L 6 AS 476/13 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 AS 124/13 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 476/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Weist ein Antragsteller im Rahmen der Anhörung zu Ermittlung wegen Einkommen aus Internetverkäufen auf seine eigene Seite in einem sozialen Netzwerk hin, so sind weitergehende Ermittlungen in dem der Behörde zugänglichen Teil der Seite von § 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b) aa) SGB X gedeckt.
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 4. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ab dem 1. Juli 2013 ohne Anrechnung von Einkommen.

Die 1990 geborene Antragstellerin steht seit dem 1. Januar 2013 im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin als Einzelleistungsberechtigte. Mit Bescheid vom 3. Januar 2013 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorläufig Leistungen für das erste Halbjahr 2013 in Höhe von monatlich 707,00 Euro.

Am 31. März 2013 ging eine E-Mail mit der Absendeadresse "unbekannt-3xxx@gmx.de", unterschrieben mit "X." bei der Antragsgegnerin ein. Dort wurde behauptet, dass sich die Antragstellerin mit einer Hundezucht trotz des Leistungsbezuges Geld verdiene, ohne dies bei der Antragsgegnerin angegeben zu haben. Pro Hund verdiene die Antragstellerin 350,00 Euro. Sie habe sogar eine eBay-Kleinanzeige. Daraufhin startete die Antragsgegnerin am 18. April 2013 eine Recherche bei eBay-Kleinanzeigen. Laut dieser waren in A-Stadt zum 22. März 2013 noch zwei Bordercollie-Labrador-Mix-Welpen abzugeben, für die ein Preis in Höhe von 350,- EUR auf Verhandlungsbasis pro Stück genannt wurde. Dort war eine von der Antragstellerin zumindest zeitweise genutzte Mobilfunknummer angegeben. Zur Aufklärung des Sachverhaltes beauftragte die Antragsgegnerin daraufhin ihren Außenermittlungsdienst, der am 26. April 2013 unangekündigt bei der Antragstellerin einen Hausbesuch durchführen wollte, die Antragstellerin jedoch nicht antraf. Auch bei zuvor unternommenen Versuchen, einen Hausbesuch durchzuführen, war die Antragstellerin nicht angetroffen worden.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2013 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einer beabsichtigten Aufhebung und Erstattung für Leistungen für den Monat Mai 2013 in Höhe von 378,33 Euro an. Die Antragstellerin habe im April 2013 insgesamt 7 Hundewelpen zum Preis von je 350,00 EUR verkauft und so ein einmaliges Einkommen in Höhe von insgesamt 2.450,00 EUR erzielt. Für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2013 sei dementsprechend monatlich ein Einkommen in Höhe von 408,33 EUR zu berücksichtigen. Gleichzeitig erließ die Antragsgegnerin einen Änderungsbescheid am 7. Mai 2013, mit dem sie die Leistungsbewilligung für den Monat Mai und Juni 2013 änderte, ein Einkommen in Höhe von 378,33 EUR anrechnete und dementsprechend monatlich nur noch 328,67 EUR bewilligte.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 14. Juni 2013 Widerspruch ein.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits am 6. Juni 2013 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangen. Mit anwaltlichem Schriftsatz gegenüber dem Gericht vom 1. Juli 2013 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. Juli 2013 bei der Antragsgegnerin gestellt. Die Antragstellerin hat behauptet, keinerlei Einkommen aus dem Verkauf ihrer sieben Hundewelpen erzielt zu haben. Diese habe sie alle unentgeltlich abgegeben. Die Vermittlung der Welpen habe nur mit Hilfe von Freunden und Bekannten erfolgen können. Ein von der Antragsgegnerin am 26. April 2013 behauptetes Telefonat zwischen einer Mitarbeiterin des Außenermittlungsdienstes und ihr habe nicht stattgefunden. Ebenso sei die von der Antragsgegnerin am 18. April 2013 recherchierte eBay-Anzeige fehlerhaft; sie sei zwar von der Antragstellerin geschaltet worden, indes ohne Preisangabe. Die Möbel auf dem eBay-Foto stimmten nicht mit denen der Antragstellerin überein. Vielmehr habe sie am 7. Februar 2013 einen Aufruf bei Facebook gestartet, wonach sie ab dem 16. April 2013 für fünf ihrer Welpen ein neues Zuhause suche, die dann zehn Wochen alt seien. Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin habe aus dem Verkauf ihrer sieben Hundewelpen Einkommen erzielt, das auf die SGB II-Leistungen anzurechnen sei. Sie verweist auf einen Vermerk eines Mitarbeiters ihres Außenermittlungsdienstes vom 26. April 2013, wonach im Anschluss an den erfolglosen Hausbesuch die Antragstellerin auf ihrem Mobiltelefon angerufen worden sei und befragt worden sei, ob sie Hundewelpen abzugeben habe. Daraufhin habe diese erwidert, dass bereits alle Welpen verkauft seien. Auf die Aufforderung des Gerichts, Namen und ladungsfähige Anschriften der Personen mitzuteilen, an die die Hundewelpen unentgeltlich abgegeben worden seien, habe die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie keine Kontaktdaten habe.

