L 11 AS 821/12 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 642/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 821/12 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 16.10.2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Hinblick auf Kosten für das Medikament Dexamfetaminsulfat.

Der Antragsteller (ASt) leidet unter einer behandlungsbedürftigen Aufmerksamkeitsstörung und einem Erschöpfungszustand. Es wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt. Der Antragsgegner (Ag) bewilligte mit Bescheid vom 02.03.2012 idF des Änderungsbescheides vom 12.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2012 Alg II für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012. Einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich dieses Zeitraums in Bezug auf die Kosten der Unterkunft und Heizung lehnte der Ag mit Bescheid vom 25.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2012 ab. Über die dagegen beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (Az: S 9 AS 508/12) ist bislang nicht entschieden.

Die AOK Bayern lehnte mit Bescheid vom 16.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2012 eine Kostenerstattung für das mit Privatrezept verordnete Arzneimittel Dexamfetaminsulfat unter Verweis auf das für sie geltende Sachleistungsprinzip ab. Eine Entscheidung darüber, ob ein solches Medikament zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden könne, treffe nicht die Krankenkasse sondern der behandelnde Arzt, der sich gegebenenfalls bei seiner Kassenärztlichen Vereinigung entsprechend beraten lassen könne. Über die vom ASt dagegen beim SG erhobene Klage (Az: S 11 KR 316/12) ist bislang nicht entschieden.

Am 23.05.2012 beantragte der ASt beim Ag die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs im Umfange von monatlich ca. 80 EUR für die Behandlung seiner Erkrankung mit Dexamfetaminsulfat. Die zuvor durchgeführte Behandlung mit Methylphenidat habe unerwünschte Nebenwirkungen gehabt. Es handele sich um eine Off-Label Verordnung, deren Kosten er selbst tragen müsse. Den Antrag lehnte der Ag mit Bescheid vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2012 ab. Als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung habe der ASt Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn dies notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Davon sei auch die Versorgung mit Arzneimitteln erfasst. Dementsprechend sei eine Kostenübernahme alleine mit der zuständigen Krankenkasse zu klären. Über die dagegen beim SG erhobene Klage (Az: S 9 AS 591/12) ist bislang ebenfalls nicht entschieden.

Mit Bescheid vom 09.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2012 bewilligte der Ag Alg II für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die medikamentöse Behandlung des ASt. Über die dagegen beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (Az: S 9 AS 546/12) ist bislang nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 05.12.2012 stellte der ASt erneut einen "Antrag auf Mehrbedarf" beim Ag.

Im Rahmen seiner Klagebegründung im Verfahren S 9 AS 591/12 hat der ASt am 05.10.2012 u.a. ausgeführt, eine "vorläufige Zahlung des benötigten Mehrbedarf" tue Not. Aufgrund mehrerer monatlicher Belastungen in Höhe von insgesamt 172,40 EUR sei sein Existenzminimum nicht mehr gesichert. Das SG hat die Ausführungen als Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf einen Mehrbedarf in Höhe von 80 EUR monatlich für die Beschaffung des Medikaments Dexamfetaminsulfat ausgelegt und diesen mit Beschluss vom 16.10.2012 abgelehnt. Es fehle ein Anordnungsanspruch, da der ASt als Versicherter Anspruch auf Krankenbehandlung gegen seine Krankenversicherung habe, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Hiervon sei auch die Versorgung mit Arzneimitteln, insbesondere den verschreibungspflichtigen, erfasst. Damit sei eine grundrechtsrelevante Sicherung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gewährleistet, so dass ergänzende Leistungen der Grundsicherung insoweit nicht in Betracht kämen. Es sei nicht Aufgabe eines Grundsicherungsträgers, als Ersatzkostenträger für verschreibungspflichtige Medikamente anstelle der gesetzlichen Krankenkassen einzuspringen.

Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Medikament sei für ihn lebensnotwendig und es sei ohne dessen Einnahme auch keine Eingliederung in Arbeit, Umschulung oder Weiterbildung möglich. Damit könne er sein Leben einigermaßen selbständig regeln. Einen bestimmten Bewilligungszeitraum habe er bei der Beantragung des Mehrbedarfs nicht im Sinn gehabt. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ein Antrag auf einen solchen begrenzt sei. Nunmehr habe er beim Ag einen Antrag auf Mehrbedarf für die Zeit von August 2012 bis Januar 2013 gestellt. Auch wenn die Krankenkasse zuständig wäre, fehle ihm das Geld für das Medikament. Er müsse verschiedene andere Zahlungsverpflichtungen bedienen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Eine Verpflichtung des Ag zur Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Kosten für das Medikament Dexamfetaminsulfat kommt nicht in Betracht.

Die Beschwerde ist zulässig. Der ASt ist davon ausgegangen, sein Antrag auf Mehrbedarf sei nicht auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt gewesen. Mithin kann im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten von monatlich ca. 80 EUR nicht davon ausgegangen werden, dass in der Hauptsache wegen eines Gegenstandswertes von nicht mehr als 750 EUR die Berufung nicht zulässig wäre. Die Beschwerde ist damit nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen.

