L 7 AS 88/11 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 26 AS 133/11 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 88/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Aufforderung an den Hilfeempfänger, eine Altersrente zu beantragen, stellt einen Verwaltungsakt dar, der eine Ermessensausübung des SGB II-Leistungsträgers notwendig macht.

2. Für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, hat der Gesetzgeber in § 65Abs. 4 SGB II eine Vertrauensschutzregelung geschaffen. Sie dürfen nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme ihrer Altersrente aufgefordert werden.

3. Es ist unerheblich, ob der Hilfebedürftige tatsächlich die erleichterten Voraussetzungen nach § 58 SGB II in Anspruch genommen hat, oder ob er dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat.
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2011 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum 31. Juli 2011, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 800,53 Euro mtl. ohne Berücksichtigung der dem Antragsteller bewilligten Altersrente gewährt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Antragstellers für beide Instanzen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darum, ob der Antragsteller über den 28. Februar 2011 hinaus leistungsberechtigt nach dem Sozialgesetzbuch, 2. Buch -SGB II- ist, oder ob er als Altersrentner von dem Bezug von SGB II-Leistungen ausgeschlossen ist.

Der 1947 geborene Antragsteller bezieht seit Anfang 2005 Leistungen nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 5. August 2010 und Änderungsbescheid vom 26. Oktober 2010 bewilligte der Antragsgegner ihm für den Zeitraum vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 Leistungen in Höhe von monatlich 800,53 Euro. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Er begehre Leistungen in Höhe von 843,00 Euro monatlich, da die Regelsätze zu niedrig berechnet worden seien. Zudem seien ihm Leistungen über den 28. Februar 2011 hinaus zu gewähren, weil er erst am 8. Dezember 2012 das 65. Lebensjahr vollende. Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2010 zurück. Die vom Antragsteller am 5. Januar 2011 beim Sozialgericht Frankfurt erhobene Klage wird unter dem Aktenzeichen S 26 AS 22/11 geführt.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Gewährung der Altersrente für die Zeit ab 9. Dezember 2010 zu stellen. Der Antragsteller wandte hiergegen ein, er sei weiterhin arbeitsfähig und suche nach Arbeit. Eine vorzeitige, gekürzte Altersrente wolle er nicht in Anspruch nehmen. Auf Drängen des Antragsgegners stellte der Antragsteller gegen seinen Willen einen Rentenantrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 wurde ihm eine -gegenüber der regulären Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres- gekürzte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. Januar 2011 gewährt im Umfang von 279,27 Euro mtl. abzüglich Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Am 21. Januar 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Leistungsgewährung nach dem SGB II ab dem 1. März 2011 beantragt. Er trägt vor, der Antragsgegner habe ihn in eine existenzbedrohliche Lage gebracht, da er aufgrund der geringen Rente nun dem Sozialamt zur Last fallen müsse. Er bemühe sich um die Anstellung bei einem gemeinnützigen, im Aufbau befindlichen Verein, wo er monatlich circa 2.500 Euro brutto erhalten könne. Bei ihm liege zudem ein Härtefall vor, so dass er nicht auf die vorzeitige Altersrente verwiesen werden dürfe. Hinzu komme, dass er ab dem 9. Dezember 2012 die volle Altersrente in Anspruch nehmen könnte, wenn der Antragsgegner ihn nicht jetzt zu einem Rentenantrag gezwungen hätte.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat den Antrag mit Beschluss vom 21. Februar 2011 abgelehnt. Es fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Altersrente des Antragstellers sich auch durch einen weiteren Bezug nach dem SGB II nicht weiter erhöhen lasse. Zudem sei der Antragsteller nach § 12 a Satz 1 SGB II verpflichtet, die Altersrente ab Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen. Die Unbilligkeitsverordnung greife nicht. Im Übrigen könne er ab 1. März 2011 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII stellen, wodurch sein Bedarf gesichert werden könne. Krankenversicherungsschutz könne er durch einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung bei seiner Krankenversicherung erlangen.

