S 205 AS 11970/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
205
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 11970/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Anerkennung eines von den für dezentrale Warmwassererzeugung gesetzlich normierten Pauschalen abweichenden höheren Bedarfs setzt eine konkrete Feststellung des Mehrbedarfs durch gesonderte Erfassung voraus.
Sozialgericht Berlin

Az.: S 205 AS 11970/13

verkündet am

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit

1. M P , E Str. , 1 Berlin,

2. P -T F , E Str. , 1 Berlin,

- Kläger - Proz.-Bev.: zu 1-2: Rechtsanwältin A H , L , 1 Berlin,

gegen

Jobcenter Berlin N , M Str. , 1 Berlin, - -

- Beklagter -

hat die 205. Kammer des Sozialgerichts Berlin auf die mündliche Verhandlung am 26. März 2014 durch Richter M sowie die ehrenamtlichen Richterinnen K und G für Recht er-kannt:

Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren Neubescheidung ihres Antrags auf Arbeitslosengeld II unter Anerken-nung eines monatlichen Mehrbedarfs für dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 47,56 EUR für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2013. Die am 1952 geborene Klägerin zu 1.) und der am 1967 geborene Kläger zu 2.) beziehen dauerhaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Versorgung der Wohnung der Kläger mit Warmwasser erfolgt dezentral mit Hilfe eines Boilers. Auf Antrag der Kläger vom 21. Januar 2013 bewilligte der Beklagte den Klägern für den streit-gegenständlichen Zeitraum vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von 429,75 EUR monatlich (Bewilligungsbescheid vom 22. Januar 2013). Dabei berücksichtigte er einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 15,88 EUR für beide Kläger, mithin 7,94 EUR pro Person. Als Grund für die Vorläufigkeit der Entscheidung gab der Beklagte die unter-schiedliche Höhe des Einkommens an. Der Beklagte änderte die Bewilligung im Hinblick auf einen Wechsel der Krankenkasse ohne Änderung der Leistungshöhe; die Bewilligung verlieb vorläufig (Änderungsbescheid vom 12. März 2013). Gegen den Bescheid vom 22. Januar 2013 erhoben die Kläger Widerspruch. Der Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserversorgung sei tatsächlich höher. Ein Nachweis der höheren Auf-wendungen sei mangels gesonderter Abrechnung nicht möglich. Die im Gesetz festgelegten Pauschalen seien zu niedrig. Diesen Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 – W-92202-03186/13). Die Kläger hätten einen abweichenden höheren Bedarf für Warmwassererzeugung nicht substantiiert dargelegt. Mit der am 14. Mai 2013 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die Kläger behaupten, ihnen entstünden monatliche Aufwendungen für die dezentrale Warm-wasserversorgung, die 31,68 EUR über den vom Beklagten gewährten Pauschalen lägen. Die Kläger meinen, wenn kein Nachweis für einen abweichenden Bedarf erbracht werden könne, wäre es sachgerecht, den doppelten Durchschnittswert der Kosten für Warmwasser-aufbereitung nach der Berliner Betriebskostenübersicht heranzuziehen. Die Kläger beantragen, den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides des Beklagten vom 12. März 2013 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides des Beklagten vom 30. April 2013 (W 92202-03186/13) insoweit aufzuheben, als für die Kläger ein Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung von mehr als 15,88 EUR monatlich abgelehnt wird und den Beklagten zu verpflichten, den Antrag der Kläger vom 21. Januar 2013 erneut unter Beachtung der Rechtauffas-sung des Gerichts zu bescheiden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Er meint, die Kläger hätten einen höheren abweichenden Bedarf für dezentrale Warmwasser-zeugung nicht nachgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte so-wie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die der Kammer bei Entscheidung vorlagen, Be-zug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozi-algerichtsgesetz (SGG)) statthaft.

Hat der Beklagte – wie hier – Arbeitslosengeld II nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) lediglich vorläufig bewilligt, ist regelmäßig die Verpflichtungsklage statthaft (BSG, Urt. v. 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R, Rn. 21), da dem Beklagten im Hinblick auf das "Ob" und das "Wie" der Leistung grundsätzlich Ermessen zu-steht. Eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG wäre nur dann statthaft, wenn der Kläger davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nicht vorliegen oder das Ermessen der Behörde sowohl im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Entscheidung selbst, als auch der Höhe der zu bewilligenden Leistungen auf Null reduziert sei (BSG, aaO). Eine solche Behauptung wird von den Klägern nicht aufgestellt.

Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2013 in der Fassung des Ände-rungsbescheides des Beklagten vom 12. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des des Beklagten vom 30. April 2013 (W-92202-03186/13) ist rechtmäßig und beschwert die Kläger daher nicht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Kläger haben keinen Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Antrags vom 21. Januar 2013. Der angefochtene Bescheid des Beklagten erkennt zutreffend die bei den Klägern be-stehenden Bedarfe an und die Ermessensausübung des Beklagten ist im Hinblick auf die Be-rücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2.) aus Erwerbstätigkeit nicht zu beanstan-den.

Rechtsgrundlage der vorläufigen Bewilligung des Beklagten ist § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 SGB III. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II sind die Vorschriften des Dritten Buches über die vorläufige Entscheidung entsprechend anwendbar. Nach § 328 Abs. 1 SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag ab-hängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungs-gericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist (1.), eine entscheidungs-erhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist (2.) oder zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit er-forderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (3.). Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben (§ 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III) In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden (§ 328 Abs. 1 Satz 3 SGB III).

§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 SGB III räumt der Verwaltung zwar grundsätzlich sowohl hinsichtlich des "Ob" als des "Wie" (Art, Höhe, Dauer) der Leistung Er-messen ein, also ein Entschließungs- und Auswahlermessen (BSG, aaO, Rn. 34). Allerdings verbleibt dem Beklagten im Bereich der Leistungen nach dem SGB II nur ein sehr eng be-grenzter Entscheidungsfreiraum (BSG, aaO, Rn. 34). So ist zunächst die Höhe der Leistung ohne das zu berücksichtigende Einkommen auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen (BSG, aaO, Rn. 34) Dabei sind alle Leistungsbestandteile in zutreffender Höhe zu ermitteln (BSG, aaO, Rn. 34). Erst im Hinblick auf die Höhe des zu berücksichtigenden Ein-kommens, das sodann die zuvor ermittelte Leistungshöhe senkt, ist das Vorhandensein eines Ermessensspielraums im Sinne eines Auswahlermessens denkbar (BSG, aaO, Rn. 34).

Bei Beachtung dieser Vorgaben erweist sich der angefochtene Bescheid des Beklagten als rechtmäßig.

1.) Bei der Bestimmung des Anspruch der Kläger hat der Beklagte den Regelbedarf (§ 20 SGB II) und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) der Kläger zutreffend ermit-telt. Die Kläger erheben insoweit auch keine Einwendungen.

2.) Entgegen der Ansicht der Kläger ist bei der Bedarfsermittlung kein Mehrbedarf bei dezen-traler Warmwasserversorgung nach § 21 Abs. 7 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Er-mittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialge-setzbuch vom 13. Mai 2011 (BGBl I, S. 453) anzuerkennen, der über die darin normierten und vom Beklagten gewährten Pauschalen hinausgeht.

a) Nach § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 SGB II anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils 2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4 (§ 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II),1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr (§ 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 SGB II), 1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (§ 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 SGB II) oder 0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (§ 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 4 SGB II), soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht oder ein Teil des angemessenen Warmwasserbedarfs nach § 22 Absatz 1 SGB II anerkannt wird (§ 21 Abs. 7 Satz 2 letz. Hs. SGB II).

b) Die Voraussetzen für eine Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II sind gegeben, da bei den Kläger die Warmwasserversorgung dezentral erfolgt und keine Bedarfe für die Warmwasserversorgung nach § 22 SGB II im Rahmen der Gewährung der Aufwen-dungen für Unterkunft und Heizung anerkannt werden.

c) Zu Recht hat der Beklagte lediglich die im ersten Halbsatz des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II geregelten Bedarfe anerkannt. Ein im Einzelfall abweichender Bedarf ist nicht gegeben, denn ein solcher lässt sich im vorliegenden Fall mangels konkreter Erfassung des Aufwands für die dezentrale Warmwasserversorgung nicht feststellen. Die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Öffnungsklausel trifft die Kläger.

Die pauschale Abgeltung des Mehrbedarfs für dezentrale Warmwassererzeugung greift nach § 21 Absatz 7 Satz 2 SGB II nur, wenn im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht. Dieser Bedarf kann höher oder geringer sein, maßgeblich sind jeweils die konkret anfallenden und messbaren Kosten (Düring, in: Gagel, SGB II/III, 52. EL 2014, § 21 Rn. 49).

