L 4 AS 365/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 15 AS 2273/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 365/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Gewährung eines höheren Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 sowie die Zahlung von (höheren) Beiträgen an den Rentenversicherungsträger.

Die am xxxxx 1952 geborene, erwerbsfähige Klägerin bezieht von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 994,67 Euro monatlich, wobei er einen Regelbedarf in Höhe von 364,00 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 630,67 Euro zugrunde legte. Über weiteres Einkommen und Vermögen verfügte die Klägerin in dem entsprechenden Zeitraum nicht.

Mit Bescheid vom 26. November 2011 änderte der Beklagte den Bescheid vom 19. Oktober 2011 ab und berücksichtigte nunmehr für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 einen Regelbedarf in Höhe von 374,00 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in unveränderter Höhe von 630,67 Euro. Insgesamt beliefen sich die bewilligten Leistungen danach auf 1.004,76 Euro.

Unter dem 19. Juli 2012 änderte der Beklagte den Bescheid vom 26. November 2011 für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 ab und bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 31. Juli 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.012,67 Euro und für die Zeit vom 1. August 2012 bis 30. November 2012 in Höhe von 893,67 Euro. Dabei legte der Beklagte für den gesamten Zeitraum wiederum einen Regelbedarf von 374,00 Euro zugrunde und berücksichtigte für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis 31. Juli 2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 638,67 Euro und für die Zeit vom 1. August 2012 bis 30. November 2012 in Höhe von 519,67 Euro. Zur Begründung verwies er auf eine Mieterhöhung ab dem 1. Juni 2012 sowie den Fortfall der bisher berücksichtigten Wassergeldpauschale ab 1. August 2012, die bis zur Erstellung der Jahresrechnung der HWW nicht mehr fällig sei. Am 19. Juli 2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und geltend gemacht, die seit dem 1. Januar 2012 geltende Höhe des pauschalierten Regelbedarfs für Alleinstehende verletze ihre Menschenwürde. Die Pauschalierung des Regelbedarfs sei daher zu überprüfen und aufzuheben. Bei der Berechnung des Regelbedarfs müssten die allgemeine Kostensteigerung, der Inflationswert, "die tatsächlichen Bedarfe des käuflich zu erwerbenden Bedarfs" sowie die laufenden Zahlungsverpflichtungen berücksichtigt werden. Insoweit sei zur Existenzsicherung ein Tagesbedarf von mindestens 80,00 Euro zugrunde zu legen. Des Weiteren müsse die Berechnungsgrundlage des Regelbedarfs die geleisteten Berufsjahre und das erreichte Lebensalter sowie den damit einhergehenden höheren finanziellen Bedarf berücksichtigen. Die Höhe des Regelbedarfs sei zudem jährlich unter Beachtung der "berufsbezogenen Gehaltssteigerung" sowie der Kostensteigerung, des Inflationswerts, der Zahlungsverpflichtungen und der Lebenshaltungskosten anzupassen. Es sei darüber hinaus nicht nachvollziehbar, dass erwerbslose Leistungsbezieher nach 35 Berufsjahren eine Rentenkürzung hinnehmen müssten. Insoweit habe der Beklagte "unter Anerkennung des erarbeiteten Rentenkontos ab 30 Berufsjahren" bei einem Bezug von Arbeitslosengeld II auch rückwirkend ab 2005 die jährlich für die Rentenberechnung relevanten Beiträge an den Rentenversicherungsträger zu zahlen, so dass es für Bezieher von Arbeitslosengeld II später nicht zu einer finanziellen Benachteiligung bei der Gewährung der gesetzlichen Altersrente komme. Mit einem am 10. August 2012 beim Sozialgericht eingegangenen Schreiben hat die Klägerin ihre Klage dahingehend konkretisiert, dass diese sich gegen den Änderungsbescheid vom 19. Juli 2012 richten solle.

Gegen den Änderungsbescheid vom 19. Juli 2012 hat die Klägerin im Folgenden bei dem Beklagten in Bezug auf die dort berücksichtigte Höhe des Regelbedarfs Widerspruch eingelegt. Unter dem 27. Juli 2012 hat sie bei dem Beklagten einen Antrag auf Zahlung von (höheren) Beiträgen an den Rentenversicherungsträger ab dem Jahr 2005 gestellt.