Mit Beschluss vom 4. Juli 2013 hat das Sozialgericht Kassel den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Das Gericht habe schon Zweifel bezüglich der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, da die Antragstellerin laut telefonischer Nachfrage des Gerichts bei der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2013 keinen Fortzahlungsantrag für Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Juli 2013 gestellt habe. Jedenfalls habe die Antragstellerin aber einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ein Leistungsempfänger nach dem SGB II sei hinsichtlich seiner Hilfedürftigkeit darlegungs- und beweispflichtig. Zwar dürfe der Leistungsträger existenzsichernde Leistungen nicht aufgrund von Mutmaßungen aus vergangenen Umständen verweigern. Auch sei die Behauptung des Leistungsträgers, es seien Einnahmen vorhanden, für die Leistungsverweigerung nicht ausreichend. Verblieben jedoch insoweit erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vom Leistungsempfänger gemachten Angaben hinsichtlich seiner Hilfebedürftigkeit, so seien diese für den Anspruch auf eine Regelungsanordnung schädlich. Sei danach die Hilfebedürftigkeit objektiv zweifelhaft und der Sachvortrag des Leistungsempfängers aufgrund der Erschütterung der Glaubwürdigkeit ungeeignet, den Zweifel zu beseitigen, so sei eine Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen durch einstweiligen Rechtsschutz zu versagen. Die Antragstellerin habe ihre Hilfebedürftigkeit für das Gericht nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Das Gericht gehe ebenso wie die Antragsgegnerin davon aus, dass die Antragstellerin für die Abgabe ihrer sieben Welpen einen Erlös erzielt hat, der nach den Vorschriften des SGB II verteilt auf einen Sechsmonatszeitraum auf die Leistungen nach dem SGB II anzurechnen sei. Für das Gericht sei es nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin ihre Welpen an Personen abgegeben haben will, von denen sie keine Kontaktdaten mehr habe. Insofern stehe diese Aussage auch im Widerspruch zu ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 13. Juni 2013, wonach die Vermittlung aller Welpen nur mit Hilfe von Freunden und Bekannten habe erfolgen können. Wenn dies jedoch tatsächlich so gewesen ist, hätte es ein Leichtes sein dürfen, die Kontaktdaten dieser Personen, in Erfahrung zu bringen. Das Gericht könne offen lassen, ob die Antragstellerin in einem mit einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin geführten Telefonat am 26. April 2013 angegeben habe, alle sieben Welpen verkauft zu haben. Das Gericht weise ferner darauf hin, dass der Vortrag der Antragstellerin auch nicht in sich stimmig sei, wenn sie behaupte, dass die in der Behördenakte enthaltene eBay-Anzeige vom 22. März 2013 (recherchiert am 18. April 2013) nicht von ihr stamme. Insofern weise das Gericht darauf hin, dass in der von der Antragstellerin selbst vorgelegten Facebook-Anzeige vom 7. Februar 2013 von der Antragstellerin ausgeführt worden sei, dass ab dem 16. April 2013 ein neues Zuhause für ihre Welpen gesucht werde, die dann zehn Wochen alt seien. Rechne man hier zurück, so seien die Welpen der Antragstellerin um den 7. Februar 2013 zur Welt gekommen. Auch die eBay-Kleinanzeige führe aus, dass die dortigen Welpen am 5. Februar 2013 zur Welt gekommen seien. Insofern gehe das Gericht auch davon aus, dass es sich bei den Welpen in der eBay Anzeige vom 22.03.2013 um die Welpen der Antragstellerin handele.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist am 5. Juli 2013 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe keinerlei Finanzmittel; obwohl sie eine entsprechende eidesstattliche Versicherung vorgelegt habe, werde offenbar einer anonymen Anzeige mehr Glauben geschenkt. Bei dem Schriftsatz des Bevollmächtigten, wonach die letzten Hunde "verkauft" worden seien, handele es sich um einen Schreibfehler. Die Eltern der Klägerin könnten bestätigen, dass die Welpen unentgeltlich abgegeben worden seien; die Zeugin D. habe eine der Welpen erhalten. Da es aufgrund der ungeplanten Geburt ernsthafte Probleme mit Vermieter und Tierschutzverein gegeben habe, hätten die Tiere schnellstmöglich abgegeben werden müssen. Die Beweisaufnahme im Erörterungstermin habe keinerlei Anhaltspunkte für eine entgeltliche Abgabe ergeben. Zu klären wäre, ob die Konten der Antragstellerin bei eBay und/oder Facebook "gehackt" worden und die Bilder manipuliert worden seien.

Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 4. Juli 2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 1. Juli 2013 SGB II-Leistungen in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung eines Einkommens zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es sei nach wie vor davon auszugehen, dass von einem Verkauf von sieben Hundewelpen zu einem Preis von je 350,- EUR im April 2013 auszugehen sei. Der Prozessbevollmächtige habe vorgetragen, die letzten Welpen seien am 22. oder 23. Mai "verkauft" worden. Nach der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass das Telefonat am 26. April 2013 stattgefunden habe. Die Angaben der Antragstellerin seien unglaubhaft; zunächst habe sie behauptet, sie habe die eBay-Anzeige nicht geschaltet; erst auf Vorhalt des Schriftsatzes vom 19. Juni 2013 habe sie bestätigt, dass sie selbst eine Anzeige eingestellt habe. Es sei merkwürdig, wenn außer der Zeugin D. keine Abnehmer der Hunde benannt werden könnten. Wenn es wirklich so gewesen sein sollte, dass die Kontakte über Facebook hergestellt worden seien, wäre es ein Leichtes, die Kontaktdaten zu beschaffen.

Der Senat hat vor dem Berichterstatter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H. und J. H, D., F. und G. sowie durch Inaugenscheinnahme von Fotoausdrucken der Facebook-Seite der Antragstellerin. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Oktober 2013 verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig.

Das Sozialgericht hat indes den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Der Antrag ist erst unmittelbar vor Entscheidung der ersten Instanz durch die Antragstellung für den Bewilligungszeitraum ab Juli 2013 bei der Antragsgegnerin zulässig geworden, da erst dadurch ein vorläufig regelbares Rechtsverhältnis begründet worden ist. Streitgegenstand ist aufgrund der zulässigen Antragsänderung mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 allein der laufende Bewilligungszeitraum ab 1. Juli 2013. Im Hinblick auf die vorherige, den vorangegangenen Bewilligungszeitraum betreffende ursprüngliche Antragstellung war die Umstellung in erster Instanz sachgerecht.

Der Antrag ist unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Ein solcher wesentlicher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm darüber hinaus nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Ein Anordnungsanspruch wurde nicht glaubhaft gemacht und ist auch nach der in der Beschwerdeinstanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht erkennbar.

