S 26 AS 316/11 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Neuruppin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 316/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. März 2011 gegen den Bescheid des Antragsgegners über die Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 15. Februar 2011 wird mit der Maßgabe angeordnet, dass der Antragsgegner dem Antragsteller die mit dem Bescheid über die vorläufige Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 30. November 2010 bewilligten Leistungen – mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft und Heizung – für den Zeitraum vom 23. Februar 2011 bis zum 31. Mai 2011 auszuzahlen hat.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

Der bei dem Sozialgericht Neuruppin am 23. Februar 2011 eingegangene Antrag, mit dem der Antragsteller beantragt,

ihm vorläufig, bis zur Entscheidung in der Hauptsache, weiterhin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, auch rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2011, zu gewähren,

hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Die Rechtsschutzgewährung hinsichtlich des Bescheides des Antragsgegners über die Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) vom 15. Februar 2011 hat – entgegen der Auffassung des Antragstellers – zunächst nicht in Form einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu erfolgen. Vorläufiger Rechtsschutz ist vielmehr nur nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Denn der Antragsteller wendet sich gegen eine Versagung auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 S. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I). Richtige Rechtsschutzform dagegen ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative SGG). Denn Streitgegenstand eines derartigen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren beziehungsweise während der laufenden Bewilligung. Die Anfechtung einer Leistungsentziehung wegen fehlender Mitwirkung führt nur zur gerichtlichen Überprüfung der Voraussetzungen des § 66 SGB I, mangels einer Sachentscheidung nicht zu einer Überprüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Oktober 1988, - 7 RAr 70/87; Urteil vom 17. Februar 2004, - B 1 KR 4/02 R, jeweils zitiert nach juris). Der von dem Antragsteller insoweit am 17. März 2011 erhobene Widerspruch hat gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II jedoch keine aufschiebende Wirkung. In diesen Fällen kann das Gericht in der Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen. Bei verständiger Würdigung ist deshalb davon auszugehen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen (vgl. § 123 SGG).

Über ein derartiges Begehren entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung. Die aufschiebende Wirkung ist in der Regel anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Leistungsempfängers daran überwiegt und die Behörde keine Umstände dargelegt hat, die einen Vorrang an alsbaldiger Vollziehung erkennen lässt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 86b, Rdnr. 12). Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich in der Regel an den Erfolgsaussichten der Hauptsache.

a) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die aufschiebende Wirkung des gegen die Leistungsversagung erhobenen Widerspruches im tenorierten Umfang anzuordnen. Bei summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass diese Erfolg haben wird. Denn der Bescheid des Antragsgegners vom 15. Februar 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Leistungsentziehung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs. 1 SGB I sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann ein Leistungsträger, sofern die Voraussetzungen einer Leistung nicht nachgewiesen sind, diese ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung einer verlangten Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der die Leistung erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62 und 65 SGB I nicht nachkommt und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Nach dem hier einschlägigen § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1). Ferner hat er Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2). Schließlich hat er Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3). Die Entscheidung über eine Leistungsentziehung oder -versagung erfordert die Ausübung von Ermessen (vgl. Kampe in: juris PK-SGB I, § 66 Rdnr. 31; Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2006, - B 11a AL 13/05 R; Landessozialgericht Niedersachsen - Bremen, Beschluss vom 29. Juni 2006, - L 9 AS 239/06 ER, jeweils zitiert nach juris).

Die bewilligten Grundsicherungsleistungen konnten nicht wegen fehlender Mitwirkung versagt werden. Der Antragsteller hat nicht gegen seine Pflichten aus § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I verstoßen, denn die sich aus § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I ergebende Grenze der Mitwirkung ist überschritten. Nach dieser Vorschrift bestehen Mitwirkungspflichten nach den § 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung den Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier hinsichtlich der angeforderten Unterlagen bezüglich der Frau K. der Fall. Die Anforderung dieser Unterlagen betrifft einen privaten Dritten, der nicht am Sozialleistungsverhältnis beteiligt ist. Auskunftspflichten, die Dritte betreffen, erstrecken sich jedoch nur auf Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst bekannt sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. März 1993, – 14b/4 REg 1/91; vgl. auch Urteil vom 25. Oktober 1988, - 7 RAr 70/87, jeweils zitiert nach juris). Grundsätzlich besteht keine Ermittlungspflicht des Leistungsempfängers gegenüber Dritten. Er braucht sich keine Erkenntnisse zu verschaffen. Daraus folgt, dass auch keine Verpflichtung besteht, Beweismittel – etwa Urkunden – von einem privaten Dritten zu beschaffen und vorzulegen. Dem Antragsteller steht nicht die Rechtsmacht zu, dessen Einkommens- und Vermögensnachweise zu verlangen beziehungsweise diesen zur Ausfüllung der entsprechenden Antragsformulare veranlassen zu können (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. Juni 2006 – L 9 AS 239/05 ER -, zitiert nach juris). Da der Antragsgegner insoweit von dem Antragsteller etwas subjektiv Unmögliches verlangt hat, kann von einer Mitwirkungsobliegenheitsverletzung im Sinne der §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1 S. 1 SGB I von vornherein nicht ausgegangen werden (vgl. Kampe: juris PK-SGB I, § 65 Rdnr. 18).

