S 10 AS 3123/10

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AS 3123/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ausschluss von Grundsicherungsleistungen während eines Urlaubssemesters
Bemerkung
Lücken im Ausbildungsförderungssystem sind nicht durch die Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II zu schließen, sondern auf der Ebene der spezielleren Ausbildungsförderungsvorschriften.

Die landesrechtliche Lockerung hochschulrechtlicher Vorauss
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1.4.2010 bis 30.9.2010. Die am 1981 geborene Klägerin studierte an der Technischen Universität D seit dem Wintersemester 2004/2005 im Studienfach Volkswirtschaftslehre. Hierbei handelte es sich um das Erststudium der Klägerin. Am 27. Januar ging ihr Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten ein. Im Antragsvordruck gab die Klägerin an, ab 1.4.2010 ein Urlaubssemester zu nehmen, was sie durch Vorlage einer dies bestätigenden Immatrikulationsbescheinigung nachwies. Danach befand sich die Klägerin zum 31.3.2010 im neunten Fachsemester, wobei die Regelstudienzeit acht Semester betrug. Die Klägerin war vom 1.4.2010 bis 30.9.2010 beurlaubt. Auf Nachfrage der Rechtsvorgängerin des Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 3.3.2010 mit, dass sie das Urlaubssemester genommen habe, um sich auf ihre Abschlussprüfung vorzubereiten. Daraufhin lehnte die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit Bescheid vom 17.3.2010 den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II a.F. Die Klägerin sei in Ausbildung und diese Ausbildung sei im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderfähig. Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben vom 12.4.2010 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen. Zur Begründung ließ die Klägerin ausführen, § 7 Abs. 5 SGB II a.F. sei auf Studenten im Urlaubssemester nicht anwendbar. Während des Urlaubssemesters fehle es an einer Grundvoraussetzung für eine Förderfähigkeit nach dem BAföG, schließlich besuche der Student in dieser Zeit nicht die Ausbildungsstätte. Die Rechtsvorgängerin des Beklagten wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26.4.2010 als unbegründet zurück. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Ausbildungsförderung während des Urlaubssemesters nicht vor, aber die Vorbereitung auf die Prüfung könne nicht als wichtiger Grund für ein Urlaubssemester im Sinne des § 7 SGB II anerkannt werden. Die Klägerin hatte am 26.4.2010 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Dresden gestellt. Mit Beschluss vom 7.5.2010 hatte das SG die Rechtsvorgängerin des Beklagten verpflichtet, der Klägerin vorläufig für den Monat April 2010 Leistungen in Höhe von 69,00 EUR für den Monat Mai in Höhe von 412,00 EUR und für Juni 2010 bis September 2010 monatlich 552,00 EUR zu gewähren. Diesen Beschluss hatte die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit vorläufigem Bescheid vom 11.5.2010 umgesetzt. Nachdem der Beschluss des SG vom Landessozialgericht mit Beschluss vom 28.6.2010 aufgehoben worden war, nahm die Rechtsvorgängerin des Beklagten den vorläufigen Bescheid am 19.7.2010 zurück und verlangte die bis dahin gewährten Leistungen von der Klägerin zurück. Die Klägerin hat am 21.5.2010 Klage zum Sozialgericht Dresden gegen den Ablehnungsbescheid und den Widerspruchsbescheid mit der Begründung erhoben, die Klägerin sei während des Urlaubssemesters nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sie in dieser Zeit dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG habe. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG sei eine Ausbildung nur förderfähig, wenn eine Ausbildungsstätte besucht werde oder wenn die Ausbildung an einer Ausbildungsstätte durchgeführt werde. Umgekehrt sei deshalb eine Ausbildung, die an keiner Ausbildungsstätte betrieben werde nicht förderungsfähig. Eine Beurlaubung sei ein solcher Fall. Es fehle an der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem BAföG, solange der Auszubildende von der Ausbildung beurlaubt sei und deshalb die Ausbildungsstätte nicht besuche. Nach Auffassung der Klägerin sei dies ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), der § 7 Abs. 5 SGB II nahezu wortgleich sei. Beide Vorschriften verfolgten denselben Zweck, nämlich die Ausbildungsgeförderten aus dem Kreis der Sozialhilfe- bzw. ALG II-Berechtigten auszuschließen. Die Klägerin sei im Sommersemester 2010 unstreitig beurlaubt gewesen. Diese Beurlaubung stelle einen bestandskräftigen Verwaltungsakt dar, dessen Tatbestandswirkung zumindest hinsichtlich des hochschulrechtlichen Status’ der Klägerin von der Beklagten bzw. dem Sozialgericht zu beachten sei. Anderenfalls könnte dies zu dem unerwünschten Ergebnis führen, dass dem Betreffenden Leistungen nach dem BAföG versagt werden, er aber auch keine Leistungen nach dem SGB II erhalte, weil der zuständige Träger der Grundsicherung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung des Hochschulsemesters anzweifle. Die Klägerin beantragt daher, den Bescheid vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 1. April 2010 bis 30. September 2010 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin trotz des Urlaubsemesters dem Ausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterliegt. Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Gegenstand des Verfahrens. Hierauf und auf den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gegen den Ablehnungsbescheid vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.4.2010 (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