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Zu den zu gewährenden Leistungen gehören als Arbeitslosengeld II insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus den zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts grundsätzlich "alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte" (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011 – B 14 AS 165/10 R – juris Rn. 21 ff. m.w.N.). Maßgeblich für die Abgrenzung zum Vermögen ist der Wertzuwachs, der eine bloße Vermögensumschichtung überschreitet; insoweit sind Früchte und Zinsen aus Vermögen Einkommen (BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 57/07 R – juris). Auch Verkaufserlöse, die sich nicht in der Vermögensumschichtung erschöpfen, sind demnach grundsätzlich Einkommen; die Frage der für die Erzielung dieses Erlöses wiederum getätigten Ausgaben betrifft die Absetzung nach § 11b SGB II. Für die Hilfebedürftigkeit und die fehlende Möglichkeit, aus eigenem Einkommen den Lebensunterhalt zu sichern, ist der Leistungsberechtigte beweisbelastet, wobei beim Beweismaß im Eilverfahren – wie das Sozialgericht zutreffend hervorgehoben hat – die Besonderheiten der grundrechtlichen Fundierung des Anordnungsanspruches zu berücksichtigen sind, so dass nicht allein aufgrund bloßer Vermutungen der Vortrag eines Antragstellers erschüttert werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 – juris).

Gemessen an diesem Maßstab ist der Senat nicht vom Bestehen eines höheren Anspruches auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im hier maßgeblichen Zeitraum überzeugt.

Nach der Beweisaufnahme ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Antragstellerin ihre im Februar 2013 geborenen Hundewelpen unentgeltlich abgegeben hat; vielmehr sprechen viele Umstände dafür dass sie die Welpen für 350,- EUR pro Stück verkauft hat.

Der Senat ist nicht vom Vorbringen der Antragstellerin überzeugt, dass die eBay-Seite mit der Preisangabe von 350,- EUR gleichsam "gehackt" wurde, was man nach den Angaben der Antragsgegnerin im Erörterungstermin daran habe erkennen sollen, dass der auf dem eBay-Foto erkennbare Couchbezug nicht der Einrichtung der Antragstellerin entspreche. Der Antragstellerin wurden nämlich im Erörterungstermin die von der Antragsgegnerin gefertigten Ausdrucke der Fotos der Facebook-Seite der Antragstellerin vorgelegt. Dort ist auf dem Foto vom 13. März 2013 der gleiche Couchbezug und die gleiche Decke wie auf dem angeblich gefälschten eBay-Foto erkennbar. Zudem kam dem Vater der Klägerin ein Schrank auf dem Foto bekannt vor. Auf den ausdrücklichen Vorhalt dieses Umstandes im Erörterungstermin konnte die Antragstellerin keine plausible Erklärung liefern. Sollten die Angaben der Antragstellerin stimmen, so müssten mithin sowohl die Fotos auf der eBay-Kleinanzeige als auch auf der Facebook-Seite manipuliert worden sein, was höchst unwahrscheinlich ist. Die Antragstellerin verneinte die Frage mit Vehemenz, ob sie das eBay-Passwort an Dritte weitergegeben habe. Sie machte darüber hinaus auch nicht den Eindruck, dass sie unerfahren im Umgang mit Internetanwendungen ist, was sich zudem auch darin zeigen dürfte, dass mit ihrem Namen mindestens zwei Internetseiten mit Werbung verbunden sind. Damit fällt die Behauptung, die Fälschung bei eBay könne man schon daran erkennen, dass die Couch nicht der Wohnung der Antragstellerin entspreche, in sich zusammen.

Die mangelnde Glaubhaftigkeit aller Angaben zur Abgabe der Hunde beruht zudem nicht unerheblich darauf, dass die Behauptung der Antragstellerin fernliegend ist, keinerlei Kontaktdaten der übrigen Hundebesitzer mehr zu haben. Insbesondere wenn die Kontakte über Facebook zu Stande gekommen sein sollten, wie die Antragstellerin behauptet, wären die Daten sicherlich noch vorhanden.

