L 12 AS 1571/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 56 (27) AS 339/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1571/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 81/13 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.07.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld II für die Monate August und September 2008 in Höhe von insgesamt, verteilt auf die drei Klägerinnen, 897,51 EUR.

Die am 00.00.1966 geborene Klägerin zu 1) lebte in den streitgegenständlichen Monaten August und September 2008 mit ihrer am 00.00.1992 geborenen Tochter S (Klägerin zu 2)) und ihrer am 00.00.1996 geborenen Tochter E (Klägerin zu 3)) in einer Bedarfsgemeinschaft, zu der damals auch noch die am 00.00.1990 geborene Tochter N gehörte. Die Bedarfsgemeinschaft stand bereits vor August 2008 im Leistungsbezug nach dem SGB II.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 07.07.2008 hin bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 09.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 01.08.2008 in Höhe von 1.078,03 EUR im Monat, wobei bekanntes Einkommen der beteiligten Personen berücksichtigt worden war. Auf die Klägerin zu 1) entfiel danach ein Leistungsanspruch in Höhe von 615,63 EUR (Regelleistung zuzüglich Mehrbedarf 435,00 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung - KdU - 180,63 EUR), auf die Klägerin zu 2) ein Anspruch in Höhe von 307,64 EUR (Regelleistung 127,00 EUR, KdU 180,64 EUR) und auf die Klägerin zu 3) ein Leistungsanspruch für KdU in Höhe von 44,64 EUR. Auf die weitere Tochter N entfielen 110,12 EUR.

Im Rahmen der Bearbeitung des Fortzahlungsantrages vom 09.12.2008 wurde dem Beklagten durch einen Datenabgleich bekannt, dass die Klägerin zu 1) aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma C GmbH im Zeitraum vom 21. bis 31.07.2008 Gehalt bezogen und aufgrund des Endes eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma H GmbH zum 31.08.2008 eine Abfindung erhalten hatte. Auf Nachfrage übersandte die Firma C am 03.03.2009 eine Einkommensbescheinigung, aus der hervorgeht, dass die Klägerin vom 21. bis 31.07.2008 237,60 EUR netto verdient habe. Die Firma H teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 04.03.2009 mit, dass die Klägerin zu 1) mit der Abrechnung für August 2008 eine Abfindung in Höhe von 900,00 EUR per Scheck erhalten habe.

Der Beklagte forderte die Klägerin zu 1) daraufhin auf, einen Nachweis über die Zahlung der Abfindung vorzulegen. Der Vater der Klägerin zu 1), Herr Wenzel, teilte sodann mit Schreiben vom 13.03.2009 mit, dass der von der Firma H auf seine Tochter ausgestellte Scheck über 900,00 EUR von dieser an ihn weitergegeben worden sei, weil sie in der Vergangenheit noch offene Geldschulden bei ihm gehabt habe. Den Scheck habe er eingelöst und als Ausgleich für die Schulden verwendet.

Mit Schreiben vom 04.05.2009 teilte der Beklagte den Klägerinnen mit, dass er beabsichtige, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gegenüber den Klägerinnen sowie der volljährigen Tochter N aufgrund der erzielten Einkommen bei den Firmen C und H zu erlassen und räumte ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 10.08.2009 teilten die Klägerinnen mit, dass der Scheck in Höhe von 900,00 EUR nicht als Vermögenszufluss zu bewerten sei, da die Klägerin zu 1) diesen sofort an ihren Vater zum Schuldenausgleich weitergeleitet hätte, ohne ihn vorher einzulösen.

