L 5 AS 336/13 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 209/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 336/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Februar 2013 wird aufgehoben.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Monate Februar 2013 bis Januar 2014 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 86,67 EUR/Monat zu zahlen.

Der Antragsgegner hat die der Antragstellerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Antragstellerin wird für die Zeit vom 24. April bis 13. September 2013 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., J. (E) bewilligt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner die vorläufige Gewährung der ihr tatsächlich monatlich entstehenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ab 1. Februar 2013 für die Dauer eines Jahres.

Die 1959 geborene, alleinstehende Antragstellerin betreibt eine Bäckerei und bezieht vom Antragsgegner laufend SGB II-Leistungen. Das Ladenlokal befindet sich im selben Haus wie ihre Wohnung, nämlich in J., im sechs Kilometer östlich der Stadt liegenden, etwa 1000 Einwohner zählenden Ortsteil S. Für die ca. 62 qm große Wohnung hat die Antragstellerin eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 415 EUR (Kaltmiete: 265 EUR, Betriebskostenvorauszahlung: 60 EUR, Heizkostenvorauszahlung: 90 EUR) zu zahlen.

Mit Beschluss vom 15. März 2012 hatte das Sozialgericht Dessau-Roßlau den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 1. bis 29. Februar 2012 weitere KdU in Höhe von 36,50 EUR sowie für die Zeit vom 1. März 2012 bis 31. Januar 2013 in Höhe von monatlich 90,42 EUR zu zahlen. Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 31. Januar 2013 für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2013 wegen noch nicht feststehenden Einkommens aus dem Gewerbebetrieb vorläufig monatliche Leistungen in Höhe von 748,33 EUR. Diese setzten sich zusammen aus der Regelleistung, einem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung sowie Leistungen für KdU in Höhe von 328,33 EUR. Den seitens der Antragstellerin dagegen erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2013 zurück. Die Antragstellerin verfolgt ihr Ziel der Gewährung höherer KdU mit der unter dem 18. April 2013 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau. eingelegten Klage weiter.

Bereits am 31. Januar 2013 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen ab 1. Februar 2013 zu bewilligen. Nach Erlass des o.g. Bescheides hat sie sich gegen die Festsetzung der Leistungshöhe gewandt. Die KdU seien nicht zu mindern. Eine Kostensenkungsaufforderung sei bisher nicht erfolgt. Sie sei an Krebs erkrankt und ein Umzug daher nicht zumutbar. Schließlich arbeite sie täglich von 0.30 Uhr bis 13.00 Uhr. Nachmittags sei die Bäckerei dann noch mal von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr geöffnet. Die Mittagspause müsste sie nutzen, um sich in der Wohnung auszuruhen. Zudem schreibe § 41 SGB II vor, dass der Bewilligungszeitraum bis auf zwölf Monate verlängert werden könne. Eine Bewilligung der Leistungen für ein Jahr sei nach Auskunft einer Mitarbeiterin des Antragsgegners bei Selbstständigen durchaus üblich. Das Sozialgericht hat Beschluss vom 14. Februar 2013 den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, es liege keine gegenwärtige Notlage bei der Antragstellerin vor. Ihr drohe derzeit weder eine Kündigung der Wohnung noch eine Räumungsklage. Zudem habe sie nicht glaubhaft gemacht, dass sie sich seit 2011 vergeblich um preiswerteren Wohnraum bemühen. Eine Internetrecherche des Kammervorsitzenden bei www.immobilien-scout24.de am 14. Februar 2013 habe auf Anhieb ein Angebot für eine preiswertere Wohnung in der Sch.-Straße in S. erbracht.

Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin am 28. Februar 2013 Beschwerde eingelegt. Im Wesentlichen begründet sie diese wie folgt: Sie bemühe sich seit 2011 um passenden Wohnraum. Der Vermieter schließe eine Weiternutzung der Gewerbefläche ohne die mit dieser verbundenen Wohnung aus. Im Großraum B. sei für eine Wohnung für eine Person eine monatliche Wohnungsmiete von 380 EUR bis 408 EUR angemessen. Zudem sei gerichtsbekannt, dass im Bereich J. ein hohes Mietniveau herrsche. Unter dem 5. Februar 2013 habe ihr Vermieter das Mietverhältnis fristlos zum 31. März 2013 gekündigt. Die vom Sozialgericht benannte Wohnung liege im Dachgeschoss und sei nur über 53 Stufen zu erreichen. Aus gesundheitlichen Gründen sei sie jedoch auf eine Wohnung im Erdgeschoss angewiesen. So leide sie an Bäckerasthma (ein Verbleiben im Betrieb ist ausweislich eines Bescheides der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vom 5. März 2002 jedoch möglich), Morbus Chron, Wasser in den Gefäßen sowie einer Herzschwäche. Sie hat zudem einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Ihr Prozessbevollmächtigter hat sich am 24. April 2013 zu den Akten legitimiert und unter dem 10. September 2013 (Eingang bei Gericht am 13. September 2013) mitgeteilt, dass er die Antragstellerin nicht mehr vertrete.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Bescheid vom 31. Juli 2013 Leistungen für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014 vorläufig wiederum in Höhe von 748,53 EUR/Monat bewilligt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ist er Gegenstand eines sozialgerichtlichen Klageverfahren zu, dass unter dem 2. September 2013 beim Sozialgericht anhängig gemacht worden ist. Der Vermieter der Antragstellerin hat diese zudem unter dem 15. Oktober 2013 aufgefordert, die ausstehenden Mieten für die Jahre 2012 und 2013 bis zum 15. November 2013 zu überweisen.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Februar 2013 zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Januar 2014 die KdU in tatsächlicher Höhe (415 EUR/Monat) vorläufig zu gewähren sowie ihr Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens bis 13. September 2013 zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin bereits in den Bescheiden vom 10. August 2011, 12. September 2011 und 12. Oktober 2011 eine Kostensenkungsaufforderung erhalten habe. Zudem seien die von der Antragstellerin behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen angesichts ihrer vorgetragenen Arbeitszeit nicht glaubhaft.

Der Senat hat vom Antragsgegner das den Unterkunftsrichtlinien zu Grunde liegende Konzept angefordert. Dieser hat die Verwaltungsvorschrift des Landkreises W. zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch (II und XII) und den Bericht über die Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis W. der Firma A. & K. zu den Akten gereicht. Auf Nachfrage hat er mitgeteilt, dass ein gesondertes schlüssiges Konzept nicht erstellt worden sei.

Hinsichtlich des Inhaltes der Bescheide, der überreichten Unterlagen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte nebst Beiakte sowie auf den vorliegenden Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG, denn der Beschwerdewert übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Berufungswert von 750 EUR. Die Antragstellerin begehrt um monatlich 86,67 EUR höhere KdU für die Dauer eines Jahres.

Die Beschwerde ist begründet. Der Antragsgegner war im Wege der Folgenabwägung zu verpflichten, der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Januar 2014 die ihr tatsächlich monatlich entstehenden KdU in Höhe von 415 EUR/Monat vorläufig zu bewilligen. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 86b Rn. 16b). Dabei müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), NJW 2003, 1236; BVerfG, NVwZ 2004, 95,96), wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren, wie hier, vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG, NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928).

Ist dem Gericht, wie im vorliegenden Fall, eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern.

Unter Anwendung dieser Grundsätze war vorliegend im Rahmen der Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin zu entscheiden.

Ein Anordnungsgrund liegt entgegen der Ansicht des Sozialgerichts vor. Das Mietverhältnis wurde bereits zum 31. März 2013 fristlos gekündigt. Aus dieser Kündigung hat der Vermieter zwar bis heute keine Rechte hergeleitet. Er verlangt im Gegenteil nicht die Räumung der Wohnung, sondern weiterhin die Zahlung der Miete. Es ist allerdings zu befürchten, dass bei weiterem Ausbleiben der vollständigen Mietzinsraten das Räumungsverlangen der Wohnung droht.

Das Bestehen eines Anordnungsanspruchs ist hier zugunsten der Antragstellerin im Rahmen der Folgenabwägung zu unterstellen. Zwar hat der Antragsgegner die Antragstellerin bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die KdU unangemessen hoch seien. An der Bestimmung der Höhe der angemessenen Mietkosten durch den Antragsgegner bestehen jedoch Zweifel.

Es ist zunächst Angelegenheit des Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind. Dabei müssen folgende Mindestanforderungen erfüllt sein: Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen, es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, Rn. 28, Juris).

Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze bestehen Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit des Konzepts, das der Unterkunftsrichtlinie zugrunde liegt.

Es ist bereits fraglich, ob die Stadt J. einen eigenen Vergleichsraum bildet. Der Antragsgegner konnte im Landkreis W. die Stadt L. W. als Vergleichsraum benennen, der zweite Vergleichsraum werde durch die übrigen Gemeinden des Landkreises gebildet. Er hat durch das zur Erstellung einer Datengrundlage beauftragte Unternehmen mitteilen lassen, dass nur im Einzelfall entschieden werden könne, inwieweit eine Gemeinde als Vergleichsraum den individuellen Wohn- und Lebensbereich abbilde.

Selbst wenn angenommen würde, die Stadt J., zu der S. als Ortsteil gehört, sei ein Vergleichsraum, so ist nach der im einstweiligen Verfügungsverfahren gebotenen, nur summarischen Prüfung nicht erkennbar, ob die ermittelten Daten der Mietpreise den Wohnungsmarkt in J. korrekt abbilden. So seien die Neuvertragsmieten im Gutachten des o.g. Unternehmens nicht direkt bei der Ableitung der Angemessenheitsgrenzen berücksichtigt worden. Sie bildeten jedoch einen weiteren Sicherheitspuffer bei der Ableitung der Grenzen bei der Wohnraumversorgung im Kreis W. Die Einbeziehung der Angebotsmieten in J. ist jedoch nicht erkennbar und erscheint unschlüssig. So lagen die von A. und K. ermittelten Bestandsnettokaltmieten bei 4,10 EUR/qm, und die Angebotsmieten bei 4,81 EUR/qm. Als angemessen sieht der Antragsgegner jedoch nur 4,10 EUR/qm an. Zudem hat der Antragsgegner nur die durchschnittlichen Kosten der kalten Betriebskosten herangezogen. So sind aus der dem Senat in diesem Verfahren zur Verfügung gestellten Daten weder der notwendige Spannenoberwert noch der entsprechende Spannenunterwert erkennbar. Es muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, konkret die erhobenen Daten zu prüfen. Des Weiteren ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen gehindert ist, eine Wohnung anzumieten, die nicht ebenerdig zu erreichen ist. Diesen Umstand hat sie durch eine Eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Es bedarf diesbezüglich einer näheren Klärung im Hauptsacheverfahren. Angesichts des vorgetragenen Unvermögens, einen eigenen PKW zu fahren, dürfte auch im Hinblick auf die Arbeitszeiten eine Wohnung in größerer Entfernung zur Bäckerei unzumutbar sein. Hinzu kommt, dass - die Angaben der Antragstellerin als richtig unterstellt - der Vermieter eine alleinige Nutzung der Gewerberäume ausschließt. Der Auszug aus der Wohnung würde mithin das gleichzeitige Anmieten von Geschäftsräumen nach sich ziehen und ggf. die Existenz des Gewerbebetriebes gefährden. Zudem scheinen in J. nur wenige freie Wohnungen zur Verfügung zu stehen. So gab es nach Recherchen der Berichterstatterin nur drei bis vier Wohnungsangebote in J. überhaupt bei www.immowelt.de, bei www.immobilienscout24.de keine Angebote. Auf anderen Immobilienportalen ließen sich ebenfalls keine für die Antragstellerin geeigneten, bis 50 qm großen Wohnungen finden. Auch dem Antragsgegner war es nur möglich, eine freie Wohnung zu benennen, die jedoch in der dritten Etage liegt.

Der Antragstellerin war schließlich Prozesskostenhilfe für die Dauer der Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten nach § 73a SGG in Verbindung mit §§ 114 f. ZPO zu bewilligen. Aus den oben genannten Gründen hat das Beschwerdeverfahren Erfolg. Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen sind gegeben. Als glaubhaft gemachte alleinige Einkünfte stehen der Antragstellerin die SGB II-Leistungen zur Verfügung. Bereits Abzug des Freibetrages nach § 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO sowie der geltend gemachten Versicherungen in Höhe von 90,02 EUR/Monat und der KdU in Höhe von 415 EUR/Monat verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Die Antragstellerin hat auch kein einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegenstehendes Vermögen.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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