S 16 AS 887/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 887/12
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 30. Juli 2012 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 4. September 2012 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten über die dem Kläger zustehende Höhe an Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), insbesondere über die Frage, ob ein Anteil der Stromrechnung deshalb als Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen ist, weil der Kläger seine Gastherme mit Strom betreibt.

Mit Bescheid vom 30.07.2012 wurden dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 vorläufig billigt. Hierbei wurden Kosten der Unterkunft in Höhe von 353,55 EUR monatlich der Berechnung zu Grunde gelegt. Hiervon entfallen 211,05 EUR auf die Kaltmiete, 81 EUR auf die kalten Betriebskosten sowie 61,50 EUR auf die Heizkosten. Mit seinem Widerspruch vom 30.08.2012 richtete sich der Kläger gegen die Höhe der anerkannten Heizkosten. Er macht geltend, in seinem Antrag habe er Kosten für den Thermenstrom in Höhe von 12,68 EUR geltend gemacht. Anerkannt worden sei lediglich ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II in Höhe von 8,60 EUR. Nach § 22 Abs. 1 SGB II seien die Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, soweit sie angemessen sind. Das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung B 14 AS 51/10 R vom 07.07.2011 entschieden, dass dezentrale Gasetagenheizungen mit denen sowohl geheizt, als auch Warmwasser für den Haushalt produziert werde, analog zu zentralen Heizungsanlagen zu behandeln sind. Beim Betriebsstrom der Gastherme handele es sich deshalb um Heizkosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II. In seiner Wohnung befinde sich eine Gastherme, bei der die Warmwasserbereitung dezentral mit Heizenergie über die Heizungsanlage erfolge. Der von ihm geltend gemachte Thermenstrom sei deshalb in voller Höhe von 12,68 EUR als Heizkosten anzuerkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dort wurde ausgeführt, der Kläger habe lediglich Anspruch auf die angemessenen Heizkosten. Die Heizkosten des Klägers seien zu hoch.

Hiergegen richtet sich die am 13.09.2012 erhobene Klage. Über seine Ausführungen im Widerspruchverfahren hinaus verweist der Kläger auf das Verfahren vor dem Sozialgericht Az.: S 6 AS 98/07, in welchem der Kläger einen Stromanteil der Gastherme in Höhe von 28,5 % der Stromkosten anerkannt habe. Weiter weist er darauf hin, dass die von ihm begehrten Kosten der Unterkunft hinter den in den Vollzugshinweisen des Beklagten als angemessen dargestellten Beträgen von insgesamt 385,46 EUR zurückbleibe.

Mit Schreiben vom 25.09.2012 beantragt der Beklagte, die Klage abzuweisen. Am 20.09.2012 erließ der Beklagte einen weiteren Bescheid für den streitgegenständlichen Zeitraum, mit dem die Leistungshöhe nicht geändert wurde. Es wurde lediglich das hinzugetretene monatliche Einkommen des Klägers in Höhe von 100 EUR in die Berechnung aufgenommen.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30.07.2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2012 zu verurteilen, weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 4,08 EUR ab August 2012 zu bezahlen.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die insbesondere gemäß § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II über den bewilligten Umfang hinaus. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 07.07.2011 (Az.: B 14 AS 51/10 R) entschieden hat, dass die Kosten des Stroms der Heizungsanlage, soweit sie nachgewiesen sind oder geschätzt werden können, als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen sind. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung einen Zeitraum vor dem 31.12.2010 betrifft.

Den für die Zeit ab dem 01.01.2011 geltenden Regelsätzen liegt aber eine geänderte Bedarfsermittlung aus Anlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) zu Grunde. Der Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache Bundestag 17/3404) ist zu entnehmen, dass der in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ermittelte Stromverbrauch vollständig, d.h. zu 100 %, Eingang in den Regelsatz gefunden hat. Dies ergibt sich, wenn dort ausgeführt ist:

"Die in der Sonderauswertung Einpersonenhaushalt der EVS 2008 nachgewiesenen Ausgaben für Strom sowie für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen werden - wie bereits in der Sonderauswertung EVS 2003 - grundsätzlich als regelbedarfsrelevant anerkannt. Im Unterschied zur Sonderauswertung EVS 2003 wird bei den ermittelten Stromausgaben jedoch kein Abschlag für Heizungsstrom vorgenommen. Hintergrund dieses Abschlags in der Sonderauswertung EVS 2003 war, dass die Heizkosten bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. In Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 basieren die Ausgaben für Haushaltsenergie auf einer gesonderten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 von Haushalten, die nicht mit Strom heizen. Bei der Berechnung der regelbedarfsrelevanten Stromausgaben in der Sonderauswertung Einpersonenhaushalt EVS 2008 werden im Unterschied zur Sonderauswertung EVS 2003 nicht nur die Stromausgaben von Mietern berücksichtigt, sondern auch die Ausgaben der Eigentümer für Haushaltsstrom. Bei der Durchschnittsbildung in der Vergangenheit wurden nur die Stromausgaben von Mieterhaushalten auf alle Haushalte mit Stromausgaben bezogen, nicht aber die Stromausgaben der Eigentümerhaushalte. Die Stromausgaben der Wohnungseigentümer blieben damit bislang unberücksichtigt. Deshalb werden in der Sonderauswertung der EVS 2008 für die Verbrauchsausgaben der Eigentümer für Strom die durchschnittlichen Stromkosten von Mieterhaushalten unterstellt.
Als existenzsichernd werden damit die Stromkosten der Haushalte von Mietern bewertet. Zudem fallen bei Eigentümerhaushalten Ausgaben für Strom an, die als gesondert zu erbringende Kosten der Unterkunft zu bewerten sind (z.B.Außenbeleuchtung, Umwälzpumpe). Gegenüber der Sonderauswertung EVS 2003 führt diese Berechnungsweise zu einem Anstieg der als regelbedarfsrelevant berücksichtigen Verbrauchsausgaben für Strom" (DrucksBT 17/3404, 55-56).

Der Kläger heizt nicht mit Strom. Vielmehr wird seine Gastherme mit Strom betrieben. Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger der Gruppe der Verbraucher angehört, deren Verbrauchsverhalten im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe statistisch ermittelt wurde und deren durchschnittliche Stromkosten vollständig im Regelbedarf berücksichtigt wurden.

Die vom Kläger zusätzlich geltend gemachten Kosten für Betriebsstrom seiner Heiztherme sind vor diesem Hintergrund für Zeiträume nach dem 31.12.2010 mit dem Regelsatz abgegolten. Ein weiterer Anspruch im Rahmen der nach § 22 SGB II zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung kommt nicht mehr in Betracht (so auch Schwabe in Zeitschrift für das Fürsorgewesen 2013, 6).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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