L 11 AS 697/13 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 855/13 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 697/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Nichtigkeit von Sanktionsbescheiden.
I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.09.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Rücknahme der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, vom 07.08.2013 und vom 04.09.2013 sowie die Auszahlung der insofern einbehaltenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die ASt beziehen Alg II vom Antragsgegner (Ag). Jeweils mit Schreiben vom 25.03.2013 forderte der Ag sie - unter Belehrung über etwaige Rechtsfolgen einer unentschuldigten Nichtvorsprache - auf, sich am 10.04.2013 bei ihm zu melden, um über die aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Nachdem die ASt zum Vorsprachetermin nicht erschienen waren, minderte der Ag mit Bescheiden vom 21.06.2013 die jeweilige Regelleistung der ASt um 10% des Regelbedarfs (jeweils monatlich 34,50 EUR) für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.09.2013. Dies wurde bei der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 im Bescheid vom 21.06.2013 entsprechend berücksichtigt.

Trotz entsprechender Einladungen des Ag haben die ASt jeweils auch die Termine zur Besprechung ihrer aktuellen beruflichen Situation am 01.07.2013, 10.07.2013 und 22.07.2013 nicht wahrgenommen. Der Ag minderte deshalb mit sechs Bescheiden vom 07.08.2013 jeweils die Regelleistung der ASt um 10% des Regelbedarfs (monatlich 34,50 EUR) für die Zeit vom 01.09.2013 bis 30.11.2013. In Bezug auf nicht wahrgenommene Vorsprachetermine am 29.07.2013 und 12.08.2013 minderte der Ag erneut mit vier Bescheiden vom 04.09.2013 jeweils die Regelleistung der ASt um 10% des Regelbedarfs (monatlich 34,50 EUR) für die Zeit vom 01.10.2013 bis 31.12.2013. Mit einem an die ASt zu 1. adressierten Änderungsbescheid vom 23.10.2013 hob der Ag u.a. in Bezug auf die genannten Sanktionsbescheide die Leistungsbewilligung vom 21.06.2013 gegenüber der Bedarfsgemeinschaft der ASt teilweise für September 2013 iHv 276 EUR, jeweils für Oktober und November 2013 iHv 345 EUR sowie für Dezember 2013 iHv 276 EUR auf.

Die ASt legten gegen die Bescheide nach Aktenlage und nach telefonischer Auskunft des Ag keinen Widerspruch ein. Einen Antrag vom 19.07.2013 auf Feststellung der Nichtigkeit bezüglich der Einladungsschreiben vom 25.06.2013, 01.07.2013 sowie 11.07.2013 und der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 lehnte der Ag mit Bescheid vom 31.07.2013 ab. Mit der dagegen beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage (S 13 AS 825/13) haben die ASt die Feststellung der Nichtigkeit der Meldeaufforderungen vom 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013 und 11.07.2013, der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 und des Bescheides vom 31.07.2013 beantragt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 abgewiesen. Über die dagegen beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) von den ASt eingelegte Berufung (L 11 AS 734/13) ist bislang nicht entschieden.

Einen weiteren Antrag der ASt vom 22.08.2013 auf Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide vom 21.06.2013 und 07.08.2013 lehnte der Ag mit Bescheid vom 03.09.2013 ab. Mit der dagegen beim SG erhobenen Klage (S 13 AS 881/13) haben die ASt die Feststellung der Nichtigkeit der Meldeaufforderungen vom 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013 und 27.08.2013, der Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 und 04.09.2013 sowie des Bescheides vom 03.09.2013 beantragt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 abgewiesen. Über die dagegen beim LSG von den ASt eingelegte Berufung (L 11 AS 735/13) ist bislang nicht entschieden.

Bereits am 09.09.2013 haben die ASt beim SG im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anweisung des Ag zur Rücknahme sämtlicher Sanktionsbescheide und die Auszahlung der insofern einbehaltenen Leistungen beantragt. Unverschuldet stünden ihnen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nur noch ca. 15 bis 20 EUR zur Verfügung. Einen entsprechenden Bescheid über die Änderung der Leistungsbewilligung hätten sie bislang nicht erhalten. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 19.09.2013 abgelehnt. Die ASt würden ausdrücklich nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfes begehren, sondern die Feststellung der Nichtigkeit von Sanktionsbescheiden, Meldeaufforderungen und des Bescheides vom 03.09.2013. Nichtigkeit liege aber nicht vor. Selbst eine fehlende Unterschrift oder ein fehlender Hinweis auf die Rechtswirksamkeit ohne Unterschrift führten nicht zur Nichtigkeit. Eine unterschiedliche Zuständigkeit beim Ag bezüglich Sanktions- und Absenkungsbescheiden sei ebenso nicht zu beanstanden. Auch eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung führe nicht zur Nichtigkeit des Bescheides. Ein Auszahlungsanspruch bestehe nicht, da nach der Neuregelung des § 31b SGB II sich der Auszahlungsanspruch kraft Gesetzes mindere. Einer gesonderten Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide bedürfe es von daher nicht.

