L 6 AS 422/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 16 AS 601/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 422/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 49/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Übernahme der Tilgung einer Eigenheimfinanzierung im Rahmen der Leistungen für die Kosten der Unterkunft setzt u.a. voraus, dass die Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist. Dies ist bei einem vor dreißig Jahren erworbenen, selbst genutzten Hausgrundstück dann der Fall, wenn ohne Inflationsbereinigung und ohne Berücksichtigung der Wertsteigerung die Resttilgung nur noch ca. 18, 7 Prozent des Kaufpreises beträgt und wegen Rentennähe von vornherein nur ein Gesamtleistungsbezug auf die Tilgung von ca. 2,7 Prozent des Kaufpreises denkbar ist.
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. April 2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für den Berufungsrechtszug zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 3. Januar 2011 bis 1. Februar 2012 unter Berücksichtigung der darlehensvertraglich geschuldeten Tilgung des Kredits für sein selbstgenutztes Eigenheim. Im Streit steht nunmehr noch die Verfügung über die darlehensweise Gewährung der Kosten der Unterkunft, soweit sie rechnerisch Tilgungsleistungen betrifft.

Der 1950 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur (FH) und war bis 15. Juni 2002 im Vertrieb bei verschiedenen EDV-Unternehmen tätig. Nach Ausschöpfung des Arbeitslosengeldanspruchs wechselten sich ab 2005 Leistungsbezug bei dem Beklagten, kurze Beschäftigungen und Arbeitslosengeldbezug ab.

Er ist seit 1984 Eigentümer eines selbstbewohnten Einfamilienhauses in der A-Straße in A-Stadt mit einer Wohnfläche von ca. 78 m2. Der eingeschossige Wohnbereich umfasst vier Zimmer, eine Abstellkammer, Küche, Flur, Bad und Toilette. Die Zimmer haben Größen vom 9 m2 bis 13 m2. Die Wohnung befindet sich nach unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers in renovierungsbedürftigem Zustand. Das Grundstück hat ausweislich des Grundbuches von A-Stadt Blatt 1234 Flur 1 Flurstück 123 eine Fläche von 492 m2. Der Kaufpreis betrug seinerzeit 290.000 DM. Nennenswertes Eigenkapital war nach den Angaben des Klägers nicht vorhanden. Die Finanzierung des Hauserwerbs erfolgte u.a. über ein Bauspardarlehen bei der B. und über ein Hypothekendarlehen bei der C-Sparkasse bzw. deren Rechtsvorgängerin. Das Darlehen der Sparkasse wurde mit einer Grundschuld über 245.000,- DM gesichert. Zum Wert des Grundstücks hat der Kläger bei seiner Antragstellung keine Angaben gemacht. Der zur Rückzahlung des Bauspar- und Hypothekendarlehens vom Kläger jährlich zu zahlende Betrag für Zins und Tilgung belief sich im Jahr 2011 auf 1.581,84 EUR bei der C-Sparkasse (Tilgung: 516,14 EUR, Zins: 1.065,70 EUR) und 2.392,80 EUR bei der B. (davon Tilgung 2.115,20 EUR). Nach dem Tilgungsplan der C-Sparkasse vom 31. Januar 2011 seien zum Stichtag am 30. Januar 2011 noch 43.368,02 EUR bis zum Jahr 2037 zu zahlen gewesen (Tilgung: 25.309,83 EUR; Zins: 17.798,19 EUR; Kosten: 260,- EUR). Am 30. Januar 2012 belief sich die Restschuld des Darlehens bei der B. noch auf 389,79 EUR. Das letztgenannte Darlehen wurde noch im Jahr 2012 vollständig getilgt.

Die Verwaltungspraxis des Beklagten sah bei einem Ein-Personen-Haushalt eine Netto-Kaltmiete von 360,- EUR sowie einen Betriebskostenreferenzwert von 2,10 EUR/m2 vor. Mit Bescheid vom 14. Februar 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 3. Januar 2011 bis 31. Juli 2011 Leistungen nach dem SGB II. An Unterkunftskosten nach § 22 SGB II berücksichtigte der Beklagte monatliche Zinsen in Höhe von 88,81 EUR sowie zusätzliche Kosten für Abgaben an die Stadt von 34,00 EUR, Feuerversicherung 4,15 EUR und Grundsteuer von 6,18 EUR. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 8. März 2011 Widerspruch ein, weil die Leistungen nicht seinen Lebensunterhalt sicherten. Im Wesentlichen ginge es um die Kosten für die Hausbelastung. Die Tilgungsleistungen seien notwendig, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Außerdem sei zu bedenken, dass die Kosten für die Elektroversorgung stiegen, 8,00 EUR Zuzahlung an die DAK zu leisten sei und eine Zahnzusatzversicherung von 12,66 EUR monatlich bestehe. Mit Bescheid vom 27. Juli 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. August 2011 bis 1. Februar 2012 SGB Il-Leistungen im oben genannten Umfang, wogegen der Kläger ebenfalls Widerspruch einlegte.

