S 32 AS 4740/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 4740/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Für eine auf die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unter­kunft nach § 22 Abs. 2 SGB II gerichtete Klage besteht spätestens nach dem tatsächlichen Bezug der neuen Wohnung bzw. nach Erlass des maßgeb­lichen Bewilligungsbeschei­des über die Gewährung von Leis­tungen für Unter­kunft und Heizung kein Rechtsschutzbe­dürfnis, da der Sinn der Zusicherung eben nur in der Vorabklä­rung der Über­nahme der Kosten besteht.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Wohnung.

Die Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Bis zum 01.09.2010 lebte die Klägerin mit ihrem Ehemann in der Wohnung XXXXXXXXXXXX. Auf Betreiben des Beklagten bemühte sich die Klägerin um eine neue Unterkunft, da die Kosten der Wohnung XXXXXXXXXX nicht den Angemessenheitskriterien des Beklagten entsprachen. Diese Frage war u.a. Gegenstand des vor dem Sozialgericht Köln zum Aktenzeichen S 31 AS 240/09 geführten Rechtsstreits.

Am 20.07.2010 sprach die Klägerin mit ihrem Ehemann sodann persönlich bei dem Beklagten vor und beantragte mündlich unter Vorlage einer entsprechenden Mietbescheinigung die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Wohnung. Die Mietbescheinigung, die irrtümlich die bisherige Anschrift der Klägerin als Anschrift der neuen Unterkunft benannte, sich aber nach dem Verständnis beider Beteiligten auf die Wohnung Alfenzingen 12 in Waldbröl bezog, wies eine Gesamtwohnfläche von rund 80 qm, eine Grundmiete von 280,00 Euro, Nebenkosten von 100,00 Euro sowie Heizkostenvorauszahlungen von ca. 70,00 Euro monatlich aus.

Mit Bescheid vom 06.08.2010 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung XXXXXXX ab, wobei es sich nach dem übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten hierbei um einen Übertragungsfehler handelte und tatsächlich die neue Wohnung XXXXXXXXXX gemeint war. Zur Begründung teilte der Beklagte mit, dass die neue Wohnung sowohl hinsichtlich ihrer Größe von 80 qm als auch hinsichtlich der zu entrichtenden Kaltmiete von insgesamt 380,00 Euro die für einen Zwei-Personen-Haushalt geltenden Angemessenheitsgrenzen überschreite.

Mit einem am 15.08.2010 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 06.08.2010 Widerspruch ein. Der Umzug sei durch den Beklagten veranlasst, da dieser die Klägerin zum Umzug in eine andere Wohnung aufgefordert habe. Außerdem sei die neue Wohnung günstiger als die bisherige.

Am 01.09.2010 zog die Klägerin mit ihrem Ehemann auch ohne die Erteilung einer Zusicherung in die neue Wohnung XXXXXXXXXXXXX um. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 02.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 10.09.2010 für den folgenden Bewilligungsabschnitt ab dem 01.10.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur noch unter Berücksichtigung der als angemessen erachteten Kaltmiete zuzüglich Heizkosten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 06.08.2010 als in der Sache unbegründet zurück. Eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung XXXXXXXXXXXXXXXXX könne gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur dann erteilt werden, wenn der Umzug erforderlich sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Die Wohnung sei unangemessen groß und unangemessen teuer. Nach den maßgeblichen Richtlinien des Beklagten könnten für einen Zwei-Personen-Haushalt in XXXXXXX maximal 62 qm bei einer Kaltmiete von 4,20 Euro pro Quadratmeter übernommen werden. Daraus ergebe sich ein Richtwert von 260,40 EUR für die Kaltmiete. Auch sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, da ein nachvollziehbarer Anlass die alte Wohnung zu verlassen, insbesondere bauliche Mängel oder gesundheitliche Gründe, nicht dargetan sei.

Am 23.11.2010 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2010 Klage erhoben, mit der sie ihr auf die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung verweist die Klägerin zusammenfassend darauf, dass die Ausführungen des Beklagten zur Erforderlichkeit des Umzugs widersprüchlich seien. Schließlich sei man gerade auf Betreiben des Beklagten aus der alten Wohnung ausgezogen, da diese als zu teuer erachtet worden sei. Außerdem macht die Klägerin nunmehr geltend, dass die alte Wohnung von Feuchtigkeit und Schimmel befallen gewesen sei.

Sinngemäß beantragt die Klägerin,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2010 zu verurteilen, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung XXXXXXXXXXX zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt zur Begründung ihrer Rechtsansicht im Wesentlichen auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid Bezug und verweist zudem darauf, dass es aufgrund des nunmehr geltend gemachten Schimmelbefalls um so unverständlicher sei, dass die Klägerin über lange Zeit ein so großes Interesse am Verbleib in der bisherigen Wohnung gezeigt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist der Beklagte als gemeinsame Einrichtungen mit der Bezeichnung Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bislang beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten.

Die Kammer kann vorliegend gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört worden sind.

Die Klage ist unzulässig.

Die Klage ist als auf die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II gerichtete Verpflichtungklage statthaft, aber mangels Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin unzulässig.

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Angesichts dieses Wortlauts handelt es sich bei der Beantragung einer solcher Zusicherung um eine Obliegenheit des Antragstellers gegen sich selbst. Bezieht er eine neue Unterkunft ohne diese Zusicherung, so hat dies keine nachteiligen Folgen für ihn, sofern der Umzug objektiv erforderlich gewesen ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Zweck der Zusicherung ist es daher nicht, den Umzug überhaupt zu ermöglichen, sondern lediglich, in einem Vorabverfahren sicherzustellen, dass die Kosten der neuen Unterkunft künftig übernommen werden, womit dem Hilfebedürftigen das Risiko genommen wird, bei Umzug ohne Zusicherung die Kosten nicht zu erhalten, bzw. auf die bisherigen Unterkunftskosten beschränkt zu werden. Dieses besondere Zusicherungsverfahren ist rechtsdogmatisch vom Verfahren über die tatsächliche Zahlung der Kosten abzugrenzen. Ein Rechtsstreit über die Erteilung einer Zusicherung erledigt sich daher bei dem tatsächlichen Bezug der neuen Wohnung bzw. mit Erlass des maßgeblichen Bewilligungsbescheides über die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, da der Sinn der Zusicherung eben nur in der Vorabklärung der Übernahme der Kosten besteht (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.07.2008, Az: L 10 B 203/08; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.11.2011, Az. L 7 AS 4623/10 B; jeweils zitiert nach Juris).

Nach diesen Grundsätzen kann ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an der Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung XXXXXXXXXXXXX nach dem zum 01.09.2010 erfolgten Umzug bzw. nach Erlass des die Leistungen für Unterkunft und Heizung regelnden Bewilligungsbescheides vom 10.09.2010 nicht mehr angenommen werden. Soweit der Beklagte Unterkunftskosten seit dem nur noch in Höhe der als angemessen erachteten Kaltmiete zuzüglich Heizkosten übernimmt, ist die Klägerin darauf zu verweisen, gegen den jeweils maßgeblichen Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorzugehen und einen Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftsleistungen geltend zu machen. Sofern sich der Umzug in die neue Wohnung als erforderlich darstellt und sich die Kosten der neuen Unterkunft auch als angemessen erweisen, hat die Klägerin dem Grundsatz nach auch ohne die Erteilung einer Zusicherung im Sinne von § 22 Abs. 2 SGB II einen Anspruch auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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