L 4 SO 35/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 8 SO 398/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 35/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. Februar 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis der verstorbenen Mutter des Klägers entstanden sind.

Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe der am xxxxx 1941 geborenen und am xxxxx 2012 verstorbenen H.L ... Er führt das noch von seiner verstorbenen Mutter eingeleitete gerichtliche Verfahren als ihr Rechtsnachfolger weiter.

Die Mutter des Klägers bewohnte eine 86 qm große Wohnung in einem 1911 erbauten Wohnhaus in der A. Straße in H ... Sie bezog von der Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung, in deren Rahmen auch Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt wurden. Nach Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens übernahm die Beklagte ab dem 1. Juni 2008 nur noch die Kosten für die Miete in Höhe von monatlich 552 Euro statt der mietvertraglich geschuldeten 746,40 Euro, die eine Nettokaltmiete von 586,20 Euro beinhalteten.

Die Vermieter kündigten am 23. April 2009 die Wohnung der Mutter des Klägers außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Die Kündigung wurde zum einen darauf gestützt, dass monatlich 194,40 Euro zu wenig Miete gezahlt werde. Es seien Mietschulden in Höhe von, insgesamt 1.924,82 Euro aufgelaufen, wobei ein Heizkostenguthaben von 19,18 Euro bereits berücksichtigt sei. Die Wohnung sei schon einmal zuvor mit Schreiben vom 11. März 2006 gekündigt worden, so dass auch keine Schonfrist mehr bestehe. Zum anderen stützten die Vermieter die Kündigung darauf, dass die Mutter des Klägers die Wohnung habe verwahrlosen lassen und auch die laufenden Renovierungen der letzten Jahre nicht durchgeführt worden seien. Mit Klagschrift vom 20. Mai 2009 erhoben die Vermieter Räumungsklage.

Am 20. Juli 2009 beantragte die Mutter des Klägers bei der Beklagten die Übernahme rückständiger Mietzahlungen in Höhe von 1.730,42 Euro. Sie habe versucht, einen Teil der Wohnung unterzuvermieten, um die Mietkosten zu senken. Die Vermieter hätten eine Untervermietung aber abgelehnt.

Mit Bescheid vom 12. August 2009 lehnte die Beklagte die Übernahme von Mietrückständen ab. Mietschulden könnten nur übernommen werden, wenn dies der Sicherung der Unterkunft diene. Perspektivisch könne die Wohnung nicht gehalten werden, da sie oberhalb der Höchstwerte nach § 29 SGB XII liege. Es sei davon auszugehen, dass der Zustand der Wohnung eine Untervermietung unabhängig von dem Einverständnis der Vermieter derzeit verhindere. Die fristlose Kündigung wegen der Mietschulden könne zwar rückgängig gemacht werden, nicht jedoch die fristgemäße Kündigung, die sich auf den unrenovierten, ungepflegten und vermüllten Zustand der Wohnung beziehe. Eine Stellungnahme des Gesundheitsamtes zeige, dass die Mutter des Klägers mit Unterstützung des Pflegedienstes in der Lage wäre umzuziehen. Daher könne perspektivisch von einem Wohnungswechsel ausgegangen werden.

Die Mutter des Klägers legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2009 zurückgewiesen wurde. Die Beklagte verwies im Widerspruchsbescheid darauf, dass die Schonfrist nach § 569 Absatz 3 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgelaufen sei. Damit sei es nicht mehr möglich, die Kündigung der Vermieter unwirksam zu machen.

