L 6 AS 378/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 11 AS 125/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 378/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 15/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auf Unionsbürger mit einem vermutet legalen Aufenthalt ohne materielles Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche findet der Leistungsausschluss des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keine Anwendung (Anschluss an: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2013 – L 31 AS 362/13 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2013 – L 19 AS 129/13 – insbes. Rn. 37 ff. nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER).

2. Die Systematik des FreizügG/EU und Art. 24 EGRL 2004/38/EG stehen auch einer entsprechenden Anwendung des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II oder einer Anwendung im Wege des "erst recht"-Schlusses auf Unionsbürger aus anderen Mitgliedstaaten entgegen, deren Aufenthaltsrecht vermutet wird, weil die zuständige Ausländerbehörde noch keine Feststellung über den Wegfall der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts getroffen hat.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. Juni 2012 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – vom 1. August 2011 bis 11. Oktober 2011 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die am 16. Oktober 1989 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten für den Zeitraum vom 1. August 2011 bis 11. Oktober 2011 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).

Sie ist bulgarische Staatsangehörige und reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zusammen mit ihrem damaligen Lebensgefährten und ihrer Mutter mietete sie eine Wohnung in B-Stadt an. Seit 6. Juli 2011 ist sie nach ihren eigenen Angaben von ihrem Lebensgefährten getrennt; er wohne auch nicht mehr in ihrer Wohnung.

Bereits am 1. Juni 2011 meldete die Klägerin ein Gewerbe als "Gebäudereinigung; Lagerarbeiten" an. Als Betriebsstätte und Hauptniederlassung gab sie ihre Wohnanschrift an. Sie habe im Juni auf Vermittlung ihres damaligen Freundes für den Kunden C. GmbH, C-Straße, C-Stadt, in D-Stadt gearbeitet und 1.200,- bis 1.300,- EUR über ihren Freund in bar erhalten. Die Klägerin hat zur Akte SG Wiesbaden S 11 AS 749/11 ER eine an die Fa. C. GmbH gerichtete Rechnung über "Fahrer Tätigkeit" vom 7. Juni 20011 bis 30. Juni 2011 i.H.v. 1.517,25 EUR incl. MwSt. gereicht. Hinsichtlich des Unternehmens C. GmbH wird auf den Handelsregisterauszug auf Bl. 59 ff. in der Akte SG Wiesbaden S 11 AS 749/11 ER verwiesen.
Zum 1. August 2011 meldete sie ihr Gewerbe wieder ab. Gegenüber der Beklagten gab sie an, sie sei gewerblich als Raumpflegerin tätig gewesen, habe ihr Gewerbe aber zum 1. August 2011 abmelden müssen, da sie die deutsche Sprache nicht beherrsche und deshalb keine Verständigung mit ihren Geschäftspartnern möglich gewesen sei. Zudem sei sie schwanger und könne ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sicherstellen.

Nach den eigenen Angaben der Klägerin im Verfahren SG Wiesbaden S 11 AS 749/11 ER erhielt sie im streitgegenständlichen Zeitraum Barzahlungen in Höhe der Mietforderung für die Monate August und September 2011 von ihrem damaligen Freund. Am 30. September 2011 erhielt die Klägerin eine Zahlung der Caritas mit dem Verwendungszweck "Babyhilfe" in Höhe von 150,- EUR. Der Girokontostand betrug am 4. Oktober 2011 0,07 EUR. Weiteres Einkommen und Vermögen im streitgegenständlichen Zeitraum ist nicht ersichtlich. Die Mutter der Klägerin gab in einer eidesstattlichen Versicherung vom 2. November 2011 an, über kein Einkommen, aber "noch etwas finanzielle Rücklagen" zu verfügen, aus denen der Lebensunterhalt bestritten werde, sie werde in dieser Woche einen Antrag auf Leistungen stellen. Zum Zeitpunkt der informatorischen Anhörung im Eilverfahren S 11 AS 749/11 ER am 28. Oktober 2011 befand sich die Klägerin in der 24. Schwangerschaftswoche und lebte weiterhin von ihrem vormaligen Lebensgefährten getrennt. Auf die Frage nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen gab die Klägerin an, arbeiten zu können. Der Senat nimmt hinsichtlich der Feststellungen zu Einkommen und Vermögen ergänzend auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts im Verfahren S 11 AS 749/11 ER, die dort abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen (Bl. 49-57,70-80 der dortigen Akte) sowie die Angaben der Klägerin in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten Bezug.

Die Klägerin ist im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung gemäß § 2 Abs. 1, § 5 a.F. i.V.m. § 13 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU), ausweislich derer eine unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit nach § 284 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) gestattet ist. Nach Auskunft der zuständigen Ausländerbehörde vom 30. Juli 2013 wurden bislang keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet.

Am 3. August 2011 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Unter anderem aufgrund ihrer Schwangerschaft könne sie ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sicherstellen. Ihr Lebensgefährte, gleichzeitig Vater ihres ungeborenen Kindes, habe sich vor ca. zwei bis drei Wochen von ihr getrennt. Sein aktueller Aufenthaltsort sei ihr nicht bekannt. Mit ihm habe sie noch ein weiteres Kind im Alter von 2 Jahren, das bei den Eltern ihres Lebensgefährten in Bulgarien lebe.

Mit Bescheid vom 23. August 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. August 2011 Widerspruch ein. Ihr sei eine Arbeitsaufnahme nicht generell untersagt. Bei Vorlage eines konkreten Arbeitsstellenangebotes könne ihr eine Arbeitserlaubnis erteilt werden. Sie sei mittellos und benötige aufgrund ihrer Schwangerschaft dringend medizinische Versorgung. Zudem drohe Wohnungslosigkeit, da sie ihre Miete nicht zahlen könne.

Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Zudem sei sie nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II. Sie könne sich auch nicht auf das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (EFA) berufen. Bulgarien sei diesem Abkommen nicht beigetreten.

Bereits am 12. Oktober 2011 stellte die Klägerin bei dem Sozialgericht Wiesbaden einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 16. November 2011 hat das Sozialgericht Wiesbaden den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 24. Januar 2012 den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden aufgehoben und die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Klägerin ab dem 12. Oktober 2011 vorläufig Arbeitslosengeld II nach dem SGB II in Höhe der Regelleistungen bis zum 29. Februar 2012 zu gewähren.

Durch Bescheid vom 31. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 12. Oktober 2011 bis zum 29. Februar 2012 vorbehaltslos Leistungen nach dem SGB II, für den Monat Oktober 2011 anteilig in Höhe von 284,00 Euro (242,67 Euro Regelleistung und 41,33 Euro Mehrbedarf Schwangerschaft) und ab dem 1. November 2011 in Höhe von monatlich 426,00 Euro (364,00 Euro Regelleistung und 62,00 Euro Mehrbedarf Schwangerschaft). Hiergegen hat die Klägerin am 2. Februar 2012 Widerspruch erhoben; ein Widerspruchsbescheid ist bislang nicht ergangen.

