L 18 AS 424/12 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 AS 449/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 424/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die – im Hinblick auf die nachgewiesene Fristwahrung zulässige - Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren beanstandungsfrei abgelehnt; die erhobene Klage auf Gewährung der "am 20. September 2010 beantragten Leistungen" hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Die Klägerin hatte am 20. September 2010 sinngemäß die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der avisierten Wohnungen im R-S-R , 3. Obergeschoss links, in P bzw in der B , 3. Obergeschoss links, in P beantragt. Der Beklagte lehnte die Erteilung einer derartigen Zusicherung mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2011 ab. Die Wohnungen waren zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereits anderweitig vermietet.

Die erhobene Klage ist bereits unzulässig. Denn hinsichtlich der begehrten Zusicherung für die bezeichneten Unterkünfte – allein hierüber hat der Beklagte entschieden und liegt demzufolge überhaupt eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vor – fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb, weil die Wohnungen zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vergeben waren und eine entsprechende Zusicherung von vornherein ins Leere laufen würde. Die abstrakte Feststellung der Erforderlichkeit des Umzugs kann mittels einer Zusicherung nicht getroffen werden (vgl BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R – juris; vgl auch schon Senatsurteil vom 4. Juni 2008 – L 18 AS 1541/07 – juris). Für die nunmehr von der Klägerin bewohnte, im Rubrum bezeichnete Wohnung liegt bereits eine Verwaltungsentscheidung über die Erteilung oder Ablehnung einer Zusicherung nicht vor. Diese ist auch entbehrlich, weil die Zusicherung vor Mietvertragsabschluss eingeholt werden soll und die Frage der Erforderlichkeit des Umzugs nunmehr ggfs in einem Rechtsstreit über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zu klären wäre (vgl BSG aaO). Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass – wie die Klägerin meint – ihr durch das Konkretisierungserfordernis effektiver Rechtsschutz versagt würde. Denn ihr steht es frei, die Erteilung einer Zusicherung für ein "konkretisiertes Wohnungsangebot" (vgl BSG aaO) ggfs auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzes geltend zu machen.

Selbst wenn die Klägerin ihr Begehren von der erstinstanzlich erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (Fortsetzungsfeststellungsklage) umstellen würde, wäre auch diese fortgesetzte Klage bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin liegt insoweit nicht vor.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten vom 7. Oktober 2010 hat sich durch anderweitige Vermietung erledigt. Da sich der angefochtene Verwaltungsakt insoweit erledigt hat, sind diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG vorhanden. Die Zulässigkeit einer solchen Klage hängt nach dieser Vorschrift jedoch weiterhin davon ab, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung hat. Ein derartiges berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die erstrebte gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin zu verbessern. Ein Feststellungsinteresse kommt im Grundsatz in drei verschiedenen Richtungen in Betracht, nämlich wegen eines Schadensinteresses, wegen eines Rehabilitierungsinteresses und/oder wegen des Interesses, der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen vorzubeugen (vgl BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 148/88 = SozR 4100 § 91 Nr. 5 mwN).

Ein berechtigtes Feststellungsinteresse im dargelegten Sinn, das vorliegend allein unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen des Beklagten bestehen könnte, ist aber bereits deshalb zu verneinen, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, dh der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt. Das gilt sowohl für die Zusicherung für über 25-jährige Hilfebedürftige, die sich allein nach § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) aF bzw § 22 Abs. 4 SGB II beurteilt, als auch für die Zusicherung bei unter 25-jährigen Hilfebedürftigen, bei denen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II aF bzw des § 22 Abs. 5 SGB II und zusätzlich die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 SGB II aF bzw des § 22 Abs. 4 SGB II gegeben sein müssen (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rz. 80u)

Ob indes bei einer zukünftigen Verwaltungsentscheidung des Beklagten über die Erteilung einer Zusicherung für die Aufwendungen einer Unterkunft ua im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Aufwendungen (vgl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF bzw des § 22 Abs. 4 SGB II) die gleichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann derzeit nicht beurteilt werden. Das Feststellungsinteresse ist aber schon dann zu verneinen, wenn – wie hier – ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (vgl zum Ganzen Senatsurteil vom 4. Juni 2008 – L 18 AS 1541/07 -; BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 – veröffentlicht in juris – mwN; BVerwG, Urteil vom 25. November 1986 – 1 C 10/86 = Buchholz, 310, § 113 Nr. 162).

Ein berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne folgt schließlich auch nicht aus einem etwaigen Interesse der Klägerin an einer auf erschöpfender Klärung der Sach- und Rechtslage beruhenden Kostenentscheidung (vgl BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 –).

Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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