Dagegen haben die ASt Beschwerde beim LSG eingelegt. Man habe dem Sachbearbeiter und dem Geschäftsführer nicht unerhebliche Täuschungen nachweisen können, woraus sich eine Sittenwidrigkeit ergebe. Der Sachbearbeiter gehe zudem selbst von der Nichtigkeit seiner Meldeaufforderungen aus. Durch die Aufrechterhaltung der Sanktionen entstünden nicht unerhebliche Rechtsnachteile. Barmittel seien bereits erschöpft.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Streitgegenstand ist vorliegend die Rücknahme der Sanktionsbescheide und die Auszahlung des insofern einbehaltenen Alg II. Ausgehend von der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG am 09.09.2013 geht es um die zuvor ergangenen beiden Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, sechs Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 und vier Sanktionsbescheide vom 04.09.2013. Damit wurde jeweils gegenüber den Antragstellern der Eintritt folgender Sanktionen festgestellt:

Monat Umfang der Sanktion Summe Bescheid vom Meldetermin
07/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 34,50 EUR 21.06.2013 10.04.2013

08/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 34,50 EUR 21.06.2013 10.04.2013

09/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 138 EUR 21.06.2013 10.04.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.201 01.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 10.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 22.07.2013

10/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 172,50 EUR 07.08.2013 01.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 10.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 22.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 04.09.2013 29.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 04.09.2013 12.08.2013

11/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 172,50 EUR 07.08.2013 01.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 10.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 07.08.2013 22.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 04.09.2013 29.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 04.09.2013 12.08.2013

12/2013 10% der Regelleistung: 34,50 EUR 69 EUR 04.09.2013 29.07.2013
10% der Regelleistung: 34,50 EUR 04.09.2013 12.08.2013

Sowohl die Bescheide vom 21.06.2013, 07.08.2013 und 04.09.2013, mit denen Pflichtverletzungen und die Minderungen des Auszahlungsanspruchs festgestellt wurden, als auch der Änderungsbescheid vom 23.10.2013, mit dem die Leistungsbewilligung gegenüber den ASt teilweise aufgehoben worden ist, sind sofort vollziehbar (§ 39 SGB II iVm § 86a Abs 2 Nr 4 SGG). Statthafter Rechtsbehelf dagegen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wäre insofern ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Bescheide nach § 86b Abs 1 SGG. Allerdings haben die ASt weder Widersprüche gegen die genannten Bescheide eingelegt, noch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Ein entsprechender Antrag vor Einlegung eines Widerspruchs wäre im Übrigen unzulässig (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 86b Rn 8a). Es kommt auch keine Auslegung der beim Ag gestellten Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide in entsprechende Widersprüche gegen die benannten Bescheide in Betracht. Nach § 40 Abs 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) kann bei einer Behörde die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes beantragt werden. Dies haben die ASt mit ihren Anträgen vom 19.07.2013 und 22.08.2013 getan. Hierüber hat der Ag mit Bescheiden vom 31.07.2013 und 03.09.2013 entschieden. Die ASt haben dabei ausdrücklich ihre Anträge als solche auf Feststellung der Nichtigkeit bezeichnet und zudem die Vorschrift des § 40 Abs 5 SGB X zitiert. Einer entsprechenden Auslegung von Anträgen auf Feststellung der Nichtigkeit als Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wie es das SG in einem Beschluss vom 10.07.2013 (S 13 AS 577/13 ER) getan hat, haben die ASt im diesbezüglichen Beschwerdeverfahren beim LSG (L 11 AS 642/13 B ER) ausdrücklich widersprochen. Zudem hat das SG im genannten Beschluss darauf hingewiesen, dass gegen den dort streitigen Sanktionsbescheid bislang kein Widerspruch eingelegt worden sei, was die ASt ebenso nicht dazu veranlasst hat, in irgendeiner Weise zu erkennen zu geben, sie wollten Widerspruch gegen die Sanktionsbescheide oder den Änderungsbescheid erheben.

Soweit die ASt vorliegend die Anordnung begehren, den Ag zur Aufhebung der vor dem 09.09.2013 ergangenen Sanktionsbescheide vorläufig zu verpflichten und die einbehaltenen Leistungen auszuzahlen, handelt es sich damit um Regelungsanordnungen, so dass § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt.
Hierbei ist eine vorläufige Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69; vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl., Rn.652).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 86b Rn 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - aaO - und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).