Der Antragsteller hat gegen den ihm am 25. Februar 2011 zugestellten Beschluss am 28. Februar 2011 Beschwerde beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingelegt, die an das Hessische Landessozialgericht weitergeleitet worden ist. Er bezieht sich auf sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren. Da er derzeit noch 6.000,00 Euro angespart habe, könne er noch keine Leistungen nach dem SGB XII beziehen. Von der vorzeitigen Altersrente könne er nicht leben, weshalb er sich weiterhin um Arbeit bemühe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm ab dem 1. März 2011 bis zum 9. Dezember 2012, längstens bis zur Entscheidung der Hauptsache, Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 822 Euro zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend. Wegen des angestrebten Arbeitsvertrages des Antragstellers bei dem B. sei anzumerken, dass der Antragsteller selbst Vorsitzender des Vereins sei, dessen Sitz sich offenbar in der Wohnung des Antragstellers befinde. Es sei fraglich, ob der Verein noch weitere Mitglieder besitze.

Nach Mitteilung des Antragstellers und telefonischer Bestätigung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund hat der Antragsteller den nicht rechtskräftig gewordenen Rentenbescheid vom 20. Januar 2011 unter der Bedingung zurückgenommen, dass ihm SGB II-Leistungen vom Antragsgegner gewährt werden. Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass er seit dem 7. März 2011 Wohngeld in Höhe von 260,00 Euro monatlich erhält.

Das Landessozialgericht hat den Main-Kinzig-Kreis als Leistungsträger nach dem SGB XII zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat mitgeteilt, dass der Antragsteller dort keinen Antrag auf Leistungen gestellt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis in LPK–SGB II, 2. Aufl., Anhang Verfahren Rn. 117).

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Senat, 29.6.2005 – L 7 AS 1/05 ER - info also 2005, 169; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 27 und 29, 29a mwN.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12.5.2005 – 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der gebotenen Folgeabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (Senat, 27.7.2005 – L 7 AS 18/05 ER).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Einem Anspruch des Antragstellers auf Leistungen nach dem SGB II, dessen übrige Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II vorliegen, steht nicht § 7 Abs. 4 SGB II entgegen. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 2. Alt. SGB II erhält keine Leistungen nach diesem Buch, wer Rente wegen Alters bezieht. Der Antragsteller kann aber nicht auf die ihm mit Bescheid vom 20. Januar 2011 bewilligte Altersrente verwiesen werden.

Hilfebedürftige sind nach § 12 a SGB II, der mit Wirkung zum 01.01.2008 eingeführt worden ist (Siebtes SGB III-Änderungsgesetz vom 08.04.2008, BGBl. I S. 681), bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt, dass SGB II-Leistungsempfänger grundsätzlich verpflichtet sind, ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen. Etwas anderes gilt jedoch für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben. Mit der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II hat der Gesetzgeber für ältere Leistungsempfänger, deren Leistungsanspruch -wie beim Antragsteller- vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die zu diesem Zeitpunkt das 58. Lebensjahres vollendet hatten, Vertrauensschutz geschaffen (Berlit in LPK SGB II, 3. Auflage, § 65 Rdnr. 7). § 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II verweist auf § 428 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), der klarstellt, dass der Betreffende nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente aufgefordert werden darf (BSGE 7, 31, 37f.). Denn wird eine Rente vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen, mindert sich der Zugangsfaktor mit der Folge, dass die Rente niedriger ausfällt, als bei einem regulären Renteneintritt (Blüggel in: Eicher/Spellbrink, § 65 Rn. 29; Brand in: Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 428 Rdnr. 9). Wegen der Verweisung in § 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II auf § 428 SGB III wird allgemein angenommen, dass auch die Leistungsempfänger nach dem SGB II nur eine ungeminderte Altersrente beantragen müssen, wenn sie die Leistungen unter der entsprechenden Beschränkung ihrer Arbeitsbereitschaft bezogen haben (Beschluss des Sächsischen LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2010, L 19 B 371/09 AS ER; Berlit in LPK SGB III, 3. Aufl. § 65 Rdnr. 9, Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 65 RdNr. 29 ff., Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12a RdNr. 29, Hünecke in Gagel, SGB II und III, § 65 SGB II Rdnr. 30). Unerheblich ist, ob der Hilfebedürftige tatsächlich den erleichterten Bezug von SGB II-Leistungen für ältere Arbeitnehmer nach der Regelung des § 65 Abs. 4 SGB II in Anspruch genommen hat oder ob er für die gesamte Zeit arbeitsbereit und arbeitsuchend war, denn die Vorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II ist eine freiwillige Regelung (Sächsisches LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER). Es wäre aber bedenklich, den Personenkreis der älteren Arbeitnehmer die -obwohl sie eine Erleichterung hätten in Anspruch nehmen können- dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung standen, schlechter zu stellen als diejenigen, die unter den erleichterten Voraussetzungen des § 65 Abs. 3 SGB II Leistungen bezogen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, § 12a Rdnr. 29; für eine Gleichbehandlung auch die Hinweise der Bundesagentur zu § 12 a SGB II unter 1.5.3). Demnach gilt auch für den Kläger, der dem Arbeitsmarkt in der Vergangenheit uneingeschränkt zur Verfügung stand, die in § 65 Abs. 4 Satz 1 SGB II i.V.m. § 428 SGB III normierte Vertrauensschutzregelung.