Am 11.08.2009 erteilte der Beklagte gegenüber den Klägerinnen zu 1) bis 3) einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem er die Bewilligung teilweise für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 30.09.2008 aufhob und einen Gesamtbetrag in Höhe von 897,91 EUR von den Klägerinnen zurückforderte. Dieser Betrag wurde auf die drei Klägerinnen aufgeteilt. Von der Klägerin zu 1) werden für den Monat August 62,87 EUR und für den Monat September 507,99 EUR zurückgefordert, von der Klägerin zu 2) werden für den Monat August 31,41 EUR und für den Monat September 253,85 EUR zurückgefordert und von der Klägerin zu 3) für August 4,56 EUR und für September 36,83 EUR. Der Bescheid teilte die Beträge darüber hinaus auf zurückzuzahlende Regelleistungen und zu erstattende Leistungen für KdU auf. Der Beklagte stützte seine Forderung auf das von der Klägerin zu 1) in den Zeitraum vom 21. bis 31.07.2008 erzielte Einkommen aus der Beschäftigung bei der Firma C (Einkommenszufluss im August 2008) sowie die Abfindung über 900,00 EUR von der Firma H und gab als Rechtsgrundlage die §§ 48, 50 SGB X an.

Mit gleichem Datum erließ der Beklagte auch einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid gegenüber der damals zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Tochter N erlassen. Von ihr wurde ein Betrag in Höhe von 11,24 EUR für den Monat August und in Höhe von 71,33 EUR für den Monat September 2008 zurückgefordert. Die Klage gegen diesen Bescheid ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Dortmund vom 11.07.2011 - S 56 (27) AS 336/09).

Den Widerspruch vom 18.08.2009 der Klägerinnen zu 1) bis 3) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2009 als unbegründet zurück und führte aus, dass die im August 2008 erzielte Abfindung im September 2008 anzurechnen sei. Es handele sich um eine einmalige Einnahme. Bei der Auszahlung der Abfindung komme es für den Zufluss nicht darauf an, ob die Zahlung in bar, durch Überweisung, per Scheck oder auf sonstige Weise erfolgt sei. Dem Widerspruchsbescheid war eine detaillierte Berechnungsübersicht beigefügt, wie sich die Erstattungsansprüche auf die beteiligten Personen verteilten.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.11.2009 haben die Klägerinnen zu 1 bis 3) am 23.12.2009 Klage beim Sozialgericht in Dortmund erhoben und vorgetragen, dass der Abfindungsbetrag nicht dem Vermögen der Klägerin zu 1) zugeflossen sei. Die Firma H habe der Klägerin zu 1) einen Scheck ausgehändigt, den diese jedoch nicht eingelöst habe, sondern direkt an ihren Vater zur Begleichung von Schulden weitergeleitet habe. Ein Zufluss der 900,00 EUR habe daher nicht stattgefunden. Von einem Zufluss könne man nur ausgehen, wenn der Scheck eingelöst worden sei. Vorher sei der Zufluss nicht gesichert. Der Scheck könne etwa auch gesperrt sein.

Vor dem Sozialgericht haben die Klägerinnen beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2009 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat seine im Verwaltungsverfahren vertretene Auffassung auch im gerichtlichen Verfahren weiter für zutreffend gehalten.

Mit Urteil vom 11.07.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich Folgendes ausgeführt:

"I.

Zunächst ist der Bescheid formell rechtmäßig, insbesondere ist er bestimmt genug im Sine des § 33 SGB X. Ein Verwaltungsakt ist inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn der Adressat aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen eindeutig erkennen kann, was die Behörde regeln will (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. Rn. 5 ff). Das ist hier der Fall. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist vollständig und die gesetzte Rechtsfolge ist unzweideutig erkennbar. Der zurückzuzahlende Betrag ist auf die drei Klägerinnen aufgeschlüsselt, darüber hinaus ist der zurückzuzahlende Betrag in Monate und auf die zu erstattende Regelleistung und die Kosten der Unterkunft und Heizung aufgeteilt. Den Klägerinnen ist es demnach möglich, die Forderung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides nachzuvollziehen. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Widerspruchsbescheid noch einen Berechnungsbogen beigefügt, aus dem sich die Forderung noch einmal nachvollziehen lässt.

II.

Darüber hinaus ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ist § 40 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).