Die Beweisaufnahme hat sich im Wesentlichen als wenig ertragreich erwiesen. Die Aussage des Vaters der Klägerin ist unergiebig, da er angegeben hat, bei der Übergabe der Hunde nicht unmittelbar zugegen gewesen zu sein. Die Angaben der Mutter, dass die Übergabe der Welpen im Wesentlichen bei den Eltern stattgefunden habe und sie nicht gesehen habe, dass Gelder geflossen seien, ist nicht so ergiebig, dass das Gegenteil ausgeschlossen ist; es verbleiben eine Vielzahl an Möglichkeiten eines entsprechenden Geldflusses. Die Zeugin D. konnte nur Angaben bezüglich ihres Hundes machen. Dabei erscheint es einerseits glaubhaft, dass aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen zur Familie der Antragstellerin ein Hund verschenkt wird, andererseits beeinträchtigt diese im Termin auch erkennbare freundschaftliche Beziehung auch den Beweiswert der Aussage. Die von Antragsgegnerseite benannten Zeugen F. und G. konnten beide nicht mit letzter Gewissheit sagen, ob sie die Antragstellerin über einen "Verkauf" oder eine "Abgabe" der Hunde befragt haben; insoweit kann auch offenbleiben, ob die Antragstellerin am 26. April 2013 überhaupt unter der gewählten Mobilfunknummer erreichbar gewesen ist.

Im Übrigen teilt der Senat die Würdigung des Sozialgerichts und macht sie sich zu eigen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Es bestehen keine Bedenken, die ablehnende Entscheidung maßgeblich auf die nach der Facebook-Recherche der Antragsgegnerin kopierten, in Augenschein genommenen Fotos zu stützen. Die entsprechende Datenerhebung ist nach § 67a Abs. 2 SGB X rechtmäßig. Hiernach sind Sozialdaten zwar grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung dürfen sie indes nach § 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b)aa) SGB X bei anderen Personen oder Stellen erhoben werden, wenn die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.

Die Fertigung von Kopien der Facebook-Seite ist keine Datenerhebung bei der Antragstellerin. Insoweit ist die Erhebung beim Betroffenen im Lichte der Ziele des Datenschutzrechts zu interpretieren; es kommt insoweit auf den Akt aktiver Mitwirkung des Betroffenen zur Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts an. Die Nutzung von bei Dritten gespeicherten Daten über den Betroffenen, auch wenn dieser sie zur Verfügung gestellt hat und sie weitgehend allgemein zugänglich sind, fällt nicht hierunter.

Der Tatbestand des § 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b)aa) SGB X ist indes erfüllt. Die Vorschrift soll jene Fälle erfassen, in denen gerade die Richtigkeit der Angaben des Betroffenen zur Aufgabenerfüllung überprüft werden müssen (vgl. Bieresborn, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 67a, Rn. 10). Nachdem im Rahmen der Anhörung Restzweifel nicht beseitigt werden konnten und die Antragstellerin selbst auf ihre Facebook-Seite hingewiesen hat, ist eine Datenerhebung bei Facebook im Sinne der Vorschrift "erforderlich"; schutzwürdige Interessen der Antragstellerin werden nicht beeinträchtigt, da die Antragsgegner ersichtlich nur mitgliederöffentlichen Fotos kopiert haben; jedenfalls hat die Antragstellerin nichts Gegenteiliges vorgetragen.

Ein Anordnungsanspruch ist auch nicht teilweise hinsichtlich der Höhe glaubhaft gemacht.

Unter den gegebenen Umständen ist nicht erkennbar, dass es sich um eine gewerbsmäßige Hundezucht handelt; insoweit ist es – mit Bindungswirkung nur für dieses Eilverfahren – nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das Einkommen lediglich um die Versicherungspauschale bereinigt hat und als sonstige einmalige Einnahme (§ 4 Alg II-V, § 11 Abs. 3 SGB II) bewertet hat.

Die verbleibenden Restzweifel hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der Einkünfte durch den Verkauf können mangels plausibler Angaben der Antragstellerin nichts zu ihren Gunsten ändern. Die Aufklärung, ob bei einzelnen Verkäufen geringere oder gar keine Einkünfte erzielt worden sind, oder ob aus anderen Internetangeboten der Antragstellerin umgekehrt weitere Einkünfte zugeflossen sind, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Mangels greifbarer Angaben der Antragstellerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ab 1. Juli 2013 die Einnahmen nicht mehr als bereite Mittel vorhanden waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Berufung angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved