S 40 AS 471/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 471/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Einkommensanrechnung von Gehaltsbestandteilen, die der Arbeitgeber einem Fernfahrer nach § 3 Nr. 16 EStG pauschal für Zeiten der Ortsabwesenheit gewährt
Bemerkung
Spesenzahlungen nach § 3 Nr. 16 EStG an Fernfahrer haben zwar teilweise einen anderen Zweck als Leistungen nach dem SGB II. Wenn der Betreffende die zweckentspreechende Verwendung dieser Gelder nicht nachweisen kann und diese auch nicht durch andere Erken
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern im Zeitraum vom 1.10.2007 bis 31.3.2008 zustehenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Die Kläger begehren mit ihrem Antrag auf Erlass eines Grundurteils die Verpflichtung des Beklagten zur Leistungsgewährung ohne Anrechnung der in den Lohnabrechnungen des Klägers zu 2) ausgewiesenen Spesen und damit höhere Leistungen als bislang bewilligt.

Die miteinander verheirateten Kläger beantragten erstmals am 1.11.2004 Leistungen nach dem SGB II. Für den hier streitgegenständlichen Leistungszeitraum stellten sie am 26.9.2007 einen Fortzahlungsantrag (Verwaltungsvorgänge – im Folgenden: VV – Bl. 238). Die Kläger bewohnen seit dem 1.9.2001 eine Dreizimmerwohnung in S ... Für diese 68,12 qm große Mietwohnung hatten die Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum eine monatliche Grundmiete in Höhe von 248,94 EUR sowie eine Nebenkostenvorauszahlung für kalte und warme Betriebskosten in Höhe von 101,72 EUR, insgesamt also eine monatliche Gesamtmiete von 350,66 EUR, zu leisten. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral.

Die Klägerin zu 1) erzielte unstrittig im streitbefangenen Zeitraum keine anrechenbaren eigenen Einkünfte. Der Kläger zu 2) ist seit dem 1.8.2005 bei der Firma XXX GmbH als Kraftfahrer beschäftigt. In dem hier interessierenden Leistungszeitraum lief ein Insolvenzverfahren. Nach dem Arbeitsvertrag werden die Lohnzahlungen des Klägers zu 2) jeweils am 15. des Folgemonats fällig. Der Kläger zu 2) wird als Berufskraftfahrer dergestalt eingesetzt, dass er am Montag zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr seinen Dienstort in D. verlässt und sodann Touren fährt und nicht vor Samstag zwischen 10.00 Uhr und 22.00 Uhr an den Wohnort zurückkehrt. Daher erhält er zusätzlich zu seinem Gehalt steuerfreie Verpflegungszuschüsse, die von den Beteiligten des Verfahrens durchgängig als "Spesen" bezeichnet werden. Diese Verpflegungszuschüsse sind auf den Lohnzetteln u.a. als Lohnart 610 und 612 gekennzeichnet und werden nach Auskunft des Arbeitgebers des Klägers zu 2) (VV Bl. 338) "wohl" für die erhöhten Lebenshaltungskosten gezahlt, die z. B. durch kostenintensive Verpflegung auf Rasthöfen, Nutzungsgebühren von Sanitäreinheiten, Parkgebühren etc. entstehen. Diese Mehraufwendungen werden nicht detailliert aufgeschlüsselt, da der Arbeitgeber jeweils die steuerrechtlich höchstens zulässigen Pauschalbeträge (§ 3 Nr. 16 EStG) auszahlt. Diese betragen bei einer Abwesenheit von 6 Stunden bis 14 Stunden 6,00 EUR pro Tag, bei einer Abwesenheit von 14 bis 24 Stunden 12,00 EUR pro Kalendertag und bei einer Abwesenheit von mehr als 24 Stunden 24,00 EUR pro Kalendertag. Der Arbeitsvertrag enthält hierzu folgende Regelung "Spesen werden nach einer gesonderten Vereinbarung gezahlt. Grundlagen dafür sind die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Als Grundlage für die Auszahlung dienen Tachoscheiben, Wochenberichte und Nachweis Verpflegungsmehraufwand." Außerdem legte der Kläger eine von ihm jedoch nicht akzeptierte Gehaltsvereinbarung zum 1.9.2007 vor, aus der sich die Spesenhöhe in Abhängigkeit von der zeitlichen Abwesenheit ergibt (Gerichtsakte S. 51).

Nach den Lohnabrechnungen stellt sich die Einkommenssituation der Kläger wie folgt dar: Für September 2007 (VV Blatt 330) sollte dem Kläger zu 2) ein Gesamtbruttogehalt von 2.119,00 EUR zustehen, darin waren 564,00 EUR Spesen enthalten. Außerdem erfolgte ein Abzug für Telefonkosten des Klägers in Höhe von 20,00 EUR; gleichzeitig eine Erstattung von Auslagen in Höhe von 10,- EUR. Der Auszahlungsbetrag sollte netto 1.633,17 EUR betragen. Im Oktober 2007 betrug das Bruttoarbeitsentgelt des Klägers 1.515,00 EUR zuzüglich steuerfreier Feiertagszuschlag von 35,- EUR und 432,00 EUR Spesen (VV Blatt 351). Abzüglich einer "Korrekturauszahlung" von 10,- EUR sollte der Auszahlungsbetrag 1.516,88 EUR betragen. Im November 2007 errechnete der Arbeitgeber für den Kläger zu 2 ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.565,00 EUR zuzüglich steuerfreier Feiertagszuschlag von 35,- EUR und zuzüglich 612,00 EUR Spesen (VV Blatt 401). Nach Abzug von "Telefonkosten" sollte der Nettoauszahlungsbetrag 1.806,56 EUR betragen. Für Dezember 2007 ergibt sich aus der Verdienstabrechnung ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.484,00 EUR zuzüglich 402,00 EUR Spesen (VV Blatt 425). Abzüglich der Abschlagszahlung von 500,- EUR sollte die Auszahlung 1.074,37 EUR betragen. Für Januar 2008 errechnete der Arbeitgeber ein Bruttoarbeitsentgelt 1.410,00 EUR, die Spesenhöhe 378,00 EUR (VV Blatt 459) und kam zu einem Auszahlungsbetrag von 1.498,23 EUR. Für Februar 2008 betrug das Bruttoarbeitsentgelt 1.416,00 EUR zuzüglich 498,00 EUR Spesen (VV Blatt 495). Abzüglich Telefonkosten in Höhe von 2,39 EUR sollte eine Nettoauszahlung in Höhe von 1.620,62 EUR erfolgen.

