L 7 AS 924/10 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 780/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 924/10 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Erstausstattung Wohnung
Auch wenn ein Ersatzbedarf durch besondere Umstände ausgelöst wird (hier gesundheitliche Gründe für ein ebenerdiges Bett anstelle eines vorhandenen Hochbetts), liegt eine "Erstausstattung für die Wohnung" nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II regelmäßig nicht vor. Der noch mögliche Wortsinn ist die Grenze der Auslegung.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15. November 2010 wegen Erstausstattung der Wohnung wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Streitig ist, ob die Beschwerde- und Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten ist, Leistungen für Möbel zu erbringen.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sind verheiratet, die Antragstellerin zu 3 ist die Tochter der Ehefrau. Sie bilden eine Bedarfsgemeinschaft und standen zumindest bis zu ihrem Umzug am 15.11.2010 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II. Die Antragsteller veranlassten eine Vielzahl von Klage- und Eilverfahren, allein auf den Antragsteller zu 1 entfallen am Sozialgericht 100 Verfahren.

Die Ehefrau und die Tochter zogen zum 01.09.2005 in eine Wohnung (zwei Zimmer, ca. 53 qm) in L. ein. Bei einer Vorsprache am 05.08.2005 teilte die Ehefrau mit, dass sie außer einer Waschmaschine keine Wohnungserstausstattung benötige.

Am 05.09.2010 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Erstausstattung der Wohnung. Beantragt wurden eine Schlaf-/Sitzcouch mit zwei Sesseln, ein Kleiderschrank und Regale für das Kinderzimmer und ein Badschrank sowie Kleinbedarf. Ein Hausbesuch am 07.09.2010 ergab, dass unter anderem ein Hochbett (Eigenbau), eine Dreisitzercouch, eine Zweisitzercouch, ein Couchsessel, im Kinderzimmer zwei Regale, eine Kommode und ein Kleiderschrank und im Badezimmer ein schmales Metallregal vorhanden waren. Der Antragsteller teilte dabei mit, dass seine Ehefrau das Hochbett wegen einer Knieoperation nicht mehr nutzen könne, weshalb geplant sei, die Couchs und das Hochbett zu entsorgen und eine Schlafcouch anzuschaffen.

Am 09.09.2010 wurde bei einer Besprechung der Beteiligten festgestellt, dass ein Umzug wegen den beengten räumlichen Verhältnissen notwendig sei. Der Antrag auf Wohnungserstausstattung werde zunächst nicht weiter verfolgt, weil ein baldiger Umzug zu erwarten sei und der Möbelbedarf von der neuen Wohnung abhänge. Der gegen das Gesprächsprotokoll ohne Begründung eingelegte Widerspruch wurde als unzulässig zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 14.09.2010 wurde eine schnelle Entscheidung über die Möbel beantragt.

Am 27.09.2010 stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Landshut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Antragsgegnerin solle verpflichtet werden, entsprechend des Antrags vom 05.09.2010 Leistungen zu erbringen. Dem Wunschrecht der Antragsteller sei nachzukommen. Es würden Geldleistungen begehrt. Im Parallelverfahren S 5 AS 702/10 ER teilte der Antragsteller zu 1 mit Schreiben vom 30.10.2010 mit, dass zum 15.11.2010 ein Umzug in den Landkreis E. erfolge. Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 15.11.2010 ab. Es handle sich um Ersatzbeschaffungen. Die Unbenutzbarkeit des Bettes wegen des Knieleidens sei nicht ausreichend glaubhaft. Dies betreffe einen Darlehensanspruch nach § 23 Abs. 1 SGB II und einen außergewöhnlichen Erstausstattungsbedarf.

Am 09.12.2010 haben die Antragsteller Beschwerde eingereicht und eine Begründung in Kürze angekündigt, die beim Beschwerdegericht nicht eingegangen ist.

Die Beschwerdeführer beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgericht Landshut vom 15.11.2010 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin vorläufig zu verpflichten, für die am 05.09.2010 beantragten Möbelstücke Geldleistungen zu gewähren.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Antragsgegnerin, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Landessozialgerichts verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Zu Gunsten der Antragsteller wird unterstellt, dass die Kosten der begehrten Möbelstücke einen Wert von mehr als 750,- Euro haben, so dass der Beschwerdewert nach § 172 Abs. 3 Nr. 1, § 144 Abs. 1 SGG erreicht ist.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt hat.

Der Antragsteller begehren zur Erweiterung ihrer Rechtsposition den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Hierfür müsste ein Anordnungsanspruch (Anspruch auf die begehrte Leistung) und ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) glaubhaft sein. Hier fehlt es an beidem.

Ein Anspruch auf eine Erstausstattung der Wohnung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II besteht schon deswegen nicht, weil es sich um Ersatzbeschaffungen handelt. Couchs, Betten, Schränke und Regale sind bereits vorhanden. Allein der Wunsch nach einer anderen Möblierung begründet keinen Erstausstattungsbedarf. Auch eine Beeinträchtigung des Knies der Ehefrau - deren Umfang und Dauer ungewiss ist - begründet keinen Anspruch auf eine Erstausstattung. Die Entscheidung des BSG zum Ersatz der Möbel, die bei einem von der Behörde veranlassten Umzug unbrauchbar werden (Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 77/08 R), ist angesichts der Grenzen des Wortlauts der Vorschrift nicht nachvollziehbar. Dieses Urteil kann jedenfalls nicht so verstanden werden, dass ein Erstausstattungsbedarf vorliegt, wenn besondere Umstände den Ersatzbedarf begründen. Durch den Umzug sind allerdings auch eventuell vorhandene besondere Umstände entfallen. Da der Umzug wegen der beengten Wohnsituation erfolgte, wird die neue Wohnung größer sein als die bisherige Wohnung, so dass das Hochbett Marke Eigenbau mit wenig Aufwand in ein ebenerdiges Bett umgebaut werden kann. Aus den gleichen Erwägungen besteht auch kein Anspruch auf ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II, das die Antragsteller auch nicht ausdrücklich begehrten.

Eine Eilbedürftigkeit ist nicht zu erkennen. Diese käme allenfalls wegen des Hochbetts in Betracht. Umfang und Dauer der Beeinträchtigung des Knies der Ehefrau sind aber ungewiss. Nach dem Umzug können die Antragsteller ein eventuell bestehendes Problem wie dargelegt ohnehin selbst lösen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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