L 5 AS 342/10 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 23 AS 140/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 342/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende an sie in voller Höhe.

Die Antragsteller sind miteinander verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Antragsgegner bis heute laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Sie bewohnen ein im Jahr 1921 erbautes, in ihrem Eigentum stehendes Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 89 qm.

Im Jahr 2009 bezogen sie regelmäßig SGB II-Leistungen, wobei der Antragsgegner für die Kosten der Unterkunft (KdU) ohne Heizung nachfolgende Leistungen bewilligte: Im Januar und Februar 95,23 EUR/Monat, März bis Mai 98,39 EUR/Monat, Juni bis Dezember 96,56 EUR/Monat. Zusätzlich erhielten sie im April 2009 einen einmaligen Betrag i.H.v. 32,84 EUR zur Beseitigung einer Heizungsstörung. Zum Austausch des defekten Wasserfilters und der Zirkulationspumpe wurde ihnen ein Betrag i.H.v. 635,64 EUR bewilligt. Schließlich erhielten sie im Dezember einen Betrag i.H.v. 78,61 EUR für den Austausch einer defekten Hofbeleuchtung.

Im September 2009 beantragten sie beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten einer Reparatur der Schornsteinköpfe. Der Bezirksschornsteinfeger hatte sie unter Fristsetzung zum 31. Oktober 2009 aufgefordert, Mängel an den Schornsteinköpfen zu beseitigen. Diese befänden sich in einem schlechten baulichen Zustand. Es bestehe akute Einsturzgefahr. Dem Antrag auf Kostenübernahme fügten sie drei Kostenvoranschläge bei. Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 daraufhin ein Darlehen i.H.v. 4.240,57 EUR. Er orientierte sich dabei am Kostenangebot der Fa. P.r St ... Vom Kostenvoranschlag zog er die Kosten für den Aufbau eines Gerüsts ab, da dieses aufgrund der zuvor durchgeführten Dachsanierung nach Angaben der Antragsteller noch stehe. Das Geld werde direkt auf das Konto der bauausführenden Firma überwiesen. Das Darlehen sei nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 65,00 EUR ab 1. Dezember 2009 seitens der Antragsteller zu tilgen. Die Antragsteller legten gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 12. November 2009 informierte der Antragsgegner die Antragsteller darüber, dass er aufgrund des gewährten Darlehens wegen der Erneuerung der Schornsteinköpfe ab 1. Dezember 2009 einen Betrag i.H.v. 64,60 EUR/Monat von der Regelleistung einbehalten werde. Gegen dieses Schreiben legten die Antragsteller unter dem 24. November 2009 Widerspruch ein. Es bestehe keine Rechtsgrundlage, den angekündigten Betrag einzubehalten. Diesen Widerspruch verwarf der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2010 als unzulässig. Im Schreiben vom 12. November 2009 sei keine eigenständige Entscheidung getroffen worden. Die Antragsteller erhoben gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Magdeburg (S 23 AS 270/10).

Bereits am 13. Januar 2010 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung und auf sofortige Vollzugsaufhebung beim Sozialgericht gestellt. Sie hätten im Januar 2010 nur eine Zahlung i.H.v. 423,88 EUR vom Antragsgegner erhalten. Eine Rechtsgrundlage für den Einbehalt von Leistungen bestehe nicht. Es seien die vollen, im Änderungsbescheid vom 3. September 2009 ausgewiesenen Leistungen (488,48 EUR) auszuzahlen. Das an sie ausgereichte Darlehen i.H.v. 4.240,57 EUR sei als Zuschuss zu gewähren. Im Erörterungstermin am 23. Juni 2010 haben die Antragsteller einen Antrag auf Überprüfung des Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 gestellt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 28. Juli 2010 den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten keinen Anordnungsgrund glaubhaft macht. Soweit sie einen Zuschuss für die Reparatur der Schornsteinköpfe begehrten, bestehe dafür kein Bedürfnis. Diese sei bereits durchgeführt. Zudem sei kein Anordnungsanspruch ersichtlich, da ein über die Darlehensgewährung entsprechend § 22 Abs. 5 SGB II hinausgehender Anspruch der Antragsteller auf Übernahme der Kosten der Schornsteinkopfsanierung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht bestehe. Der ebenfalls gestellte Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Überprüfungsantrages vom 13. Oktober 2009 sei zwar statthaft, aber unbegründet. Der Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) habe keine aufschiebende Wirkung. Ihr stehe die Bestandskraft des ursprünglich ergangenen Bescheides entgegen. Der Antrag auf Gewährung von monatlich höheren Leistungen von 64,60 EUR sei ebenfalls unbegründet. Die Antragsteller hätten nicht glaubhaft gemacht, dass für die Aufhebung der monatlichen Aufrechnung mit der Regelleistung ein Bedürfnis bestehe. Die entstehende Unterdeckung begründe keine existenzielle Notlage der Antragsteller bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 31. März 2010 und auch nicht im Bewilligungsabschnitt vom 1. April bis 30. September 2010. Nach der gesetzgeberischen Wertung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II könne bei Darlehen für unabweisbare Bedarf die Festlegung einer Tilgungsrate durch monatliche Aufrechnung von bis zu 10% der Regelleistung erfolgen. Daraus sei zu schließen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers eine solche Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich nicht zu einer existenziellen Notlage führe.

