L 12 AS 381/11 B ER und L 12 AS 422/11 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 38 AS 340/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 381/11 B ER und L 12 AS 422/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2011, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgemäße sowie statthafte Beschwerde des Antragstellers vom 02.03.2011 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2011 ist unbegründet.

Der Senat nimmt zur Begründung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) zunächst Bezug auf die für zutreffend erachteten Gründe der angefochtenen Entscheidung. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die hier begehrte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die Glaubhaftmachung des streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem der Antragsteller eigene Rechte - insbesondere Leistungsansprüche - ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist erforderlich, dass die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).

Dem Begehren des Antragstellers auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen in Form eines vorläufig tilgungsfreien Darlehens in Höhe von 2.028,60 Euro zur Tilgung von Mietschulden in Anwendung des § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II (entspricht § 22 Abs. 5 SGB II a.F.) fehlt es - auch ausweislich des Beschwerdevorbringens - an einem Anordnungsgrund. Deshalb kann die Problematik, ob der Schuldenübernahme für die von dem Antragsteller genutzte Wohnung deren Kostenunangemessenheit (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) entgegensteht und es damit an einem Anordnungsanspruch fehlt, dahingestellt bleiben. Ebenso kann offen bleiben, ob es dem Eilantrag des Antragstellers bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil er vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes keinen ausdrücklichen Antrag auf darlehensweise Schuldenübernahme für die Mietrückstände bei dem Antragsgegner gestellt und damit nicht sämtliche zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen, wofür hier allerdings einiges spricht (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss v. 09.09.2009 - L 19 B 205/06 AS -; LSG NRW, Beschluss v. 31.08.2010 - L 19 AS 1106/10 B ER -).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund i.S. des Bestehens einer akuten, gegenwärtig bestehenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung des Gerichts unumgänglich macht, nicht glaubhaft gemacht, weil nach Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass dem Antragsteller gegenwärtig Wohnungs- oder Obdachlosigkeit droht.

Zwar hat der Vermieter des Antragstellers mit Schreiben vom 20.12.2010 die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2010 ausgesprochen und diesen letztmalig mit Anwaltsschreiben vom 16.02.2011 zur Räumung der Wohnung bis 28.02.2011 aufgefordert sowie für den Fall eines ergebnislosen Verstreichens der Frist "ohne weitere Vorankündigung" Räumungsklage bei dem Amtsgericht (AG) C angekündigt. Dass der Vermieter mittlerweile Räumungsklage erhoben hat, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird von dem Antragsteller auch nicht vorgetragen. Ist aber lediglich die fristlose Kündigung der Wohnung ausgesprochen, aber Räumungsklage noch nicht erhoben, so fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund in Gestalt eines unaufschiebbaren eiligen Regelungsbedürfnisses zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft bzw. Übernahme von Mietschulden durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil dann gegenwärtig weder Wohnungs- noch gar Obdachlosigkeit droht (vgl. Senat, Beschluss v. 04.09.2009 - L 12 B 69/09 AS ER - Rdnr. 4 [Juris]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 06.08.2009 - L 18 AS 1308/09 B ER, L 18 AS 1309/09 B PKH - Rdnr. 2 [Juris]). Im Übrigen ist ein Anordnungsgrund deshalb zu verneinen, weil nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage ohnehin noch zwei Monate Zeit bleiben, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Denn nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - (BGB) wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (s. LSG NRW, Beschluss v. 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER - Rdnr. 19 [Juris]). Im Übrigen enthält im Fall einer Räumungsklage die Vorschrift des § 22 Abs. 9 SGB II (= § 22 Abs. 6 SGB II a.F.) Regelungen zur Sicherung der Unterkunft (Senat, Beschluss v. 04.09.2009 - L 12 B 69/09 AS ER - Rdnr. 4 [Juris]; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 06.08.2009 - L 18 AS 1308/09 B ER, L 18 AS 1309/09 B PKH - Rdnr. 2 [Juris]). Mithin ist ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Ferner hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht des Eilverfahrens (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) zu Recht abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG, bezüglich des Prozesskostenhilfeverfahrens auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Soweit der Antragsteller für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe beantragt hat, war auch dieser Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde aus den o.a. Gründen abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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