Der Antragsgegner ist vielmehr gehalten, die von ihr insoweit (noch) für entscheidungserheblich erachteten (weiteren) Auskünfte nach § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB II unmittelbar von Frau K. zu beschaffen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 30. März 2007, - L 7 B 13/07 AS, vom 06. September 2007, - L 7 AS 263/07 ER - und vom 04. Oktober 2007 – L 7 AS 546/07 ER, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). § 60 Abs. 4 S. 1 SGB II normiert insoweit eine eigenständige öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht des (vermeintlichen) Partners, die bußgeldbewährt ist und bei deren Verletzung der Auskunftspflichtige schadenersatzpflichtig werden kann (vgl. §§ 63 Abs. 1 Nr. 4, 62 SGB II). Wenn der Antragsgegner vom Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft überzeugt ist, muss er die dann gegenüber Frau K. bestehende Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt feststellen und gegebenenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Eine Leistungsversagung wegen fehlender Mitwirkung gegenüber dem Antragsteller kommt insoweit nicht in Betracht. Dies gilt umso mehr, wenn man den Umstand berücksichtigt, dass der Antragsteller nach seinem – von dem Antragsgegner nicht einmal in Zweifel gezogenen Vortrag – ohnehin bereits Unterlagen der Frau K. bei dem Antragsgegner vorgelegt hat und dieser daher die Möglichkeit hatte, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zu ermitteln. Bei dieser Sachlage ist es für die Entscheidung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch unerheblich, ob zwischen dem Antragsteller und Frau K. tatsächlich eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II besteht.

Handelte es sich bei der Mitwirkungspflicht, der der Antragsteller nicht nachgekommen sein soll, bereits nicht um eine Mitwirkungspflicht im Sinne des § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I, kann dahin stehen, ob die weiteren Voraussetzungen für die Entziehung der Leistung nach § 66 SGB I vorliegen.

b) Die Kammer sieht sich in diesem Zusammenhang indes veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen: Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1) sowie – dies ist die hier allein in Betracht kommende Fallgruppe – die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung für einander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II). Voraussetzung ist also zunächst, dass die (vermeintlichen) Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Die Vermutungsregelung des Abs. 3a hinsichtlich des Einstandswillens greift daher nur (und erst dann) ein, wenn ein gemeinsamer Haushalt vorliegt. Dieser ist unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)) von Amts wegen festzustellen (vgl. Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, § 7 SGB II, Rdn. 46, mit weiteren zahlreichen Nachweisen). Insoweit sind die Kriterien des § 9 Abs 5 SGB II heranzuziehen, insbesondere müssen die Personen daher zuvörderst eine gemeinsame Wohnung bewohnen und ferner in dieser gemeinsamen Wohnung "aus einem Topf" wirtschaften (instruktiv: BSGE 63, 120, 125 = SozR 4100 § 138 Nr. 17). Von dem Vorliegen einer in diesem Sinne gemeinsamen Wohnung ist die Kammer jedoch derzeit nicht überzeugt. Aus dem von dem Antragsgegner aufgrund eines Hausbesuchs am 25. Januar 2011 gefertigten Hausbesuchsprotokoll vom 27. Januar 2011 dürfte sich vielmehr das Gegenteil ergeben: So haben die Außendienstmitarbeiter zunächst festgestellt, dass der Antragsgegner auf dem Grundstück der Frau K. einen massiven und zu Wohnzwecken ausgebauten Wohnbungalow bewohnt, der aus einem großen Wohnraum, einer kleinen Küche, einem kleinen Arbeitszimmer und einem kleinen Bad mit Toilette und Dusche besteht. Bei der am 25. Januar 2011 (unangemeldet) durchgeführten Besichtigung der Räumlichkeiten des Antragstellers stellten die Mitarbeiter des Antragsgegners insbesondere fest, dass das Wohnzimmer normal und zweckentsprechend eingerichtet sei und dem Antragsteller gleichzeitig als Schlafzimmer diene. Auf dem Bett habe einmal bezogenes Bettzeug gelegen, im Kleiderschrank habe nur Herrenbekleidung festgestellt werden können. Das Arbeitszimmer sei mit einem Schreibtisch und mehreren Regalen eingerichtet, in denen sich nur die persönlichen Unterlagen des Antragstellers befunden hätten. Im Kleiderschrank seien ausreichend Lebensmittel vorhanden gewesen, im Bad seien ausschließlich Herrenkosmetika vorhanden gewesen. Im Bungalow des Antragstellers habe es insgesamt keinerlei Anzeichen für den dauerhaften Aufenthalt einer weiblichen Person gegeben, der Antragsteller verfüge über einen eigenen separaten Wohnbereich. Hieraus lässt sich nach Aktenlage nur der Schluss ziehen, dass der Antragsteller in dem auch an ihn von Frau K. vermieteten Nebengebäude seinen Lebensmittelpunkt hat und daher gerade keine gemeinsame Wohnung mit ihr bewohnt. Die von dem Antragsgegner zur Stützung seiner Auffassung geäußerte Vermutung, wonach der Antragsteller bei Frau K. wohne und ihm das Nebengebäude nur als Arbeitsplatz diene, wird jedenfalls durch das Hausbesuchsprotokoll gerade nicht bestätigt. Demgegenüber hat der Antragsgegner konkrete Tatsachen, die seine Vermutung stützen könnten, nicht vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsgegner offenbar dem Umstand, dass sich anlässlich eines Telefonanrufs bei dem Antragsteller Frau K. meldete und nur wenige Schritte ging, um das Telefon dem Antragsteller zu geben, eine besondere Bedeutung beimisst, vermag die Kammer aus diesem Einzelumstand allein noch nicht den Schluss zu ziehen, dass der Antragsteller seinen Lebensmittelpunkt im Wohnhaus der Frau K. hat, weil hierdurch die Angaben der eigenen Mitarbeiter des Antragsgegners im Hausbesuchsprotokoll, die für getrennte Wohnbereiche sprechen, gerade nicht widerlegt werden können. Der Antragsgegner dürfte damit insgesamt schon nicht glaubhaft gemacht haben, dass der Antragsteller und Frau K. eine gemeinsame Wohnung bewohnen. Bei dieser Sachlage dürfte es daher auch nicht auf die von dem Antragsgegner für die Stützung seines Begehrens in den Mittelpunkt gerückten wirtschaftlichen Verflechtungen im Sinne des § 7 Abs. 3a Nr. 4 SGB II zwischen dem Antragsteller und Frau K. ankommen, weil schon der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a Nr. 4 SGB II insgesamt nicht eröffnet sein dürfte. Darauf kommt es indes aus den unter a) genannten Erwägungen ohnehin nicht an.