Aus den Kontoauszügen, die das Gericht nachgefordert hat, ergeben sich – von den vorgenannten Zahlen abweichend – folgende Einkommenszuflüsse: Am 18.10.2007 erhielt der Kläger zu 2) eine Zahlung in Höhe von 1.623,17 EUR durch Herrn Rechtsanwalt W. für die XXX GmbH. Nach Angaben des damaligen Insolvenzverwalters der XXX GmbH handelt es sich dabei um eine Insolvenzgeldzahlung. Am 14.11.2007 wurde dem Konto ein Betrag von 1.526,88 EUR gutgeschrieben, auch dabei soll es sich um eine Insolvenzgeldzahlung handeln, was durch die Insolvenzgeldbescheinigung für die Bundesagentur für Arbeit (Gerichtsakte Seite 135 ff.) belegt wird. Im Monat Dezember 2007 erhielten die Kläger lediglich einen Zufluss von 1.000,00 EUR (Vorschussinsolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit) sowie 300,00 EUR, die von G. W. überwiesen worden waren. Im Januar 2008 floss dem Kläger zu 2. ein Lohnabschlag in Höhe von 500,00 EUR sowie eine Lohnzahlung in Höhe von 1.074,37 EUR zu. Diese Auszahlung korrespondiert mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Dezember 2007, die im Klageverfahren nachträglich vom Insolvenzverwalter vorgelegt worden ist (Gerichtsakte Seite 134). Demzufolge sind im Gesamtnettoverdienst des Klägers in Höhe von 1.574,37 EUR eine freiwillige leistungsabhängige Sondervergütung von 154,00 EUR sowie steuerfreie Spesen in Höhe von 402,00 EUR enthalten. Außerdem erhielten die Kläger auch im Januar 2008 eine Überweisung von Frau G. W., diesmal in Höhe von 400,- EUR. Am 6.2.2008 wurde dem Konto der Kläger ein Betrag in Höhe von 330,25 EUR vom Arbeitsamt R. und ein Betrag von 806,56 EUR vom Arbeitsamt D. gutgeschrieben. Auf den Kontoauszügen befindet sich der handschriftliche Vermerk "Insolvenzgeld". Am 19.02.2008 erfolgte eine Überweisung in Höhe von 1.498,23 EUR von Rechtsanwalt W. für die XXX GmbH sowie am 17.3.2008 eine Überweisung in Höhe von 1.620,62 EUR von Rechtsanwalt W. für die XXX GmbH.

Außerdem erhielten die Kläger am 25.7.2007 eine Steuererstattung in Höhe von 953,15 EUR (VV Bl. 288 – 290).

Als Kosten seiner Berufstätigkeit machten die Kläger neben den Fahrten des Klägers zu 2) zur Arbeitsstätte zunächst folgende monatliche Versicherungsbeiträge geltend: Kfz-Haftpflicht 25,92 EUR, Rechtsschutz 17,97 EUR, Riester-Rente des Klägers zu 2) 15,00 EUR, Riester-Rente der Klägerin zu 1) 7,50 EUR, Privathaftpflichtversicherung 7,62 EUR, Hausrat 6,91 EUR, Unfallversicherung 19,53 EUR (für beide Kläger), vgl. auch VV Blatt 416 sowie für die Zahlen ab Januar 2008 VV Blatt 419. Inzwischen wurden von den Klägern monatliche Beiträge zur Kfz-Haftpflicht nachgewiesen in Höhe von 26,78 EUR in 2007 und in Höhe von 25,64 EUR in 2008.

Für den streitgegenständlichen Leistungszeitraum vom 1.10.2007 bis 31.3.2008 ergingen insgesamt acht Bescheide: Mit Bescheid vom 1.10.2007 wurden Leistungsansprüche der Kläger zunächst abgelehnt. Mit dem Änderungsbescheid vom 10.10.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Leistungszeitraum insgesamt monatliche Leistungen in Höhe von 256,75 EUR. Auf der Grundlage dieses Leistungsbescheides erhielt die Klägerin zu 1) am 10.10.2007 eine Barauszahlung in Höhe von 206,75 EUR. Hintergrund dieser Bewilligung war ein Irrtum des Arbeitgebers des Klägers zu 2) gewesen, der das sog. Zusatzblatt 2.2 (Einkommensbescheinigung – Nachweis über die Höhe des Arbeitsentgeltes –) dergestalt ausgefüllt hatte, dass lediglich die Brutto- und Nettoeinkünfte des Klägers ohne die Spesen, die zusätzlich gezahlt wurden, angegeben wurden. Erst im Nachhinein stellte der Beklagte fest, dass es insoweit eine Diskrepanz zwischen dem Zusatzblatt 2.2 und den Lohnzetteln gab, worauf der Arbeitgeber des Klägers zu 2) erklärte, dass er zukünftig die Verpflegungszuschüsse auf dem Formular 2.2. mit bescheinigen werde (VV Bl. 337 u. 338).

Mit dem weiteren Bescheid vom 17.10.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern in Abänderung des Bescheides vom 10.10.2007 für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.11.2007 nunmehr Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 101,72 EUR, sowie Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis 31.3.2008 in Höhe von 244,99 EUR. Zur Erläuterung wurde ausgeführt, dass sich aus der Betriebskostenabrechnung ein Guthaben in Höhe von 143,27 EUR ergeben habe. Dieses Guthaben sei nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auf die anzuerkennenden Unterkunftskosten anzurechnen. Deswegen werde den Klägern im November 2007 das Guthaben von 143,27 EUR als Miete nicht gewährt und ab Dezember 2007 wieder die volle Leistungshöhe angesetzt. Außerdem werde ab November 2007 die Warmwasseraufbereitungspauschale bei den Heizkosten berücksichtigt. Tatsächlich war den Klägern am 9.8.2007 ein Guthaben von 143,27 EUR aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 überwiesen worden (VV Bl. 262).

Mit zwei weiteren Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 14.12.2007 hob der Beklagte die der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) bewilligten Leistungen für den Leistungszeitraum vom 1.10.2007 bis 31.3.2008 vollständig auf und verlangte die Erstattung der bis Dezember 2007 ausgezahlten Beträge; dies waren bei der Klägerin zu 1) 178,37 EUR und beim Kläger zu 2) 178,38 EUR. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid war auf die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt sowie auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Der Kläger zu 2) habe ein höheres Einkommen erzielt, als der Bewilligung bislang zu Grunde gelegt worden sei. Mit dem Bescheid vom 23.1.2008 lehnte der Beklagte erneut ab, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren. Dieser Bescheid wurde erlassen, weil der Beklagte die Mitteilung der Klägerin zu 1) über die Insolvenz des Arbeitgebers des Klägers zu 2) als neuen Leistungsantrag gewertet hatte. Mit einem weiteren Bescheid vom 1.2.2008 bewilligte der Beklagte den Klägern nunmehr für den Leistungszeitraum vom 1.12.2007 bis 31.12.2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 330,25 EUR. Mit dem Bescheid vom 26.2.2008 wurde wiederum ein Antrag vom 31.1.2008 auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abgelehnt.