Der Kläger ersuchte am 3. August 2011 um Eilrechtsschutz und hat gleichzeitig Klage erhoben. Die zunächst beim Sozialgericht in Darmstadt erhobene Klage ist wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschluss vom 11. August 2011 an das Sozialgericht Wiesbaden verwiesen worden. Das ebenfalls verwiesene gerichtliche Eilverfahren (Az.: S 16 AS 599/11 ER) wurde am 19. Oktober 2011 durch einen gerichtlichen Vergleich beendet, wonach der Beklagte dem Kläger die Tilgungsraten ab Januar 2011 darlehensweise unter Eintragung einer Sicherungshypothek gewährt. Daraufhin änderte der Beklagte mit drei Bescheiden vom 27. Oktober 2011 die Bescheide vom 14. Februar 2011 und 27. Juli 2011 ab und gewährte dem Kläger weitere Leistungen auf die Kosten der Unterkunft, wegen geänderter Wasser-/Abwassergebühren, wegen geänderter Zinsen bezüglich des B.-Darlehens und schließlich in Umsetzung des Vergleiches wegen der Tilgungsraten 2011, letztere im Wege eines Darlehens. Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 wurde der Vergleich für den Monat Januar 2012 umgesetzt.

Bereits am 26. September 2011 teilte die C-Sparkasse dem Kläger mit, dass sie nicht bereit sei, die Tilgung auszusetzen. Unter dem Datum vom 20. Dezember 2011 beantragte und bewilligte der Kläger die Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek zu Gunsten des Beklagten in Höhe von 7.000 EUR.

Die wegen der nur darlehensweisen Gewährung aufrechterhaltenen Widersprüche hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die darlehensweise Gewährung der Tilgungsraten sei rechtmäßig; es bestehe kein Anspruch auf eine Gewährung der Tilgungsleistungen als Zuschuss. Der Kläger bezieht seit 1. November 2013 eine Rente in Höhe von 1.166,39 EUR (Zahlbetrag 1.043,92 EUR).

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 29. Dezember 2011 Klage unter dem Aktenzeichen S 16 AS 995/11 erhoben, die das Sozialgericht zur gemeinsamen Entscheidung mit der Klage S 16 AS 601/11 verbunden und unter dem letztgenannten Aktenzeichen fortgeführt hat.
Der Kläger hat sich zur Begründung seiner Klage auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 2006 im Revisionsverfahren B 14/11b AS 67/06 und die Entscheidung des Sozialgerichts Detmold vom 16. Februar 2006 – S 8 AS 37/05 – berufen.
Der Beklagte hat vorgetragen, Sozialleistungen sollten nicht der Vermögensbildung dienen, da andernfalls der Steuerzahler durch die steuerfinanzierten Sozialleistungen zur Vermögensbildung bei dem Hilfesuchenden beitragen würde. Diese Rechtsauffassung habe auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 7. November 2006 – B 7 B AS 8/06 R – bestätigt, in dem es ausgeführt habe, der Grundsatz, dass SGB Il-Leistungen nicht der Vermögensbildung dienten, habe weiter Geltung. Die Vermögensbildung durch Sozialleistungen sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lediglich dann hinzunehmen, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger der Verlust des selbstgenutzten Wohneigentums drohe. Nach der Neufassung des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II mit Wirkung zum 1. April 2006 sei die gesetzliche Regelung dahingehend modifiziert worden, dass, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht würden, Schulden übernommen werden sollten, wenn dies gerechtfertigt und notwendig sei und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten drohe. Demnach sollten die Geldleistungen als Darlehen erbracht werden. Dies werde dem Grundsatz gerecht, keine Vermögensbildung durch Sozialleistungen zu betreiben und andererseits das Wohneigentum zu halten.

