L 12 AS 3144/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 3426/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3144/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Frage der Erforderlichkeit des Umzugs i.S.v. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II in eine größere Wohnung.
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Juli 2011 aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern zuzusichern, dass die Aufwendungen für die neue Wohnung in der M.allee, F. (Kaltmiete 420,- EUR, Betriebskostenvorauszahlung 100,- EUR) übernommen werden.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.

Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwalt M. W., F., beigeordnet.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Erforderlichkeit eines Umzugs.

Die 1984 geborene Antragstellerin zu 1) bewohnt mit ihrem 2005 geborenen Sohn (Antragsteller zu 2) und ihrer 2003 geborenen Tochter (Antragstellerin zu 3) eine 58 m² große 3-Zimmerwohnung in der M. Str ... in. F ... Hierfür ist derzeit eine Kaltmiete von 265,97 EUR sowie eine Betriebskostenvorauszahlung von 84,- EUR zu entrichten. Die Antragsteller zu 2) und 3) teilen sich ein Zimmer von etwa 9 m², ein daran angrenzendes Durchgangszimmer wird als Wohnzimmer genutzt, das dritte Zimmer ist das Schlafzimmer der Antragstellerin zu 1). Eine Gasheizung befindet sich nur im Wohnzimmer und in der Küche, im Bad ist ein Heizlüfter aufgestellt. Der Antragsteller zu 2), der bei einem Schultest wegen körperlicher Defizite zurückgestellt wurde, wird ab September 2011 eine Förderklasse in der T.schule in der O. Str ...in F. besuchen. Diese Schule ist neben einer Förderschule auch eine reguläre Schule. Für die Förderklassenschüler gibt es einen Abhol- und Bringdienst, dessen Kosten von der Stadt F. getragen werden. Die Antragsteller beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Antragsgegner.

Am 28. April 2011 beantragten die Antragsteller die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen einer neuen Unterkunft und legten hierzu ein Mietangebot für eine 3-Zimmerwohnung von 76,5 m² zu einer Kaltmiete von 420,- EUR und Nebenkosten von 100,- EUR in der M.allee in F. vor. Das private Mietangebot war zunächst bis 24. Juni 2011 befristet, wurde vom Vermieter jedoch verlängert. Die Antragsteller gaben zur Begründung des Umzugs an, dass nach fünf Jahren zum ersten Mal starker Schimmelbefall in der bisherigen Wohnung vorliege. Mit Rücksicht auf die Gesundheit der Antragsteller zu 2) und 3) sei daher ein Umzug notwendig. Die bisherige Wohnung werde zu klein, da im neuen Schuljahr beide Kinder zur Schule gingen und ihren Rückzugsbereich bräuchten. Mit Bescheid vom 10. Juni 2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab mit der Begründung, Schimmelbefall sei Obliegenheit des Vermieters und müsse zunächst von diesem beseitigt werden. Die Wohnung sei für eine Erwachsene und zwei Kinder ausreichend. Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein.

Am 28. Juni 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie machen geltend, dass die Größe der aktuellen Wohnung den angemessenen Wohnraum für einen 2-Personenhaushalt bereits unterschreite, weshalb der erhöhte Wohnraumbedarf indiziert sei. Auch der Besuch des Antragstellers zu 2) in der Förderschule in der Nähe der neuen Wohnung mache den Umzug erforderlich. Vom Motiv, den Schulweg für die Kinder zu erleichtern, ließe sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten. Insbesondere für alleinerziehende Mütter stelle ein kurzer Schulweg der Kinder eine wesentliche Erleichterung dar. Zudem stelle der Schimmelbefall der Wohnung für die Kinder eine hohe Gesundheitsgefahr dar. Die Aufwendungen für die neue Wohnung seien angemessen, sie lägen unterhalb der vom Antragsgegner angenommenen Mietobergrenze für einen 3-Personenhaushalt in Höhe von 423,73 EUR. In der neuen Wohnung könnten beide Kinder ein eigenes Zimmer haben, die Antragstellerin zu 1) würde im Wohnzimmer schlafen, da dort genug Platz wäre, ein Schlafsofa aufzustellen und gleichzeitig darin zu leben. In der derzeitigen Wohnung sei eine Aufteilung in zwei Kinderzimmer und ein Elternschlaf- und Wohnzimmer nicht möglich, da das mittlere Zimmer zu klein sei, um einen Schlaf- und Wohnbereich einzurichten.