Zusätzlich ist zu beachten, dass die Aufforderung des Antragsgegners an den Antragsteller, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig war. Die Aufforderung, die einen Verwaltungsakt darstellt, lag im Ermessen des Leistungsträgers, wovon er aber keinen Gebrauch gemacht hat. Nicht erst die Möglichkeit des Leistungsträgers, nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II selbst einen Antrag auf Leistungen eines anderes Trägers zu stellen, sondern auch die Aufforderung an den Hilfeempfänger bedarf einer Ermessensentscheidung (Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 5 Rn. 32; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2010, L 19 B 371/09 AS ER).

Da der Rentenbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist, konnte der Antragsteller seinen Rentenantrag zurücknehmen. Durch die Rücknahme seines Rentenantrages wird lediglich der gem. § 65 Abs. 4 SGB II rechtmäßige Zustand wiederhergestellt, so dass auch ein mit der Rücknahme des Rentenantrages verbundener Verzicht auf eine Sozialleistung nach § 46 SGB I zulässig ist. Die Höhe der Leistungen richtet sich nach den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden, da keine Veränderungen ersichtlich sind und die vom Antragsteller ebenfalls gerügte Regelsatzhöhe von 359,00 Euro den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er kann auf die ihm bewilligte Rente, die nicht zur Deckung seines Lebensbedarfs ausreicht, nicht verwiesen werden und war auch nicht auf das vorhandene Schonvermögen zu verweisen. Denn ein Anordnungsanspruch stand ihm offenbar zu und das vorhandene Vermögen wäre voraussichtlich aufgebraucht worden, bevor eine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten ist. Das dem Kläger gewährte Wohngeld war ebenfalls nicht zu berücksichtigen, da diese Bewilligung bei Gewährung von SGB II-Leistungen rechtswidrig war, § 7 Abs. 1 Nr. 1 WoGG.

Die einstweilige Anordnung ist auf den Folgemonat der Bekanntgabe der Entscheidung beschränkt, soweit die Hauptsacheverfahren nicht vorher erledigt sein werden, weil im einstweiligen Rechtsschutz nur eine gegenwärtige dringliche Notlage beseitigt werden soll (Krodel, NZS 2007, 20,21; enger, nur laufender Monat: Grieger, ZFSH/SGB 2004, 579, 585 m.w.N.). Der Antragsgegner ist aber gehalten, über den Zeitraum hinaus bis zu einer Erledigung des Hauptsacheverfahrens im ersten Rechtszug bzw. bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Antragstellers der einstweiligen Anordnung Folge zu leisten, solange eine wesentliche Änderung der Tatsachen- oder Rechtslage nicht eintritt, um weitere Folgeverfahren zu vermeiden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 193 SGG. Es wurde berücksichtigt, dass die Mehrforderung des Antragstellers im Ergebnis keine Bedeutung hat.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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