Das Sozialgericht Wiesbaden hat den Beklagten mit Urteil vom 26. April 2012 ohne mündliche Verhandlung unter Änderung der Bescheide vom 14. Februar 2011, 15. April 2011, 27. Juli 2011 und 27. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2011 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 1. Februar 2012 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und dabei die von ihm an die B. und die C-Sparkasse zu zahlenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich 131,82 EUR und 199,40 EUR als Unterkunftskosten nach § 22 SGB II im Wege eines Zuschusses zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die zunächst wegen fehlenden Vorverfahrens unzulässige Klage S 16 AS 601/11 sei durch den Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2011 zulässig geworden. Die Klage sei auch begründet, denn dem Kläger stünden die von ihm zu zahlenden Tilgungsleistungen als Zuschuss zu. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen der §§ 7, 9 SGB II. Der Hilfebedürftigkeit stehe nicht entgegen, dass der Kläger Eigentümer eines selbstbewohnten Hauses sei, da das Haus mit einer Wohnfläche von 78 m2 als angemessen anzusehen sei und damit nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II zum Schonvermögen des Klägers zähle. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien Eigentumswohnungen auch bei einer Belegung mit nur einer Person bis zu einer Wohnfläche von 80 m2 als angemessen anzusehen, ein selbstgenutztes Hausgrundstück bis etwa 90 m2 Wohnfläche (BSG, Urteil v. 19. September 2008 - B 14 AS 54/07 R). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit eines Eigenheims nach Größe und Ausstattung indiziere jedoch noch nicht die Angemessenheit der durch das Haus verursachten Unterkunftskosten im Sinne des § 22 SGB II. Der Beklagte sehe am Wohnort des Klägers für eine Einzelperson Mietkosten in Höhe von 360,00 EUR kalt als angemessen an. Diese lägen über den vom Kläger zu zahlenden Tilgungs- und Zinsleistungen in Höhe von 331,22 EUR monatlich. Selbst mit den Nebenkosten belaufe sich der monatliche Zahlbetrag lediglich auf 376,72 EUR und liegt damit deutlich unter dem, was der Beklagte für eine angemessene Mietwohnung als angemessen erachte. Da der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Berücksichtigung von Tilgungsraten nicht von vornherein ausschließe, kämen auch die gesamten Finanzierungskosten inklusive Tilgungsleistung für ein Eigenheim als Unterkunftskosten nach dem SGB II in Betracht. Berücksichtige man die Gleichstellung mit einem Mieter müssten die Kosten als angemessen angesehen werden. Allerdings bestehe insoweit ein Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des Wohneigentums einerseits und der Beschränkung der Leistungen nach dem SGB II auf aktuelle Existenzsicherung andererseits, als das Arbeitslosengeld II nicht der Vermögensbildung dienen, sondern nur den Lebensunterhalt sichern solle. Die mit der Tilgung eintretende Minderung der auf dem Wohneigentum ruhenden Belastung führe bei wirtschaftlicher Betrachtung zu einer Mehrung des Vermögens des Eigentümers. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11 b AS 67/06 R, jedoch hinzunehmen, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger der Verlust des selbstgenutzten Wohneigentums drohe. Sei die Erbringung von Tilgungsleistungen notwendig, um die Immobilie weiter zu nutzen, wäre ohne Fortführung der Tilgung eine Aufgabe der Wohnung unvermeidlich. Hinter diesem drohenden Wohnungsverlust habe bei wertender Betrachtung der Gesichtspunkt der Vermögensbildung zurückzutreten. Der Kläger habe durch die Anfragen bei der B. und der C-Sparkasse um Tilgungsaussetzung bzw. Tilgungsstreckung alles unternommen, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezugs von SGB II - Leistungen so gering wie möglich zu halten. Dies habe sich durch die schriftliche Zeugenaussage der Mitarbeiter der C-Sparkasse und der B. im Gerichtsverfahren bestätigt. Beide Kreditinstitute seien nicht bereit, die Tilgung zu strecken oder auszusetzen, und drohten mit Zwangsmaßnahmen in dem Falle, dass die Tilgungsleistungen unterblieben. Damit sei eine Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Kläger unvermeidlich, um sein Eigenheim weiterhin bewohnen zu können. Unterlasse er die Tilgungsleistungen, drohe der Verlust des Hauses. Eine darlehensweise Erbringung von Unterkunftskosten sehe das Gesetz nicht vor. Die Regelung des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung bzw. § 22 Abs. 8 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung sehe lediglich die darlehensweise Übernahme von Schulden als Unterkunftsbedarf vor. Vorliegend gehe es jedoch nicht um in der Vergangenheit aufgelaufene Schulden, sondern um monatlich anfallende Unterkunftskosten. In diesem Fall bleibe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für eine darlehensweise Gewährung nach dem SGB II kein Raum. Maßgebend sei hierbei, dass die vom Kläger tatsächlich zu zahlenden Unterkunftskosten unter den Kosten blieben, die für eine Mietwohnung zu zahlen wären, und dass ohne Begleichung der Tilgungsraten ein Wohnungsverlust drohe. Die Gleichbehandlung zu hilfebedürftigen Mietern überwiege in der Abwägung gegenüber der bei dem Kläger eintretenden Vermögensbildung durch Sozialleistungen.