Mit Beschluss vom 22. Juli 2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei ein Anordnungsanspruch, der materielle Anspruch, und ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) glaubhaft zu machen. Dem Begehren der Antragsteller fehle es an einem Anordnungsanspruch. Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft sei § 22 Abs. 4 SGB II. Danach solle die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person eine entsprechende Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger sei zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Die Aufwendungen für die Wohnung in der M.allee mit einer Kaltmiete von 420,- EUR dürften nach dem Konzept des Antragsgegners angemessen sein, es dürfte aber an der Notwendigkeit des Umzugs fehlen. Ein Umzug sei erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliege, von dem sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten lassen würde. Allein aus der Wohnfläche von 58 m² ergebe sich keine Erforderlichkeit des Umzugs. Zwar sei für drei Personen eine Wohnfläche von bis zu 75 m² angemessen, es handele sich allerdings um Höchstwerte, die auch unterschritten werden könnten. Ein Ausnahmefall, der die Umzugsnotwendigkeit allein aufgrund der Wohnfläche begründe, dürfte bei einer Wohnungsgröße von 58 m² mit einer Aufteilung in drei Zimmer für einen Erwachsenen und zwei Kinder nicht in Betracht kommen. Ebenso dürfte sich die Erforderlichkeit eines Umzugs nicht daraus ergeben, dass die Antragsteller zu 2) und 3) jeweils ein eigenes Zimmer benötigten. Nach vorläufiger Wertung sei bislang nicht glaubhaft gemacht worden, dass den Antragstellern eine entsprechende Raumnutzung in der bisherigen Wohnung nicht möglich sei. Weshalb das Wohnzimmer nicht zugleich als Schlafzimmer für eine Person genutzt werden könne, sei nicht glaubhaft gemacht. Eine Erforderlichkeit zum Umzug ergebe sich nicht aus einem Schimmelbefall der Wohnung, denn Mängel der Wohnung begründeten die Erforderlichkeit eines Umzugs erst dann, wenn der Vermieter eine ihm obliegende Mängelbeseitigung ablehne, die Beseitigung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich sei oder dem Hilfebedürftigen das Betreiben der Mängelbeseitigung aus anderen Gründen nicht zumutbar sei. Es sei nachvollziehbar, dass es bei einer Beheizung einer Wohnung mit lediglich einer Gasheizung in einem Zimmer sowie einem Heizlüfter im Bad zu Schimmelbildung kommen könne. Allerdings sei bislang weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, welche Schritte die Antragsteller unternommen hätten, um eine Beseitigung des Schimmels durch den Vermieter zu erwirken. Die Umzugsnotwendigkeit ergebe sich auch nicht aus dem Besuch der T.schule durch den Antragsteller zu 2). Die Schule sei zwar näher an der Wohnung in der M.allee gelegen (3 Kilometer statt 4,8 Kilometer Entfernung), aufgrund des kostenfreien Abhol- und Bringdienstes dürfte die Schule aber auch bei einem Verbleib in der bisherigen Wohnung gut zu erreichen sein. Nach alledem dürfte den Antragstellern kein Anspruch auf die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft zustehen.

