L 7 AS 84/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 687/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 84/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Sanktionsbescheid nach §§ 31 ff SGB II mindert den Auszahlungsanspruch auf Arbeitslosengeld II. Der Leistungsanspruch wird durch vorhergehende oder nachfolgende Bewilligungsbescheide festgelegt.
Streitgegenstand einer Klage gegen einen Sanktionsbescheid ist allein dieser Bescheid (isolierter Streitgegenstand Sanktion).
Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 31b Abs. 1 Satz 1 und § 39 Nr. 1 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung, der Begründung der Gesetzesänderung, der Parallelität zum tatsächlichen Verwaltungshandeln und der fehlenden Notwendigkeit eines anderen rechtlichen Modells.
Die Revision wurde zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist eine Sanktion, die eine Minderung des Auszahlungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II um 30 Prozent des Regelbedarfs für die Monate September, Oktober und November 2011 feststellt.

Der 1959 geborene alleinstehende Kläger bezieht seit Oktober 2009 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Er ist von Beruf Anlagenmechaniker. Der Kläger bewohnt eine Zweizimmerwohnung, für die er im strittigen Zeitraum eine Bruttowarmmiete von monatlich 381,99 Euro zahlte. Nach einem Hinweis des Beklagten vom 18.09.2009, dass die Aufwendungen für seine Wohnung die Angemessenheitsgrenze übersteigen würden, wurden für die Wohnung ab 01.04.2010 monatlich nur noch 280,20 Euro als Bedarf anerkannt.

Mit Bewilligungsbescheid vom 04.04.2011 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.03.2011 bis 30.09.2011 in Höhe von monatlich 644,20 Euro bewilligt. Die Leistung setzte sich zusammen aus 364,- Euro Regelbedarf und 280,20 Euro für die Wohnung.

Mit Vermittlungsvorschlag vom 14.07.2011 wurde dem Kläger eine Stelle bei einem Zeitarbeitsunternehmen (R. in D-Stadt, künftig Stellenanbieter) als Helfer im Metallbereich angeboten. In der Stellenbeschreibung stand auch "Bereitschaft zur Schichtarbeit". Der Kläger wurde in diesem Schreiben aufgefordert, sich umgehend schriftlich oder per E-Mail mit Lebenslauf und Zeugnissen zu bewerben. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach bei einer Weigerung, die angebotene Arbeit aufzunehmen, oder der Verhinderung der Aufnahme der Arbeit durch negatives Bewerberverhalten das Arbeitslosengeld II um einen Betrag von 30 % des Regelbedarfs für drei Monate abgesenkt werde, wenn kein wichtiger Grund für die Weigerung nachgewiesen werde.

Der Stellenanbieter teilte am 09.08.2011 schriftlich mit, dass der Kläger sich nicht beworben habe. Die Firma habe selbst den Kläger angerufen und auf den Anrufbeantworter gesprochen. Es sei aber kein Rückruf erfolgt.

Mit Schreiben vom 10.08.2011 wurde der Kläger zur beabsichtigten Sanktion angehört. Er teilte mit, dass er sich am 18.07.2011 telefonisch beworben habe. Man habe sich aber vertraglich nicht einigen können.

Mit Bescheid vom 24.08.2011 stellte der Beklagte die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II um 30 % des Regelbedarfs (monatlich 109,20 Euro) für die Zeit von 01.09.2011 bis 30.11.2011 fest. Ein Bescheid zur Änderung der bisherigen Bewilligung ist nicht ersichtlich.

Der Kläger erhob am 05.09.2011 zur Niederschrift Widerspruch. Ihm sei bei dem Telefonat mit dem Arbeitgeber lediglich eine Stelle im Dreischichtbetrieb angeboten worden. Dies könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht leisten.

Bei einer telefonischen Rücksprache teilte der Stellenanbieter mit, dass die Firma am 15.07.2011 auf den Anrufbeantworter des Klägers gesprochen habe mit der Bitte um Rückruf. Ein Rückruf des Klägers sei nicht erfolgt. Die Firma habe später - ein genaues Datum konnte nicht genannt werden - nochmals bei dem Kläger angerufen. Dieser habe mitgeteilt, arbeitsunfähig zu sein und kein Kfz zu haben. Der Stellenanbieter teilte ferner mit, dass er je nach persönlichen Möglichkeiten verschiedene Einsatzstellen angeboten hätte, teils mit Normalschicht, teils mit Zweischichtbetrieb.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe sich nicht, wie im Vermittlungsvorschlag vorgesehen, telefonisch oder per E-Mail beworben. Der Rückruf des Klägers sei dagegen eine unzureichende Bewerbung gewesen. Dies müsse dem Kläger auch klar gewesen sein.