Die Kläger haben gegen alle vor Klageerhebung bereits ergangenen Bescheide fristgerecht Widerspruch eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 9.1.2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger als unbegründet zurück. Es folgten Ausführungen zur Berechnung der Höhe des anrechenbaren Einkommens des Klägers zu 2) und rechtliche Ausführungen dazu, dass die Kläger bei der Vorlage der von dem Arbeitgeber des Klägers zu 2 ausgefüllten Zusatzblätter 2.2 hätten erkennen können und müssen, dass diese im Hinblick auf die Spesen unvollständig gewesen seien. Daher bestehe für den Beklagten die Möglichkeit, die bereits ergangenen Verwaltungsakte auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Kläger könnten sich auf Vertrauen nicht berufen.

Die Kläger haben fristgerecht am 30.1.2008 Klage erhoben.

Sie sind grundsätzlich der Auffassung, dass der Beklagte bei sämtlichen bisher ergangenen Bescheiden und insbesondere auch bei den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden das Einkommen des Klägers zu 2) rechtsfehlerhaft berechnet habe. Zunächst seien die sog. Spesen nicht mit zu berücksichtigen, denn dabei handle es sich um zweckgebundene Leistungen, die den erhöhten Verpflegungsmehraufwand des Klägers zu 2) abgelten sollten. Aus den Fahrtenbüchern des Klägers ergebe sich, dass dieser im strittigen Zeitraum durchgängig außerhalb des Wohn- und Dienstortes unterwegs gewesen sei und daher erhöhte Aufwendungen tatsächlich gehabt habe, auch wenn diese im Einzelnen nicht durch Quittungen für die Inanspruchnahme sanitärer Einrichtungen oder Ähnliches belegt werden könnten. Der Kläger zu 2) übe eine auswärtige Beschäftigung als Berufskraftfahrer aus. Er nehme in der Regel seine Tätigkeit am Montag zu unterschiedlichen Zeiten zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr auf und kehre erst am Samstag, ebenfalls zu unregelmäßigen Zeiten, zwischen 10.00 Uhr und 22.00 Uhr an seinen Wohnort zurück. Der Kläger zu 2) übernachte im Lkw des Arbeitgebers. Übernachtungskosten fielen für ihn insoweit nicht an. Der Kläger müsse jedoch im Durchschnitt zwischen 2,00 EUR und 3,00 EUR pro Arbeitstag für die Benutzung einer Dusche auf einem Rastplatz aufwenden. Außerdem seien Gebühren für die Benutzung der Toiletten zu entrichten von etwa 2,50 EUR täglich. Hierfür erhalte der Kläger zu 2) in der Regel keine Quittungen. Außerdem müsse der Kläger zu 2) regelmäßig mehrfach monatlich für das Abstellen des Lkw auf einem Rastplatz an der Autobahn Parkgebühren zwischen 5,00 EUR und 6,50 EUR zahlen. Diese Kosten erhalte er nicht von seinem Arbeitgeber erstattet, es handele sich um Parkgebühren in Höhe von mindestens 20,00 EUR bis 25,00 EUR monatlich. Erhöhte Mehraufwendungen habe der Kläger im Übrigen auch dafür gehabt, dass er, wie der Arbeitsvertrag zeige, für die Reinigung des Lastkraftwagens eigenständig verantwortlich sei und hierfür Putzmittel erwerben müsse. Außerdem seien ihm durch die auswärtige Tätigkeit Telefonkosten entstanden, die der Arbeitgeber vom Lohn abgezogen habe und die er nicht gehabt hätte, wenn er nicht auswärtig beschäftigt gewesen wäre. Außerdem sind die Kläger der Auffassung, dass von den Einkünften des Klägers zusätzlich auch die Versicherungsbeiträge der Unfall- und Rechtsschutzversicherung abzusetzen sei. Dabei handle es sich um berufsbedingte Aufwendungen, weil der Kläger zu 2) eine gefahrgeneigte Arbeit verrichte.

Außerdem tragen die Kläger vor, dass sie sich am 24.12.2007 und am 5.1.2008 einmal 300,00 EUR und einmal 400,00 EUR von G. W. geliehen hätten, um ihre Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Diese Schulden hätten die Kläger aber bereits am 22.3.2008 und am 19.4.2008 in bar wieder zurückgezahlt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) gerichteten Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 14.12.2009 aufgehoben. Der Kläger zu 2) hat in der mündlichen Verhandlung die auf Autobahnraststätten und -parkplätzen anfallenden Kosten näher erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Weitere Belege existieren für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht.

Die Kläger beantragen zuletzt,

den Beklagten in Abänderung des Bescheides vom 1.10.2007, der Änderungsbescheide vom 10.10.2007, 17.10.2007, 23.1.2008, 1.2.2008 und 26.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.1.2008 zu verurteilen, den Klägern Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II in gesetzlich zustehender Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die ergangenen Bescheide, soweit sie nicht in der mündlichen Verhandlung aufgehoben wurden Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass die hier im Streit stehenden Gehaltsbestandteile, die von den Beteiligten auch als Auslöse und Spesen bezeichnet werden, nicht von der Einkommensanrechnung ausgenommen werden könnten. Es fehle insoweit an einem von der Arbeitgeberseite konkret vorgegebenen Verwendungszweck für die Zahlungen. Die Spesenzahlungen hätten einen den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vergleichbaren Zweck. Ein abweichender Verwendungszweck lasse sich nicht feststellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig. Sie zielt auf den Erlass eines Grundurteils gemäß § 130 SGG. Der Erlass eines Grundurteils im Sinne des § 130 Abs. 1 SGG ist möglich, wenn über die Leistungshöhe gestritten wird oder wenn - wie hier - nur ein Berechnungsfaktor strittig ist (vgl. BSG, Urt. v. 20.11.2003, B 13 RJ 5/03 R, juris). Das Begehren der Kläger richtet sich auf die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung ohne Einbeziehung der als Spesen bezeichneten Gehaltsbestandteile. Streitgegenständlich sind damit die Leistungen nach dem SGB II im Leistungszeitraum vom 1.10.2007 bis 31.3.2008, d.h. sowohl die zustehenden Regelleistungen als auch die Kosten der Unterkunft. Sämtliche Bescheide des Beklagten für diesen Leistungszeitraum sind Gegenstand des Klageverfahrens (vgl. §§ 86, 96 SGG), mit Ausnahme der Bescheide vom 14.12.2009, die inzwischen durch den Beklagten aufgehoben wurden.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger haben vom 1.10.2007 bis 31.3.2008 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherungen, als sie mit den hier streitgegenständlichen Bescheiden bereits bewilligt worden sind. Soweit die Bescheide teilweise rechtswidrig zu hohe Leistungen gewährt haben, verletzt dies die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Bescheide waren daher weder aufzuheben, noch zu ändern und der Beklagte war nicht dem Grunde nach zur Gewährung von (weiteren) Leistungen nach dem SGB II in gesetzlich zustehender Höhe zu verurteilen.

Die in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger sind grundsätzlich gemäß § 19 Satz 1 SGB II und § 7 Abs. 1 SGB II anspruchsberechtigt, da sie zwischen 15 und 65 Jahre alt und erwerbsfähig ist. Sie sind jedoch nur insoweit hilfebedürftig, als sie ihren Bedarf nicht durch eigenes Einkommen oder durch eigenes Vermögen decken können.