Bereits am 24. Oktober 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II normierte Leistungsausschluss sei nicht europarechtskonform. Die Beklagte hat auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2011 Bezug genommen.

Das Sozialgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 1. Juni 2012, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 16. Juni 2012, abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. August 2011 bis 11. Oktober 2011 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsanspruch ausgeschlossen. Hiernach seien Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, von den Leistungen nach dem SGB II ausgenommen. Seien nach dieser – europarechtlich nicht unumstrittenen – Regelung aber bereits arbeitssuchende Unionsbürger von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, müsse dies nach Auffassung der Kammer erst Recht für nicht arbeitssuchende Unionsbürger gelten. Die Klägerin habe die Kammer nicht davon überzeugen können, dass sie sich in dem streitgegenständlichen Zeitraum zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Selbst wenn man unter den Begriff der "Arbeitssuche" auch das Bemühen um eine selbstständige Erwerbstätigkeit fassen wollte, fehle es hier jedenfalls an einer beabsichtigten Arbeitssuche im Rahmen einer niedergelassenen Tätigkeit. Die Klägerin habe nach eigenen Angaben das von ihr am 1. Juni 2011 angemeldete Gewerbe kurze Zeit später wieder abgemeldet, weil ihr aufgrund fehlender Sprachkenntnisse eine Verständigung mit Geschäftspartnern nicht möglich gewesen sei. Die Klägerin habe für den streitgegenständlichen Zeitraum auch weder eine ernsthafte Arbeitssuche noch begründete Aussichten auf eine Anstellung nachgewiesen. Sie dürfte zudem aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und Berufsausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt kaum vermittelbar und faktisch chancenlos sein. Nach Ablauf einer sechsmonatigen Aufenthaltszeit sei ein Ausländer aber grundsätzlich nur dann als Arbeitssuchender anzusehen, wenn er nachweise, weiterhin mit konkreter Aussicht auf Erfolg nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Daran fehle es hier. Für den streitgegenständlichen Zeitraum habe die Klägerin weder konkrete Bewerbungen noch wahrgenommene Arbeitsangebote vorgetragen. Objektivierbar seien günstigstenfalls die von der Klägerin im Laufe des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf Anforderung durch das Gericht vorgelegten Bescheinigungen von vier potentiellen Arbeitgebern, die allesamt vom 3. November 2011 datierten. Der Vortrag der Klägerin, sie habe sich auch bei anderen potentiellen Arbeitgebern um einen Arbeitsplatz bemüht, aber keine Möglichkeit gehabt, diese um die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen zu bitten, da diese außerhalb B-Stadts ansässig seien und sie keinen Fahrschein gehabt habe, um dorthin zu fahren, sei unerheblich. Es sei der vertretenen Klägerin jedenfalls zumutbar, dem Gericht die Kontaktdaten der von ihr nach einem Arbeitsplatz angefragten potentiellen Arbeitgeber mitzuteilen. Tatsachen zur Begründung eines neben der von der Klägerin vorgetragenen Arbeitssuche bestehenden, weiteren Aufenthaltsrechtes, welches zur Unanwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II führten, seien ersichtlich nicht gegeben. Die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin gewesen und sei dies auch nicht gegenwärtig. Die Klägerin sei nach ihrem eigenen Vortrag bisher weder abhängig beschäftigt gewesen, noch habe sie eine entsprechende Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit beantragt. Entgegen des Vortrags der Klägerin vermöge die Kammer auch eine selbstständige Tätigkeit und somit ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU nicht anzunehmen. Die Klägerin habe zum 1. Juni 2011 unter ihrem Wohnsitz die Betriebsstätte und Hauptniederlassung ihres Gewerbes "Gebäudereinigung; Lagerarbeiten" angemeldet, das sie bereits zum 1. August 2011 wieder abmeldet habe. Nach ihren Angaben sei die Klägerin lediglich im Juni 2011 selbstständig tätig gewesen, und zwar ausschließlich für das Unternehmen C. GmbH. Sie habe dort Lagerflächen und Lkw gereinigt und Paletten sortiert. Als Inhaberin des von ihr angemeldeten Gewerbes habe sie weder Kontakt zu dem Unternehmen gehabt, noch durch das Unternehmen einen entsprechenden Auftrag erhalten. Das Geld für ihre Tätigkeit, ca. 1.200,00 Euro bis 1.300,00 Euro, habe ihr ehemaliger Lebensgefährte in bar erhalten. Die Angaben der Klägerin hinsichtlich ihrer Vermittlung an das Unternehmen C. GmbH und der von ihr dort ausgeübten Tätigkeiten sprächen nach Ansicht der Kammer eher für eine abhängige – und mangels entsprechender Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unerlaubte – Beschäftigung als für eine selbstständige Tätigkeit. Auch die von der Klägerin vorgelegte Rechnung habe die von ihr vorgetragene selbstständige Tätigkeit nicht zu begründen vermocht. Es sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin dem Unternehmen C. GmbH eine Rechnung stellen sollte, wenn sie nach ihren eigenen Angaben als Inhaberin des von ihr angemeldeten Gewerbes gar keinen Kontakt zu dem Unternehmen gehabt und von diesem auch keinen Auftrag erhalten habe, vielmehr durch ihren ehemaligen Lebensgefährten als Arbeitskraft an das Unternehmen vermittelt worden sei. Hinzu komme, dass die Rechnung "für ausgeführte Fahrer Tätigkeit" ausgestellt worden ist, die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag aber Lagerflächen und Lkw gereinigt sowie Paletten sortiert haben will. Die Art der in Rechnung gestellten Tätigkeit sei nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil nach dem Vortrag der Klägerin ihr ehemaliger Lebensgefährte als Fahrer für das besagte Unternehmen tätig gewesen sei. Bedenken begegne auch der Umstand, dass der Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen auf das in der Rechnung angegebene Konto habe überwiesen werden sollen, das Entgelt für die Tätigkeit der Klägerin nach ihren eigenen Angaben aber in bar an ihren ehemaligen Lebensgefährten ausgezahlt worden sei. Es spreche einiges dafür, dass die Gewerbeanmeldung ausschließlich aus dem Grund erfolgte sei, weil die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung auf dem Gebiet der angemeldeten "Gebäudereinigung; Lagerarbeiten" nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit möglich gewesen wäre. Ohne die Ausübung entsprechender selbstständiger Tätigkeiten könne aber auch eine Gewerbeanmeldung die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht begründen. Die Klägerin habe auch nicht zu den Erbringern von Dienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU gehört. Die Freizügigkeitsberechtigung nach dieser Bestimmung setze voraus, dass der Unternehmer seine Leistung außerhalb des Staates seiner Niederlassung erbringe. Dies sei ersichtlich nicht der Fall. Die Klägerin habe mangels entsprechender Absicht auch kein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 4 FrezügG/EU. Die Klägerin könne sich auch nicht auf ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 und 6 FreizügG/EU berufen. Sie verfüge gemäß § 4 FreizügG/EU weder über ausreichenden Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Existenzmittel. Ein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht ergebe sich für die Klägerin auch nicht aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 Abs. 1, 2 FreizügG/EU. Ungeachtet der Frage nach der Freizügigkeitsberechtigung ihrer Mutter begründeten die genannten Vorschriften für die Klägerin nur dann ein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht, wenn sie als Familienangehörige bei ihrer Mutter als freizügigkeitsberechtigte Person Wohnung nehmen und von dieser unterhalten werden würde. Dagegen spreche nicht nur der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, sondern auch die Erklärung ihrer Mutter in der eidesstattlichen Versicherung, wonach auch sie die Stellung eines Antrages auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beabsichtige. Die Klägerin könne ihr Aufenthaltsrecht auch nicht auf § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU stützen, da die Mutter nicht daueraufenthaltsberechtigt sei. Unterstellt, dass sich die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe, ergebe sich im Ergebnis keine andere Beurteilung. In diesem Fall wären Ansprüche nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Zweck dieser durch das Gesetz vom 24. März 2006 zum 1. April 2006 eingeführten gesetzlichen Neuregelung sei der Ausschluss von Ausländern gewesen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche infolge der Umsetzung der in Art. 24 Abs. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG bestehenden Regelung ergebe. Der nationale Gesetzgeber sei auch berechtigt gewesen, einen solchen Leistungsausschluss zu normieren. Zwar genieße gemäß Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates aufhalte, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates. Allerdings sei der Aufnahmemitgliedstaat gemäß Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibe, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Leistungen für Studien- und Berufsausbildung zu gewähren. Bei dem streitbefangenen Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II) handele es sich nach Auffassung der Kammer um eine Sozialhilfeleistung im Sinne des Art. 24 Richtlinie 2004/38/EG. Insoweit sei zwischen Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und solchen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II) zu unterscheiden. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des SGB II seien keine Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II und die Richtlinie 2004/38/EG seien auch mit europäischem Primärrecht vereinbar. Die Kammer schließe sich insoweit der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts an (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 13. September 2007 – L 9 AS 44/07 ER – ; Hess. LSG, Beschluss vom 23. Juli 2010 – L 9 AS 341/10 B ER – ). Danach stelle die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf Unionsbürger keine verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 12 EGV) dar. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ergebe sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus Art. 4 i. V. m. Art. 70 der zum 1. Mai 2010 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO (EG) 883/2004) vom 29. April 2004. Ungeachtet der Frage, ob ein Anspruch auf Gewährung von beitragsunabhängigen Leistungen unmittelbar auf Art. 4 i. V. m. Art. 70 (EG) 883/2004 gestützt werden könne, Art. 4 i. V. m. Art. 70 VO (EG) 883/2004 mithin eine Anspruchsgrundlage darstelle, oder ob Art. 4 i. V. m. Art. 70 VO (EG) 883/2004 als Koordinierungsregelung (lediglich) ein Gleichbehandlungsgebot für den Fall normiere, dass der betroffene Unionsbürger einen auf die jeweiligen Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates gestützten Anspruch auf Gewährung von beitragsunabhängigen Leistungen im Sinne des Art. 70 VO (EG) 883/2004 habe, sei die Klägerin nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst. Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 gelte die Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten würden oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen. Nach Auffassung der Kammer spreche insbesondere die entsprechende Vorgängerregelung der VO (EWG) 1408/71 dafür, dass sich der Halbsatz "für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten" auch auf die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats beziehe. Nach Art. 1 lit. Buchstabe I VO (EG) 883/2004 bezeichne der Begriff "Rechtsvorschriften" für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Staatsangehörige eines Mitgliedstaates seien somit dann vom persönlichen Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 erfasst, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllten, das heißt im Rahmen der genannten Systeme der sozialen Sicherheit versichert seien. Es sei jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert gewesen sei. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen des Europarats vom 11. Dezember 1953. Bulgarien sei dem Abkommen nicht beigetreten.