c) Wenn sich nach alledem der Versagungsbescheid des Antragsgegners vom 15. Februar 2011 als rechtswidrig erweist, überwiegt das Interesse des Antragstellers am Nichtvollzug des Versagungsbescheides vom 15. Februar 2011 gegenüber dem Interesse des Antragsgegners an dem Bestand der sofortigen Vollziehung im tenorierten Umfang. Mit der begehrten Leistung wird das verfassungsrechtlich gewährleistete "soziokulturelle Existenzminimum" abgesichert. Dem Hilfeempfänger muss es möglich sein, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben. Für die Abwägungsentscheidung bedeutet dies, dass der Antragsteller eine auf dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) und der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) beruhende Position für sich reklamieren kann. Demgegenüber hat das Interesse des Antragsgegners, dass finanzielle Mittel nur den gesetzlichen Regelungen entsprechend verwendet werden dürfen, zurückzutreten. Es geht für den Antragsteller um die Befriedigung existenzieller, vom Grundgesetz anerkannter in die Zukunft gerichteter Bedürfnisse.

d) Soweit der Antragsteller indes auch die Auszahlung der ihm gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt, fehlt es an dem auch bei dieser Rechtsschutzform erforderlichen Dringlichkeitselement, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihm bei Nichtzahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung Wohnungslosigkeit oder eine ähnliche existenzielle Notlage droht. Insoweit ist es ihm zuzumuten, den Ausgang des Widerspruchs- und des sich gegebenenfalls anschließenden Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Gleiches gilt auch für die begehrte Auszahlung derjenigen Leistungen, die ihm für Zeiten vor dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei Gericht am 23. Februar 2011 bewilligt worden waren, weil es gerichtlichen Eilrechtsschutzmaßnahmen immanent ist, dass sie regelmäßig nur in die Zukunft wirken, es sei denn eine in der Vergangenheit eingetretene existenzielle Notlage wirkt auch in die Zukunft fort. Hierfür ist jedoch angesichts der dem Antragsteller übergangsweise gewährten Darlehen seiner Mutter und eines guten Freundes nichts ersichtlich. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 17. November 2010 erst mit Wirkung ab dem 23. Februar 2011 beruht schließlich auf der Überlegung, dass erst durch den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes selbst die auch insoweit erforderliche Dringlichkeit dokumentiert wird. Aus diesen Gründen überwiegt auch das Interesse des Antragsgegners an der Vollziehung des streitgegenständlichen Versagungsbescheides im nicht vom Beschlusstenor umfassten Umfang.

e) Weil schließlich der von dem Antragsgegner am 21. Dezember 2010 verfügten vorläufigen Zahlungseinstellung nach Erlass des Versagungsbescheides vom 15. Februar 2011 keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt, sind dem Antragsteller die bereits mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 30. November 2010 bewilligten Leistungen im tenorierten Umfang auszuzahlen

2. Da der Antragsteller nur zu einem Teil obsiegt hat, entspricht es billigem Ermessen im Sinne des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG, dass der Antragsgegner die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt.

3. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

Rechtsmittelbelehrung:

( ...)

B.
Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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