L 19 AS 2306/13 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 3853/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2306/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 37/14 S
Datum
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
PKH-Antrag abgelehnt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.11.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur nochmaligen Überweisung von auf ein gepfändetes Konto überwiesenen Leistungen nach dem SGB II auf ein pfändungsfreies Konto seiner Mutter.

Mit fünf Bewilligungsbescheiden vom 17.09.2013 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Nachzahlungen für Ernährungsmehrbedarfe im Sinne von § 21 Abs. 5 SGB II für zurückliegende Bewilligungsabschnitte und überwies diese auf ein gepfändetes Konto des Antragstellers.

Mit Antrag an das Sozialgericht vom 05.11.2013 hat der Antragsteller die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur nochmaligen Auszahlung der Nachzahlungen seit dem 01.07.2011 auf ein Konto seiner Mutter beantragt. Mit Beschluss vom 13.11.2013 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt mit der Begründung, der Antragsteller habe sich vor Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht an den Antragsgegner gewandt.

Gegen den am 19.11.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 04.12.2013, für deren Durchführung er Prozesskostenhilfe beantragt. Die nochmalige Auszahlung der seit 2011 vorenthaltenen Mittel sei wegen seines aktuell schlechten Gesundheitszustands dringend erforderlich. In der Vergangenheit habe er Verpflegungsmehraufwendungen mit Hilfe von Zuwendungen seiner Mutter bestritten. Weil der Antragsgegner weder seinem Anliegen hinsichtlich einer Auszahlung der Nachzahlung auf ein pfändungsfreies Konto noch seinem Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung hinsichtlich eines Ernährungsmehrbedarfs zur Vorlage beim Vollstreckungsgericht entsprochen habe, sei eine Erfüllungswirkung hinsichtlich seiner Ansprüche für zurückliegende Zeiträume nicht eingetreten und der Antragsgegner schadensersatzpflichtig.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Hinsichtlich der begehrten nochmaligen Auszahlung der Nachzahlung für Verpflegungsmehraufwendungen in der Vergangenheit fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes als Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG.

Leistungen für Zeiträume vor Antragstellung können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig nicht zugesprochen werden. In der Regel ist ein Anordnungsgrund nicht gegeben, soweit ein Antragsteller Leistungen für einen im Zeitpunkt der Antragstellung beim erstinstanzlichen Gericht (vorliegend dem 05.11.2013) bereits zurückliegenden Zeitraum begehrt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 29.09.2013 - L 19 AS1285/13 B ER, vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER). Im einstweiligen Rechtschutzverfahren sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolge dessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Gesichtspunkte, die in diesem Einzelfall ein Abweichen vom Grundsatz gebieten können, sind nicht ersichtlich. Einen in die Gegenwart fortwirkenden Nachteil macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Er behauptet, seinen Ernährungsmehrbedarf in der Vergangenheit aus Zuwendungen seiner Mutter bestritten zu haben. Schon aus diesem Grunde scheidet eine einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur nochmaligen Überweisung des Nachzahlungsbetrages aus.

Darüber hinaus bestehen (erhebliche) Zweifel am Bestehen eines Anordnungsanspruchs im Sinne eines im Hauptsacheverfahren voraussichtlich durchsetzbaren Leistungsanspruchs. Denn der Leistungsanspruch bezüglich zustehender Mehrbedarfsleistungen nach dem SGB II dürfte durch Erfüllung (entsprechend § 362 BGB) erloschen sein, weil der Antragsgegner die Leistungen auf das Konto des Antragstellers überwiesen hat. Entgegen der Vorstellung des Antragstellers steht einer Erfüllungswirkung der Umstand nicht entgegen, dass eine Leistung auf ein gepfändetes Konto überwiesen wird. Weder ist es Aufgabe des Antragsgegners zu prüfen, ob und in welchem Umfang Konten des Antragstellers einer Pfändung unterliegen, noch besteht gar eine Verpflichtung, Nachzahlungen dem ausschließlich vom zuständigen Vollstreckungsgericht überwachten Zugriff der Gläubiger zu entziehen.

Schon deshalb scheidet der im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Schadensersatzanspruch als Anspruchsgrundlage für das Begehren auf nochmalige Auszahlung aus. Bei diesem Schadensersatzanspruch dürfte es sich im Übrigen nach dem Vortrag des Antragstellers um einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art. 34 Abs. 3 GG handeln, für den ausschließlich der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist (§ 17 Abs. 1 S. 2 GVG; vgl. auch BSG Urteil vom 28.03.2000 - B 8 Kn 3/98 U R).

Soweit der Antragsteller die Verzögerung der mit Schreiben vom 11.10.2013 beantragten Übersendung einer Bescheinigung hinsichtlich des Ernährungsmehrbedarfs zwecks Vorlage beim Vollstreckungsgericht nach § 850k Abs. 5 ZPO rügt, ist der Senat an einer Entscheidung über einen möglicherweise beabsichtigten Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur sofortigen Erteilung einer solchen Bescheinigung gehindert, weil hierzu noch keine erstinstanzliche Entscheidung des Sozialgerichts vorliegt. Nach § 29 SGG entscheiden die Landessozialgerichte im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte An einer solchen Vorbefassung des Sozialgerichts fehlt es hinsichtlich eines möglichen Begehrens des Antragstellers, den Antragsgegner zur sofortigen Ausstellung einer Bescheinigung nach § 850k ZPO zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren steht nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach Vorstehendem keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO bietet.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundesozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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