Die hiergegen eingelegte Berufung zum Hessischen Landessozialgericht ist am 20. Juni 2012 bei dem Sozialgericht Wiesbaden eingegangen.

Die Klägerin trägt vor, die Ausführungen zur Arbeitsuche im Urteil seien überraschend und verletzten den Untersuchungsgrundsatz, da das Sozialgericht im Eilverfahren noch der Auffassung gewesen sei, die Klägerin habe ihr Aufenthaltsrecht aus der Arbeitsuche hergeleitet. Die Klägerin ist der Rechtsauffassung § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 i.V.m. Art. 70 VO (EG) 883/2004. Aus Gleichbehandlungsgrundsätzen folge auch, dass EU-Bürger mit Bürgern aus Signatarstaaten des EFA gleichzustellen seien. Das Sozialgericht habe es zudem unterlassen, Ansprüche nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – und dem Asylbewerberleistungsgesetz zu prüfen.
Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Senat hat die Klägerin angegeben, die Erträge ihrer Tätigkeit für die Fa. C. GmbH seien von ihrem damaligen Lebensgefährten nach Bulgarien zur Unterstützung der Familie geschickt worden. Sie habe sich weder Gedanken darüber gemacht, wie lange sie die Selbständigkeit aufrechterhalten möchte, noch wie sie diese mit Schwangerschaft und Kindererziehung in Einklang bringen wolle. Es sei ihr egal gewesen, ob sie selbständig oder bei einem Arbeitgeber arbeite. Über die Vertragsbeziehungen zur Fa. C. GmbH und wie sie letztlich dort arbeite, habe sie sich überhaupt keine Gedanken gemacht. Sie wisse nicht mehr, wieviel Geld sie für Gegenstände zur Aufnahme des Gewerbes ausgegeben habe. Ihr ehemaliger Freund habe nichts zur Miete dazu bezahlt. Die Ersparnisse der Mutter hätten sich im Zeitraum von August bis Oktober 2011 auf etwa 200,- EUR belaufen. Herr D. habe an ihre Mutter im September 2011 500,- EUR bezahlt zur Unterstützung des Halbbruders der Klägerin, des gemeinsamen Sohnes von Herrn D. und ihrer Mutter.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. Juni 2012 und des Bescheides der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 zu verurteilen, ihr ab dem 1. August 2011 bis zum 11. Oktober 2011 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass bereits nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin diese nicht im nennenswerten Umfang selbständig tätig gewesen sei und hieraus auch kein Aufenthaltsrecht ableiten könne. Vielmehr gehe dieser selbst davon aus, dass die Klägerin arbeitsuchend sei. Sie sei daher von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst. Diese Regelung verstoße nicht gegen geltendes Europarecht, wie die Entscheidungen LSG Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2012 – L 20 AS 2347/11 B ER – und LSG Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 – L 20 AS 2347/11 B ER – zeigten. Ein anderes Ergebnis sei auch nicht vertretbar, da die Förderung von Sozialtourismus keinesfalls mit den Zielen der europäischen Gemeinschaft in Einklang stünde. Der Wortlaut des Art. 1 EFA verdeutliche, dass hiervon nur die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten erfasst seien. Weiterhin bestünden Zweifel am gewöhnlichen Aufenthalt, da der Klägerin kein Aufenthaltsrecht zustehe. Auch die Anwendung des Art. 4 i.V.m. Art. 70 VO (EG) 883/2004 führe nur zu einer Leistungsgewährung im Wohnortstaat. Zudem sei fraglich, ob der persönliche Anwendungsbereich eröffnet sei. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, in einem System der sozialen Sicherheit nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 versichert zu sein.

Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. November 2013 Bezug genommen. Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Bände) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Die Klage ist als eine auf den Erlass eines Grundurteils gerichtete Anfechtungs- und unechte Leistungsklage nach § 130 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; nach der Klageschrift und dem Berufungsantrag werden sinngemäß Leistungen in gesetzlicher Höhe beansprucht. Trotz der bereits aus dem vorangegangenen Eilverfahren erkennbaren Einkommens- und Vermögenssituation war keine Klageänderung auf eine bezifferte Antragstellung angezeigt, da die Beklagte nach wie vor den Anspruch dem Grunde nach bestreitet und unter isolierter Betrachtung des klägerischen Vortrags ein Auszahlungsanspruch bestünde (vgl. zu den Voraussetzungen allg. Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 130 Rn. 3; bei auch streitiger Höhe: BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 81/12 R – juris). Da die Kosten der Unterkunft für August und September 2011 nach wie vor streitig sind, übersteigt die Beschwer in Gestalt des geltend gemachten Leistungsanspruchs für zwei Monate und 11 Tage die Grenze des § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG.

II.

Die Berufung ist auch begründet, da die Klage entgegen der Auffassung des Sozialgerichts begründet ist. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 7 ff., 19 ff. SGB II.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 (BGBl. I, 850) erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.erwerbsfähig sind,
3.hilfebedürftig sind und
4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB III
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II).

Die Klägerin erfüllt die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II, insbesondere hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (dazu 1.). Sie ist auch dem Grunde nach hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II; dazu unter 2.). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wird sie nicht von einem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II erfasst (dazu 3.).

1. Die Klägerin ist 24 Jahre alt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und erwerbsfähig. Der Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) steht eine fehlende Arbeitsgenehmigung nicht entgegen. Für die Annahme, dass eine Beschäftigung i.S. des § 8 Abs. 2 SGB II erlaubt ist oder erlaubt werden könnte, reicht es aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung zur Beschäftigungsaufnahme durch die Bundesagentur für Arbeit erlaubt sein könnte, auch wenn dies bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber verhindert wird. Unabhängig hiervon ist Unionsbürgern, also auch Rumänen und Bulgaren, Vorrang gegenüber Drittstaatsangehörigen einzuräumen. Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich auch aus dem mit Wirkung zum 1. April 2011 eingefügten § 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R – juris Rn. 15).

Die Klägerin hatte im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Definition gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen besonderen Teilen etwas anderes ergibt (§ 37 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (zum Folgenden ausführlich BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R – juris Rn. 18 ff. m.w.N.). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Mit einem Abstellen auf den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik soll – auch im Sinne einer Missbrauchsabwehr – ausgeschlossen werden, dass ein Wohnsitz zur Erlangung von Sozialleistungen im Wesentlichen nur formal begründet, dieser jedoch tatsächlich weder genutzt noch beibehalten werden soll (BSG a.a.O. Rn. 18). Eine fehlende Dauerhaftigkeit oder Zukunftsoffenheit kann bei Unionsbürgern aber nicht bereits mit einem etwaigen Wegfall der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts begründet werden, solange das Nichtbestehen oder der Verlust des Aufenthaltsrechts nicht durch einen Verwaltungsakt der Ausländerbehörde festgestellt worden ist; es gilt insoweit die Vermutung des legalen Aufenthalts (vgl. BSG a.a.O. Rn. 20). Bei unionsrechtlich überformten Sachverhalten ist zudem im Wege der Auslegung eine Kongruenz zwischen dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts und dem Begriff des Wohnortes nach Art. 1 lit. j VO (EG) 883/2004 sowie Art. 11 VO (EG) 987/2009 – der entsprechenden Durchführungsvorschrift im Falle von Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedstaaten – anzustreben. Hiernach sind Hilfskriterien zur Bestimmung des Wohnortes: "
a) Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats;
b) die Situation der Person, einschließlich
i) der Art und der spezifischen Merkmale jeglicher ausgeübten Tätigkeit, insbesondere des Ortes, an dem eine solche Tätigkeit in der Regel ausgeübt wird, der Dauerhaftigkeit der Tätigkeit und der Dauer jedes Arbeitsvertrags,
ii) ihrer familiären Verhältnisse und familiären Bindungen,
iii) der Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit,
iv) im Falle von Studierenden ihrer Einkommensquelle,
v) ihrer Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter,
vi) des Mitgliedstaats, der als der steuerliche Wohnsitz der Person gilt."
In Zweifelsfällen gilt nach Unionsrecht aber ein auch subjektives Moment; nach Art. 11 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 gilt nämlich letztlich "der Wille der Person, wie er sich aus diesen Fakten und Umständen erkennen lässt, unter Einbeziehung insbesondere der Gründe, die die Person zu einem Wohnortwechsel veranlasst haben, bei der Bestimmung des tatsächlichen Wohnortes dieser Person als ausschlaggebend." Der aufenthaltsrechtliche Status ist hiernach nur mittelbar relevant, soweit er die o.g. Kriterien beeinflusst.

Bereits die Dauer des Aufenthalts seit Oktober 2010 und der vor dem streitgegenständlichen Zeitraum zeitweilig manifestierte Wille, eine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen, sprechen gegen ein vorübergehendes Verweilen. Auch die familiäre Situation, insbesondere die damalige Wohnsituation mit ihrer Mutter in Erwartung der Geburt ihres Kindes ist ein Indiz für einen dauerhaften Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in B-Stadt. Da die Ausländerbehörde keinen Wegfall des Aufenthaltsrechts festgestellt hat, spricht schließlich auch die aufenthaltsrechtliche Situation nicht gegen die Zukunftsoffenheit des Aufenthalts.

2. Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum auch hilfebedürftig. Sie bildete mit ihrer Mutter, die allerdings erst zum November 2011 einen Leistungsantrag gestellt hatte, eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II). Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass etwaige Unklarheiten über Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft nicht dazu führen können, dass der Leistungsanspruch der Klägerin vollständig entfällt.