Das Urteil ist dem Beklagten am 11. Juni 2012 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 11. Juli 2012 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. Oktober 2014 haben die Beteiligten den folgenden Teilvergleich geschlossen:
"1. Die Beteiligten sind sich einig, dass mit den Bescheiden vom 14. Februar 2011, 15. April 2011, 12. Mai 2011, 27. Juli 2011 und durch die Bescheide vom 27. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2011 sowie dem Bescheid vom 3. Januar 2012 alle dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Regelleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 in voller Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.

2. Die Beteiligten sind sich mit Ausnahme der streitigen, auf der Grundlage des Vergleichs vor dem Sozialgericht Wiesbaden S 16 AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 und vom 3. Januar 2012 darlehensweise gewährten Leistungen darüber einig, dass mit den unter 1. genannten Bescheiden die dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 im Übrigen in zutreffender Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.

3. Die Beteiligten sind sich einig, dass die vom Kläger zu leistende Tilgung bei der Umsetzung des Vergleichs im Verfahren vor dem Sozialgericht Wiesbaden S 16 AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 sowie dem Bescheid vom 3.01.2012 von dem Beklagten zutreffend berechnet wurde. Der Rechtsstreit wird insoweit hinsichtlich der Berechnung der Tilgungsleistungen für erledigt erklärt.

4. Ferner sind sich die Beteiligten darüber einig, dass der erstinstanzlich tenorierte Zeitraum bis zum 1. Februar 2012 über den im angefochtenen Bescheid geregelten Bewilligungsabschnitt (31. Januar 2012) hinausgeht und deshalb nur dieser Streitgegenstand sein kann.

5. Die Beteiligten sind sich daher einig, dass allein die Rechtmäßigkeit der nur darlehensweisen Bewilligung der weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung bezüglich der unter 1. genannten Bescheide im Streit steht.

6. Die Beteiligten sind sich einig, dass sie sich dem rechtkräftigen Urteil im hiesigen Rechtsstreit auch für den nachfolgenden Zeitraum bis zum 31. Oktober 2013 unterwerfen."

Der Beklagte trägt vor, der hiesige Sachverhalt sei mit der vom Sozialgericht herangezogenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 2008 nicht vergleichbar. Im dortigen Fall sei die Eigentumswohnung bereits weitgehend abbezahlt gewesen, der Tilgungsanteil der noch zu zahlenden Raten habe 80 % betragen, der Zinsanteil nur 2,78 EUR. Im hiesigen Fall verhalte es sich jedoch so, dass der Kläger noch über 24.000 EUR an die C-Sparkasse zu zahlen habe. Derzeit betrage der Tilgungsanteil lediglich ein Drittel. Tilgungsanteile seien jedoch nur zu übernehmen in der Ausnahmesituation, dass die Eigentumswohnung bereits weitgehend abbezahlt sei und der Hauptteil der Raten auf den Tilgungsanteil entfalle. Auch im SGB II sei der bereits vom Bundesverwaltungsgericht für das Bundessozialhilfegesetz aufgestellte Grundsatz zu beachten, dass die Leistungen des SGB II nicht der Vermögensbildung dienten. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten habe der Kläger offensichtlich gar nicht ins Auge gefasst. So sei auch das Sozialgericht Wiesbaden nicht der Frage nachgegangen, ob es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, durch Untervermietung die Raten aufzubringen. Nunmehr sei davon auszugehen, dass der Kläger von seiner Rente die Tilgungszahlungen leisten könne.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. April 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, dass er nach 25 Jahren Darlehenslaufzeit sich in der Rest- oder Endfinanzierungsphase befinde. Der Verkauf sei nicht zumutbar. Nach dem Gleichheitsgrundsatz sei er Mietern gleichzustellen, denen 360 EUR pro Monat für die Unterkunft an Kaltmiete gezahlt würden. Der B.-Bausparvertrag sei zwischenzeitlich erloschen. Der Vertrag mit der C-Sparkasse sei zwischenzeitlich umgewandelt worden, da er mit 3,6 % Zinsen und 2 % Tilgung bessere Konditionen erhalten habe als mit einem Bausparvertrag. Somit habe er die Tilgung gestreckt und die Kosten reduziert. Der Vertrag sei während des SGB II-Bezuges ständig bedient worden, somit seien die darlehensweise bewilligten Mittel zweckentsprechend verwendet worden.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben u.a. über die Möglichkeit der Tilgungsaussetzung durch Vernehmung der Zeugen D. und E. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 57 f. und 64 f. d. A. Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug vor dem Senat wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2014 verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen (2 Bände und 1 Hefter).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Zulässige Streitgegenstände sind zunächst die Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum für die Zeit vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 gewesen, nicht aber, wie erstinstanzlich tenoriert, der 1. Februar 2012. Insoweit hat sich der Rechtsstreit aber durch Nr. 4 des Teilvergleiches erledigt.
Zutreffend hat das Sozialgericht auch ohne ausdrückliche Nennung in der Sache über den Bescheid vom 3. Januar 2012 entschieden, der als Teilabhilfebscheid nach Klageerhebung nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden war. Dabei bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung insgesamt ein mit einer kombinierten Anfechtungs- und unechten Leistungsklage zu Verfolgender statthafter Streitgegenstand (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R).