Bereits mit Bescheid vom 07.09.2011 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10.2011 bis 31.03.2012 bewilligt. Für Oktober und November wurden jeweils 535,- Euro bewilligt und im Bescheid dargelegt, dass vom Bedarf von 644,20 Euro (Regelbedarf 364,- Euro und 280,20 Euro für die Wohnung) der Minderungsbetrag aufgrund der Sanktion in Höhe von 109,20 Euro abgezogen werde. Für die Zeit danach wurden 644,20 Euro monatlich bewilligt. Gegen diesen Bewilligungsbescheid erhob der Kläger wegen der Sanktion Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 zurückgewiesen wurde. Der weitere Widerspruch in Zusammenhang mit der Sanktion sei unzulässig. Die Feststellung der Sanktion sei bereits mit Bescheid vom 24.08.2011 erfolgt.

Der Kläger erhob am 30.09.2011 Klage zum Sozialgericht Landshut. Er sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine telefonische Vorabbewerbung sei heute gängige Praxis. Für das konkrete Stellenangebot sei Schichtbetrieb Voraussetzung gewesen. Das sei ihm gesundheitlich nicht zumutbar gewesen - dazu gebe es ein Gutachten des ärztlichen Dienstes. Der behauptete spätere telefonische Kontakt mit dem Angebot weiterer Stellen habe gar nicht stattfinden können, weil er ab 21.07.2011 arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Beklagte bestätigte das Vorhandensein des Gutachtens. Darin werde vollschichtige Erwerbsfähigkeit bejaht und Schichtarbeit ausdrücklich verneint. Dies sei aber kein wichtiger Grund von der Bewerbung insgesamt abzusehen, weil im Vermittlungsvorschlag lediglich die Bereitschaft zur Schichtarbeit gefordert worden sei, Zeitarbeitsfirmen aber regelmäßig verschiedene Stellen anbieten würden. In dem Vorstellungsgespräch hätte geklärt werden müssen, ob tatsächlich Schichtarbeit erforderlich gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger nach der vorgenannten Begutachtung gegenüber seiner Arbeitsvermittlerin selbst erklärt, auch Mehrschichttätigkeit auszuüben, wenn diese zeitlich günstig liege. Der Beklagte legte ein ärztliches Gutachten nach Aktenlage vom 08.12.2011 vor, wonach Früh- und Spätschicht möglich und lediglich Nachtschicht ausgeschlossen sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2012 wurde Frau F., Personaldisponentin des Stellenanbieters, als Zeugin gehört. Diese erklärte, dass sie sicher sei, dass die infrage kommenden Stellen entweder Normal- oder Zweischichtbetrieb gewesen wären.

Mit Urteil vom 23.10.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Für September 2011 bleibe die Anfechtungsklage erfolglos, weil die Absenkung rechtmäßig sei. Der Kläger habe die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit durch sein Verhalten verhindert. Der Kläger habe keine ausreichenden ernsthaften Bewerbungsbemühungen unternommen. Er habe sich unstreitig nicht in der im Vermittlungsvorschlag vorgeschriebenen Form (schriftlich oder per E-Mail) bei dem Arbeitgeber geworden. Ein Telefonat könne eine schriftliche Bewerbung nicht ersetzen. Außerdem habe der Kläger nicht von sich aus Bewerbungsaktivitäten gezeigt. Erst mehrere Anrufversuche des Arbeitgebers hätten ein Telefonat zu Stande gebracht. Die Arbeit sei dem Kläger auch gemäß § 10 SGB II zumutbar gewesen. Der Kläger könne lediglich nicht in Nachtschicht arbeiten, wohl aber in Früh- und Spätschicht. Dies belege das Gutachten vom 08.12.2011. Die Zeugin habe bestätigt, dass gerade die für den Kläger vorgesehene Stelle mit Sicherheit keine Nachtschicht verlangt hätte. Ein wichtiger Grund für das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Bewerbung liege nicht vor. Insbesondere sei eine Erkrankung ab 21.07.2011 kein Hindernis für eine schriftliche Bewerbung ab 14.07.2011. Der Vermittlungsvorschlag habe eine zutreffende Rechtsfolgenbelehrung enthalten. Zeitpunkt und Umfang der Sanktion seien zutreffend festgelegt worden.

Für Oktober und November 2011 sei eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage einschlägig. Die Sanktion sei - wie dargestellt - rechtmäßig. Weitere Gründe, die zu einer höheren Leistung führen könnten, seien nicht ersichtlich. Das Urteil wurde dem Kläger am 08.11.2012 zugestellt.