Bei der Klägerin selbst ist als alleiniges Einkommen eine einmaligen Zahlung der Caritas mit dem Verwendungszweck "Babyhilfe" in Höhe von 150,- EUR zu verzeichnen, wobei es sich um eine nicht anrechenbare Zuwendung nach § 11a Abs. 4 SGB II handelt. Es ist glaubhaft, dass die Klägerin über kein Vermögen verfügt; nachvollziehbar hat sie dargelegt, dass das Einkommen aus dem Juni 2011 – vor ihrem Leistungsbezug erwirtschaftet und damit ggf. als Vermögen zu berücksichtigen – im Wesentlichen nach Bulgarien geflossen ist, um dort Angehörige zu unterstützen. Glaubhaft sind die Angaben, da die Trennung von ihrem Lebensgefährten im Juli 2011 eine nachvollziehbare Zäsur darstellt, nachdem es ihr gelungen war, fast ein Jahr ohne Leistungsbezug ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Mutter hat allein im September 2011 eine Zahlung von 500,- EUR von Herrn D. zur Erfüllung von Unterhaltspflichten bezüglich ihres gemeinsamen Sohnes erhalten, der zu diesem Zeitpunkt nicht in der Bedarfsgemeinschaft gelebt hat. Die Mutter der Klägerin hat in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 2. November 2011 angegeben, über kein Einkommen, aber "noch etwas finanzielle Rücklagen" zu verfügen, aus denen der Lebensunterhalt bestritten werde, sie werde in dieser Woche ein Antrag auf Leistungen stellen. Nach den glaubhaften Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dürften diese Rücklagen im streitgegenständlichen Zeitraum noch mit ca. 200,- EUR zu beziffern gewesen sein, so dass auch diese nicht anzurechnen wären.
Der Senat ist ferner aufgrund der Angaben der Klägerin im Verfahren S 11 AS 749/11 ER davon überzeugt, dass die Miete für August und September 2011 von ihrem früheren Lebensgefährten bezahlt worden ist. Angesichts der detailreichen Angaben im dortigen Protokoll kann der Senat dem schlichten Bestreiten in der hiesigen Anhörung keine ausschlaggebende Bedeutung beimessen.
Nach alledem verbleibt aber für jeden Monat in der Berechnung ein Leistungsanspruch, der im Falle der Erfüllung der restlichen Voraussetzungen auszuzahlen wäre.

3. Die Klägerin ist entgegen der Rechtsansicht des Sozialgerichts nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Anspruch ausgeschlossen, da sich ihr Aufenthaltsrecht nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.

Zwar erfüllte die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht die Voraussetzungen eines anderen Aufenthaltsrechtstatbestandes (a), indes waren auch die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche nicht erfüllt (b). Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verbietet es in einem derartigen Fall vor dem Hintergrund der bestehenden Aufenthaltsrechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gleichsam als "Auffangausschlusstatbestand" auszulegen (c). Dies hat zur Folge, dass ein allein aufgrund der fortbestehenden Vermutung lediglich formal legaler Aufenthalt nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt.

a) Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfordert eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw. der Gründe des Aufenthaltsrechts am Maßstab des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) und ggf. des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG); bereits das Vorhandensein der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem anderen Grund als dem Zweck der Arbeitsuche hindert die von der Rechtsprechung des BSG geforderte positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i.S. von § 7 Abs. 1 S 2 Nr. 2 SGB II (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R – juris Rn. 23 ff. m.w.N.). Während der Senat hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts wegen der gesetzlichen Vermutung an die (Nicht-)Feststellung der Ausländerbehörde gebunden ist, hat er wegen der Zielrichtung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechtstatbestandes zu prüfen, allerdings nicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts, sondern allein zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzung "deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt" in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Die gegenteilige Auffassung, wonach es allein auf ein früheres "Gebrauchmachen" eines Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche ankommen soll und die Nichterfüllung oder ein späterer Wegfall der materiell-rechtlichen Voraussetzungen unbeachtlich sei (so ausdrücklich LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris Rn. 22), vermag bereits deshalb nicht zu überzeugen, da sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Regelung freizügigkeitsrechtlich mögliche Wechsel des Aufenthaltsrechtszwecks von der Arbeitssuche weg zu einem anderen Aufenthaltsrechtszweck im streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigen werden müssen. Deshalb kann der rechtlich maßgebliche Zeitpunkt der Prüfung des Aufenthaltsrechtszwecks nicht vom streitgegenständlichen Zeitraum abweichen.

Die Klägerin kann sich im Rahmen dieser fiktiven Prüfung auf kein nachwirkendes Aufenthaltsrecht als niedergelassene selbständig Erwerbstätige berufen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Das Recht bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU unberührt bei unfreiwilliger, durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Bei unfreiwilliger, durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Da das FreizügG/EU der Umsetzung der RL 2004/38/EG dient, ist der Begriff der Selbständigkeit deckungsgleich mit dem entsprechenden unionsrechtlichen Begriff auszulegen. Mit der selbstständigen Tätigkeit ist die Erwerbstätigkeit gemeint, die nicht als Beschäftigung, sondern selbstständig durch einen Niedergelassenen ausgeübt wird (hier und zum Folgenden Dienelt, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rn. 70 ff.). Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Tätigkeit. Die selbständige Tätigkeit im Rahmen einer Niederlassung ist die tatsächliche Ausführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit (st. Rspr. seit EuGH, Urteil&8201; vom 25. Juli 1991 – Rs C-221/89 – Factortame Ltd. ua, Slg. I-3905, Rn. 24.). Die Definition beruht damit auf einem zeitlichen Element ("auf unbestimmte Dauer"), einem räumlichen Element ("mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat") und einem qualitativen Element in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit ("wirtschaftliche Tätigkeit"). Das zeitliche und räumliche Element ermöglichen die Abgrenzung zur Dienstleistung.
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht einen entsprechenden Aufenthaltsrechtszweck aufgrund der Tätigkeit im Juni 2011 verneint; dabei kommt es allerdings nicht auf die Würdigung als "Scheinselbständigkeit" an, da am Maßstab des FreizügG/EU auf eine autonom-unionsrechtliche Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und Selbständigkeit abzustellen ist. Indes fehlte der Klägerin ersichtlich der Wille, eine wirtschaftliche Tätigkeit gerade in niedergelassener Selbständigkeit auf unbestimmte Dauer zu betreiben. Die Klägerin ist den Aufbau einer selbständigen Tätigkeit nicht planvoll angegangen. Der Kontakt mit der Fa. C. GmbH – ihrem einzigen Auftraggeber – ist über einen Bekannten ihres damaligen Lebensgefährten zu Stande gekommen, das Auftragshonorar ist von ihrem Lebensgefährten entgegengenommen worden. Der Klägerin war nach eigenen Angaben gleichgültig, ob sie selbständig tätig oder abhängig beschäftigt ist. Insbesondere an der beabsichtigten Selbständigkeit auf unbestimmte Zeit fehlt es, da sie sich nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder Gedanken gemacht hat noch sonst vorgesorgt hat, wie sie im Verlauf der Schwangerschaft die selbständige Tätigkeit fortsetzen kann. Ausdrücklich betonte sie in diesem Zusammenhang, dass es ihr egal gewesen sei, wie lange sie selbständig tätig sein könne. An einer dauerhaften wirtschaftlichen Tätigkeit muss aus einer ex ante-Sicht schließlich gezweifelt werden, da die Klägerin selbst keine Anstrengung entfaltet hat, auf dem Markt mit einer Niederlassung präsent zu sein. Die Klägerin hat insoweit auf ihre Sprachschwierigkeiten verwiesen; der Geschäftskontakt im Juni 2011 sei allein über den damaligen Lebensgefährten bzw. dessen Bekannten zu Stande gekommen. Zudem waren die Angaben der Klägerin zu ihrer Niederlassung – d.h. dem Vorhandensein einer festen Einrichtung – unsubstantiiert; zwar sind an dieses räumliche Kriterium keine hohen Anforderungen zu stellen. In Abgrenzung zur Dienstleistung muss hiernach aus der vorhandenen Infrastruktur auf die "Ansiedlung" des Unternehmens geschlossen werden können (vgl. EuGH, Urteil vom 12. September 2006, Rs. C-196/04 – Cadbury Schweppes; Müller-Graff in: Streinz, EUV/AEUV 2. Aufl. 2012, Art. 49 AEUV Rn. 16). Hierzu sind die Angaben der Klägerin zur Anschaffung nicht näher bezeichneter Gegenstände nicht hinreichend.

