S 31 AL 262/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AL 262/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 04. und 05. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2008 in der Fassung des Bescheides vom 04. September 2008 verurteilt, der Klägerin für die Zeit 26. April 2008 bis 18. Juli 2008 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Sperrzeit.

Die Klägerin lebte früher in xxx und arbeitete dort seit 2003 als Reinigungskraft bei der Firma xxx. Am 24. April 2008 schloß sie zum 25. April 2008 einen Aufhebungsvertrag mit ihrem Arbeitgeber. Am gleichen Tag sprach sie bei der Beklagten in Xxx vor. Sie gab an, sie sei schwanger und wolle nach xxx zu dem dort wohnenden Kindesvater ziehen. Am 29. April 2008 reichte sie den Aufhebungsvertrag ein.

Am 15. Mai 2008 sprach sie bei der Beklagten in xxx vor. Sie machte geltend, der Vater ihres voraussichtlich im September 2008 zur Welt kommenden Kindes lebe in Xxx. Deswegen sei sie nach Xxx gezogen. Sie habe ihren Arbeitgeber in Xxx gefragt, ob er für sie auch eine Stelle in Xxx finden könne. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Mit Bescheid vom 04. Juni 2008 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 26. April bis 18. Juli 2008 fest. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst. Ihre Schwangerschaft stelle keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung dar. Mit Bescheid vom 05. Juni 2008 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld ab 26.Juli 2008 bewilligt, weil eine weitere Sperrzeit vom 19. bis 25. Juli 2008 festgestellt wurde.

Die Klägerin legte Widerspruch ein. Sie machte geltend, wegen der Schwangerschaft habe sie mit dem Kindesvater zusammenziehen wollen. Deswegen habe sie den Aufhebungsvertrag geschlossen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2008 zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst. Sie habe keine konkreten Aussichten auf eine sich zeitnah anschließende Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Ein wichtiger Grund sei nicht zu erkennen. Der errechnete Entbindungstermin sei der 15. September 2008. Die Klägerin hätte noch bis zur Mutterschutzfrist arbeiten und dann den Umzug durchführen können.

Daraufhin hat die Klägerin am 15. Juli 2008 Klage erhoben.

Inzwischen ist die Sperrzeit vom 19. bis 25. Juli 2008 aufgehoben worden. Mit Bescheid vom 04.September 2008 hat die Beklagte der Klägerin ab 19. Juli 2008 Arbeitslosengeld bewilligt.

Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, sie habe Schwangerschaftskomplikationen gehabt und sei deswegen ca. 2 Monate von Februar bis April 2008 arbeitsunfähig gewesen. Dazu hat sie ein Attest der Frauenärztin Dr. xxx eingereicht, wonach die Klägerin vom 22. Februar bis 21. März 2007 und vom 07. bis 25. April 2008 wegen Verdachts auf Fehlgeburt krankgeschrieben gewesen ist. Die Klägerin macht geltend, sie habe die Fürsorge des Kindesvaters gebraucht. Deswegen habe sie gekündigt und sei nach Xxx gezogen. Sie habe auch den Kindesvater heiraten wollen. Es habe sich nach dem Zuzug nach Xxx jedoch herausgestellt, daß der Kindesvater in einem langwierigen Scheidungsverfahren stecke. Inzwischen sei sie wegen der Probleme mit dem Kindesvater wieder nach Xxx zurückgezogen. Sie habe sich in Xxx bei 12 Firmen beworben, sei aber nicht eingestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide vom 04. und 05. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2008 in der Fassung des Bescheides vom 04. September 2008 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 26. April bis 18. Juli 2008 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält nach wie vor einen wichtigen Grund für die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses nicht für gegeben.

Das Gericht hat die Klägerin im Verhandlungstermin persönlich angehört. Die Klägerin hat im Wesentlichen angegeben, wegen der Schwangerschaft und der Probleme mit der Schwangerschaft habe sie die Unterstützung des Kindesvaters benötigt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und die Verwaltungsakten der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhoben Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinn von § 54 Abs. 2 SGG beschwert.

Sie hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ab Beginn der Arbeitslosigkeit am 26. April 2008. Denn die Klägerin hat am 24. April 2008 bei der Beklagten in Xxx vorgesprochen, was eine Arbeitslosmeldung darstellt.

Der Anspruch der Klägerin ruht auch nicht wegen einer Sperrzeit nach § 144 SGB III.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer von 12 Wochen, wenn die Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

Zwar hat die Klägerin vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, indem sie einen Aufhebungsvertrag mit ihrem bisherigen Arbeitgeber gechlossen hat, ohne eine Anschlußarbeit in Aussicht zu haben. Jedoch stand ihr für dieses Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses unter Abwägung aller Umstände der Versicherten nicht mehr zumutbar ist (vgl. Karmanski in Niesel/Brand Kommentar zum SGB III, § 144 Rnr. 125).

Zur Überzeugung der Kammer war der Klägerin eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses in Xxx nicht mehr zumutbar. Sie war schwanger, die Schwangerschaft war problematisch, es drohte eine Fehlgeburt. In dieser Situation brauchte die Klägerin auch im Interesse des ungeborenen Kindes dringend die Unterstützung des Kindesvaters. Dies war nur dadurch zu ermöglichen, daß die Klägerin nach Xxx zog und ihre Arbeit in Xxx aufgab.

Es mag zwar sein, daß die Klägerin sich nicht hinreichend um Arbeit in Xxx bemüht hat, sich insbesondere nicht sofort in Xxx gemeldet hat. Dies fällt jedoch im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht ins Gewicht. Denn die Klägerin hatte eine Problemschwangerschaft, so daß es ohnehin völlig illusorisch erscheint, daß die Klägerin einen neuen Arbeitgeber finden konnte. Dies gilt hier insbesondere deswegen, weil sie in einem körperlich anstrengenden Beruf arbeitete, der sich mit einer Problemschwangerschaft ohnehin nicht vereinbaren ließ.

Nach alledem war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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