Diese Kosten lassen sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht dadurch herleiten, dass die Differenz zwischen den in dem Regelsatz enthaltenen Stromkosten und den insgesamt angefallenen Stromkosten ermittelt wird und aus der Differenz der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung abgeleitet wird. Es ist nicht feststellbar, ob die Kläger ohne die Kos-ten der dezentralen Warmwasserversorgung genau diejenigen Stromkosten aufwenden müs-sen, die im Regelbedarf enthalten sind (vgl. Grube, in: ders./Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl., § 30 Rn. 59). Abgesehen davon, dass dies angesichts der überproportional steigenden Stromkosten in Deutschland ohnehin unwahrscheinlich ist, lässt sich mit einer solchen Be-rechnung nicht der tatsächliche Bedarf ermitteln, weil der Abzugsposten nicht die tatsächli-chen Aufwendungen für alle übrigen Geräte im Haushalt, die Strom verbrauchen, widerspie-gelt, sondern eine fiktive Größe in Ansatz gebracht wird, die keine Rückschlüsse auf den Ein-zelfall zulässt. Schon aber nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine Feststellung des konkre-ten Einzelfalls erforderlich. Dem würde es widersprechen, ein Berechnungsmodell zugrunde zu legen, welches nicht den Einzelfall widerspiegelt, sondern pauschalierte Beträge berück-sichtigt.

Die Kammer verkennt nicht, dass unklar ist, wie ohne Vorhandensein technischer Vorrichtun-gen zur Erfassung von Verbrauch und Kosten der dezentrale Warmwasserbedarf ermittelt werden soll (vgl. Brehm/Schifferdecker, SGb 2011, 505, 507; S. Knickrehm/Hahn, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 21 Rn. 82), sieht jedoch in den technischen Schwierigkeiten allein keinen Grund für eine Abweichung von den gesetzlich geregelten Pauschalen.

Aufgrund des Wortlauts der Vorschrift, der historischen Auslegung und des Sinn und Zwecks der Vorschrift ist davon auszugehen, dass es in Fällen, in denen es an einer konkreten Erfas-sung der Aufwendungen für die dezentrale Warmwassererzeugung fehlt, bei der Gewährung der im Gesetz geregelten Pauschalen zu verbleiben hat.

Schon der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Abweichung von den im Gesetz nor-mierten Pauschalen nur dann in Betracht kommt, wenn dieser Bedarf konkret erfasst wird. Die Norm setzt zunächst – wie bereits ausgeführt – einen "Einzelfall" voraus, sodass Modelle zur Berechnung, die auf typisierten oder pauschalierten Annahmen beruhen, damit nicht in Ein-klang stehen können. Zudem muss der Bedarf nach dem Wortlaut der Vorschrift "bestehen". Auch dies spricht dafür, dass er als existent nachgewiesen und feststellbar sein muss, mithin nicht etwa geschätzt oder gar unterstellt werden darf (so aber Eckhardt, info also 2012, 200, 204).

Die historische Auslegung bestätigt dies eindrucksvoll. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass ein abweichender Bedarf nur dann in Betracht kommt, wenn er im Einzelfall nachweisbar ist. Wörtlich heißt es zur Parallelvorschrift des § 30 Abs. 7 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die ebenfalls mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 eingefügt worden ist (zitiert nach Geiger, Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II, 2. Aufl., S. 90): "Sofern im Ein-zelfall ein nachweisbar höherer Warmwasserbedarf besteht, ist der Mehrbedarf vom zuständi-gen Träger der Sozialhilfe höher festzusetzen."

Für diese Ansicht spricht auch der – mittels des Wortlautes und der historischen Auslegung gewonnene – Sinn und Zweck der Vorschrift. Es handelt sich um einen typisierten Mehrbedarf (Kothe/Greiser, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl., § 21 SGB II Rn. 25). Ein abweichender Bedarf muss sich also konkret feststellen lassen (Groth, in: Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, Rn. 390; a. A. Brehm/Schifferdecker, SGb 2011, 505, 507). Die im Gesetz festgelegten Pauschalen für den Mehrbedarf sind nicht als gesetzlich normierte Angemessenheitsgrenzen zu verstehen; sie dienen vielmehr der Verwaltungsvereinfachung und kommen gerade dann zur Anwendung, wenn sich die Warmwassererzeugungskosten in Ermangelung entsprechender technischer Vorrichtung nicht konkret ermitteln lassen (LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 28.05.2013 – L 9 AS 541/13 B, juris; ebenso SG Berlin, Urt. v. 27.01.2014 - S 206 AS 20884/11, unveröffent-licht; Schmidt, in: Oestreicher, SGB II/XII, 64. EL XI/11, § 21 SGB II Rn. 73).