Der Kläger hat am 06.12.2012 Nichtzulassungsbeschwerde zum BayLSG eingelegt. Die Berufung ist mit Beschluss vom 18.02.2013 zugelassen worden. Der Kläger hat die Berufung nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.10.2012 und den Sanktionsbescheid vom 24.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit von 01.09.2011 bis 30.11.2011 Arbeitslosengeld II ohne Sanktion zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist - nach deren Zulassung - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Sanktion dem Gesetz entspricht.

1. Streitgegenstand ist allein der Sanktionsbescheid vom 24.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2011 (isolierter Streitgegenstand Sanktion). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der ab 01.04.2011 geltenden Regelungen, dem Willen des Gesetzgebers, der Parallelität zum tatsächlichen Verwaltungshandeln und der fehlenden Notwendigkeit eines anderen rechtlichen Modells.

a) Mit Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 60/07 R, hat das BSG, entsprechend der damaligen Rechtslage dargelegt, dass ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II in der bis 31.03.2011 gültigen Fassung (a.F.) keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann. Die Bestandskraft der Dauerbewilligung musste durch einen Aufhebungsbescheid durchbrochen werden. Eine zuvor erfolgte Bewilligung wurde durch eine Sanktion gemäß § 48 Abs. 1 SGB X nachträglich geändert. (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R, Rn. 14). Weil § 48 SGB X nicht voraussetzt, dass die bisherige Bewilligung rechtmäßig war, war auch bei einer rechtmäßigen Sanktion zu prüfen, ob dem Betroffenen aus einem anderen Grund höhere Leistungen zustehen (BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 13) - bis zur Obergrenze der bisherigen Bewilligung.

Soweit die Bewilligung wegen der Sanktion von vornherein nur in abgesenktem Umfang erfolgte, war der nachfolgende Bewilligungsbescheid in das laufende Verfahren einzubeziehen und der Leistungsanspruch für die betreffenden Monate im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage nach Grund und Höhe vollständig zu überprüfen (z.B. im Urteil des BSG vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 16).

b) Gemäß der Neufassung der § 31b und § 39 Nr. 1 SGB II hat sich nach Auffassung des Senats zum 01.04.2011 (nach § 77 Abs. 12 SGB II ist der Zeitpunkt der Pflichtverletzung maßgeblich) die Rechtslage geändert. Nunmehr ist ein Sanktionsbescheid ein isolierter Streitgegenstand. Statthaft ist daher ausschließlich die isolierte Anfechtungsklage in deren Rahmen nur die Rechtmäßigkeit der Sanktion geprüft wird. Systematisch stellt sich dies als Spezialregelung dar.

aa) Für den isolierten Streitgegenstand spricht zunächst der Wortlaut von § 31b SGB II.

Gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, die die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Gesetzgeber unterscheidet damit bewusst zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch. Dies war in der bisherigen Gesetzesfassung (§ 31 Abs. 6 SGB II a.F.) nicht der Fall.

bb) Diese Absicht des Gesetzgebers wird durch die Änderung von § 39 Nr. 1 SGB II bestätigt.

Nach der alten Fassung war ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der "Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ... herabsetzt". Damit war die Sanktion mit dem Leistungsanspruch verknüpft.

Nach der neuen Fassung ist ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt". Es wird also auch hier zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch unterschieden.

Angesichts dieser zu § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II parallelen Regelung kann nicht von einer sprachlichen Ungenauigkeit oder einem Versehen des Gesetzgebers ausgegangen werden.

cc) Auch die Gesetzesbegründung (BTDrs. 17/3404, Seite 112 oder BRat-Drucks. 661/10 Seite 182) spricht für die hier vertretene Auffassung. Dort führt der Gesetzgeber aus:

"Zu § 31b
In Absatz 1 werden die bisherigen Regelungen zu Beginn und Dauer der Sanktionen zusammengefasst. Um klarzustellen, dass sich der Auszahlungsanspruch der Betroffenen bei pflichtwidrigem Verhalten kraft Gesetzes mindert, wird der Wortlaut teilweise angepasst."

Es ist zwar nicht so, dass sich der Auszahlungsanspruch kraft Gesetzes mindert. Wegen § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II muss der feststellende Verwaltungsakt zugehen, um den Zeitraum der Minderung festzulegen. Diese Gesetzesbegründung zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber die Sanktion als isolierte Regelung verstanden wissen will. Diesem Anliegen entsprechend hat er den o. g. Wortlaut gewählt. Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte den Wortlaut ohne Regelungsabsicht verändert, spricht nichts.

dd) Mit der Neufassung hat der Gesetzgeber auch erreicht, dass die Sanktion der tatsächlichen Verwaltungspraxis und dem Empfängerhorizont entspricht.