Abweichend von den Berechnungen des Beklagten beträgt der monatliche Bedarf der Kläger bei der Regelleistung 624,- EUR und bei den Kosten der Unterkunft 339,40 EUR, weil von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 350,66 EUR für jeden der Kläger eine Warmwasserpauschale von 5,63 EUR abzuziehen war (BSG, Urt. v. 27.2.2008, B 14/11b AS 15/07 R, juris). Der Bedarf insgesamt beträgt daher 963,40 EUR. Die Betriebskostengutschrift ist für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht relevant.

Auf diesen Bedarf ist das Einkommen der Kläger (§ 11 SGB II) zu verteilen. Dieses berechnet sich wie folgt: Da den Klägern im Juli 2007 eine Steuererstattung als einmalige Einnahme zugeflossen ist, ist bei korrekter Berechnung ab August 2007 für 12 Monate ein Einkommen in Höhe von 1/12 dieser Steuererstattung, d.h. zunächst 79,42 EUR monatlich anzusetzen. Denn bei der Einkommenssteuerrückerstattung handelt es sich um Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. BSG, Urt. v. 13.5.2009, Az. B 4 AS 49/08 R (Rn 12), juris). Durch § 2 Abs. 3 Satz 1 und 3 ALG II-VO wird dem Beklagten ein weites Ermessen eingeräumt, wie die einmalige Einnahme zu verteilen ist. Dieses Ermessen ist, da der Beklagte diese Einnahme gänzlich unberücksichtigt gelassen hatte, nunmehr vom Gericht auszuüben, da das Gericht die den Klägern zustehenden Leistungsansprüche vollumfänglich zu prüfen und zu errechnen hat. Die Kammer hält insoweit eine Verteilung der Steuerrückerstattung auf den Zeitraum von einem Jahr ab dem Zuflussmonat für sachgerecht.

Hinzu kommen die Einkünfte des Klägers zu 2) aus dessen Beschäftigungsverhältnis bei der XXX GmbH.

Für den Leistungszeitraum vom 1.10.2007 bis 30.11.2007 kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob die Spesen als zweckbestimmte Einnahmen gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II von der Einkommensanrechnung auszunehmen sind. Ebenfalls kann dahinstehen, ob der Beklagte von dem Einkommen des Klägers zu 2) nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II die Unfall- und die Rechtsschutzversicherung des Klägers als mit der Einnahmeerzielung verbundene notwendige Ausgaben hätte abziehen müssen. Denn selbst wenn man – zu Gunsten der Kläger – ohne die in den Monaten Oktober und November gezahlten Spesen rechnete, ergeben sich geringere Leistungsansprüche, als sie mit den streitbefangenen Bescheiden bereits bewilligt und nachfolgend ausgezahlt worden sind. Oktober 2007 Für den Oktober 2007 haben die Kläger vom Beklagten bereits 256,75 EUR bewilligt erhalten. Die Kammer hat schließlich folgende Vergleichsberechnung (ohne Spesen, aber mit 1/12 der Steuererstattung) durchgeführt, aus der sich ergibt, dass selbst ohne Einbeziehung der Spesen lediglich ein geringerer Anspruch bestanden hätte:

Bruttoeinkommen (mind. 100,01 EUR) 1634,42 EUR

Grundfreibetrag (GFB) 100,00 EUR 800,00 EUR 1. Freibetrag (FB) = (Brutto - GFB) x 20 % 140,00 EUR Mindestens ein Kind vorhanden? (für ja "j" und für nein "n" eintragen) n 70,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind vorhanden bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.500,- EUR 0,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind nicht vorhanden ist, bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.200,- EUR 40,00 EUR Zeile 5 oder 6 40,00 EUR 40,00 EUR Nettoeinkommen 1158,37 EUR Summe der Freibeträge 280,00 EUR Anrechnung auf Alg2 (es sei denn Brutto ist größer als 400,- EUR, dann weiterrechnen!) 878,37 EUR Pauschbetrag für private Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind 30,00 EUR Beiträge zu privaten Kranken-, und Pflegeversicherungen, wenn keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung besteht Beiträge zu gesetzl. Vorgeschriebenen Versicherungen (insb. Kfz-Haftpflichtvers., Berufshaftpflichtvers.) 26,78 EUR Allgemeine Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Pauschale für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 105,60 EUR Die einfache Fahrstrecke des Einkommensbeziehers zur Arbeitsstelle beträgt: 66 km Fahrtage pro Monat 8 Alternativ: Kosten für öffentlichen Personennahverkehr

Nachgewiesene sonstige Werbungskosten (z. B. Arbeitskleidung) Beiträge zur Riesterrente 10,50 EUR Zu berücksichtigender Betrag (nur, wenn Werbungskosten/Absetzungen gesamt über 100,- Euro) 88,21 EUR Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen an vorrangig oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte außerhalb der Bedarfsgemeinschaft, wenn diese Verpflichtung tituliert ist Zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende "Anrechnungsbetrag" 790,16 EUR

Zur Erläuterung ist anzuführen, dass der Kläger zu 2) im Monat Oktober 2007 eine Überweisung von 1.623,17 EUR erhalten hat. Diese korrespondiert mit der Lohnabrechnung für September 2007 (VV Bl. 330). Aus dieser ergibt sich ohne Spesen ein "Steuerbrutto" von 1.555,00 EUR. (Spesen insgesamt: 564,- EUR) Dem hat die Kammer die auf 12 Monate verteilte Steuerrückerstattung (79,42 EUR) hinzugerechnet, woraus sich ein Gesamtbruttoeinkommen von 1.634,42 EUR ergibt. Die Abzüge folgen sodann den Angaben auf dem Lohnzettel. Bei der Kfz-Versicherung hat die Kammer die nunmehr nachgewiesenen Beträge berücksichtigt. Bei den Fahrtkosten des Klägers ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger zu 2) bei 20 Urlaubstagen im Jahr 48 Wochen arbeiten muss und mithin 8 mal pro Monat die Fahrtstrecke zwischen seiner Wohnung und dem Firmenort zurücklegen muss. Bei einem Bedarf von 963,40 EUR hätte ein Anspruch von 173,24 EUR (für beide Kläger) bestanden, der durch die gewährten Leistungen von 256,75 EUR bereits übererfüllt ist.

