 14 AS 55/07 R sowie LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.01.2006, Az.: L 8 AS 191/05 und LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.10.2007, Az.: L 20 AS 15/07, alle in juris). Darüber hinaus verstößt die Regelung auch nicht gegen die Verfassung. Der Senat folgt auch insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 19.3.2008, Az.: B 11b AS 7/06 R und vom 18.6.2008, Az.: B 14 AS 55/07 R, a.a.O.). Danach kann in der Versagung der Absetzbarkeit einer Versicherungspauschale ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zunächst nicht darin erblickt werden, dass minderjährige Kindergeldbezieher im Gegensatz zu volljährigen Beziehern von Einkommen, die beide Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind, von der Absetzbarkeit der Versicherungspauschale ausgeschlossen sind. Anders als bei diesen müssen bei minderjährigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Aufwendungen für Versicherungen hinter den Aufwendungen für den Lebensunterhalt zurückstehen. Außerdem nehmen sie häufig am privaten Versicherungsschutz der Angehörigen teil. Solange sie ihren Bedarf aus eigenem Einkommen decken können und deshalb nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II), wird auch bei ihnen die Pauschale in Abzug gebracht, und schließlich ist die Versicherungspauschale unabhängig davon in Abzug zu bringen, ob tatsächlich Beiträge zu privaten Fakultativ-Versicherungen aufgewendet werden. Auch liegt keine unzulässige Benachteiligung minderjähriger Einkommensbezieher, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, gegenüber solchen vor, die gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehen, denn deren Ausgangslage ist, da sie sich aus eigenem Einkommen oder Vermögen selbst unterhalten können und nur deshalb nicht der Bedarfsgemeinschaft angehören, eine andere als die der minderjährigen Kinder, deren Einkommen oder Vermögen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht.

Hinzu kommt, dass die fehlende Möglichkeit minderjähriger Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft, die Versicherungspauschale von ihrem Einkommen abzusetzen, durch die in § 11 Abs. 2 Nr. 3 vorgesehene Möglichkeit gemildert wird, konkret nachgewiesene Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, unmittelbar absetzen zu lassen (dazu sogleich unter 1.2.).

Die ab 1. August 2009 geltende Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V , wonach die Pauschale von 30,- EUR für Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, die nach Grund und Höhe angemessen sind, von dem Einkommen Minderjähriger bereits dann abzusetzen ist, wenn diese eine entsprechende Versicherung abgeschlossen haben, ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil der hier streitige Zeitraum noch von den früher geltenden abweichenden Fassungen der Alg II-V erfasst wird. Im Übrigen könnte auch eine Anwendung der Vorschrift das Begehren der Kläger nicht stützen (auch dazu sogleich unter 1.2.).

1.2. Hat der Kläger zu 2. keinen Anspruch auf Absetzung des Pauschbetrages nach § 3 (Abs.1) Nr. 1 Alg II-V so kann er aber gleichwohl geltend machen, in unmittelbarer Anwendung von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II die von ihm konkret nachgewiesenen Beiträge zu privaten Versicherungen von seinem Einkommen absetzen zu lassen, wenn die durch ihn abgeschlossenen Versicherungen die Voraussetzungen der Norm erfüllen. Insbesondere ist der Kläger nicht dadurch von der Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen ausgenommen, dass der Kläger in der mit seiner Mutter gelebten konkreten sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft durch § 3 (Abs. 1) Nr. 1 Alg II-V von der Gewährung der Absetzung des Pauschbetrages ausgenommen ist. Die Vorschrift schließt schon nach ihrem Wortlaut nicht aus, dass Personen, die nicht unter die pauschalierende Abzugsregel der Verordnung fallen, gleichwohl noch in Anwendung von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II von der Absetzungsmöglichkeit privater Versicherungsbeiträge profitieren können. Die Alg II-V hat vornehmlich die Aufgabe, staatlicher Massenverwaltung in Umsetzung einer Vielzahl von Einzelfallgestaltungen Durchführungshilfen für die Verwaltung anhand zu geben, um eine einheitliche Handhabung von Standardfällen sicherzustellen. Durch den pauschalen Abzug soll letztlich dem Großteil der betroffenen Hilfebedürftigen Erleichterung zuteil und der Verwaltung zeitraubende Einzelfallermittlungen erspart werden (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.01.2006, a.a.O.). Fällt eine Sachverhaltskonstellation hingegen aus dem groben Raster der Verordnungsvorgabe heraus, so hat die gesetzliche Regelung von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II wieder unmittelbar zu gelten. § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sieht für Fälle der vorliegenden Art grundsätzlich eine Abzugsmöglichkeit vom Einkommen des Hilfeempfängers vor. Dieses höherrangige Gesetzesrecht kann durch den Verordnungsgeber nicht außer Kraft gesetzt werden. Erfüllt der Hilfeempfänger die Voraussetzungen von § 3 (Abs. 1) Nr. 1 Alg II-VO nicht, so ist bei ihm die dort ausgewiesene Pauschale von 30,- EUR nicht in Abzug zu bringen; eine vollständige Verweigerung des Kostenabzugs wegen der fehlenden Zugehörigkeit zu dem von der Verordnung privilegierten Personenkreis ist damit jedoch nicht verbunden.