Der Bedarfsgemeinschaft sind mit Bescheid vom 09.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.078,03 EUR gewährt worden. Auf die Klägerin zu 1) entfiel danach ein Leistungsanspruch in Höhe von 615,63 EUR, auf die Klägerin zu 2) ein Anspruch in Höhe von 307,64 EUR und auf die Klägerin zu 3) ein Leistungsanspruch in Höhe von 44,64 EUR monatlich.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Klägerin zu 1) in den Monaten August und September 2008 Einkommen erzielt hat, welches weder bei Antragstellung noch bei Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 09.07.2008 bekannt war. Dadurch ist die ursprünglich rechtmäßige Leistungsbewilligung gemäß § 48 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse rechtswidrig geworden.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Klägerin zu 1) in dem Monat Juli 2008 einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma C GmbH nachgegangen ist und in dem Zeitraum 21.07.2008 bis 31.07.2008 einen Betrag von 237,60 EUR netto verdient hat. Dieser Betrag ist in dem Monat August 2008 als Einkommenszufluss zu berücksichtigen. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerinnen haben weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren gegen diesen Teil der Aufhebung und Erstattung Bedenken geäußert.

Entgegen der Ansicht der Klägerinnen ist jedoch auch der mit der Abrechnung für den Monat August 2008 übersandte Scheck der Firma H Produktions GmbH in Höhe von 900,00 EUR als Einkommen zu berücksichtigen. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist inzwischen geklärt, dass Einkommen im Sinne des § 11 SGB II grundsätzlich alles das ist, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält (Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.02.2010, B 14 AS 76/08 R, zitiert nach juris). Höchstrichterlich ist geklärt, dass eine Abfindung Einkommen darstellt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.10.2009, B 14 AS 64/08 R mit weiteren Nachweisen). Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig. Die Klägerin bestreitet jedoch, dass ein Zufluss stattgefunden hat, da sie den von der Firma H GmbH erhaltenen Scheck unmittelbar an ihren Vater weitergeleitet und dadurch bei ihm bestehende Schulden getilgt habe. Ein Scheck bereichert jedoch wertmäßig das vorhandene Vermögen. Es handelt sich um ein Wertpapier, das unabhängig von der konkreten Verwendung im Einzelfall einen wirtschaftlichen Wert darstellt. Dieser Wert ist der Klägerin zu 1) auch durch Übersendung mit der Abrechnung für den Monat August 2008 zugeflossen. Zu diesem Zeitpunkt war sie als Inhaberin des Schecks in die Lage versetzt, über den Scheck zu verfügen. Sie hat auch tatsächlich eine Verfügung dahingehend getroffen, dass sie den Scheck zur Begleichung von Schulden an ihren Vater weitergeleitet hat.

Eine andere Beurteilung kommt auch nicht dadurch in Betracht, dass die Klägerin zu 1) den Scheck zur Schuldentilgung verwendet hat. Die Tilgung von Schulden kann nämlich grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 219 ff). Es besteht stattdessen die grundsätzliche Pflicht, bedarfssteigernde Schuldentilgungen zu unterlassen. Der Klägerin zu 1) wäre es möglich gewesen, den Scheck einzulösen und zunächst für ihren eigenen Bedarf und den Bedarf ihrer Töchter zu verwenden.

Auch die von den Klägerinnen vertretene Rechtsauffassung, der Erhalt des Schecks führe nicht zu einem Vermögenszufluss, weil nicht gesichert sei, ob dieser eingelöst werde, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Zum einen hat die Klägerin zu 1) weder versucht, den Scheck einzulösen, sondern hat ihn sofort an ihren Vater weitergeleitet, der ihn zur Schuldentilgung akzeptiert hat. Die Klägerin zu 1) hat somit durch den Scheck einen Vorteil erlangt, nämlich die Verringerung ihrer Schulden. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Vater der Klägerin zu 1) den Scheck ohne Schwierigkeiten einlösen konnte.

Das Einkommen aus dem Scheck war als einmalige Einnahme gemäß § 2 Abs. 4 der ALG II - Verordnung in der Fassung vom 18.12.208 grundsätzlich von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem es zugeflossen ist. Abweichend hiervon war jedoch auch eine Berücksichtigung ab dem Folgemonat, das heißt im September 2008, zulässig, da die Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden waren.