November 2007 Im Monat November 2007 ergibt sich folgende Berechnung: Bruttoeinkommen (mind. 100,01 EUR) 1.594,42 EUR

Grundfreibetrag (GFB) 100,00 EUR 800,00 EUR 1. Freibetrag (FB) = (Brutto - GFB) x 20 % 140,00 EUR Mindestens ein Kind vorhanden? (für ja "j" und für nein "n" eintragen) n 70,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind vorhanden bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.500,- EUR 0,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind nicht vorhanden ist, bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.200,- EUR 40,00 EUR Zeile 5 oder 6 40,00 EUR 40,00 EUR Nettoeinkommen 1139,30 EUR Summe der Freibeträge 280,00 EUR Anrechnung auf Alg2 (es sei denn Brutto ist größer als 400,- EUR, dann weiterrechnen!) 859,30 EUR Pauschbetrag für private Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind 30,00 EUR Beiträge zu privaten Kranken-, und Pflegeversicherungen, wenn keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung besteht Beiträge zu gesetzl. Vorgeschriebenen Versicherungen (insb. Kfz-Haftpflichtvers., Berufshaftpflichtvers.) 26,78 EUR Allgemeine Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Pauschale für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 105,60 EUR Die einfache Fahrstrecke des Einkommensbeziehers zur Arbeitsstelle beträgt: 66 km Fahrtage pro Monat 8 Alternativ: Kosten für öffentlichen Personennahverkehr

Nachgewiesene sonstige Werbungskosten (z. B. Arbeitskleidung) Beiträge zur Riesterrente 10,50 EUR Zu berücksichtigender Betrag (nur, wenn Werbungskosten/Absetzungen gesamt über 100,- Euro) 88,21 EUR Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen an vorrangig oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte außerhalb der Bedarfsgemeinschaft, wenn diese Verpflichtung tituliert ist Zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende "Anrechnungsbetrag" 771,09 EUR

Auch im Monat November hätte daher maximal ein Anspruch von 963,40 EUR - 771,09 EUR = 192,31 EUR (für beide Kläger) bestanden, der durch die gewährten Leistungen von 256,75 EUR (Bescheid vom 10.10.2007) bereits deutlich übererfüllt ist. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Kammer hier eine hypothetische Vergleichsberechnung ohne Spesen durchgeführt hat. Selbst wenn also die Spesen unberücksichtigt blieben, ergäben sich keine höheren Leistungsansprüche der Kläger.

Für die übrigen Monate ist die Kammer der Auffassung, dass die in den Auszahlungen an den an den Kläger zu 2) enthaltenen Spesen vollständig als Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen sind.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Die Spesenzahlungen unterfallen keiner der in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahmen.

Die Spesenzahlungen bleiben im vorliegenden Fall auch nicht als zweckbestimmte Einnahmen i.S.d. § 11 Abs 3 Nr. 1 a) SGB II außen vor. Nach dieser Vorschrift sind Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Nach Überzeugung der Kammer haben die Spesenzahlungen hier zwar teilweise einen anderen Zweck, als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl. SG Potsdam Urt. v. 4.2.2010, S 39 AS 3620/08 (Rn 26 ff.); SG Chemnitz, Urt. v. 28.1.2010, S 6 AS 2054/09 (Rn 24 ff.), SG Dresden Urt. v. 26.10.2009, Az. S 23 AS 1317/08 (Rn 21 m.w.N.), LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 21.10.2008 Az. L 2 B 342/07 AS ER (Rn 21), alle zitiert nach juris). Teilweise dienen die Spesenzahlungen jedoch der Bestreitung des "normalen" Lebensunterhaltes und damit denselben Zwecken wie die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Auch die Gerechtfertigkeitsprüfung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II schließt es aus, die Spesenzahlungen von der Einkommensanrechnung auszunehmen (im Ergebnis auch SG Dresden, Urt. v. 1.9.2010, S 36 AS 5042/08, juris)). Die an eine zweckentsprechende Einnahme zu stellenden Anforderungen ergeben sich insbesondere aus der Systematik des § 11 SGB II und dem Sinn und Zweck der Regelung. Hierzu verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1. 6.2010, Az. B 4 AS 89/09 R (Rn 17 f.) der sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt. Hierin führt das BSG aus: "§ 11 Abs 1 Satz 1 SGB II enthält den Grundsatz, dass als Einkommen alle eingehenden geldwerten Leistungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 16/06 R, BSGE 99, 240 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16). Die Nichtberücksichtigung von Einnahmen erfolgt unabhängig davon, ob diese steuerfrei sind, nur unter engen Voraussetzungen, die ausdrücklich durch den Zweck der weiteren Einnahmen gerechtfertigt sein müssen. Es war die Intention des Gesetzgebers des SGB II, die Einkommensberücksichtigung im Wesentlichen wie bisher in der Sozialhilfe zu regeln (BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 11), nicht jedoch an das Recht der Arbeitslosenhilfe anzuknüpfen (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R, RdNr 17). Nach sozialhilferechtlichen Vorschriften sollte es bei der Einkommensberücksichtigung verbleiben, wenn eine Zweckidentität mit Sozialhilfeleistungen festgestellt oder die andere Leistung ohne ausdrückliche Nennung eines Zwecks "zweckneutral" gewährt wurde (BVerwG, Urteil vom 12.4.1984 - 5 C 3/83FEVS 33, 353, 356; OVG NRW, Urteil vom 10.1.1989 - 8 A 1753/87 - FEVS 39, 338 ff; OVG NRW, Urteil vom 22.2.1988 - 8 A 1850/86). Sinn des § 11 Abs 3 Nr. 1 Buchst a SGB II ist es vor diesem Hintergrund zu verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch ihre Berücksichtigung als Einkommen im Rahmen des SGB II verfehlt wird bzw. für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (vgl BSG, Urt. v. 5.9.2007 - B 11b AS 15/06 R, BSGE 99, 47 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 28; BSG, Urt. v. 6.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R, RdNr 24)." Zumindest teilweise ergibt sich hier eine entsprechende Zweckbestimmung der Spesenzahlung aus den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen und der betrieblichen Übung. Denn aus diesen lässt sich, wie auch die erläuternden Ausführungen des Arbeitgebers zusammenfassen (VV Bl. 338), entnehmen, dass die Spesenzahlungen auch dazu dienen, dass der Arbeitnehmer für die im Vergleich zu anderweitig Erwerbstätigen erhöhten Lebenshaltungskosten aufkommen kann, die z. B. durch kostenintensive Verpflegung auf Rasthöfen, Nutzungsgebühren von Sanitäreinheiten, Parkgebühren etc. entstehen. Die Kammer folgt insoweit der auch vom SächsLSG vertretenen Rechtsauffassung, wonach es für die Annahme einer zweckbestimmten Einnahme nicht entscheidend ist, ob der Empfänger zur Verwendung der Einnahme dem Zweck entsprechend verpflichtet war. Ausreichend ist, dass eine Vereinbarung vorhanden sein muss, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck (privatrechtlicher Verwendungszweck) verwendet werden soll (SächsLSG, Beschl. v. 21.9.2010, L 7 AS 395/10 B ER m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt vorliegend die Vereinbarung in dem zwischen dem Kläger zu 2) und seinem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrag. Das Bundessozialgericht hat zwar in seinem Urteil vom 1.6.2010 (a.a.O) unter Bezugnahme auf Abfindungszahlungen ausgeführt, dass sich bei privatrechtlichen Zweckvereinbarungen objektiv erkennbar ergeben muss, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll, ihm also ein bestimmter Verwendungszweck "auferlegt" wird. Dies hat das Bundessozialgericht für die Zahlung von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen nicht erkennen können. Bei den Spesenzahlungen ergibt sich jedoch zumindest teilweise ein solcher privatrechtlicher Verwendungszweck aus der Zusammenschau der arbeitsvertraglichen Regelungen, weil dem Kläger zu 2) als LKW Fahrer eine wöchentliche Abwesenheit vom Heimatort abverlangt wird, diese – anders als Nacht- oder Feiertagsarbeit - zwangsläufig mit gewissen Mehrkosten bei der Verpflegung und Körperhygiene verbunden ist und der Arbeitsvertrag eine Abgeltung dieser Mehrkosten vorsieht. Gleichwohl hat die Kammer nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Spesenzahlungen vollständig nur für diesen Zweck, also nur für den Ausgleich der Kostendifferenz vorgesehen sind. Denn schon über die Höhe der tatsächlichen Kostendifferenz haben die Beteiligten keine übereinstimmenden, sondern allenfalls pauschale Vorstellungen; Nachweise werden nicht gesammelt oder gefordert. Der Kläger zu 2) nennt als weiteren Zweck zudem den Ausgleich von Kosten für die Reinigung des LKW, was sich aber weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der zusätzlichen Äußerung des Arbeitgebers nachvollziehen lässt. Der Kläger zu 2) ist nach dem Arbeitsvertrag für die Pflege des Fahrzeuges zuständig, zu den Putzmitteln verhält sich der Arbeitsvertrag nicht. Der Arbeitgeber gewährt schlicht die steuerrechtlich zulässigen Pauschalen. Wie sowohl die relativierende Formulierung des Arbeitgebers ("wohl"), als auch der bloße Verweis des Arbeitsvertrages auf die gesetzlichen Regelungen (damit sind ersichtlich die steuerrechtlichen Vorschriften gemeint) zeigt, verfolgen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit der Gewährung von Spesenzahlungen deswegen auch noch andere Zwecke. Sie nutzen damit die vom Gesetzgeber eröffnete, versteckte Subventionierung des Speditionsgewerbes durch Reduzierung der Steuer- und Sozialversicherungsabgabenlast. Wie gerade das Beispiel des Klägers zu 2) deutlich zeigt, wird dem Kläger zu 2) für seine anstrengende und eine 40-Stunden-Woche deutlich überschreitende Tätigkeit ein eher bescheidenes Bruttogehalt von etwas mehr als 1.500,- EUR gewährt. Zieht man davon die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab, stellt man fest, dass die steuer- und sozialversicherungsabgabenfreien Spesenzahlungen in ihrer Höhe nahezu die Hälfte des Nettoentgeltes erreichen oder sogar über dieser Hälfte liegen. Vor diesem Hintergrund ist es vorliegend völlig lebensfremd, der Vereinbarung von Spesenzahlungen zwischen dem Kläger zu 2) und seinem Arbeitgeber entnehmen zu wollen, dass dieser sein Nettogehalt für seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Familie und die Spesenzahlungen sodann ausschließlich für die abwesenheitsbedingten Mehrkosten aufwenden solle. Es geht vielmehr vornehmlich auch darum, dem Kläger zu 2) ohne höhere Zusatzkosten für den Arbeitgeber ein höheres Nettoeinkommen zu verschaffen, weil dieses ansonsten für die Bestreitung des Lebensunterhaltes keinesfalls ausreicht. Dies wird auch deutlich, wenn man die (nicht belegten) Angaben des Klägers zu 2) zu der Höhe seiner Mehraufwendungen ins Verhältnis zu den monatlich üblicherweise geleisteten Spesenzahlungen setzt, denn auch dann kann man feststellen, dass die Höhe der Spesenzahlungen über die (vom Kläger geschätzten) Aufwendungen hinausgeht. Der Kammer ist zwar bekannt, dass Getränke und Essen in den Rasthöfen teurer sind, als die Zubereitung zu Hause; der Kläger zu 2) verfügt jedoch über eine Kaffeemaschine und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Proviant im LKW, so dass jedenfalls nicht jedwede Nahrungs- und Getränkeaufnahme in Gaststätten erfolgen muss. Die Kammer hält es somit zwar grundsätzlich nicht für unmöglich, 24,- EUR pro Tag für Parkgebühren, Hygiene und die Kostendifferenz bei Nahrung/Getränken auszugeben, dieses Ausgabeverhalten hat jedoch schon der Kläger zu 2) selbst nicht dargelegt.

