L 7 AS 131/12 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 50 AS 2820/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 131/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Bezieher von Arbeitslosengeld II kann die Kosten für Verbandsmaterial, das zur Krankenbehandlung erforderlich ist, nur gegenüber seiner gesetzlichen Krankenkasse und im Rahmen von §§ 27 ff SGB V geltend machen. Er kann diese Kosten nicht als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend machen.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München
vom 20. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für einen Wäscheservice und für Verbandsmaterial.

Der 1951 geborene Antragsteller bezieht seit dem Jahr 2009 laufend Arbeitslosengeld II. Er ist schwer behindert mit einem Grad der Behinderung von 60 mit Merkzeichen "G". Er wohnt in A-Stadt. Die Wohnung des Antragstellers verfügt weder über einen Waschmaschinenanschluss noch über eine vom Vermieter gestellte Gemeinschaftswaschmaschine. Bereits mit Schreiben vom 07.04.2010 erklärte der Antragsgegner die Bereitschaft zur Übernahme der Kosten für eine Waschmaschine.

Seit Mai 2010 machte der Antragsteller beim Antragsgegner wiederholt die Übernahme der Kosten für einen Wäscheservice geltend.

Am 25.01.2011 stellte der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az. S 22 AS 225/11 ER) wegen der Übernahme der Wäschereikosten. Mit einem weiteren Schreiben vom 31.01.2011 erklärte der Antragsgegner seine Bereitschaft zur Übernahme der Kosten für den Anschluss der Waschmaschine. Das Sozialgericht München lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 25.02.2011 ab. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.

Ein ebenfalls auf die Übernahme der Kosten für einen Wäscheservice gerichtetes Hauptsacheverfahren (Klageerhebung am 06.12.2010, Az. S 22 AS 3436/10) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 20.07.2011 zurück.

Am 27.09.2011 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für Verbandsmaterial zur sterilen Versorgung seiner Füße. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 07.10.2011 abgelehnt. Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 17.10.2011 stellte der Antragsteller den streitgegenständlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Er begehrte die Übernahme der Kosten für Verbandsmaterial und die Kosten einer Wäscherei samt Hol- und Bringservice.

Er habe ein Attest vorgelegt, wonach er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als 2 kg auf der einen und 5 kg auf der anderen Seite tragen dürfe und die Wegstrecke 800 bis 1000 Meter nicht überschreiten dürfe. Es sei ihm daher auch nicht möglich, seine Kleidung in einem öffentlichen Waschsalon zu waschen. Er begehre deshalb die Übernahme der Kosten für die Reinigung der Kleidung in einer Wäscherei einschließlich Hol- und Bringservice.

Er habe drei offene Stellen an seinen Füßen, die täglich steril versorgt werden müssten. Die Krankenkasse übernehme diese Kosten nicht. In der Anlage übermittelte er einen Ausdruck einer Apotheke, wonach 50 Stück Wundauflagen 181,80 Euro und Haftmaterial 20,- Euro kosten würden.

Das Sozialgericht holte eine Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. G. ein. Dieser teilte mit, dass der Antragsteller chronische Geschwüre an beiden Fußsohlen habe, die der Antragsteller zwei bis dreimal im Quartal ärztlich behandeln lasse. Das Verbandsmaterial werde zulasten der Krankenkasse verordnet. Von der Krankenkasse nicht erstattet werde ein Desinfektionsmittel, dessen Kosten bei circa 10 EUR pro Monat liegen dürften.

Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 20.01.2012 ab. Der Antrag auf Übernahme der Kosten für den Wäscheservice sei bereits unzulässig, da der inhaltlich gleiche Antrag bereits im Verfahren S 22 AS 325/11 ER abgelehnt worden sei. Es hätten sich keine Änderungen in der Sachlage geben. Auch Beschlüsse im vorläufigen Rechtsschutzverfahren seien der materiellen Rechtskraft fähig. Der Antrag auf Übernahme der Kosten für Verbandsmaterial sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 07.10.2011 sei mangels Rechtsmittelbelehrung gemäß § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht bestandskräftig. Als Anspruchsgrundlage komme lediglich § 21 Abs. 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Betracht. Das Verbandsmaterial werde entsprechend der Mitteilung des behandelnden Arztes von der Krankenkasse übernommen. Dies entspreche § 31 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Zu Zahlungen seien gemäß § 62 SGB V nur bis zur Belastungsgrenze zu erbringen und insoweit im Regelbedarf enthalten. Es bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für das Verbandsmaterial.

Der Antragsteller hat am 09.02.2012 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München eingelegt. Eine Begründung der Beschwerde wurde angekündigt, jedoch nicht vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 20.01.2012 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die laufenden Kosten für Verbandsmaterial sowie die Kosten für einen Wäscheservice zu übernehmen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akten des Sozialgerichts S 22 AS 3436/10, S 22 AS 225/11 ER und S 50 AS 2820/11 ER und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 SGG). Streitgegenstand ist die vorläufige Übernahme der Kosten für einen Wäscheservice und für Verbandsmaterial. Statthaft ist ein Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG.

Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass der Antragsteller nicht die Wahl hat, Ansprüche im Rahmen des SGB II, insbesondere nach § 21 Abs. 6 SGB II für einen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf, geltend zu machen oder gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse. Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 146/10 R und im Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 44/09 R, deutlich gemacht, dass der Betroffene Leistungen zur Krankenbehandlung nach §§ 27 ff SGB V gegenüber der Krankenkasse geltend machen muss. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsbegrenzungen nach dem SGB V können nur innerhalb dieses Leistungssystems überprüft werden. Zu anfallenden Zuzahlungen nach § 61 SGB V hat das BSG bereits im Urteil vom 22.04.2008, B 1 KR 10/07 R, festgestellt, dass diese Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze nach § 62 SGB V Beziehern von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II zumutbar sind. Die Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze sind im Regelbedarf enthalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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