Hieraus folgt letztlich, dass der Leistungsberechtigte die Beweislast für einen höheren tatsäch-lichen Bedarf trägt (Münder, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 30 Rn. 37).

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass das Bundessozialgericht in ständiger Recht-sprechung zur früheren Rechtslage, nach der eine Warmwasserpauschale bei zentraler Warmwasserversorgung von den nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzuerkennenden Kosten für Heizung in Abzug gebracht worden sind, weil sie bereits vom Regelsatz erfasst wurden, entschieden hat, dass eine von den normierten Pauschalen abweichende Berücksichtigung des Bedarfs für die Erzeugung mit Warmwasser nur dann in Betracht kommt, wenn diese Kos-ten gesondert und exakt auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs erfasst werden kön-nen (BSG, Urt. v. 06.04.2011 – B 4 AS 16/10 R, mwN; BSG, Urt. v. 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R; vgl. auch Reichel, in: jurisPR-SozR 19/2011 Anm. 5). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechung nicht ohne Weiteres auf die aktuelle Rechtslage und die Gewährung von Pauschalen bei dezentraler Warmwasserversorgung übertragen wer-den könnte.

Soweit die Kläger meinen, als Grundlage zur Bestimmung des Mehrbedarfs könnte der dop-pelte Durchschnittswert der Kosten der Warmwasseraufbereitung nach dem Berliner Betriebs-kostenspiegel herangezogen werden, übersehen sie, dass es sich hierbei um den – anerken-nenswerten – Versuch handelt, eine Angemessenheitsgrenze für einen bestehenden individu-ellen Mehrbedarf zu bestimmen (vgl. Brehm/Schifferdecker, SGb 2011, 505, 508). Die Kontrol-le auf eine angemessene Höhe setzt aber erst dann ein, wenn nachgewiesen ist, dass die Kläger einen über die gesetzlich festgelegten Pauschalen hinausgehenden Mehrbedarf im Einzelfall haben. Dies ist – wie ausgeführt – nicht hinreichend feststellbar, was zu ihren Lasten gehen muss.

Die Kammer konnte sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 21 Abs. 7 SGB II überzeugen. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur eine sachgerechte, transpa-rente und begründete Ermittlung auch für den in § 21 Abs. 7 SGB II normierten Mehrbedarf gefordert, da auch die Kosten der Warmwasserversorgung zum verfassungsrechtlich verbürg-ten Existenzminimum gehören (Sächsisches LSG, B. v. 11.09.2013 – L 7 AS 1574/12 NZB, juris; von Boetticher/Münder, in: LPK-SGB II, 5. Aufl., § 21 Rn. 46; Münder, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 30 Rn. 36). Insoweit wird grundsätzlich zutreffend kritisiert, dass die Höhe des Mehrbedarfs nicht unmittelbar anhand aktueller schlüssiger Zahlen ermittelt worden ist, son-dern auf eine Schätzung zurückgegriffen wurde, die auf einer 20 Jahre alten Empfehlung be-ruht und die sich zudem auf die Kosten zentraler Warmwassererzeugung bezog (Schmidt, in: Oestreicher, SGB II/XII, 64. EL XI/11, § 21 SGB II Rn. 73). Allerdings hat der Gesetzgeber die Richtigkeit der zugrunde gelegten "veralteten" Daten mit Hilfe aktueller Daten bestätigt (vgl. Geiger, Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II, 2. Aufl., S. 89).

3.) Ermessensfehler bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2.) sind weder vor-getragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.

Die Berufung gegen dieses Urteil, die gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung be-darf, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt, war zuzulas-sen. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzung ein von den Pauschalen abweichender Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung im Sinne des § 21 Abs. 7 S. 2, 2. Halb-satz 1. Alt. SGB II besteht, hat grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es han-delt sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Verfahren Bedeutung besitzt (vgl. Sächsisches LSG, B. v. 11.09.2013 – L 7 AS 1574/12 NZB, juris; SG Berlin, Urt. v. 27.01.2014 - S 206 AS 20884/11, unveröffentlicht).
Rechtskraft
Aus
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