Im Falle der Sanktion wird - zumindest innerhalb einer laufenden Bewilligung - nicht die bisherige Bewilligung infrage gestellt oder überprüft. Es wurde und wird allein von der bisherigen Bewilligung ausgegangen und diese um den Sanktionsbetrag vermindert. Dies entspricht auch dem Empfängerhorizont. Der Betroffene ficht die Sanktion an, weil er sie für rechtswidrig hält. Hat er Einwände gegen die bisherige Bewilligung, hat er dies schon zuvor durch Anfechtung dieser Bewilligung geltend gemacht.

ee) Die Regelung des Gesetzgebers ist auch verfahrensrechtlich umsetzbar:

Die Höhe des Leistungsanspruchs ergibt sich aus den vor oder nach der Sanktion erfolgten oder erfolgenden Bewilligungsbescheiden. Diese weisen den Leistungsanspruch aus. Soweit in einem nachfolgenden Bescheid auf die Sanktion hingewiesen wird, handelt es sich bzgl. der Sanktion nur um eine wiederholende Verfügung ohne erneute Sachprüfung.

Der Sanktionsbescheid stellt gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II ausschließlich die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung des Auszahlungsanspruchs fest. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids erschöpft sich also in der Festlegung, wann und in welcher Höhe der anderweitig festgelegte Leistungsanspruch vermindert wird. Der Sanktionsbescheid bestimmt nicht den Umfang des Leistungsanspruchs. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt.

Die auszuzahlende Leistung (Auszahlungsanspruch) ergibt sich durch schlichten Vergleich der Bewilligung (Leistungsanspruch) und der festgestellten Sanktion.

Sofern die Sanktion rechtswidrig ist und vom Gericht aufgehoben wird, lebt der unverminderte Leistungsanspruch von selbst auf.

Sofern in einer Übergangszeit- etwa aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG - die bisherige Bewilligung gemäß § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben wurde oder die nachfolgende Bewilligung wegen der Sanktion geringer festgesetzt wurde, ist dies durch einen nachfolgenden Bescheid zu korrigieren (durch Änderungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II oder durch Ausführungsbescheid zur gerichtlichen Sanktionsaufhebung).

ff) Soweit einzelne Landessozialgerichte in Beschlussverfahren an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten haben, ist den Beschlüssen eine Auseinandersetzung mit der Rechtsänderung nicht zu entnehmen (z.B. LSG NS-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013, L 7 AS 332/13 B ER und LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013, L 19 AS 1688/12 B).

Auch soweit in der Literatur an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten wird (etwa Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7 und 8 und Valgolio in Hauck/Noftz, § 31b Rn. 2) kann das nicht überzeugen. Dass im SGB II zwischen Leistungs- und Auszahlungsanspruch nicht unterschieden wird, trifft nach der Gesetzesänderung so gerade nicht mehr zu.

In der Literatur sprechen sich demgemäß für den isolierten Streitgegenstand der Sanktion Groth u.a., Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rn 421; M. Mayer in Oestreicher, SGB II / SGB XII, Loseblatt, § 39 SGB II Rn. 42 und Lauterbach in Gagel SGB II, § 31b Rn. 2 aus.

2. Die Sanktion selbst entspricht § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 31 a Abs. 1 Satz 1, § 31b Abs. 1 SGB II und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Insoweit wird die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen.

Ergänzend anzumerken ist, dass der Kläger keinerlei eigene Aktivitäten entfaltet hat, um sich zu bewerben. Er hat lediglich verspätet auf einen der Anrufe des potentiellen Arbeitgebers abweisend reagiert (kein Auto, keine Schichtarbeit). Dies ist ein Verhalten, das die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit verhindert. Das Berufungsgericht teilt auch die Auffassung des Sozialgerichts, dass die angebotene Stelle dem Kläger zumutbar war. Es war in der Stellenbeschreibung lediglich von einer Bereitschaft zur Schichtarbeit die Rede, nicht davon, dass in jedem Fall Schichtarbeit geleistet werden musste. Es war dem Kläger anzusinnen, sich auch mit nicht optimalem Bewerberprofil zu bewerben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde zugelassen, weil es zu der Frage, welchen Streitgegenstand die Sanktion nach der Neuregelung zum 01.01.2011 hat, noch keine Rechtsprechung des BSG gibt.
Rechtskraft
Aus
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