Zulässiger Streitgegenstand ist vorliegend jedoch nur der Leistungszeitraum bis 31.07.2012. Maßgeblich ist insofern der Gegenstand des entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zB Beschluss vom 25.05.2011 - L 11 AS 328/11 B ER). Im Klageverfahren S 9 AS 591/12 wendet sich der ASt gegen die Ablehnung seines "Antrages auf Mehrbedarf" vom 22.05.2012. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen isolierten Streitgegenstand, sondern um einen Anspruch auf höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Streitgegenstand ist damit der Bescheid vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.12, mit dem der Ag den zusätzlich zur Regelleistung geltend gemachten Mehrbedarf für den damals laufenden Bewilligungszeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 abgelehnt hat. Mit seinem Schreiben vom 22.05.2012 trägt der ASt eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ab diesem Zeitpunkt dergestalt vor, dass ein Mehrbedarf im Hinblick auf die Kosten der Behandlung seiner Erkrankung mit Dexamfetaminsulfat besteht (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - juris). Auf diesen Antrag hin hat der Ag in der Sache die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung überprüft. Der Bescheid des Ag vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2012 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die mit Bescheid vom 02.03.2012 erfolgte Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 nicht erkennen. Daraus folgt aber nicht, dass der Ag damit abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollte (vgl BSGE 67, 104, 110). Er wäre zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen auch nicht berechtigt gewesen (im Einzelnen BSG, Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - juris). Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume weisen dementsprechend jeweils eigenständige Entscheidungen über "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (inkl. Mehrbedarfe)" aus.

In zeitlicher Hinsicht kann sich die Leistungsklage des ASt in der Hauptsache (Az: S 9 AS 591/12) damit zulässigerweise nur auf höhere laufende Leistungen für den Bewilligungsabschnitt bis 31.07.2012 richten (vgl dazu insgesamt BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R - juris). Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume ab 01.08.2012 sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht Gegenstand des Klageverfahrens nach § 96 SGG geworden sind (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R; Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R; Urteil vom 05.09.2007 - B 11b AS 15/06 R - alle juris). Damit kann aber auch für den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nichts anderes gelten. Der ASt bringt den Wunsch nach Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die Medikamentenkosten von 80 EUR monatlich in seinem Schriftsatz vom 05.10.2012 an das SG im Verfahren S 9 AS 591/12 zum Ausdruck. Insofern war der zulässige Streitgegenstand durch dieses Hauptsacheverfahren vorgegeben. Ein Bezug zum Verfahren S 9 AS 546/12, bei dem es um den Leistungszeitraum 01.08.2012 bis 31.01.2013 geht, besteht nicht.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben die ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl, § 86b Rn 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).

Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zB Beschluss vom 17.01.2011 - L 11 AS 889/10 B ER - juris). Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum (01.02.2012 bis zum 31.07.2012) bereits abgelaufen.

Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass der ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl Keller aaO § 86b Rn 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).

Beides ist vorliegend nicht der Fall. Im Hinblick auf die für die Vergangenheit geltend gemachten Kosten ist nicht ersichtlich, wie eine fehlende Übernahme in der Gegenwart noch fortwirken könnte. Insofern ist eine existenzbedrohende Lage beim ASt nicht erkennbar und so auch nicht vorgetragen. Seinem Vortrag ist zu entnehmen, dass er eine Existenzbedrohung durch die fehlende Übernahme der Kosten in der Gegenwart sieht, was aber - wie oben ausgeführt - hier nicht Streitgegenstand ist. Diesbezüglich müsste er einen neuen, auf den aktuellen Bewilligzeitraum bezogenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG stellen.

Auch vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Anspruch auf Übernahme der Medikamentenkosten eindeutig besteht. Da eine Erhöhung des Regelbedarfs bei der Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus nicht zulässig ist (vgl BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R; Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R; Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - alle juris), kommt allenfalls eine Berücksichtigung der Kosten als Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II in Betracht. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der ASt einen Anspruch auf Krankenbehandlung gegen seine Krankenversicherung hat, die auch die Versorgung mit Arzneimitteln erfasst (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -). Damit ist die grundrechtsrelevante Sicherung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gewährleistet, so dass ergänzende Leistungen der Grundsicherung insoweit grundsätzlich nicht in Betracht kommen (vgl BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R - juris). Es ist nicht Aufgabe des Ag, als Ersatzkostenträger für verschreibungspflichtige Medikamente einzuspringen, die die Krankenkasse nicht übernimmt (vgl Beschluss des Senats vom 04.11.2010 - L 11 AS 759/10 B PKH). In ihrem Widerspruchsbescheid vom 29.06.2012 hat die AOK Bayern auch eine Kostenerstattung für das mit Privatrezept verordnete Arzneimittel Dexamfetaminsulfat allein unter Verweis auf das für sie geltende Sachleistungsprinzip abgelehnt und darauf verwiesen, dass eine Entscheidung darüber, ob ein solches Medikament zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden könne, vom behandelnden Arzt, der sich gegebenenfalls bei seiner Kassenärztlichen Vereinigung entsprechend beraten lassen könne, getroffen wird. Ein genereller Ausschluss der Versorgung des ASt mit dem Medikament durch die Krankenkasse ist insofern nicht erklärt worden. Gegebenenfalls wäre insofern auch gegen die Krankenkasse ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom ASt in Betracht zu ziehen, zumal er selbst von deren Zuständigkeit ausgeht.

Aus gleichen Gründen besteht auch kein eindeutiger Anspruch auf eine abweichende Erbringung von Leistungen als Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II.

Die Beschwerde war damit ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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