Das konkrete Verhältnis zwischen tatsächlicher Mehraufwandsabgeltung und Steuerersparnismotiven kann jedoch letztlich dahinstehen, weil zusätzlich zu der Zweckbestimmung weiter zu berücksichtigen ist, dass Einnahmen auch bei fehlender Zweckidentität nur dann nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II als Einkommen unberücksichtigt bleiben, wenn sie die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Eine solche Besserstellung kann gegeben sein, wenn zweckbestimmte, aber frei verfügbare Lohnzuschüsse, ggf. in Höhe der steuerfreien Sätze, den tatsächlich entstehenden Mehraufwand vor allem für Auswärtsverpflegung übersteigen, deshalb nur zum Teil bestimmungsgemäß verwendet werden müssen und mit dem überschießenden Betrag für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen (vgl. SächsLSG, Beschl. v. 21.9.2010, L 7 AS 395/10 B ER, juris). So verhält es sich hier, denn unter Würdigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ergibt die Gerechtfertigkeitsprüfung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, dass die dem Kläger zu 2) gezahlten Verpflegungszuschüsse die Lage der Bedarfsgemeinschaft der Kläger im Vergleich mit derjenigen sonstiger Leistungsempfänger so günstig beeinflussen, dass es nicht gerechtfertigt ist, sie bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II von der Einkommensanrechnung auszunehmen. Denn der Kläger zu 2) hat nicht nachgewiesen, dass er die ihm gewährten Verpflegungszuschüsse dem Zweck der Zuwendung entsprechend eingesetzt hat. Das Gericht kann mangels geeigneter Belege die dem Kläger zu 2) tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen weder überschlägig berechnen, noch hat das Gericht die Möglichkeit, eine Schätzung in entsprechender Anwendung von § 202 SGG i. V. m. § 287 ZPO vorzunehmen. Denn dem Gericht stehen für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis 31.3.2008 keinerlei objektive Anknüpfungstatsachen zur Verfügung. Als Anknüpfungstatsachen können insbesondere die Angaben des Klägers zu den Hygieneaufwendungen in Höhe von etwa 2,50 EUR/Tag und Parkgebühren von etwa 25,- EUR/Monat nicht herangezogen werden. Denn diese Ausgaben für Parkgebühren, die Toilettenbenutzung und Dusche werden teilweise wiederum in Essensgutscheine umgewandelt, was der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Das Gericht hat aber sodann keinerlei Anhaltspunkte dafür, in welcher Höhe diese Ausgaben mit den Verpflegungsmehraufwendungen teilweise deckungsgleich sein könnten und ob der Kläger zu 2) in diesen Monaten überhaupt Verpflegungsmehraufwendungen hatte. Diese Ungewissheit bei der Gerechtfertigkeitsprüfung geht vorliegend zu Lasten der Kläger, denn ihm obliegt der Nachweis dieser aus seiner Sphäre stammenden Tatsachen. Insoweit hilft dem Gericht auch nicht, dass es grundsätzlich plausibel ist, dass ein Fernfahrer Mehraufwendungen hat, denn eine Schätzung der Höhe dieser Aufwendungen in der Vergangenheit würde vollständig ohne Anknüpfungstatsachen erfolgen müssen. Dies ist jedoch unzulässig. Das an den Kläger gezahlte Einkommen ist daher ohne Abzüge für zweckbedingte Zuwendungen anzurechnen.