Die Mutter des Klägers hat am 9. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Rechtzeitig zum Ablauf der Schonfrist habe sie sämtliche bis einschließlich Oktober 2009 bestandenen Mietrückstände in Höhe von 3.091,22 Euro zum Ausgleich gebracht. Hierfür sei ihr von ihrer Schwester, S.S., ein Darlehen über 3.000 Euro gewährt worden. Die Mutter des Klägers hat einen entsprechenden Darlehensvertrag vom 1. September 2009 vorgelegt, wonach die Rückzahlung möglichst schnell erfolgen solle. Wenn eine Darlehensrückzahlung in einer Summe nicht möglich sei, werde die Rückzahlung längstens für anderthalb Jahre gestundet. Spätestens ab 1. Februar 2011 sei mit der Rückzahlung von wenigstens 50 Euro monatlich zu beginnen. Wenn die Rückzahlungsregelung eingehalten werde, entfalle eine Verzinsung. Ansonsten gelte der gesetzliche Zinssatz als vereinbart. Mit den Vermietern hat sich die Mutter des Klägers im Nachgang darauf geeinigt, dass ein Zimmer der Wohnung wieder der Nachbarwohnung zugeschlagen werden sollte. Für den verbliebenen Wohnraum von 72 qm hat sie mit den Vermietern ab 1. November 2009 eine Miete in Höhe von 496,80 Euro zuzüglich einer entsprechenden Heizkostenvorauszahlungspauschale von 47 Euro und Betriebskostenvorauszahlung von 50 Euro vereinbart. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Mutter des Klägers erklärt, dass sie mit der Rückzahlung des Darlehens, das ihr Frau S. gewährt habe, noch nicht begonnen habe. Ihre finanziellen Verhältnisse seien gegenüber 2009 nahezu unverändert. Frau S.hätte ihr das Geld nicht geliehen, wenn sie damals nicht aus ihrer Wohnung hätte ausziehen müssen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Juni 2012 den Bescheid vom 12. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Schulden der Mutter des Klägers aus dem Darlehensvertrag vom 1. September 2009 mit Frau S.S. in Höhe von 3.000 Euro zu übernehmen. Die Mutter des Klägers habe einen Anspruch auf Freistellung von der Forderung aus dem Darlehensvertrag. Auch Schulden gegenüber einem Dritten könnten Mietschulden sein, so dass ein Anspruch aus § 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestehe. Die Übernahme der Mietschulden sei zur Sicherung der Unterkunft notwendig gewesen. Eine ordentliche Kündigung wegen des Zustands der Wohnung wäre nicht erfolgreich gewesen. In der Regel könnten Mietschulden zwar nicht übernommen werden, wenn diese auf eine Miete oberhalb der angemessenen Miete zurückzuführen seien. Hier hätten die Voraussetzungen nach § 29 Absatz 1 Satz 3 SGB XII jedoch nicht vorgelegen. Die Mutter des Klägers wäre mit einem Umzug überfordert gewesen und hätte ihre Kosten nicht senken können. Das Ermessen sei vorliegend auf die Übernahme der Forderung aus dem Darlehensvertrag als Beihilfe reduziert. Die Mutter des Klägers habe trotz persönlicher Verpflichtung noch nicht mit der Rückzahlung des Darlehens begonnen, so dass nur eine Leistung als Beihilfe angemessen sei.

Die Beklagte hat am 26. Juni 2012 Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Die Unterkunft sei weder zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens noch der Tilgung der Mietschulden zu sichern gewesen, da die Wohnung weiterhin unangemessen groß und teuer gewesen sei. Der Mutter des Klägers wäre ein Umzug auch zumutbar gewesen. Zudem habe das Gericht zu Unrecht eine Beihilfe zugesprochen. Es stehe im Ermessen der Beklagten, ob sie ein Darlehen oder eine Beihilfe bewillige. Gründe, warum die Mutter des Klägers ein Darlehen nicht hätte zurückführen können, seien nicht belegt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass es nicht darauf ankomme, ob die Mietzinsrückstände aus einer Zeit stammen, als die Wohnung noch nicht angemessen gewesen sei. Es komme auf die tatsächlichen und nicht die früheren Verhältnisse an. Aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null komme auch nur die Gewährung der Mietschulden als Beihilfe in Betracht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter mit schriftlicher Erklärung vom 4. bzw. 5. April 2013 einverstanden erklärt. Es hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der die Beteiligten erschienen sind. Der Vertreter der Beklagten hat vorgetragen, nach Betreten des Eingangsbereichs des Gerichts habe er zunächst im Vorraum vor einer Zwischentür warten müssen, bevor eine Mitarbeiterin ihn eingelassen habe.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Sachakten der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter konnte im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senates entscheiden (§ 155 Absatz 3 i.V.m. Absatz 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Der Grundsatz der Öffentlichkeit nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 169 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) wurde gewahrt. Diesem Grundsatz ist Genüge getan, wenn jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten davon Kenntnis zu verschaffen, wann und wo ein erkennendes Gericht eine mündliche Verhandlung abhält, und dass der Zutritt im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten eröffnet ist (BVerfG, Urteil vom 10.10.2001, Az.: 2 BvR 1620/01). Dem Grundsatz der Öffentlichkeit steht es nicht entgegen, wenn eine Zwischentür zum Gericht verschlossen ist und zunächst von einem Pförtner oder bei dessen Abwesenheit von einem Mitarbeiter der Poststelle geöffnet werden muss, solange die Möglichkeit besteht, sich Zugang zum Gericht zu verschaffen. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Möglichkeit nicht bestanden hat, sind nicht ersichtlich.