Selbst wenn man die Tätigkeit für die Fa. C. GmbH als abhängige Beschäftigung einordnen wollte, so fehlt es an einem entsprechenden Aufenthaltsrecht bei Erhalt der Erwerbstätigeneigenschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 FreizügG/EU, das bei Arbeitnehmern die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit sowie deren Bestätigung durch die zuständige Agentur für Arbeit voraussetzt. Das letztgenannte Erfordernis ist nur erfüllt, wenn der Betroffene seinen arbeitsförderungsrechtlichen bzw. grundsicherungsrechtlichen Obliegenheiten nachkommt (Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rn. 105).
Der Senat kann bereits nicht von einer Unfreiwilligkeit ausgehen, da die Klägerin gegenüber dem Sozialgericht mitgeteilt hatte, ihre wirtschaftliche Tätigkeit wegen mangelnder Sprachkenntnisse eingestellt zu haben; auch habe sie von ihrer Schwangerschaft erfahren. Letzteres kann nicht mit einer schwangerschaftsbedingten Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt werden. Zudem hat sie sich auch nicht nach dem Ende des Auftrages für die Fa. C. GmbH arbeitslos gemeldet. Schließlich würde es sich im Falle einer abhängigen Beschäftigung um eine arbeitsgenehmigungsrechtswidrige Beschäftigung gehandelt haben, da die Klägerin nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung war; es ist kein unionsrechtlicher Grund erkennbar, warum in einem solchen Falle ein Erhalt der Arbeitnehmereigenschaft über § 2 Abs. 3 FreizügG/EU eingreifen sollte, wenn der Zugang zum Arbeitsmarkt unionsrechtlich wirksam beschränkt war.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf ein Recht als Dienstleistungserbringerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 FreizügG/EU oder als Dienstleistungsempfängerin § 2 Abs. 1 Nr. 4 FreizügG/EU berufen, da sie im streitgegenständlichen Zeitraum den Aufenthalt in Deutschland weder zielgerichtet zur Erbringung noch zielgerichtet zum Empfang von Dienstleistungen begründet hat. Die genannten Tatbestandsvarianten stellen auf den Willen ab, sich vorübergehend, inhaltlich und zeitlich begrenzt, gerade zu einem solchen Zweck in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben (vgl. Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rn. 83).

Die Klägerin kann sich für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf ein Aufenthaltsrecht aufgrund schwangerschaftsbedingter Vorwirkungen von Art. 6 Grundgesetz (GG) berufen. Weder ist erkennbar, dass es sich bei der Schwangerschaft um eine Risikoschwangerschaft gehandelt hat noch trägt die Klägerin Umstände vor, nach denen die Klägerin und der Vater des zu diesem Zeitpunkt noch ungeborenen Kindes die gemeinsame elterliche Sorge sicher übernehmen wollten (vgl. zum Überblick über die verwaltungsgerichtliche Kasuistik: Greiser/Kador, SGb 2013, 608, 610 f. m.w.N.). Zum Zeitpunkt der informatorischen Anhörung im Eilverfahren S 11 AS 749/11 ER am 28. Oktober 2011 befand sich die Klägerin in der 24. Schwangerschaftswoche und lebte bereits von ihrem vormaligen Lebensgefährten getrennt. Auf die Frage nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen gab die Klägerin an, arbeiten zu können. Unabhängig davon vermittelt Art. 6 GG grundsätzlich nur einen Abschiebungsschutz auf vollstreckungsrechtlicher Ebene und gerade kein Aufenthaltsrecht. Soweit ausnahmsweise auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ein solcher Aufenthaltsrechtszweck anerkannt wird (so im Einzelfall, der dem Urteil des BSG vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R – zu Grunde lag) sind vorliegend keine Umstände ersichtlich, die eine aufenthaltsrechtliche Ermessensreduzierung auf Null rechtfertigen könnten. Insbesondere die familiäre Situation sowie Phase und Verlauf der Schwangerschaft sprechen dagegen.

b) Der Klägerin kam auch kein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche zu. Über das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. Var., § 2 Abs. 3 FreizügG/EU hinaus ist ein arbeitsuchender EU-Bürger gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Var. FreizügG/EU in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH solange freizügigkeitsberechtigt, wie er mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, wobei das Unionsrecht die Länge des angemessenen Zeitraums nicht regelt. Allerdings ist es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, den Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der zum Zweck der Stellensuche in sein Gebiet eingereist ist, auszuweisen, wenn dieser nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern der Betroffene nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (EuGH, Urteil vom 26. Februar 1991, Rs. C-292/89 – Antonissen).
Die Klägerin entfaltete im streitgegenständlichen Zeitraum schon keine hinreichenden Ambitionen, Arbeit zu suchen, um zu einer positiven Prognose zu gelangen. Die vorgelegten vier erfolglosen Nachweise von potentiellen Arbeitgebern ohne Vorsprache bei der Bundesagentur für Arbeit zur Erlangung einer Arbeitsgenehmigung datieren allesamt aus dem November 2011. Zudem begründete die Klägerin selbst die Abmeldung des Gewerbes mit mangelhaften Sprachkenntnissen und ihrer Schwangerschaft. Beide Umstände sind jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum Hindernisse zur Aufnahme einer Beschäftigung, die bereits für sich genommen einer begründeten Erfolgsaussicht der Arbeitsuche entgegenstehen.

c) Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht im Wege des "erst recht"-Schlusses erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass unter den Ausschlusstatbestand auch ein "nur" (formal-)legaler Aufenthalt aufgrund des Umstandes fällt, dass die Ausländerbehörde noch keine Feststellung über den Wegfall der materiell-rechtlichen Voraussetzungen Aufenthaltsrechts getroffen hat (wie hier: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2013 – L 31 AS 362/13 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2013 – L 19 AS 129/13 – insbes. Rn. 37 ff. nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER; Kingreen, SGb 2013, 132, 134; tendenziell auch BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 - B 14 AS 138/11 R – juris Rn. 20; a.A.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – Rn. 22 nach juris).