Dezember 2007 Im Dezember 2007 ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass der Kläger zu 2) nicht die auf dem Lohnzettel für November 2007 (VV Bl. 402) ausgewiesene Summe erhalten hat, sondern wegen der Insolvenz seines Arbeitgebers lediglich einen Insolvenzgeldabschlag von 1000,- EUR. Die Nachzahlung der restlichen Summe (805,56 EUR) erfolgte erst im Februar 2008. Zur Errechnung des Bruttoarbeitsentgeltes, welches für die Berechnung des Freibetrages nach § 30 SGB II relevant ist, hat die Kammer dem Nettoauszahlungsbetrag 55% der auf dem Lohnzettel angegebenen Sozialversicherungsabgaben hinzugefügt, weil 55% des Nettogehaltes im Dezember 2007 zur Auszahlung gelangt sind und 45% erst im Februar 2008. Bei den weiteren Abzügen hat die Kammer berücksichtigt, dass die Alg II-Verordnung erst zum 1.1.2008 dahingehend geändert worden ist, dass Verpflegungsmehraufwendungen pauschal berücksichtigt werden konnten. Vor dem 1.1.2008 konnten höhere notwendige Ausgaben (jenseits der Werbungskostenpauschale und der Fahrtkosten) nur dann Berücksichtigung finden, wenn diese "nachgewiesen" wurden. Diesen Nachweis kann der Kläger zu 2) (s.o.) jedoch nicht führen. Die Kosten der Rechtsschutz-, Privathaftpflicht-, Hausrat- und Unfallversicherung sind nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II berücksichtigungsfähig, weil diese Versicherungen nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Außerdem ist (s.o.) 1/12 der Steuerrückerstattung anzusetzen. Dies ergibt folgende Berechnung: Bruttoeinkommen (mind. 100,01 EUR) 1260,18 EUR

Grundfreibetrag (GFB) 100,00 EUR 800,00 EUR 1. Freibetrag (FB) = (Brutto - GFB) x 20 % 140,00 EUR Mindestens ein Kind vorhanden? (für ja "j" und für nein "n" eintragen) n 46,02 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind vorhanden bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.500,- EUR 0,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind nicht vorhanden ist, bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.200,- EUR 40,00 EUR Zeile 5 oder 6 40,00 EUR 40,00 EUR Nettoeinkommen 1079,42 EUR Summe der Freibeträge 280,00 EUR Anrechnung auf Alg2 (es sei denn Brutto ist größer als 400,- EUR, dann weiterrechnen!) 799,42 EUR Pauschbetrag für private Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind 30,00 EUR Beiträge zu privaten Kranken-, und Pflegeversicherungen, wenn keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung besteht Beiträge zu gesetzl. Vorgeschriebenen Versicherungen (insb. Kfz-Haftpflichtvers., Berufshaftpflichtvers.) 26,78 EUR Allgemeine Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Pauschale für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 105,60 EUR Die einfache Fahrstrecke des Einkommensbeziehers zur Arbeitsstelle beträgt: 66 km Fahrtage pro Monat 8 Alternativ: Kosten für öffentlichen Personennahverkehr

Nachgewiesene sonstige Werbungskosten (z. B. Arbeitskleidung) Beiträge zur Riesterrente 10,50 EUR Zu berücksichtigender Betrag (nur, wenn Werbungskosten/Absetzungen gesamt über 100,- Euro) 88,21 EUR Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen an vorrangig oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte außerhalb der Bedarfsgemeinschaft, wenn diese Verpflichtung tituliert ist Zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende "Anrechnungsbetrag" 711,21 EUR

Da mit dem Bescheid vom 1.2.2008 bereits Leistungen in Höhe von 330,25 EUR zuerkannt worden sind, haben die Kläger im Dezember 2007 keine höheren Leistungsansprüche. Die Kammer musste die Zeugin W. daher nicht zu der Frage hören, ob es sich bei der Zuwendung von 300,- EUR an Weihnachten 2007 um ein (zusätzlich als Einkommen anzurechnendes) Geschenk oder ein Darlehen gehandelt hat.

Bei der Berechnung der den Klägern in den Monaten Januar, Februar und März zustehenden Leistungen der Grundsicherung ist ebenfalls von der grundsätzlichen Anrechenbarkeit der Spesen als Einkommen auszugehen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist jedoch mit dem für 2008 nachgewiesenen Betrag von 25,64 EUR zu berücksichtigen. Außerdem wurde zum 1.1.2008 die Alg II-V dahingehend geändert, dass Mehraufwendungen für Verpflegung nunmehr auch ohne einen konkreten Nachweis abgesetzt werden dürfen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Anzahl der Abwesenheitstage berücksichtigt werden muss, die auch Grundlage des Spesenzuflusses im Berechnungsmonat gewesen ist, denn dem Kläger zu 2) wird sein Gehalt monatlich nachträglich gezahlt. Dies hat die Konsequenz, dass z.B. im Januar 2008 Spesenzahlungen für die Abwesenheitstage des Dezember 2007 zufließen. Deswegen ist es sachgerecht, diesen Zuwendungen auch die pauschalen Abzüge des § 6 Abs. 3 Alg II-V (in der Fassung ab dem 1.1.2008) für die Abwesenheitstage des Monats Dezember 2007 gegenüberzustellen. Da diese erst bei einer Abwesenheit von mehr als 12 h gezahlt werden, können die Tage, für die nach der Lohnabrechnung ausgewiesen nur 6,- EUR Spesen (Abwesenheit zwischen 6h und 14 h) gezahlt werden, nicht berücksichtigt werden, weil insoweit nicht feststeht, dass der Kläger zu 2) mehr als 12 h abwesend war. Letztlich kommt es auf diese Tage aber rechnerisch nicht an. Weitergehende Aufwendungen für Hygiene oder Parkgebühren können wiederum nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger zu 2) hierfür keine Nachweise vorlegen kann und der Kammer tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung nicht zur Verfügung stehen.