I. Weder der Bescheid vom 11.5.2010 noch der Bescheid vom 19.7.2010 sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da diese Bescheide nur aufgrund des vorab bzw. parallel zum Hauptsacheverfahren durchgeführten Eilverfahrens erlassen worden sind. Die Bescheide sind hinfällig, sobald eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist (vgl. zur Vorschrift des § 154 Abs. 2 SGG: BSG Beschluss v. 21.2.1969 – 11 RV 724/58 – Rn 3 nach juris; BSG Urt. v. 20.10.2005 – B 7a/7 AL 76/04 R – Rn 12 nach juris). Streitgegenstand von Hauptsache- und Eilrechtsschutzverfahren unterscheiden sich, weshalb auch die zur Umsetzung der Ergebnisse des Eilrechtsschutzverfahrens ergangenen Bescheide einen Regelungsgehalt vorläufiger Art haben. Es käme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich und widerspräche dem Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, würden die in Umsetzung eines Eilbeschlusses ergangenen Bescheide die im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Bescheide ändern und damit Gegenstand des Hauptsacheverfahrens. Soweit der Bescheid vom 19.7.2010 von einer endgültigen Festsetzung spricht, kann sich dies nur auf die vorläufige Gewährung der Leistungen beziehen und trägt nur der Aufhebung des Eilbeschlusses des SG Rechnung. Der ursprüngliche Ablehnungsbescheid wird hierdurch nicht abgeändert.