Hiergegen richtet sich die am 27. Juli 2011 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Im Klageverfahren S 9 AS 6594/08 sei ein Ortstermin in einer baugleichen Wohnung durchgeführt und damals festgestellt worden, dass die Wohnung schlecht zu beheizen und von Schimmel befallen gewesen sei. Außerdem sei festgestellt worden, dass die Wohnung für einen 3-Personenhaushalt bestehend aus einem Elternpaar und einem Kind außerordentlich günstig geschnitten sei, vorliegend handele es sich aber um einen 3-Personenhaushalt bestehend aus einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen in unterschiedlichem Alter. Die Erforderlichkeit des Umzugs sei bereits dadurch indiziert, dass die Wohnfläche, die für einen 2-Personenhaushalt angemessen sei, im Fall der drei Antragsteller unterschritten werde (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. Mai 2009 - L 8 AS 87/08 - und Beschluss vom 28. Oktober 2008 - L 8 B 299/08 - (beide juris)). Auch die für die Antragsteller ungünstige Wohnflächenaufteilung führe zur Notwendigkeit des Umzugs. Das mittlere Zimmer sei ca. 12,5 m² groß, die beiden seitlichen Zimmer ca. 9 m². Nutzte man die beiden äußeren Zimmer als Kinderschlafzimmer und das mittlere Zimmer auch als Schlafzimmer der Antragstellerin zu 1), bliebe kein Platz mehr für einen Wohnbereich, da neben einem Bett und einem Kleiderschrank auch ein Schrank für Einrichtungsgegenstände und Sitzgelegenheiten stehen müssten. Zudem handele es sich bei dem mittleren Zimmer um ein Durchgangszimmer unter anderem zur Toilette, welche auch nachts von den Kindern benutzt werde. Das SG habe zudem außer acht gelassen, dass sich vorliegend die unterwertigen Wohnverhältnisse summierten, denn neben der beengten Wohnfläche seien die Heizungsmöglichkeiten mangelhaft. Das SG habe die vorgetragenen Gründe für den begehrten Umzug jeweils getrennt voneinander beurteilt, ohne zu berücksichtigen, dass gerade die Gesamtschau der vorgetragenen Gründe auch für einen Umzug von Nichtleistungsempfängern tragend wäre.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde auch begründet, der Antragsgegner ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erteilung der begehrten Zusicherung zu verpflichten.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 4 SGB II soll vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Entsprechend ist in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II geregelt, dass nur der bisherige Bedarf anerkannt wird, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT- Drucks. 16/1410 S. 23) sollen die Kosten der Unterkunft auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, wenn Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Mit dieser Regelung sollte dem Leistungsmissbrauch eine Grenze gesetzt und Kostensteigerungen für Leistungen der Kosten der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 35 = BSGE 106, 147). Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - wird es dem Hilfebedürftigen verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein Existenz sichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 4. März 2011 - L 7 AS 753/10 B ER - (juris); Lang/Link, in Eicher/Spellbrink SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 47a).

An der Angemessenheit der Kosten für die Wohnung in der M.allee bestehen vorliegend keine Zweifel. Unabhängig davon, ob zu den vom Antragsgegner in Anwendung des F. Mietspiegels ermittelten Mietobergrenzen tatsächlich ausreichend Wohnraum verfügbar ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. April 2011 - B 14 AS 106/10 R - (bisher nur als Pressemitteilung vorliegend)), ist jedenfalls mit einer Kaltmiete von 420,- EUR die vom Antragsgegner zugrundegelegte Mietobergrenze für einen 3-Personenhaushalt von 423,73 EUR eingehalten. Der begehrten Zusicherung steht auch nicht entgegen, dass der Umzug nicht erforderlich wäre. Für die Annahme der Erforderlichkeit eines Umzugs muss zunächst ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegen, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 22 Rdnr. 84). Dies allein reicht indes nicht aus, denn im Rahmen des SGB II kann lediglich eine einfache, grundlegenden Bedürfnissen genügende Wohnraumversorgung gefordert werden (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 = BSGE 97, 254), während der Nichthilfeempfänger derartigen Einschränkungen nicht unterliegt. Allein ein beabsichtigter Gewinn an Fläche oder Wohnkomfort, etwa durch bessere Ausstattung oder ruhigere Lage, kann daher die Erforderlichkeit eines Umzugs bei ansonsten unveränderten Umständen in der Regel nicht begründen (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern - Urteil vom 7. Mai 2009, a.a.O.).