Bereits mit Bescheid vom 22. Juli 2010 hat der Antragsgegner im Rahmen der Überprüfung seines Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 zum einen festgestellt, dass dieser Bescheid nicht zu beanstanden sei. Im Rahmen der Überprüfung hat er einen neuen Darlehensbescheid erlassen, da im ursprünglichen Bescheid eine falsche Rechtsgrundlage genannt worden sei. Rechtsgrundlage für das Darlehen i.H.v. 4.240,57 EUR sei § 20 Abs. 5 SGB II. Die Darlehensschuld werde seit dem 1. Dezember 2009 in monatlichen Raten von 64,60 EUR gegen die laufende Leistungen aufgerechnet. Unter den 2. August 2010 haben die Antragsteller gegen den negativen Zugunstenbescheid Widerspruch eingelegt. Die Sanierung der Schornsteinköpfe gehöre zu den Kosten der Unterkunft, die seitens des Antragsgegners nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss zu übernehmen seien. Über diesen Widerspruch hat der Antragsgegner - soweit ersichtlich - noch keine Entscheidung getroffen.

Gegen den ihnen am 3. August 2010 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts vom 28. Juli 2010 haben die Antragsteller am 30. August 2010 Beschwerde eingelegt. Sie verfolgen ihr Ziel, die Auszahlung der Regelleistungen in voller Höhe ab 1. Februar 2010 zu erhalten, weiter.

Sie beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2010 den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig ab 1. Februar 2010 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Regelleistung ohne Verrechnung monatlicher Raten i.H.v. 64,60 EUR auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er wendet ein, die Antragsteller hätten kein Bedürfnis für die Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens glaubhaft gemacht.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Die Antragsteller begehren die Auszahlung der Regelleistungen voller Höhe ab 1. Februar 2010 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgebliche Berufungswert von 750,00 EUR ist mithin überschritten.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 86b Rn. 16b).

In Fällen, in denen wie hier ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt wird, sind allerdings besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Leistungsbegehren in so genannten Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X betreffen nämlich bestandskräftige Bescheide, die bis zu ihrer Aufhebung für alle Beteiligten bindend sind. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, ist es den Antragstellern im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Februar 2006, L 7 AS 384/05 ER, jeweils recherchiert über juris). Wegen der besonders strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.)

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.

Der der Aufrechnung des Antragsgegners zugrundeliegende Darlehensbescheid vom 13. Oktober 2009 ist bestandskräftig und zwischen den Beteiligten nach § 77 SGG bindend.

Der Widerspruch der Antragsteller gegen "das Hinweisschreiben" vom 12. November 2009 hat den Eintritt der Bestandskraft des Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 nicht gehindert.

Der Darlehensbescheid vom 13. Oktober 2009 regelt zum einen die Gewährung eines Darlehens unter der konkludenten Ablehnung der Bewilligung eines Zuschusses, wobei die Rückzahlungsverpflichtung wiederum keine Folge der konkludenten Ablehnung des Zuschusses, sondern der Darlehensgewährung immanent ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 1991, 9b Rar 7/90, Rn. 17, Juris). Weiterhin regelt er die Form und Höhe der Rückzahlung. Die Tilgung sollte durch Aufrechnung mit der für die Antragsteller maßgebenden Regelleistung i.H.v. monatlich 65,00 EUR ab 1. Dezember 2009 erfolgen.

Diese Regelung änderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 12. November 2009, indem er bei sonst unveränderten Verfügungssätzen die Höhe der Aufrechnung auf 64,60 EUR/Monat reduzierte. Eine neue Widerspruchsfrist wurde dadurch nicht in Lauf gesetzt. Ein neuer, den Bescheid vom 13. Oktober 2009 zu Lasten der Antragsteller abändernder Bescheid erging nicht. Der seitens der Antragsteller am 24. November 2009 eingelegte Widerspruch ist somit - bezogen auf die Regelungen des Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 - verspätet eingelegt worden.

An der Bestandskraft des Bescheides ändert auch das Ergebnis des laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nichts. Der Antragsgegner hat den Bescheid vom 13. Oktober 2009 nicht durch den "Bescheid" vom 22. Juli 2010 ersetzt. Der Bescheid hat nicht durch eine "anderweitige Aufhebung" i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X mit der Folge seines Wegfalls die Bestandskraft verloren.