II. Die Klägerin ist gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von den Leistungen ausgeschlossen.

a) Danach hatten Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grund nach förderfähig war, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. "Dem Grunde nach förderungsfähig" bedeutet, dass die Ausbildung an sich förderungsfähig sein muss, unabhängig davon, ob aus in der Person des Betroffenen liegenden Gründen ihm eine Förderung seiner Ausbildung konkret nicht zusteht, sie etwa aus Gründen des Ausbildungs- oder Fachrichtungswechsels versagt wird (BSG Urt. v. 6.9.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – Rn 23 nach juris). Der Ausschlusstatbestand greift daher auch dann ein, wenn die Ausbildung aufgrund bestimmter Umstände tatsächlich nicht gefördert wird, die in der Person oder persönlichen Situation des Betroffenen liegen. Diese Auslegung der Ausschlussnorm legt bereits der Wortlaut nahe, der die Förderfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach genügen lässt, um den Leistungsausschluss zu begründen. Durch die Ausschlussnorm soll verhindert werden, dass über das SGB II eine zweite Ebene staatlicher Ausbildungsförderung eingeführt wird, sodass auch aus teleologischer Sicht individuelle Umstände für die Leistungen nach dem SGB II keine Rolle spielen können. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem BAföG und den Vorschriften zur Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) abschließende Regelungen getroffen (BVerwG Urt. v. 14.10.1993 - 5 C 16/91 – Rn 8 nach juris; BVerwG Urt. v. 12.2.1981 - 5 C 51/80 – Rn 16 nach juris). Dieses System würde unterlaufen, könnten nach den spezialgesetzlichen Vorschriften von der Förderung ausgeschlossene Personen, über das SGB II ihre Ausbildung finanzieren. Auch die Norm des § 22 Abs. 7 SGB a.F. zeigt, dass nur an den Stellen, wo das spezielle Ausbildungsförderungssystem Lücken hat, ein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestehen kann. Offenbar hat der Gesetzgeber die fehlende Fördermöglichkeit nach dem BAföG während eines Urlaubssemesters nicht für regelungsbedürftig gehalten. Zum inhaltlich ähnlich gelagerten § 26 Satz 1 BSHG hat das Bundesverwaltungsgericht gar entschieden, dass Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 26 Satz 1 BSHG genannten Art betreiben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert werden, in der Regel gehalten seien, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Das möge als hart empfunden werden, sei aber als vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Sozialleistungssystems grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BVerwG Urt. v. 14.10.1993 - 5 C 16/91 - Rn 10 nach juris). Die im BAfög und im SGB II vorgesehenen Ausbildungsförderungsmöglichkeiten sind nach der gesetzgeberischen Konzeption des Sozialleistungssystems abschließend (vgl. BSG Urt. v. 6.9.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – Rn 25 nach juris). Das Arbeitslosengeld II soll nicht dazu dienen, subsidiär die Ausbildung in solchen Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht vorliegen (BSG Urt. v. 6.9.2007 a.a.O.). Zwar ist der grundlegende Gedanke des SGB II, dass der Sozialleistungsempfänger dabei unterstützt werden soll, wieder einen Weg in den Arbeitsmarkt zu finden, um so vom passiven Objekt staatlicher Hilfe zum aktiven Subjekt und Gesellschaftsmitglied zu werden (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II 2. Aufl. § 1 Rn 1). Diese Konzeption eines "aktivierenden Sozialstaats" mag auch den Abschluss einer Ausbildung wünschenswert erscheinen lassen, führt aber nicht automatisch zu einer Verpflichtung des SGB II-Trägers, auch während dieser Ausbildung Leistungen nach dem SGB II zu erbringen. Leistungen nach dem SGB II kommen neben dem System der Ausbildungsförderung nur in Betracht, wenn entweder eine besondere, nicht ausbildungsbedingte Bedarfslage entstanden ist (vgl. BSG Urt. v. 6.7.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – Rn 27 nach juris) oder wenn Leistungen außerhalb des Abschnittes 2 des 3. Kapitels des SGB II a.F. beansprucht werden können. Soweit aus dieser Auslegung des § 7 Abs. 5 SGB II a.F. Förderlücken im Sozialleistungssystem entstehen, muss der Gesetzgeber dies auf Ebene der spezielleren Ausbildungsförderungsvorschriften abfangen. Eine Regelung im SGB II kann nur in den Fällen greifen, in denen es die grundsicherungsrechtliche Zielsetzung gebietet. Es wäre höchst problematisch, könnte der Landesgesetzgeber durch eine hochschulrechtliche Regelung wie § 20 Abs. 3 Sächsisches Hochschulgesetz (SächsHSG) die Belastung mit ausbildungsrechtlichen Fördermitteln auf den Grundsicherungsträger abwälzen. Faktisch würde § 20 Abs. 3 SächsHSG aber zu dieser Konsequenz führen, folgte man der klägerischen Ansicht. Es bleibt dem Landesgesetzgeber unbenommen, die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Urlaubssemesters durch Landesgesetz zu regeln. Allerdings kann dies keine Auswirkungen auf die Anwendung von Bundesgesetzen haben. Ungeachtet des sich dabei andeutenden Kompetenzkonflikts zwischen Landes- und Bundesgesetzgeber erscheint es geboten, die Frage nach einem Grundsicherungsanspruch allein aus Sicht des Grundsicherungsrechts zu prüfen.

