S 37 AS 23126/12 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
37
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 23126/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird gegen eine Zwangsgeldandrohung von 1.000 EUR aufgefordert, den Beschluss vom 18.9.2012 bis spätestens Freitag, den 26. Oktober 2012, in Form der Erteilung eines Bescheides unter gleichzeitiger Anweisung von 674 EUR für September 2012 sowie 674 EUR für Oktober 2012 umzusetzen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Der Antrag auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes ist als Antrag nach § 201 SGG statthaft. Denn der Tenor des Eilbeschlusses vom 18.9.2012 richtet sich darauf, dass dem Antragsteller Leistungen "gewährt werden". Der Antragsgegner ist damit zur Erteilung eines Bescheides verpflichtet worden. Hinsichtlich dieser Verpflichtung ist nicht die Zwangsvoll-streckung nach § 883 ZPO, sondern die nach § 201 SGG die zutreffende Vollstreckungsart (Durchsetzung einer unvertretbaren Handlung).

Da § 41 SGB II keine exakte Fälligkeitsregelung enthält, trüge der Antragsteller im Fall einer Vollstreckung per Gerichtsvollzieher nach § 883 ZPO das Risiko, auf den Kosten der Zwangs-vollstreckung sitzen zu bleiben, es sei denn, er nimmt Verzögerungen bei der Auszahlung in Kauf, die dem Charakter des SGB II als einer vorschüssig zu zahlenden Sozialleistung wider-sprechen. Außerdem müsste der Antragsteller die Vollstreckung in jedem Monat erneut betreiben, was die Effektivität des einstweiligen Rechtsschutzes erheblich beeinträchtigte.

Überdies teilt das Gericht die Begründung im Zwangsgeldantrag vom 23.10.2012, dass nur über eine Auszahlung per Bescheid die Weitermeldung bei der Krankenkasse und die nahtlose Inanspruchnahme sonstiger, an den Alg II-Bezug gekoppelter Vergünstigungen (Sozialticket, ermäßigter Eintritt zu Kulturveranstaltungen, GEZ-Gebührenbefreiung) im Beschlusszeitraum gewährleistet ist, darunter der Pfändungsschutz nach § 850 k ZPO über die dazu notwendige Vorlage eines Alg II-Bescheides bei einem Geldinstitut.

Das erkennende Gericht entnimmt dem Beschluss des LSG Darmstadt vom 19.1.2007 - L 7 AS 10/07 ER, dass § 201 SGG statt § 198 SGG i.V.m. § 888 ZPO einschlägig ist mit der Folge, dass maximal 1000 EUR Zwangsgeld angedroht und ggf. festgesetzt werden können (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter der Annahme, dass sich eine Behörde in der Regel rechtmäßig verhält und über das nach § 888 ZPO zulässige Zwanggeld bis zu 25.000 EUR oder gar Zwangs-haft keine problematische Drucksituation in schwierigen Sach- oder Rechtsfragen aufgebaut werden soll).

Im vorliegenden Fall geht es um einen klaren Fall und eine inzwischen nur noch vereinzelt vertretene Gegenmeinung, was die Leistungsverweigerung des Antragsgegners umso anstößiger macht.

Die Vollziehungsfrist nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 929 Abs. 2 ZPO ist hier einge-halten worden. Denn im Hinblick auf die Verpflichtung des Antragsgegners zu rechtstreuem Verhalten und der fehlenden Verweisung in § 86 b SGG auf § 927 ZPO genügt das ernsthafte Verlangen auf Auszahlung bzw. die Frage nach dem Verbleib der Beschlussleistung als hin-reichende Vollziehungshandlung.

Sollte man dies strenger sehen, ist jedenfalls für die ab Oktober 2012 zuerkannten Leistungen die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO (Eingang des Vollstreckungsantrags vor Ablauf eines Monats nach Fälligkeit der insoweit zuerkannten Leistungen) nicht abgelaufen. Dass Verhalten des Antragsgegners – die Umsetzung des Beschlusses trotz Anhängigkeit der Beschwerde bei einem Senat, der europarechtskonform entscheidet, zu verweigern - gibt Grund zu der Annahme, dass die Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 18.9.2012 bewusst und in Kenntnis der Rechtswidrigkeit dieser Verzögerung, ignoriert wird. Dies rechtfertigt es, schon bei der erstmaligen Zwangsgeldandrohung die Obergrenze von 1.000 EUR auszuschöpfen und angesichts der verstrichenen Zeit von einer vorherigen Anhörung, die im Verfahren nach § 201 SGG generell nicht gefordert ist, abzusehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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