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet.

Der Kläger ist als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter grundsätzlich aktivlegitimiert einen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden nach § 34 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in der Fassung vom 27. Dezember 2003 geltend zu machen, da im vorliegenden Fall dieser Anspruch vererblich ist. Das SGB XII enthält keine ausdrückliche Regelung zur Vererbung von Sozialhilfeansprüchen. Nach § 17 Absatz 1 Satz 2 SGB XII sind Sozialhilfeleistungen jedoch weder übertragbar noch pfändbar. Aufgrund ihrer höchstpersönlichen und bedarfsorientierten Natur sind Sozialhilfeleistungen daher auch nicht vererblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.5.1979, Az.: V C 79.77; LSG NRW, Urteil vom 13.9.2007, Az: L 9 SO 8/06; ebenso Wenzel in Fichtner/Wenzel, Kommentar zum SGBXII, 4. Aufl. 2009, § 17 Rn. 13; Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, Teil II, Kapitel 3, Rn. 100). Ausnahmsweise ist ein solcher Anspruch jedoch dann vererblich, wenn der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt und der Leistungsberechtigte daraufhin seinen sozialhilferechtlichen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.5.1994, Az.: 5 C 43/91). Die Erfüllung des Sozialhilfeanspruchs nach dem Tode des Berechtigten kommt dann nicht zu spät, sondern rechtfertigt sich daraus, dass ein Dritter dem Berechtigten zu Lebzeiten in seiner Not das hat zukommen lassen, worauf er Anspruch hatte (vgl. BVerwG, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat die Mutter des Klägers die Hilfe von ihrer Schwester erhalten, nachdem die Beklagte einen Anspruch auf Mietschuldenübernahme abgelehnt hatte.

Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden. Nach § 34 Absatz 1 SGB XII können Mietschulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Ein Anspruch auf Übernahme der Mietschulden scheidet nicht bereits deswegen aus, weil die Mutter des Klägers die Schulden gegenüber den Vermietern zwischenzeitlich bereits durch ein Privatdarlehen gedeckt hatte. Denn an die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.6.2010; Az.: B 14 AS 58/09 R). Der Wortlaut des § 34 SGB XII ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund für die Abwendung der Wohnungslosigkeit erforderlich war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht (vgl. BSG, a.a.O.). Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird (vgl. BSG, a.a.O.).