Der Bescheid vom 22. Juli 2010 enthält zunächst eine Regelung über die Ablehnung des Überprüfungsantrags vom 23. Juni 2010. In dem beigefügten "neuen Darlehensbescheid" hat der Antragsgegner allein eine Korrektur der Begründung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 Abs. 1 SGB X vorgenommen und eine andere, aus seiner Sicht rechtmäßige Rechtsgrundlage für die seinerzeit erfolgte Darlehensbewilligung genannt.

Der "Bescheid" vom 22. Juli 2010 ist ohne Rechtswirkungen im Hinblick auf die bestandskräftige Verwaltungsentscheidung im Bescheid vom 13. Oktober 2009. Der Antragsgegner hat keine erneute Sachprüfung vorgenommen. Der Antragsteller hat den in Bestandskraft erwachsenen Verfügungssatz im Bescheid vom 13. Oktober 2009 inhaltlich nicht geändert. Der "Bescheid" ist kein Verwaltungsakt. Er enthält nicht, wie dies § 31 Satz 1 SGB X voraussetzt, eine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Der Bescheid wiederholt lediglich wörtlich den Verfügungssatz des Bescheides vom 13. Oktober 2009 und tauscht die Begründung der Darlehensgewährung (§ 23 SGB II; nunmehr § 22 Abs. 5 SGB II) aus. Das Austauschen der Rechtsgrundlage ändert jedoch weder den Verfügungssatz noch wird der Bescheid in seinem Wesen geändert.

Daran ändert auch nichts, dass die Korrektur der Begründung in der äußeren Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt ist. Die Auslegung von Bescheiden erfolgt nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. BSG, Urteil vom 2. März 2010, B 5 R 104/07 Rn. 12; Urteil vom 13. November 2008, B 14 AS 2/08 Rn. 22). Es ist entscheidend, wie der Empfänger des Bescheides dessen Inhalt nach Treu und Glauben verstehen musste. Ausgangspunkt der Prüfung ist dabei zunächst der Wortlaut, aber auch der Kontext zu anderen Äußerungen im Bescheid; die Gesamtsituation ist zu berücksichtigen.

Unter Anlegung dieses Maßstabs enthält der Anhang zum Bescheid vom 22. Juli 2010, der "neue Darlehensbescheid", weder eine neue Regelung noch eine Regelung über eine Aufhebung des ursprünglichen Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 und Ersetzung durch einen anderen Darlehensbescheid. Zwar weisen die äußere Form und der Text zunächst darauf hin, dass es sich hier um einen eigenständigen, neuen Bescheid handeln könnte. Allerdings konnte der "neue Darlehensbescheid" im Kontext mit dem Ablehnungsbescheid vom gleichen Tag aus objektiver Sicht der Antragsteller nur als Korrektur eines Begründungsmangels verstanden werden. Anderenfalls ergäben sich gegenteilige, sich ausschließende Äußerungen zum Ablehnungsbescheid. Dort ist ausdrücklich ausgeführt worden, dass der Darlehensbescheid vom 13. Oktober 2009 nicht zu beanstanden sei und es bei der Entscheidung bleiben müsse. Es sei lediglich eine falsche Rechtsgrundlage genannt worden, weshalb ein "neuer Darlehensbescheid erstellt" worden sei. Auch die Reaktion der Beschwerdeführer belegt, dass diese den Bescheid vom 22. Juli 2010 allein als Ablehnung ihres Antrages auf Überprüfung des bestandskräftigen Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 verstanden haben. In dem Widerspruch vom 2. August 2010 haben sie den Bescheid als "Ablehnungsbescheid vom 22.07.2010 zum Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 SGB/X vom 23. Juni 2010" bezeichnet.

Die Antragsteller haben keine Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die es ihnen unzumutbar machen, in Anbetracht des bestandskräftigen Darlehensbescheides die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Soweit sie darauf verweisen, ihre Existenz sei durch den Einbehalt der Regelleistung i.H.v. 10% gefährdet, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) die Rückzahlung eines Darlehens bis zu einer Höhe von 10% der Regelleistung als angemessen und zumutbar erachtet. Diese Wertung hat auch Eingang in das ab 1. Januar 2011 geltende Gesetz gefunden. So wird in § 42a Abs. 2 SGB II geregelt, dass ein Darlehen grundsätzlich durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 10% der maßgebenden Regelleistung getilgt wird.

Die Antragsteller können in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ihr Ziel, die Regelleistung in voller Höhe ausbezahlt zu bekommen, auch nicht durch die Beanspruchung der Gewährung eines Zuschusses statt eines Darlehens erreichen. Dem steht der bestandskräftige Darlehensbescheid entgegen, mit dem die Gewährung eines Zuschusses konkludent abgelehnt worden ist.

Auch kann das Ziel nicht erreicht werden im Wege einer auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den negativen Zugunstenbescheid gerichteten Rechtsschutzbegehrens. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses.

Nach alledem war die Beschwerde folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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