Der Kläger zu 2. hat letztlich jedoch keinen Anspruch auf Absetzung der geltend gemachten Versicherungsbeiträge unmittelbar aus § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Denn für keine der geltend gemachten Versicherungen sind die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gegeben. Der Senat nimmt zunächst auf die überzeugenden Ausführungen in dem Urteil des Sozialgerichts vom 20. August 2007 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), die lediglich der Klarheit halber und vertiefend wie folgt zu ergänzen sind: Für die Privathaftpflicht-, die Hausrats- und Auslandskrankenversicherung gilt, dass diese nicht durch den Kläger zu 2. (bzw. nicht durch seine Mutter, die Klägerin zu 1., in gesetzlicher Vertretung für den Kläger zu 2. als Minderjährigen), sondern von der Klägerin zu 1. in deren eigenen Namen und für sie selbst abgeschlossen worden sind, sie erfassen den Kläger nur als Familienmitglied, ohne dass deshalb zusätzliche oder höhere Beiträge anfallen. Voraussetzung für die Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II ist aber, dass ein Versicherungsschutz besteht, der einen eigenständigen Versicherungsbeitrag auslöst und der nicht lediglich im Rahmen einer beitragsfreien Mitversicherung gewährleistet wird. Denn anderenfalls wird das Einkommen des mitversicherten Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft nicht durch eigene Versicherungsbeiträge belastet. So aber verhält es sich hier. Aber auch die übrigen von den Klägern geltend gemachten Versicherungen erfüllen die Voraussetzungen der Norm nicht. Für die Zusatzkrankenversicherung und die Kapitalversicherung ist § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wonach diese dem Grunde und der Höhe nach angemessen sein müssen, nicht erfüllt.

Die für den Kläger zu 2. wegen seiner Sehschwäche abgeschlossene Zusatzkrankenversicherung bei der A.-AG kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie der Vorsorge für den Fall der Krankheit dient und die für sie gezahlten Beiträge nach der in § 11 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) SGB II liegenden gesetzlichen Wertung nur dann vom Einkommen des Klägers zu 2. abgesetzt werden können, wenn dieser, was hier wegen der bestehenden Familienversicherung (§ 10 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) zu der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) SGB V pflichtversicherten Klägerin zu 1. nicht der Fall ist, nicht wie ein in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst versicherungspflichtiges Mitglied zu behandeln wäre. Im Übrigen bleibt festzustellen, dass der Kläger zu 2. bereits aus dem SGB V eine bessere Versorgung bei Sehhilfen hat als volljährige Hilfebedürftige. Denn nach § 33 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 SGB V besteht ein Anspruch auf die Ersatzbeschaffung von Sehhilfen für Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, und die Anspruchsbeschränkung in § 33 Abs. 4 SGB V auf Fälle einer Veränderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrin für Versicherte, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, betrifft den Kläger ebenfalls nicht, da er im streitbefangenen Zeitraum erst 7 bzw. 8 Jahre alt war. Hinzu kommt, dass auch die nach § 36 SGB V festgesetzten Festbeträge den Anspruch auf höhere Leistungen nicht ausschließen, wenn mit dem Festbetrag die nach dem Leistungsstandard der gesetzlichen Krankenversicherung gebotene Versorgung nicht grundsätzlich für jeden Versicherten zumutbar gewährleistet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 3 KR 20/08 R, juris).

Auch die Beiträge für die fondsgebundene Kinder-Rentenversicherung bei der V. können das Einkommen des Klägers schon deshalb nicht mindern, weil sie nicht der Altersvorsorge einer Person dienen, die von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) SGB II). Im Übrigen handelt es sich hier primär um eine kapitalbildende Sparanlage (als Altersvorsorge oder zur Ausbildungsfinanzierung des Klägers zu 2.) der Klägerin zu 1. Nur sekundär wird damit zugleich das Risiko des Ausfalls der Beitragszahlerin, also der Klägerin zu 1., versichert. Für diesen Fall übernimmt der Versicherer bis zum 25. Lebensjahr des Klägers zu 2. die Zahlung der Beiträge. Bei dieser Anlageform fehlt es an der – für die Abzugsberechtigung notwendig vorausgesetzten – Zuordnung des Versicherungsvertrages zu dem Kläger zu 2., denn ausweislich des Versicherungsscheins ist Versicherungsnehmerin die Klägerin zu 1., die den Kläger zu 2. lediglich als Begünstigten eingesetzt hat. Dies ist auch folgerichtig, denn die Auszahlung des angesparten Kapitals soll nach dem Vortrag der Kläger auch der Finanzierung der Ausbildung des Klägers zu 2. dienen. Daran hat die Klägerin zu 1. auch ein eigenes Interesse, denn sie ist als die Unterhaltsverpflichtete gegenüber dem Kläger zu 2. auch für die Kosten seiner Erstausbildung unterhaltspflichtig. Der Abschluss einer solchen Versicherung dient damit vor allem den Interessen der Klägerin zu 1., die sie ggf. künftig treffenden Ausbildungskosten über einen längeren Zeitraum anzusparen und damit eine Rendite zu erwirtschaften (in diesem Sinne in einer vergleichbaren Konstellation einer Ausbildungsversicherung auch: Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 25.6.2010, Az.: L 7 AS 404/10 B ER, juris).