b) Unabhängig davon, ob die Beurlaubung der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nach hochschulrechtlichen Maßstäben rechtmäßig war, muss die Kammer daher prüfen, ob der Leistungsausschluss auch während eines rechtmäßig angeordneten Urlaubssemesters eingreifen würde. Bei dieser Prüfung ist insbesondere zu berücksichtigen, mit welcher Begründung das Urlaubssemester eingelegt worden ist. Verfolgt der Betroffene während des Urlaubssemesters sein Studium weiter oder war das Urlaubssemester notwendig, um die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Abschluss des Studiums zu schaffen, also die Zeit bis zur Abschlussprüfung zu überbrücken, liegt der Zweck dieser "Auszeit" letztlich in der Förderung der Ausbildung. Könnte die Klägerin für diese Zeit Leistungen nach dem SGB II beanspruchen, käme dies wiederum einer verdeckten Ausbildungsförderung gleich. Die Klägerin gab im Schreiben vom 3.3.2010 gegenüber der Rechtsvorgängerin des Beklagten zu, das Urlaubssemester zur Vorbereitung auf die anstehende Abschlussprüfung eingelegt zu haben. Eine Förderung in dieser Zeit stünde im Widerspruch zur Zielsetzung des Gesetzgebers. Auch die ergänzenden Ausführungen der Klägerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 29.11.2010 ändern an dieser Beurteilung nichts. Dort gab die Klägerin zu Protokoll, die Begründung im Schreiben vom 3.3.2010 sei nicht ganz zutreffend gewesen. Sie habe letztlich nur auf die Bestätigung eines Praktikums gewartet, die sie für die Anmeldung zur Abschlussprüfung benötige. Außerdem hätte sie ohne das Urlaubssemester ihren Anspruch auf einen Bildungskredit verloren. In der mündlichen Verhandlung wurde der klägerische Vortrag nicht ergänzt. Sicherlich sind Fälle denkbar, in denen der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. teleologisch zu reduzieren ist, weil das Ziel der Norm, keine zweite Ebene der Ausbildungsförderung zu schaffen, nicht erreicht werden kann bzw. gar nicht in Gefahr ist. Dies dürfte vor allem in Konstellationen zutreffen, in denen der Betroffene zwar noch selbst erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II ist, es ihm aber aus anderen Gründen gar nicht möglich ist, seine Ausbildung während des Urlaubssemesters fortzuführen, etwa infolge der Pflege eines Verwandten oder Geburt und Betreuung eines Kindes. Einen solchen Fall betraf auch die Konstellation über die das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 25.8.1999 entschieden hat (BVerwG 5 B 153/99, 5 PKH 53/99, Rn 3 nach juris). Der Fall der Klägerin gibt hingegen keinen Anlass für eine solche teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 7 Abs. 5 SGB II a.F ... Das Abwarten einer für die Zulassung zur Abschlussprüfung notwendigen Praktikumsbestätigung ist letztlich eine studienspezifische Begründung des Urlaubssemesters. Es ist eine persönliche Entscheidung der Klägerin, ob sie während dieser Wartephase ein Urlaubssemester nimmt. Die hochschulrechtliche Möglichkeit einer Beurlaubung begründet noch keine Pflicht. Außerhalb eines Urlaubssemesters wäre sie aber völlig unstreitig von den Leistungen ausgeschlossen, wobei die fehlende individuelle Förderfähigkeit keine Auswirkungen auf den Leistungsausschluss hätte. Folgte man der Ansicht der Klägerin, läge es stets in der Hand der Studenten, nach Ablauf der Regelstudienzeit, ihr Studium in Sachsen zumindest für eine gewisse Zeit mit Grundsicherungsleistungen wirtschaftlich abzusichern. Damit wären letztlich auch die strengen ausbildungsrechtlichen Fördervoraussetzungen untergraben, was der Fall der Klägerin selbst zeigt. Trotzdem sie keine Leistungen mehr nach dem BAföG erhalten würde, weil sie die Regelstudienzeit überschritten hat, bekäme sie staatliche Leistungen. Dies lässt sich nicht allein durch den Umstand rechtfertigen, dass sie ein Urlaubssemester nimmt, wenn sie während der Beurlaubung dennoch Prüfungsleistungen erbringen kann.

c) Auch die Tatbestandswirkung der Bewilligung eines Urlaubssemesters ändert nichts daran, dass die Klägerin aus grundsicherungsrechtlicher Sicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist. Richtig ist zwar, dass mit Erlass des ein Urlaubssemester bewilligenden Bescheides auch andere Behörden an die in diesem Verwaltungsakt getroffene Regelung grundsätzlich gebunden sind, selbst wenn der Verwaltungsakt aus hochschulrechtlicher Sicht rechtswidrig sein sollte (vgl. allgemein zur Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten: Roos in v. Wulffen SGB X 7. Aufl. Vor § 39 Rn. 4 m.w.N.). Allerdings kann diese Tatbestandswirkung nicht über den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes hinausgehen. Die Entscheidung über die Gewährung eines Urlaubssemesters trifft keine Aussage darüber, ob der Student in diesem Semester einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. Die Tatbestandswirkung führt nur dazu, dass der Grundsicherungsträger und nun das Gericht den Umstand der Beurlaubung als gegeben in die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB II einstellen und selbst darüber entscheiden müssen, wie sich die Beurlaubung auf den Leistungsanspruch aus Sicht des SGB II auswirkt.

III. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung eines Darlehens gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F ... Es sind keine Umstände vorgetragen worden, die die Annahme eines Härtefalls begründen könnten. Ein besonderer Härtefall liegt vor allem dann vor, wenn außergewöhnliche, schwerwiegende, atypische und möglichst nicht selbst verschuldete Umstände einen zügigen Ausbildungsverlauf verhindern (Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II 2. Aufl. § 7 R. 101). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

V. Die Sprungrevision war gemäß §§ 161 Abs. 1 und 2, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es liegt noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vor, ob ein Student auch während eines Urlaubssemesters gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist. Auf Grund der Regelung des § 20 Abs. 3 SächsHSG häufen sich solche Fälle jedoch zumindest in Sachsen, wobei eine grundsätzliche Klärung dieser Rechtsfrage auch in anderen Bundesländern notwendig erscheint.
Der Beklagte hat der Einlegung der Sprungrevision in der mündlichen Verhandlung zugestimmt.
Rechtskraft
Aus
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