S 20 AS 1356/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 1356/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Umdeutung einer 60 %-Sanktion in eine 30 %-Sanktion.
Bemerkung
Wird die vorangegangene 30 %-Sanktion aufgehoben, dann sind die Voraussetzungen nach § 31a Abs. 1 Satz 2 SGB II für die Verhängung einer nachfolgenden 60 %-Sanktion nicht (mehr) gegeben. Eine Umdeutung in eine erneute 30 %-Sanktion kommt nicht in Betracht
I. Der Bescheid vom 23. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Sanktion nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 in Höhe von 60 % des Regelbedarfs. Die am 1971 geborene Klägerin bezieht mit ihrem Lebensgefährten und vier 1995, 1997, 2000 und 2007 geborenen Kindern Leistungen nach dem SGB II, da sie arbeitslos ist. Seit 1. Januar 2012 haben sie und die Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft bislang über 250 Verfahren gegen den Beklagten vor dem Sozialgericht Dresden anhängig gemacht. Der Beklagte senkte mit Bescheid vom 24. Juni 2013 den Regelbedarf der Klägerin in der Zeit von 1. Juli 2013 bis 30. September 2013 in einer ersten Stufe um 30 % ab, d. h. 103,50 EUR pro Monat. Mit Schreiben vom 6. September 2013 unterbreitete der Beklagte der Klägerin einen Vermittlungsvorschlag für eine Stelle als Assistentin der Geschäftsführung bei der Firma W. in Riesa zu 30 Stunden Teilzeit unbefristet. Das Anschreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung und wurde der Klägerin am 10. September 2013 persönlich überreicht. Der Lebensgefährte der Klägerin teilte dem Beklagten am 1. Oktober 2013 mit, dass die Klägerin überlastet sei und das Stellenangebot weder aktuell noch zumutbar sei. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2013 senkte der Beklagte den Regelbedarf der Klägerin in der Zeit von 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 in einer zweiten Stufe um 60 % ab, d. h. 207 EUR pro Monat. Die Klägerin erhob am 5. November 2013 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zurückwies. Am 3. März 2014 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Dresden erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Sanktionsbescheid sei auf das pflicht- und rechtswidrige Verwaltungshandeln des Beklagten zurückzuführen. Die Klägerin sei nicht in der Lage, die vermittelte Tätigkeit auszuüben. Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 aufzuheben, Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 23. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Minderung durch den Beklagten beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 2, § 31b SGB II und mindert das Arbeitslosengeld II der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 bezüglich des Regelbedarfs um 60 %. Voraussetzung für die Verhängung einer 60 %-Sanktion nach § 31 a Abs. 1 Satz 2 SGB II ist gemäß § 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Zwar hat der Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2013 eine 30 %-Sanktion verhängt. Diese Minderung hat das Sozialgericht Dresden allerdings mit Urteil vom 30. Juni 2014 – S 20 AS 5379/13 – aufgehoben. Damit sind die Voraussetzungen nach § 31a Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht (mehr) gegeben, die Rechtsgrundlage für die Verhängung der streitgegenständlichen Sanktion ist weggefallen. Eine Umdeutung in eine erneute 30 %-Sanktion kam nicht in Betracht, da hierfür keine Anknüpfungspunkte ersichtlich sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Berufung, die der Zulassung bedarf, da der Wert des Beschwerdegegenstandes weniger 750 EUR beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), war zuzulassen, da die obergerichtliche Klärung der Frage der Anwendbarkeit von § 31a Abs. 1 Satz 2 und 4 SGB II nach Aufhebung der vorangegangenen Sanktion bislang soweit ersichtlich noch nicht erfolgt ist und die Rechtssache damit grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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