Unter Beachtung dieser Überlegungen ist den ASt einstweiliger Rechtsschutz nicht zu gewähren. Wie bereits ausgeführt, haben sie gegen die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, vom 07.08.2013 und vom 04.09.2013 sowie gegen den Änderungsbescheid vom 23.10.2013 keinen Widerspruch eingelegt. Damit sind die Bescheide bestandskräftig geworden und regeln zwischen den Beteiligten bindend, dass die Sanktionen eingetreten und entsprechend dem Änderungsbescheid leistungsrechtlich umgesetzt worden sind (§ 77 SGG). Es wurde bislang beim Ag nach Aktenlage auch kein Antrag auf Rücknahme der Verwaltungsakte nach § 44 SGB X gestellt. Mit dem Änderungsbescheid vom 23.10.2013 hat der Ag zumindest für die hier streitgegenständlichen Sanktionen die vorhergehende Leistungsbewilligung im Bescheid vom 21.06.2013 in einem ausreichenden Maße teilweise aufgehoben. So entspricht bzw übersteigt die Leistungsaufhebung im Umfang von 276 EUR für September 2013, im Umfang von 345 EUR jeweils für Oktober und November 2013 sowie im Umfang von 276 EUR für Dezember 2013 die Summe der bei den ASt hier streitgegenständlichen, festgestellten Sanktionen iHv 276 EUR (2 x 138 EUR) für September 2013, 345 EUR (172,50 EUR x 2) für Oktober und November 2013 und 138 EUR (2 x 69 EUR) für Dezember 2013. Darauf, dass gegebenenfalls für zeitlich nach der Antragstellung folgende Sanktionen eine ausreichende Leistungsaufhebung im Bescheid vom 23.10.2013 nicht erfolgt sein könnte (die Aufhebungsbeträge für November und Dezember 2013 liegen unter der Summe der festgestellten Sanktionen, wie sie auch in der neuen Leistungsberechnung ausgewiesen werden), kommt es vorliegend nicht an.

Die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, vom 07.08.2013 und vom 04.09.2013 sowie der Änderungsbescheid vom 23.10.2013 sind auch nicht nichtig, so dass sich von daher kein Anspruch auf Aufhebung oder Nachzahlung der einbehaltenen Leistungen ergeben könnte.

Nach § 40 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf diese Voraussetzungen ist ein Verwaltungsakt nichtig (§ 40 Abs 2 SGB X),
1. der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht oder
5. der gegen die guten Sitten verstößt.

Weder einer der ausdrücklich genannten Nichtigkeitsgründe noch andere Anhaltspunkte liegen vor, aus denen sich die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Bescheide ergeben könnte. Aus den Bescheiden und den Einladungsschreiben zu den Vorspracheterminen ergibt sich jeweils unzweifelhaft die erlassende Behörde. Die Vorsprachetermine hätten von den ASt wahrgenommen werden können und hätten auch nicht die Begehung einer rechtswidrigen Tat zur Folge gehabt. Weder die Einladungen noch die Sanktionsbescheide verstoßen gegen die guten Sitten. Vielmehr entspricht die Feststellung des Eintritts der Sanktion der Rechtsfolge, die der Gesetzgeber an ein unentschuldigtes Versäumen eines Vorsprachetermins knüpft (§ 32 Abs 1 und 2 SGB II iVm § 31b SGB II). Für die von den ASt vorgebrachten Täuschungsabsichten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Ebenso wenig können unterschiedliche interne Zuständigkeiten von Mitarbeitern des Ag oder eine fehlende Unterschrift die Nichtigkeit begründen. Hinsichtlich der nach § 33 Abs 3 SGB X notwendigen Unterschrift war diese nach § 33 Abs 5 Satz 1 SGB X im Hinblick auf den Erlass mittels automatischer Einrichtungen entbehrlich bzw es bestand jedenfalls kein Zweifel daran, dass die Entscheidung ohne Unterschrift als endgültige gewollt gewesen wäre (vgl dazu auch Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, § 40 Rn 12). Eine Nichtigkeit ist damit jedenfalls nicht gegeben.

Ebenso ist auch der Änderungsbescheid vom 23.10.2013 nicht nichtig. Zwar könnten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des Bescheides bestehen, da im Rahmen des Verfügungssatzes nicht hinreichend klar wird, in welchem Umfang die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung gegenüber welchem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgt, allerdings könnte sich dies unter Heranziehung der in dem Bescheid ebenfalls enthaltenen Neubewilligung (vgl dazu BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 12) und aus etwaigen Berechnungsblättern als Anlage - diese sind jedoch in der Akte des Ag nicht enthalten - ergeben. Ein besonders schwerwiegender Fehler, der die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes zur Folge hätte, ist aber unter keinen Umständen in Bezug auf den Bescheid vom 23.10.2013 gegeben.

Die ASt haben damit keinen Anspruch auf eine vorläufige Aufhebung der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, vom 07.08.2013 und vom 04.09.2013 sowie des Änderungsbescheides vom 23.10.2013, soweit dieser die genannten Sanktionen leistungsrechtlich umsetzt. Ein Anspruch auf einstweilige Auszahlung der einbehaltenen Leistungen besteht folglich ebenfalls nicht. Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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