Mit Bescheid vom 30. August 2012, der eine Rechtsbehelfsbelehrung zur Einlegung des Widerspruchs binnen eines Monats enthielt, hat der Beklagte u. a. letzteren Antrag der Klägerin abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass bis zum 31. Dezember 2010 ein Beitrag in Höhe einer festgelegten Rechengröße an die Rentenversicherung abgeführt worden sei. Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 sei die Rentenversicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II ab 1. Januar 2011 entfallen. Für Leistungszeiträume ab 1. Januar 2011 seien daher keine Beiträge mehr an den Rentenversicherungsträger abzuführen. Die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld II könne lediglich noch als Anrechnungszeit vom Rentenversicherungsträger berücksichtigt werden. Widerspruch hat die Klägerin bei dem Beklagten hiergegen nicht eingelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2012 hat der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 19. Juli 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Änderungsbescheid stelle in Bezug auf die Regelleistung lediglich eine Wiederholung der schon im Bescheid vom 26. November 2011 getroffenen Regelung dar. Es handele sich insoweit nicht um einen Verwaltungsakt, der mit einem Widerspruch angefochten werden könne.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zwar – soweit sie auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs gerichtet sei – durch das nachgeholte Vorverfahren zulässig geworden. Sie sei insoweit aber unbegründet. Streitgegenstand sei lediglich die von dem Beklagten in dem Bescheid vom 19. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012 getroffene Regelung zur Höhe des Regelbedarfs. Hierauf habe die Klägerin den Streitgegenstand zulässigerweise beschränkt. Dabei handele es sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht um eine wiederholende Verfügung, sondern um einen Zweitbescheid, der erneut den Rechtsweg eröffne. Die Klägerin, die die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erfülle, habe aber in dem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs. Der Beklagte habe in Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zu Recht einen Regelbedarf von 374,00 Euro zugrunde gelegt. Die Höhe des Regelbedarfs sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Insoweit folge die Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R), wonach die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende nach dem SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden sei, weil der Gesetzgeber die Höhe des Regelbedarfs in einem sachgerechten Verfahren ermittelt habe. Der Antrag der Klägerin auf Einzahlung von Rentenbeiträgen sei im Übrigen weder zulässig noch begründet. Er sei in Ermangelung der Durchführung eines Vorverfahrens bereits unzulässig. Darüber hinaus sei er auch unbegründet, da weder im SGB II noch im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Anspruchsgrundlage für ein solches Begehren bestehe.

Gegen den ihr am 1. November 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11. November 2013 Berufung beim Landessozialgericht Hamburg eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie macht weiterhin geltend, dass der von dem Beklagten zugrunde gelegte Regelbedarf nicht existenzsichernd sei. Der tatsächliche finanzielle monatliche Bedarf einer unverheirateten Person ab dem 50. Lebensjahr betrage – ohne die Kosten der Unterkunft – mindestens 1.600,00 Euro.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von mindestens 1.600,00 Euro monatlich -ohne die Bedarfe für Unterkunft und Heizung und unter Anrechnung der insoweit bisher erbrachten Leistungen - für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis zum 30. November 2012 zu gewähren sowie ab Januar 2005 (höhere) Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er schließt sich zur Begründung seines Antrags den Ausführungen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid an.

Mit Beschluss vom 23. Dezember 2013 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Zum Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen. Die Ladung zum Termin ist ihr mit Postzustellungsurkunde am 21. März 2014 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und bei der Beratung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hat.

Eine Entscheidung konnte trotz des Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erfolgen, weil diese ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist zum einen das Begehren der Klägerin auf Gewährung eines höheren Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012. Insoweit richtet sich die Klage gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 19. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012, der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Dabei hat die Klägerin den Streitgegenstand – entsprechend den Ausführungen des Sozialgerichts – im Widerspruchsverfahren und bei Klageerhebung in zulässiger Weise auf die von dem Beklagten getroffene Regelung zur Höhe des Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne die Kosten der Unterkunft beschränkt. Auch nach der Neufassung der §§ 19 bis 22 SGB II durch das zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) und zur Änderung des SGB II und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 24. März 2011 (GERÄ, BGBl. I 2011, S. 453) handelt es sich bei dem Anspruch auf den Regelbedarf um einen von den Leistungen für Unterkunft und Heizung abtrennbaren Anspruch (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2012, L 3 AS 4252/11; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.7.2012, L 3 AS 307/12 B ER, L 3 AS 308/12 B; Spellbrink/G. Becker, in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 19 Rn. 27). Darüber hinaus ist Gegenstand des Verfahrens das weitere Begehren der Klägerin auf Zahlung von (höheren) Beiträgen durch den Beklagten an den Rentenversicherungsträger. Der diesbezüglich erst nach Erhebung der Klage erlassene Bescheid des Beklagten vom 30. August 2012 ist nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 96 SGG geworden, denn der entsprechende Verwaltungsakt hat hier keinen angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt. Die Klägerin hat diesen Bescheid auch nicht durch Erklärung einer Klageänderung nach § 99 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