III.

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid weist darüber hinaus keine anderweitigen Fehler auf. Insbesondere fordert die Beklagte die rechnerisch richtigen Beträge von den Klägerinnen zurück. Die Ermächtigungsgrundlage für die von der beklagten festgesetzte Erstattung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Erstattungssumme begegnet keinen Bedenken. Die Höhe des zu erstattenden Betrages ist von den Klägerinnen auch im gesamten Verfahren nicht angegriffen worden. Die Beklagte hat den Bedarf der Klägerinnen zutreffend ermittelt und das zugeflossene Einkommen um die zu berücksichtigenden Beträge bereinigt. In Bezug auf die Berechnung der Höhe nimmt das Gericht auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2009 Bezug und sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, vgl. § 136 Abs. 3 SGG."

Gegen dieses ihnen am 12.08.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 31.08.2011 eingegangene Berufung der Klägerinnen. Sie wenden sich allein gegen die Berücksichtigung des Schecks über 900,00 EUR. Die nachträgliche Anrechnung des Lohneinkommens bei der Firma C in Höhe von 237,60 EUR wird nicht angegriffen. Bezüglich des Schecks vertreten die Klägerinnen weiterhin die Auffassung, dass dieser der Klägerin zu 1) nicht zugeflossen sei. Die 900,00 EUR hätten der Klägerin zu 1) zur Bedarfsdeckung zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden. Dies sei aber erforderlich, um den Scheckbetrag als Zufluss berücksichtigen zu können. Die Klägerinnen berufen sich zur Stützung ihrer Ansicht auf die Kommentierungen bei Münder, SGB II, 4. Auflage 2011, § 11 Randnr. 14 und bei Gagel, SGB II/III, 41. Ergänzungslieferung 2011, § 11 Randnr. 17 ff. Ansprüche, die bestehen, aber noch nicht realisiert seien, könnten nicht als Einkommen angesehen werden.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.07.2011 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin zu 1) betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) Bezug genommen. Diese Akten waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die Prozessakte der Tochter N - SG Dortmund S 56 (27) AS 336/09 -.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt worden. Auch wird die Streitwertsumme für die Berufung von 750,00 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten. Zwar liegen die Erstattungsverlangen bezogen auf jede einzelne Klägerin für sich jeweils unter 750,00 EUR, mehrere Ansprüche, die gegen mehrere Personen in einer Klage zusammen geltend gemacht werden, sind zusammenzurechnen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGB, 10. Auflage 2010, § 144 Randnr. 16 und 17).

Die Streitwertsumme von 750,00 EUR wird auch nicht dadurch unterschritten, dass die Klägerinnen ihr Berufungsbegehren allein auf die Berücksichtigung des Schecks über 900,00 EUR beschränkt haben. Bei Beschränkung des Erstattungsbegehrens auf die Scheckberücksichtigung würde sich die Erstattungsforderung im Erfolgsfalle der Klägerinnen nach der Proberechnung des Beklagten vom 15.01.2013 um 98,84 EUR von 897,51 EUR auf 798,67 EUR vermindern. Damit ist die Berufung in jedem Fall zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Senat hält die Ausführungen im angefochtenen Urteil für zutreffend. Die einschlägige Rechtsprechung des BSG wird berücksichtigt und korrekt angewendet. Der Senat hat den Ausführungen des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen und nimmt gemäß § 153 Abs. 2 SGG hierauf Bezug.