Auch die private Unfallversicherung bei der D. AG führt nicht zum begehrten Abzug der darauf geleisteten Versicherungsbeiträge vom Einkommen des Klägers zu 2. Zwar ist diese Versicherung allein für den Kläger zu 2. abgeschlossen, und mit dem Beitrag wird auch ein Risiko abgesichert, welches nur den Kläger zu 2. trifft. Die fragliche Versicherung ist jedoch gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II dem Grunde nach nicht angemessen.

Dem Grunde nach angemessen sind Versicherungsbeiträge dann, wenn ein Risiko abgesichert wird, das entweder üblich oder durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Dabei muss auf die aktuellen Lebensumstände, hier also die Inanspruchnahme staatlicher Fürsorgeleistungen und nicht auf den Lebenszuschnitt ohne staatliche Unterstützung abgestellt werden (vgl. Brühl in Münder, LPK, 3. Auflage, § 11 Rn. 43). Die Angemessenheit richtet sich sowohl danach, für welche Lebensrisiken Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden (BVerwG, Urteil 27.6.2002, 5 C 43.01, BVerwGE 116, 342 und vom 28.5.2003 5 C 8.02, NDV-RD 2004,6). Von Üblichkeit kann gesprochen werden, wenn in mehr als 50% aller Haushalte entsprechende Versicherungen vorhanden sind (so auch Brühl in Münder a.a.O. m.w.N.). Wenn demnach aus Sicht eines vernünftigen Dritten, der zu den Beziehern von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze gehört, ein Absicherungsbedarf besteht, weil das Risiko nicht bereits durch bestehende Versicherungen gedeckt ist und finanzielle Aspekte im Hinblick auf den versicherten Risikobereich zurücktreten, sich für eine solche Unfallversicherung für sein minderjähriges Kind entscheiden würde, kann von Angemessenheit gesprochen werden. Dies ist vorliegend nicht erkennbar. Zum einen handelt es sich bei der privaten Unfallversicherung um eine Versicherung, die noch nicht zu den in der Bevölkerung üblichen, weil weit verbreiteten Versicherungen gehört. Nach einer vom Senat eingeholten Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. vom 8. November 2010 bestand im Jahr 2008 für die allgemeine Unfallversicherung eine Versicherungsdichte für alle Kinder von 37,1% und für Jungen im Alter von 0 bis 14 Jahren eine Versicherungsdichte von 37,6% der Wohnbevölkerung. Der Prozentsatz von 50% der Bevölkerung wird deshalb schon insgesamt nicht erreicht. Der Anteil an privat unfallversicherten Kindern aus Familien mit geringen finanziellen Mitteln wird dementsprechend geringer sein. Erst recht wird deshalb in Bevölkerungskreisen, die von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze leben, die private Unfallversicherung für Kinder nicht zu den üblichen Versicherungen zählen. Hinzu kommt, dass das Risiko des Klägers zu 2. von Invalidität und Tod durch Unfallfolgen zu großen Teilen durch die gesetzliche Unfallversicherung nach § 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) abgedeckt ist. Insbesondere während des Besuchs von Tageseinrichtungen oder Schulen und (seit 1. Oktober 2005) während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen ist der Kläger zu 2. gesetzlich unfallversichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstaben a und b SGB VII). Dazu gehören gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII auch die mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Wege. Auch die Folgen von Unfallereignissen, die nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen, namentlich Freizeitunfälle, beschränken sich insbesondere bei Kindern zumeist auf Verletzungen, die nach entsprechender ärztlicher Behandlung ausgeheilt sind und keine für das spätere Leben nachteiligen dauerhaften Folgen hinterlassen.

Aber auch individuell begründete, besondere Risiken sind im Falle des Klägers zu 2. nicht erkennbar. Das durch die Sehschwäche des Klägers möglicherweise bestehende höhere Unfallrisiko wird durch die Sehhilfe ausgeglichen und ist daher nicht höher als auch bei anderen Brillenträgern in der Altersklasse des Klägers zu 2. einzuschätzen. Der von den Klägern als risikoträchtig vorgetragene gelegentliche Besuch des Klägers zu 2. bei dessen Großeltern in Polen kann an dieser Einschätzung nichts ändern. Besondere Gefahren, die mit diesen Reisen verbunden sind und über die mit Reisen üblicherweise verbundenen Gefahren hinausgehen, kann der Senat hierin nicht erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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