2. Die insoweit von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 und Abs. 4, 56 SGG ist – soweit sie auf die Zahlung von (höheren) Rentenbeiträgen gerichtet ist – bereits unzulässig (dazu unter a.) und im Übrigen unbegründet (dazu unter b.).

a.) Soweit die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung höherer Beiträge für die Jahre 2005 bis 2010 und die Zahlung von Beiträgen für die Zeit ab Januar 2011 an den Rentenversicherungsträger begehrt, ist ihre Klage bereits unzulässig. Denn diesem Begehren der Klägerin steht die Bestandskraft des Bescheides vom 30. August 2012 entgegen. Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 30. August 2012 in Bezug auf die damit abgelehnte Zahlung von (höheren) Rentenbeiträgen bei dem Beklagten keinen Widerspruch eingelegt. Ein solcher kann auch nicht in der Klageschrift gesehen werden, da die Klage hier vor Erlass des Bescheides vom 30. August 2012 erhoben wurde. Auch die weiteren Schriftsätze der Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens lassen sich nicht im Sinne eines Widerspruchs auslegen. Denn das Begehren der Klägerin auf Zahlung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger findet in ihnen keine Erwähnung. Damit ist der Bescheid vom 30. August 2012 in Bezug auf die damit abgelehnte Zahlung von (höheren) Rentenbeiträgen für die Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG).

Lediglich ergänzend weist der Senat daher in der Sache darauf hin, dass es für das Begehren der Klägerin auf Zahlung höherer Rentenbeiträge für die Jahre 2005 bis einschließlich 2010 und Zahlung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger für die Zeit ab Januar 2011 an einer Anspruchsgrundlage fehlt. Bis zum 31. Dezember 2010 war die Rentenversicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II in § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in den in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen geregelt. Bis dahin hat der Beklagte – entsprechend seinen Ausführungen im Bescheid vom 30. August 2012 – Beiträge nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in § 173 Satz 2 SGB VI in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung und § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI in den vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen an den Rentenversicherungsträger abgeführt. Ab dem 1. Januar 2011 ist die Rentenversicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II durch Art. 19 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (BGBl. I 2010, S. 1885) entfallen, so dass für Leistungszeiträume ab diesem Datum – wie auch bereits das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat – keine Beitragszahlungen mehr zu leisten sind und lediglich noch Anrechnungszeiten durch den Rentenversicherungsträger berücksichtigt werden können.

b.) Im Hinblick auf das auf die Gewährung von Leistungen unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs gerichtete Klagebegehren ist die Klage zwar zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthaft. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, wonach der angefochtene Änderungsbescheid vom 19. Juli 2012 hier nach seiner konkreten Ausgestaltung in Bezug auf die Höhe des allein streitgegenständlichen Regelbedarfs eine eigenständige Regelung beinhaltet und nicht lediglich eine wiederholende Verfügung darstellt. Auch ist das erforderliche Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Laufe des Klageverfahrens nachgeholt worden, das mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012 seinen Abschluss gefunden hat.

Die Klage ist insoweit indessen unbegründet. Der Senat nimmt diesbezüglich nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt zu keiner abweichenden Beurteilung Anlass. Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, hat die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf einen höheren Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts als den von dem Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012 bewilligten Regelbedarf von monatlich 374,00 Euro.

Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der Fassung des GERÄ i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBEG beträgt der Regelbedarf für Alleinstehende ab 1. Januar 2011 364,00 Euro. Zum 1. Januar 2012 wurden die Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 Satz 1 und 3 SGB II i.V.m. § 28a SGB XII i.V.m. der auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII erlassenen Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 SGB XII für das Jahr 2012 (RBSFV 2012) vom 17. Oktober 2011 (BGBl. I 2011, S. 2090) angepasst und durch die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20. Oktober 2011 über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II (BGBl. I 2011, S. 2093) bekannt gegeben. Danach beträgt der Regelbedarf für Alleinstehende ab 1. Januar 2012 und damit auch in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum 374,00 Euro.

Eine (individuelle) Festlegung des Regelbedarfs, wie sie von der Klägerin begehrt wird, insbesondere unter Berücksichtigung des Lebensalters, der geleisteten Berufsjahre und der jeweiligen persönlichen Zahlungsverpflichtungen, sehen die entsprechenden Regelungen, die den Regelbedarf typisierend für sämtliche Leistungsempfänger nach dem SGB II festlegen, nicht vor.

Auch soweit die Klägerin sich auf die Verfassungswidrigkeit der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Regelbedarfe beruft, kann hieraus kein höherer Anspruch abgeleitet werden. Die Regelbedarfe für Alleinstehende sind zur Überzeugung des Senats nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.

Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des BSG zur Verfassungsmäßigkeit der Neuermittlung der Regelbedarfe ab 1. Januar 2011 in den Urteilen vom 28. März 2013 (B 4 AS 12/12 R), vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R) sowie vom 28. März 2012 (B 4 AS 12/12 R und B 4 AS 47/12 R), denen er sich nach eigener Überprüfung und Überzeugungsbildung anschließt. Die gegen die Urteile des BSG vom 12. Juli 2012 eingelegten Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20.11.2012, 1 BvR 2203/12 sowie vom 27.12.2012, 1 BvR 2471/12). Das BSG führt in den genannten Entscheidungen zutreffend aus, dass der Gesetzgeber den ihm zugewiesenen Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt hat. Er hat bei der Bemessung des Regelbedarfs – entsprechend den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09 , 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) – den Umfang des konkreten gesetzlichen Anspruchs, der insbesondere den Bedarf an Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken soll, in einem transparenten und sachgerechten Verfahren auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren realitätsgerecht und nachvollziehbar ermittelt. Dabei konnte sich der Gesetzgeber des Statistikmodells bedienen und die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 heranziehen. Weder bei der Bestimmung der Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen noch bei der Festlegung der regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten (BSG, Urteil vom 12.7.2012, B 14 AS 153/11 R, zitiert nach juris, Rn. 21). Der Senat stimmt dem BSG im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Gewaltenteilung auch darin zu, dass den Gerichten wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nur eine zurückhaltende materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelungen dahingehend zusteht, ob die Bestimmung der Leistungen durch den Gesetzgeber nachvollziehbar ist und die Leistungen nicht als evident unzureichend angesehen werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 12.7.2012, B 14 AS 153/11 R, zitiert nach juris, Rn. 20).

Auch hinsichtlich der Fortentwicklung der Regelbedarfe (Anpassung) bestehen aus Sicht des Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Entgegen der vom BVerfG noch für verfassungswidrig gehaltenen Anknüpfung an den aktuellen Rentenwert gemäß § 68 SGB VI (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010, a.a.O., zitiert nach juris, Rn. 183), ist die Fortschreibung der Regelbedarfe jetzt nach § 20 Abs. 5 SGB II i.V.m. 28a Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB XII an die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen (70%) sowie die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter (30%), somit einen Mischindex geknüpft, wobei maßgeblich die Veränderungsrate der letzten zwei Zwölfmonatszeiträume ist, die ihrerseits jeweils von Juli bis Juni laufen. Für das Jahr 2012 hat es dabei bei der Anpassung eine Sonderregelung in § 138 SGB XII gegeben, weil die Höhe der Regelbedarfe zum 1. Januar 2011 nur die Entwicklung bis Dezember 2009 widerspiegelte. Aus diesem Grunde erfolgten zum 1. Januar 2012 zwei Fortschreibungen, wobei die erste Veränderungsrate 0,75% und die zweite 1,99% (vgl. auch BGBl. I 2011, S. 2090) betrug. Die nunmehr gewählte Anknüpfung hat das BVerfG im Grundsatz für richtig angesehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9.2.1010, a.a.O.). Dass die konkrete Ausgestaltung sich nicht im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hielte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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