Ein solcher Anspruch setzt allerdings voraus, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Mietschulden bestanden hat (vgl. BSG, a.a.O.). Zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme war die Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt, da die Wohnung unangemessen teuer war. Gerechtfertigt und notwendig zur Verhinderung einer Wohnungslosigkeit ist die Übernahme von Mietschulden nur dann, wenn durch sie die bisherige Unterkunft langfristig gesichert werden kann. Dies ist in der Regel dann nicht der Fall, wenn der Leistungsempfänger in einer nicht kostenangemessenen Unterkunft wohnt, da diese nach einer angemessenen Übergangszeit ohnehin aufgegeben werden müsste (LSG Hamburg, Beschluss vom 31.3.2008, Az.: L 5 B 122/08 ER AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1.8.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B; Hessisches LSG, Beschluss vom 2.6.2008, Az.: L 7 SO 14/08 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.2.2007; Az.: L 7 AS 22/07 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.3.2007, Az.: L 28 B 269/07 AS ER; Berlit, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 36 Rn. 12; Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 34 Rn. 10; Link, in: jurisPK-SGB XII, § 36 SGB XII i.d.F. vom 24.3.2011 Rn. 38). Die tatsächlichen Mietkosten der Mutter des Klägers waren nicht angemessen. Bei der Bestimmung der angemessenen Mietkosten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (seit BSG, Urteil vom 7.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R) das Produkt aus angemessener Wohnfläche und angemessenem Wohnstandard zu bilden, das sich in der angemessenen Wohnungsmiete niederschlägt. Dabei ist zur Ermittlung der angemessenen Wohnungsgröße auf die landesrechtlichen Bestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zurückzugreifen; hinsichtlich der Ermittlung des Wohnstandards ist zu berücksichtigen, dass dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsstandard zusteht. Die für H.geltende Fachanweisung zu § 29 SGB XII (Höchstwerte zu den Kosten der Unterkunft vom 1.7.2007, Gz.: SI 212 / 112.22-1-1-1) sah unter Berücksichtigung des Baualters der Wohnung der Mutter des Klägers zum damaligen Zeitpunkt einen Höchstwert der Nettokaltmiete von 358 Euro vor. Die Höchstwerte wurden unter Zugrundelegung der Mittelwerte für normale Wohnlagen nach dem H. Mietenspiegel 2007 ermittelt und sahen entsprechend zum Mietenspiegel eine Aufteilung nach Baualtersklassen vor. Eine Überschreitung des Höchstwerts konnte nach der Fachanweisung bei langer Wohndauer um maximal bis zu 30 Prozent des Miethöchstwertes als angemessen angesehen werden. Vorliegend kann dahinstehen, ob die in der Fachanweisung vorgesehen Differenzierung der Höchstwerte nach Baualtersklassen zulässig war. Denn auch bei Zugrundelegung des höchsten Wertes für die Baualtersklasse ab 1994 in Höhe von 382,50 Euro hat die Nettokaltmiete der Mutter des Klägers diesen Betrag auch unter Berücksichtigung des 30-prozentigen Aufschlags mit 586,20 Euro deutlich überschritten. Gegen eine Heranziehung der im H.Mietenspiegel 2007 ausgewiesenen Mittelwerte für normale Wohnlagen bestehen hingegen keine Bedenken.

Die Mietschulden waren auch nicht deswegen für eine kostenunangemessene Unterkunft zu übernehmen, weil es der Mutter des Klägers zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme nicht zuzumuten war, in eine kostenangemessene Wohnung umzuziehen. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass sie eine 86 qm große Vier-Zimmer-Wohnung benötigte, deren Versorgung ihr zudem nur mit Hilfe eines Pflegedienstes möglich war. Allein der Wunsch der Mutter des Klägers, in der von ihr seit langem bewohnten Wohnung zu verbleiben, und die Notwendigkeit, sie bei einem zukünftigen Umzug zu unterstützen, rechtfertigen es nicht, eine kostenunangemessene Unterkunft auf Dauer zu erhalten. Auf die Frage, ob die Mutter des Klägers in der Vergangenheit eine größere Unterstützung bei der Wohnungssuche und einem Umzug benötigt hätte, kommt es hingegen nicht an. Denn ein solches Versäumnis würde nicht die Notwendigkeit des Erhalts der Unterkunft in der Zukunft begründen.

Erst nach Darlehensaufnahme und Begleichung der Mietschulden hat sich die Mutter des Klägers mit den Vermietern darauf geeinigt, dass ihre Wohnung verkleinert und dadurch die Miete gesenkt wird. Zum Zeitpunkt der Einigung auf eine kostenangemessen Miete war der Erhalt der Wohnung damit bereits gesichert, so dass eine Übernahme der Mietschulden nicht mehr notwendig war. Die bloße Möglichkeit einer Einigung zwischen den Mietvertragsparteien, um die Kosten der Wohnung zu senken, begründete hingegen noch keine Verpflichtung der Beklagten die Mietschulden zu übernehmen.

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann zudem ersatzlos entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann, da für eine Übernahme der Schulden nach § 34 SGB XII a. F. lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution kein Raum ist (vgl. BSG, a.a.O. zu der vergleichbaren Vorschrift in § 22 Absatz 5 SGB II). Die Wohnung der Mutter des Klägers ist nach ihrem Tod nicht mehr zu sichern. Eine Übernahme der Mietschulden würde lediglich noch eine finanzielle Restitution für den Kläger bedeuten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Absatz 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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