Vorliegend wird der Bedarf der Antragsteller durch die bisherige Wohnung indes jedenfalls mit der Einschulung des Antragstellers zu 2) nicht mehr gedeckt. Von der Erforderlichkeit eines Umzugs kann nicht erst dann ausgegangen werden, wenn ein Verbleib in der bisherigen Unterkunft unmöglich wäre, denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/1410, S. 23) sollen auch die Eingliederung in Arbeit, gesundheitliche oder soziale Gründe einen Wohnungswechsel erforderlich machen können. Ob sich bereits mit der Unterschreitung der anerkannten Höchstwerte um mehr als 15 m² - hier 17 m² - als objektives Kriterium die Erforderlichkeit eines Umzugs begründen lässt (so LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. Mai 2009, a.a.O.), kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Denn ungeachtet dieses Kriteriums stellt sich der Wohnungswechsel jedenfalls unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorliegend als erforderlich dar. Nach dem vorgelegten Grundriss sind die beiden äußeren Schlafzimmer jeweils 9 m² groß, das mittlere Zimmer ca. 12,5 m². Die Unterbringung von zwei Schulkindern verschiedenen Geschlechts in einem Zimmer mit einer Größe von 9 m² hält der Senat nicht für zumutbar. Eine Nutzung des 12,5 m² großen Durchgangszimmers als Elternschlaf- und Wohnzimmer erscheint angesichts der Größe nur eingeschränkt möglich. Hinzu kommt allerdings, dass sich die Wohnung sehr schlecht beheizen lässt, weil von den Wohn- und Schlafzimmern lediglich das mittlere Zimmer mit einer Gasheizung ausgerüstet ist. Gerade die dann als Kinderzimmer zu nutzenden Zimmer könnten nur mit einem Heizlüfter beheizt werden. Insoweit weist der Bevollmächtigte der Antragsteller zu Recht auf eine Summierung ungünstiger Wohnverhältnisse hin, die zumindest mit dem Eintritt des Antragstellers zu 2) in das Schulalter die Wohnung in der M. Str. als nicht mehr bedarfsgerecht erscheinen lassen. Demgegenüber ist zwar auch bei der Wohnung in der M.allee die Nutzung eines Zimmers als Schlaf- und Wohnzimmer erforderlich, dies dürfte sich bei einer Zimmergröße von 25 m² laut Plan jedoch problemlos bewerkstelligen lassen.

Eilbedürftigkeit liegt ebenfalls vor, da das derzeit noch offene Wohnungsangebot in der M.allee jedenfalls beim Abwarten des Abschlusses des Hauptsacheverfahrens nicht mehr für die Antragsteller verfügbar wäre. Zudem ist offen, ob die Antragsteller in absehbarer Zeit nochmals eine Wohnung innerhalb der vom Antragsgegner zugrunde gelegten Angemessenheitskriterien angeboten bekommen, die zudem auch mit dem Besuch der T. (Förderschule) durch den Antragsteller zu 2) vereinbar ist.

Die mit dieser Entscheidung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache ist ausnahmsweise zulässig, da ansonsten eine Vereitelung des beanspruchten Rechts droht (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 306 ff, 310). Die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II bezweckt es, dem Hilfeempfänger vor Eingehen einer zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem neuen Vermieter, Rechtssicherheit hinsichtlich der Kostentragung zu verschaffen. Eine nur vorläufige Regelung erscheint insoweit nicht praktikabel, so dass vorliegend im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung zur Erteilung der Zusicherung auszusprechen ist (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Oktober 2008, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf §§ 73a SGG, 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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