Januar 2008 Aus den Kontoauszügen ergeben sich folgende Zuflüsse: Lohnabschlag 500,- EUR und weiteres Gehalt in Höhe von 1074,37 EUR. Diese Beträge korrespondieren mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 (VV Bl. 426) Außerdem ist 1/12 der Lohnsteuererstattung zu berücksichtigen (79,42 EUR). Der Verpflegungsmehraufwand wird in der Zeile "Nachgewiesene sonstige Werbungskosten" für 17 Tage, d.h. 17 x 6,- EUR = 102,- EUR angerechnet. Bruttoeinkommen (mind. 100,01 EUR) 1965,42 EUR

Grundfreibetrag (GFB) 100,00 EUR 800,00 EUR 1. Freibetrag (FB) = (Brutto - GFB) x 20 % 140,00 EUR Mindestens ein Kind vorhanden? (für ja "j" und für nein "n" eintragen) n 70,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind vorhanden bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.500,- EUR 0,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind nicht vorhanden ist, bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.200,- EUR 40,00 EUR Zeile 5 oder 6 40,00 EUR 40,00 EUR Nettoeinkommen 1653,79 EUR Summe der Freibeträge 280,00 EUR Anrechnung auf Alg2 (es sei denn Brutto ist größer als 400,- EUR, dann weiterrechnen!) 1373,79 EUR Pauschbetrag für private Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind 30,00 EUR Beiträge zu privaten Kranken-, und Pflegeversicherungen, wenn keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung besteht Beiträge zu gesetzl. Vorgeschriebenen Versicherungen (insb. Kfz-Haftpflichtvers., Berufshaftpflichtvers.) 25,64 EUR Allgemeine Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Pauschale für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 105,60 EUR Die einfache Fahrstrecke des Einkommensbeziehers zur Arbeitsstelle beträgt: 66 km Fahrtage pro Monat 8 Alternativ: Kosten für öffentlichen Personennahverkehr

Nachgewiesene sonstige Werbungskosten (z. B. Arbeitskleidung) 102,00 EUR Beiträge zur Riesterrente 10,50 EUR Zu berücksichtigender Betrag (nur, wenn Werbungskosten/Absetzungen gesamt über 100,- Euro) 173,74 EUR Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen an vorrangig oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte außerhalb der Bedarfsgemeinschaft, wenn diese Verpflichtung tituliert ist Zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende "Anrechnungsbetrag" 1200,05

Im Ergebnis besteht daher für Januar 2008 kein Leistungsanspruch der Kläger, denn das anzurechnende Einkommen von 1200,05 EUR übersteigt den tatsächlichen Bedarf von 963,40 EUR. Die Kammer musste die Zeugin W. daher auch für den Monat Januar 2008 nicht zu der Frage hören, ob es sich bei der Zuwendung von 400,- EUR im Januar 2008 um ein (zusätzlich als Einkommen anzurechnendes) Geschenk oder ein Darlehen gehandelt hat.

Februar 2008 In diesem Monat übersteigen die Einkommenszuflüsse (806,56 EUR Insolvenzgeld, 1498,23 EUR Gehalt, 79, 42 EUR Anteil Steuerrückerstattung) den Bedarf der Kläger so deutlich, dass hier auf die Darstellung in Tabellenform verzichtet werden kann. Es besteht kein Leistungsanspruch der Kläger.

März 2008 Aus den Kontoauszügen ergibt sich eine Überweisung des Arbeitsgebers in Höhe von 1620,62 EUR. Dieser Betrag entspricht der Lohn- und Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 (VV Bl. 426) Außerdem ist 1/12 der Lohnsteuererstattung zu berücksichtigen (79,42 EUR). Der Verpflegungsmehraufwand wird in der Zeile "Nachgewiesene sonstige Werbungskosten" für 21 Tage, d.h. 21 x 6,- EUR = 126,- EUR angerechnet.

Bruttoeinkommen (mind. 100,01 EUR) 1993,42 EUR

Grundfreibetrag (GFB) 100,00 EUR 800,00 EUR 1. Freibetrag (FB) = (Brutto - GFB) x 20 % 140,00 EUR Mindestens ein Kind vorhanden? (für ja "j" und für nein "n" eintragen) n 70,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind vorhanden bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.500,- EUR 0,00 EUR 2. Freibetrag, wenn Kind nicht vorhanden ist, bei Einkommen zwischen 800,01 EUR und 1.200,- EUR 40,00 EUR Zeile 5 oder 6 40,00 EUR 40,00 EUR Nettoeinkommen 1702,43 EUR Summe der Freibeträge 280,00 EUR Anrechnung auf Alg2 (es sei denn Brutto ist größer als 400,- EUR, dann weiterrechnen!) 1422,43 EUR Pauschbetrag für private Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind 30,00 EUR Beiträge zu privaten Kranken-, und Pflegeversicherungen, wenn keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung besteht Beiträge zu gesetzl. Vorgeschriebenen Versicherungen (insb. Kfz-Haftpflichtvers., Berufshaftpflichtvers.) 25,64 EUR Allgemeine Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Pauschale für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 105,60 EUR Die einfache Fahrstrecke des Einkommensbeziehers zur Arbeitsstelle beträgt: 66 km Fahrtage pro Monat 8 Alternativ: Kosten für öffentlichen Personennahverkehr

Nachgewiesene sonstige Werbungskosten (z. B. Arbeitskleidung) 126,00 EUR Beiträge zur Riesterrente 10,50 EUR Zu berücksichtigender Betrag (nur, wenn Werbungskosten/Absetzungen gesamt über 100,- Euro) 197,74 EUR Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen an vorrangig oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte außerhalb der Bedarfsgemeinschaft, wenn diese Verpflichtung tituliert ist Zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende "Anrechnungsbetrag" 1.224,69

Im Ergebnis besteht auch für März 2008 kein weitergehender Leistungsanspruch der Kläger, denn das anzurechnende Einkommen von 1224,69 EUR übersteigt den tatsächlichen Bedarf von 963,40 EUR. Die Klage war deswegen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass der Beklagte die Rücknahme- und Erstattungsbescheide aufgehoben und sich damit teilweise in die Position des Unterlegenen begeben hat. Eine hälftige Kostenteilung erschien der Kammer unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Obsiegen und Unterliegen der Kläger, sowie unter Berücksichtigung des Veranlassungsgedankens sachgerecht.

Ungeachtet dessen, ob die Höhe der weiteren, von den Klägern begehrten Leistungen die Berufungssumme von 750,- EUR erreicht hätten, war die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Steuerfreie Zuwendungen des Arbeitsgebers nach § 3 Nr. 16 EStG bereiten in vielen anhängigen Rechtsstreitigkeiten Probleme. In der sächsischen Sozialgerichtsbarkeit wird die Frage, ob eine hinreichende Zweckbestimmung bereits darin gesehen werden kann, dass im Arbeitsvertrag auf die steuerrechtlichen Regelungen Bezug genommen wird, unterschiedlich beantwortet. Schon deswegen bedürfen diese Rechtsfragen der Klärung durch das Landessozialgericht.
Rechtskraft
Aus
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