Der Vortrag im Berufungsverfahren gibt zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Die Klägerinnen verkennen, dass der Scheckbetrag über 900,00 EUR der Klägerin zu 1) sehr wohl im September zugeflossen ist im Sinne der Zuflusstheorie. Der Scheck ist vom Vater eingelöst worden und hat in dem Moment eine bestehende Schuldverpflichtung der Klägerin zu 1) gegenüber ihrem Vater in dieser Höhe vermindert. Der Scheckbetrag ist ihr somit in vollem Umfang zugutegekommen. Die Kommentarstellen, die die Klägerinnen anführen, zielen auf einen anderen Sachverhalt ab. Dort wird die Frage diskutiert, wie zu verfahren ist, wenn ein Leistungsbezieher Einkommen nicht erzielt, obwohl er es könnte oder es gar bösgläubig verhindert. Fiktives Einkommen, das nicht realisiert wird oder aus faktischen Gründen nicht realisiert werden kann, soll danach unberücksichtigt bleiben. Dies wäre zu erörtern, wenn der Scheck verlorengegangen wäre, nicht eingelöst werden könnte, z. B. wegen einer nachträglichen Sperre oder auch, wenn die Klägerin zu 1) ihn in böswilliger Absicht zerrissen hätte, um einen Zufluss bei ihr zu verhindern. All diese Fallgestaltungen liegen jedoch nicht vor. Der Scheck ist tatsächlich eingelöst worden und hat die Schulden der Klägerin zu 1) bei ihrem Vater um 900,00 EUR vermindert. Im Verhältnis zum Beklagten bleibt dieses jedoch unberücksichtigt, weil die Klägerin zu 1) das zugeflossene Einkommen gegenüber dem Beklagten nicht zur Schuldentilgung verwerten durfte, sondern es vornehmlich zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts verwerten musste (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R -).

An diesem Ergebnis ändert auch nichts die Entscheidung des BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R -, die dem Senat bis zum Tage der mündlichen Verhandlung nur aus dem BSG Terminbericht Nr. 63/12 vom 29.11.2012 unter Nr. 3 bekannt ist. Dort hat ein Leistungsbezieher eine Einnahme, die Bedürftigkeit für mehrere Monate herabsetzte, vorzeitig durch Schuldentilgung verbraucht. In dem Fall ging es um die Fortzahlung der Leistungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums. Das BSG führt in dem Terminbericht unter Nr. 3 aus, dass die Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen letztlich davon abhänge, ob das zugeflossene Einkommen als "bereites Mittel" geeignet sei, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Zwar müsse der Hilfsbedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setze, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen könne jedoch nicht allein damit begründet werden, dass die Hilfebedürftigkeit bei sachgerechtem Verhalten abzuwenden gewesen wäre. Würden einmalige Einnahmen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts verwandt und entstehe hierdurch Hilfebedürftigkeit, so könne bei der Neubeantragung von Leistungen allenfalls ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II geltend gemacht werden. Diese Entscheidung bezieht sich auf einen Fall, in dem es um laufende Leistungen ging. Nach Auffassung des BSG darf einem Hilfebedürftigen, der sich vor Stellung eines Fortzahlungsantrags pflichtwidrig verhalten habe (Schuldentilgung), eine Leistung zum Lebensunterhalt nicht vorenthalten werden, wenn er keine bereiten Mittel zum Bestreiten seines Lebensunterhalts hat. Damit soll verhindert werden, dass eine dringend notwendige Hilfe für gegenwärtige Zeiträume nur deshalb nicht zuerkannt wird, weil sich der Hilfebedürftige in der Vergangenheit nicht korrekt verhalten hat. In einem solchen Fall kann ihm das in der Vergangenheit pflichtwidrig ausgegebene Einkommen nicht vorgehalten werden. Hier liegt der Fall jedoch anders. Es geht hier nicht um die Bewilligung und Fortzahlung laufender Leistungen, so dass die Klägerinnen (oder eine von ihnen) durch die Vorenthaltung der Leistung in eine prekäre Notlage geraten würden. Vorliegend geht es vielmehr um einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für die Vergangenheit. Können die Klägerinnen diese Erstattung aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht begleichen, so stehen ihnen Anträge auf Stundung, Erlass oder Ratenzahlung offen. Sie werden durch die Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbegehrens nicht in eine prekäre Situation versetzt, die ihnen ein Bestreiten des gegenwärtigen Lebensunterhalts unmöglich macht. Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Fall entscheidend von dem Sachverhalt, den das BSG entschieden hat.

Die Berufung konnte somit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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