L 19 AS 576/11 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 666/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 576/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.02.2011 werden zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antragsteller zu 2) steht im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er lebt in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau (Antragstellerin zu 1), die an Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen leidet, bei der Pflegestufe I in der gesetzlichen Pflegeversicherung anerkannt ist und die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht. Wegen der Betreuung der Antragstellerin zu 1) hat der Antragsteller zu 2) beantragt, ihn von der Arbeitsvermittlung freizustellen. Dies lehnte der Antragsgegner ab (Bescheid vom 22.12.2010, Widerspruchsbescheid vom 09.02.2011).

Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zwecks vorläufiger Vermeidung der Vermittlung des Antragstellers zu 2) in Arbeit hat das Sozialgericht (SG) Köln mit Beschluss vom 28.02.2011 abgelehnt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Die dagegen gerichteten Beschwerden sind zulässig aber nicht begründet.

Der Antrag der Antragstellerin zu 1) ist unzulässig, weil sie kein eigenes Recht geltend macht. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB II ist dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass die Ausübung der Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann. Danach kann zwar der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst den Einwand erheben, er brauche den Arbeitsvermittlungsbemühungen des Leistungsträgers im Einzelfall keine Folge zu leisten, daraus folgt aber nicht die Berechtigung des Angehörigen, der gepflegt werden muss, die Freistellung des Leistungsempfängers im eigenen Namen beanspruchen zu können.

Der Antrag des Antragstellers zu 2) hat sich erledigt, soweit der Zeitraum bis zum Erlass des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes vom 04.05.2011 des Antragsgegners betroffen ist. Mit diesem Verwaltungsakt hat der Antragsgegner konkrete Pflichten des Antragstellers zu 2) zwecks seiner Vermittlung in Arbeit festgelegt, sodass mit Bekanntgabe dieses Verwaltungsaktes die bisherige allgemeine Entscheidung über die Ablehnung der Vornahme von Vermittlungsbemühungen seine Erledigung gefunden hat. Da der Antragsgegner bis zu diesem Zeitpunkt auch keine Vermittlungsbemühungen unternommen oder Sanktionsentscheidungen gegen den Antragsteller zu 2) verhängt hat, fehlt Letzterem das Rechtsschutzbedürfnis für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz bis zum Erlass des genannten Verwaltungsakts. Über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen letzteren Bescheid hat der Senat mangls einer beschwerdefähigen Entscheidung des SG als Gericht der Hauptsache hierüber nicht zu befinden. Der Senat weist aber darauf hin, dass aus seiner Sicht der Antragsteller auch keinen Anspruch nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf vorläufige Aussetzung der Vollziehung dieses Verwaltungsakts, der nach § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar ist, hat. Bei der insoweit gebotenen summarischen Prüfung ist nicht ersichtlich, dass die Inhalte des Verwaltungsakts, insbesondere soweit sie die Pflichten des Antragstellers zu 2) regeln, rechtswidrig sind. Dies wird vom Antragsteller letztlich auch nicht behauptet.

Soweit er geltend macht, er sei infolge der Pflege und Betreuung der Antragstellerin zu 1) nicht in der Lage, den ihm auferlegten Vermittlungsbemühungen nachzukommen, ist es ihm zumutbar, dies im Einzelfall auf Anforderung des Antragsgegners nachzuweisen. Da die Antragstellerin zu 1) insbesondere wegen der Unregelmäßigkeit ihrer epileptischen Anfälle auf die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson angewiesen ist, ist es diesbezüglich ausreichend, dass der Antragsteller zu 2) belegt, ob für den jeweiligen Zeitraum eine solche Pflegeperson zur Verfügung steht. Es ist weder ausgeschlossen, dass eine entsprechende Versorgung der Antragstellerin zu 1) durch Dritte möglich ist noch ist es dem Antragsteller zu 2) unzumutbar, die jeweilige Pflege- und Betreuungssituation dem Antragsgegner zu belegen. Unter diesen Umständen ist es unter Abwägung der Interessen der Beteiligten nicht geboten, den Antragsteller zu 2) von Arbeitsvermittlungsbemühungen generell auszunehmen.

Die Beschwerden sind daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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