Bereits nach ihrem Wortlaut stellt die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf den Zweck des Aufenthaltsrechts ab, der – wie bereits unter II.2.a) ausgeführt wurde – für eine fiktive, materiell-rechtliche Betrachtungsweise am Maßstab des FreizügG/EU spricht, wovon auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2013 (a.a.O.) ausgeht. Aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv festgestellt werden muss, dass ein Ausländer sich allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, denn nur dann kann auch der Leistungsausschluss festgestellt werden (so ausdrücklich auch BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 - B 14 AS 138/11 R – juris Rn. 20). Es bedarf mithin aufgrund der grammatikalischen Auslegung einer Prüfung, dass ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Var. FreizügG/EU tatsächlich vorlag bzw. vorliegt.
Die systematische Auslegung unter Einbeziehung der Wertungen des FreizügG/EU verbietet es, im Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche gleichsam ein "Auffang-Aufenthaltsrecht" zu sehen (so ausdrücklich auch Dienelt, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rn. 59 m.w.N.). Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich beim Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche um einen qualifizierten Tatbestand mit objektivierbaren Kriterien; insbesondere die erforderliche Erfolgsprognose und das fehlende Erfordernis, die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU einhalten zu müssen, verbieten eine Auslegung als Auffang-Tatbestand. Die Gegenauffassung würde zum aufenthaltsrechtlich widersinnigen Ergebnis führen, dass es allein am Unionsbürger läge, durch die bloße Behauptung, er suche Arbeit, die Wirkungen des § 2 Abs. 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 4 FreizügG/EU zu umgehen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER – Rn. 30 juris). Nach diesen Vorschriften gelten nämlich bei wirtschaftlicher Inaktivität wesentlich strengere Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht als beim Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche. Die Systematik spricht letztlich dafür, dass der sozialrechtliche Ausschlusstatbestand der aufenthaltsrechtlichen Wertung folgt.
Die historische Auslegung ist für das Problem nur von geringer Aussagekraft. Den Gesetzesmaterialien zu § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist allein zu entnehmen, dass von der "Option" des Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 der RL 2004/38/EG (sog. Unionsbürger- oder Freizügigkeitsrichtlinie) auch im Bereich des SGB II Gebrauch gemacht werden sollte (BT-Drucks. 16/5065, S. 234; siehe auch BT-Drucks. 16/688, S. 13).
Historisch wie nach Sinn und Zweck der Regelung kann aber festgehalten werden, dass die Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II durch die Zielsetzungen der Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 und 14 RL 2004/38/EG begrenzt ist. Die genannten Vorschriften dienen einerseits dazu die Rechtsprechung des EuGH zum sozialrechtlichen Gehalt des allgemeinen Diskriminierungsverbots bei der Ausübung der Unionsbürgerfreizügigkeit (nunmehr Art. 18 i.V.m. Art. 21 AEUV) zu konkretisieren (vgl. zu Art. 21 des Kommissionsentwurfs, KOM (2001) 257 endg., S. 19 f.; zur Begründung des Gemeinsamen Standpunktes und Art. 14 siehe auch ABl. C 54E/ 31 vom 2. März 2004). Andererseits sollen sie dem mitgliedstaatlichen Interesse Rechnung tragen, einer übermäßigen oder unangemessenen Inanspruchnahme von Sozialhilfe vorzubeugen (vgl. Erwägungsgründe Nr. 10 und Nr. 16 der Richtlinie). Nach Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats auch in Bezug auf Sozialleistungen, vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen. Nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG kann ausnahmsweise eine Ungleichbehandlung bei Leistungen der "Sozialhilfe" durch ein nationales Gesetz gerechtfertigt sein bei "anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen ( ...) gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b)", d.h. bei Wahrnehmung eines längeren Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche.

Der Senat teilt zwar die Auffassung des Sozialgerichts (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. November 2013 – L 7 AS 753/13 B ER – Leitsatz 1; siehe auch SG Osnabrück, Beschluss vom 20. Oktober 2011 – S 16 AS 711/11 ER – Leitsatz 1; SG Berlin, Beschluss vom 11. Juni 2012 – S 205 AS 11266/12 ER – juris; zusammenfassend Hofmann/Kummer, ZESAR 2013, 199, 201 f. m.w.N.; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 2010 – L 7 AS 3769/10 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2010 – L 34 AS 1501/10 B ER, beide m.w.N. auch zur Gegenauffassung; ebenfalls a.A. aber letztendlich im Ergebnis wie hier: Hessisches LSG, Urteil vom 20. September 2013 – L 7 AS 474/13 – juris), dass das Arbeitslosengeld II trotz seiner Eigenschaft als besondere beitragsunabhängige Geldleistung i.S.d. Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 VO (EG) 883/2004 zugleich "Sozialhilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG ist. Zwischenzeitlich ist nämlich geklärt, dass der Begriff der Sozialhilfe dort autonom freizügigkeitsrechtlich zu definieren ist (EuGH, Urteil vom 19. September 2013 – Rs. C-140/12 – Brey, juris Rn. 60 ff., 77). Das Arbeitslosengeld II ist in diesem Sinne ein Hilfesystem, das auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene besteht und das ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt.

Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG regelt indes bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten gerade nicht den Fall eines nur wegen der Vermutung des legalen Aufenthalts fortbestehenden Aufenthaltsrechts, sondern allein die Möglichkeit, bei einem längeren Aufenthalt aufgrund eines bestehenden Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche durch nationales Gesetz die Sozialhilfeberechtigung auszuschließen (Fall des Art. 14 Abs. 4 b) RL 2004/38/EG). Dieses Schweigen in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG ist bedeutsam, da in Art. 14 Abs. 3 RL 2004/38/EG die aufenthaltsrechtliche Folge dieser Sachverhaltskonstellation geregelt worden ist, nämlich, dass der Sozialhilfebezug nicht automatisch zur Ausweisung (im unionsrechtlichen Sinne) führen darf. Kommission und Rat hatten den Fall des fortbestehenden Aufenthaltsrechts bei Wegfall der Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts also im Blick – wie auch die Bezugnahme auf die Rechtssache Grzelczyk in den oben zitierten Materialien sowie die Systematik von Art. 7 und Art. 14 RL 2004/38/EG zeigen – und regelten diesen Fall gerade nicht als Leistungsausschlussmöglichkeit in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Bis zur behördlichen Feststellung, dass das Aufenthaltsrecht entfallen ist, besteht in einem solchen Fall nach der klaren Regelungssystematik des Art. 24 RL 2004/38/EG in Zusammenschau mit den Regelungen des FreizügG/EU der Gleichbehandlungsanspruch beim Bezug von Sozialleistungen nach Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG fort (so im Ergebnis bereits zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Unionsbürgerrichtlinie: EuGH, Urteil vom 20. September 2001 – Rs. C-184/99 – Grzelczyk – Slg. 2001, I-6193, Rn. 44 ff.; Urteil vom 7. September 2004 – Rs. C-456/02 - Trojani, Slg. 2004, I-7573, insbes. Rn. 45 f.).
Selbst wenn man den vorliegenden Fall von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG erfasst sehen oder Art. 24 RL 2004/38/EG nicht als abschließende Regelung begreifen wollte, ist die Ermächtigung zur Schaffung von Leistungsausschlüssen im nationalen Recht nach der Rechtsprechung des EuGH engen Grenzen unterworfen. Die Richtlinie 2004/38 erkennt nämlich – in Übereinstimmung mit dem sozialrechtlichen Gehalt des Diskriminierungsverbots nach Art. 18 i.V.m. Art. 21 AEUV – eine "bestimmte finanzielle Solidarität" der Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats mit denen der anderen Mitgliedstaaten an (so ausdrücklich EuGH, Urteil vom 19. September 2013 – Rs. C 140/12 – Brey, juris Rn. 72 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 20. September 2001 – Rs. C-184/99 – Grzelczyk – Slg. 2001, I-6193, Rn. 44; Urteil vom 15. März 2005 – Rs. C-209/03 – Bidar, Slg. 2005, I-2119, Rn. 56 und vom 18. November 2008 – Rs. C 158/07 – Förster, Slg. 2008, I-8507, Rn. 48). Das nationale Recht muss demnach eine Prüfung der unangemessenen Inanspruchnahme im Einzelfall ermöglichen und darf keinen Automatismus des Leistungsausschlusses vorsehen (EuGH, Urteil vom 19. September 2013 a.a.O., insbes. Rn. 77 ff.): "Es ist festzustellen, dass ein solcher automatischer Ausschluss der wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten von der Gewährung einer bestimmten Sozialhilfeleistung durch den Aufnahmemitgliedstaat selbst für die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 genannte Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt es den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats nicht erlaubt, im Einklang mit den Anforderungen, die sich insbesondere aus den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und 8 Abs. 4 dieser Richtlinie sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, in Fällen, in denen die Existenzmittel des Betroffenen geringer sind als der Richtsatz für die Gewährung dieser Leistung, eine umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, welche Belastung die Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der die Lage des Betroffenen kennzeichnenden individuellen Umstände konkret für das gesamte Sozialhilfesystem darstellen würde. Insbesondere muss es ( ) den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats möglich sein, bei der Prüfung des Antrags eines wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgers, ( ), u. a. die Höhe und die Regelmäßigkeit der ihm verfügbaren Einkünfte, den Umstand, dass diese Einkünfte die nationalen Behörden zur Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bewogen haben, und den Zeitraum zu berücksichtigen, in dem ihm die beantragte Leistung voraussichtlich gezahlt werden wird." Nicht zu rechtfertigen sind daher nationale Regelungen, die einen bestimmten Personenkreis unter Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ohne individuelle Prüfung des Maßes der Inanspruchnahme von "Sozialhilfe" von den Leistungen ausschließen (so bereits ausdrücklich zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 12. März 2009, Rs. C-22/08 und 23/08 – Vatsouras/Koupatantze, Slg. 2009, I-4585 unter VIII., Rn. 55 und insbesondere Rn. 61 nach juris).

Nach alledem stehen Art. 18 i.V.m. Art. 21 AEUV und eine hiermit vereinbare Auslegung von Art. 24 RL 2004/38/EG einer erweiternden Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für ein nur formal fortbestehendes Aufenthaltsrecht wirtschaftlich inaktiver Unionsbürger entgegen. Die sozialpolitischen Erwägungen und befürchteten Wertungswidersprüche einer Besserstellung von Unionsbürgern, die allein vom Fortbestand der Legalitätsvermutung profitieren, gegenüber rechtmäßig arbeitsuchenden Unionsbürgern, die offenbar für die vom Sozialgericht und vom LSG Niedersachsen-Bremen vertretene Gegenauffassung tragend sind, sind nach Auffassung des Senates allein im Freizügigkeitsrecht, nicht aber im Sozialrecht anzusiedeln. Die für den Vollzug des FreizügG/EU zuständigen Behörden haben nach Wegfall der Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens auf der Grundlage von nunmehr § 5 Abs. 4 FreizügG/EU (§ 5 Abs. 5 FreizügG/EU a.F.) den Wegfall auch festzustellen (vgl. dazu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2013 – L 19 AS 129/13 – juris Rn. 69).

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung des Sozialgerichts wegen §§ 21, 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – und § 1 AsylbLG einen Totalausschluss von Leistungen zur Sicherung der Menschenwürde allein aufgrund einer Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit zur Folge hätte. Dies dürfte am Maßstab der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 – und vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – verfassungswidrig sein (ausf. dazu Kingreen, SGb 2013, 132, 137 ff.).

Da bereits eine unionsrechtskonforme Auslegung am Maßstab von Art. 18. i.V.m. 21 AEUV sowie Art. 24 RL 2004/38/EG einer erweiternden Auslegung des Leistungsausschlusses entgegenstehen, kann offen bleiben, ob aus Art. 4 i.V.m. Art. 70 VO (EG) 883/2004 strengere Voraussetzungen herzuleiten sind (vgl. dazu das nach der mündlichen Verhandlung ergangene Vorabentscheidungsersuchen des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R – sowie das Vorabentscheidungsersuchen des SG Leipzig, vom 3. Juni 2013 – S 17 AS 2198/12 –, anhängig beim EuGH unter Rs. C-333/13).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Es bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und im Wege des Vorabentscheidungsersuchens dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, da es sich vorliegend zunächst um eine Auslegungsfrage des deutschen Rechts handelt und die hier mittelbar streitentscheidende Rechtsfrage der Anforderungen des Primärrechts an die Auslegung von Art. 24 RL 2004/38/EG aufgrund einer Vielzahl von Entscheidungen des EuGH zum sozialrechtlichen Gehalt des allgemeinen Diskriminierungsverbotes bzw. der Unionsbürgerfreizügigkeit und zu Art. 24 RL 2004/38/EG (chronologisch: EuGH, Urteil vom 20. September 2001 – Rs. C-184/99 – Grzelczyk, Slg. 2001, I-6193; Urteil vom 7. September 2004 – Rs. C-456/02 - Trojani, Slg. 2004, I-7573, insbes. Rn. 46; Urteil vom 15. März 2005 – Rs. C-209/03 – Bidar, Slg. 2005, I-2119; Urteil vom 18. November 2008 – Rs. C-158/07 – Förster, Slg. 2008, I-8507; Urteil vom 19. September 2013 – Rs. C 140/12 – Brey, ZESAR 2014, 36) – spätestens aufgrund der Entscheidung in der Rechtssache Brey – als geklärt angesehen werden kann.

Da zu dem hier und von Senaten der Landessozialgerichte Berlin-Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt aufgestellten Rechtssatz bezüglich einer erweiternden Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom 15. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen eine Gegenauffassung vertreten wird, war indes die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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