Erst durch den Teilvergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat beschränkten die Beteiligten den Streitgegenstand auf die Verfügung über das "Wie" der Tilgungsleistungsgewährung als Beihilfe anstelle eines Darlehens. Hierbei handelt es sich um einen isolierbaren Streitgegenstand, da über das "Wie" der Leistungsgewährung durch einen eigenen Verfügungssatz entschieden werden kann, wobei der Senat offenlassen kann, ob es sich um einen den Leistungsinhalt bestimmenden Verwaltungsakt oder eine Nebenbestimmung handelt. Für die erstgenannte Variante spricht der Umstand, dass die Gewährung als Darlehen ein Minus zur Gewährung als Zuschuss darstellt. Jedenfalls sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat insoweit folgt, derartige Bestimmungen des "Wie" der Leistungsgewährung ein zulässigerweise isolierbarer Streitgegenstand (so BSG, Urteil vom 28. März 2013 B 4 AS 12/12 R – zur KdU-Direktauszahlungsregelung an Vermieter).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war der Streitgegenstand durch die im Tenor zum Ausdruck kommende betragsmäßige Beschränkung noch nicht entsprechend begrenzt. Die betragsmäßige Beschränkung der Leistungsklage auf den Tilgungsanteil führt nämlich ebensowenig zu einer Beschränkung des Prüfungsumfanges hinsichtlich der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen wie ein sog. "Unstreitigstellen" (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R). Dies hätte zur Folge haben können, dass möglicherweise die Klage bereits aufgrund eingetretener Überzahlungen erfolglos geblieben wäre und teilweise der Klage auch jenseits der eigentlichen Streitfrage wegen weitergehender Ansprüche stattzugeben gewesen wäre. Als problematisch hätte sich insoweit die Aufteilung einzelner Positionen der Hausnebenkosten auf den Bewilligungszeitraum herausstellen können (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 B 7b AS 40/06 R). Diese rechtliche Unklarheit, aus der sich für jeweils unterschiedliche Monate Nachzahlungsansprüche des Klägers und Rückforderungsansprüche des Beklagten hätten ergeben können, die sich in der Summe ausgeglichen hätten, wurde durch den Teilvergleich in § 55 SGB X genügender Weise beseitigt (zur Zulässigkeit derartiger Teilvergleiche ausf. BSG, Urteil vom 20. September 2012 – B 8 SO 4/11 R).

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat einen Anspruch nach §§ 7 ff., 22 Abs. 1 SGB II auf Gewährung der zuletzt mit den Bescheiden vom 27. Oktober 2011 und 3. Januar 2012 zuerkannten Kosten der Unterkunft als Zuschuss und nicht als Darlehen. Die darlehensweise Bewilligung verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Der zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums 60-jährige Kläger ist in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SBG II). Der Kläger ist dem Grunde nach hilfebedürftig. Insoweit macht sich der Senat die erstinstanzlichen Feststellungen zu Eigen sowie die Feststellungen des Beklagten in den streitgegenständlichen Bescheiden, nach denen festzustellen ist, dass der Kläger lediglich im Januar 2011 noch über einen Restarbeitslosengeldanspruch von 378,72 EUR und im Übrigen im Leistungszeitraum über kein Einkommen und über kein zu berücksichtigendes Vermögen verfügte.
Das Grundstück ist nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht zu berücksichtigen. Bei einer Einzelperson ist eine Wohnfläche von 78 m2 noch angemessen, die Grenze ist bei 80 m2 zu ziehen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R). Auch das Gesamtgrundstück ist mit 492 m2 noch angemessen; hier folgt der Senat den Maßstäben der Verwaltungspraxis, wonach nach den Durchführungshinweisen der Bundesagentur für Arbeit (Rn. 12.27) grundsätzlich von einer Fläche von 500 m2 im städtischen und 800 m2 im ländlichen Raum auszugehen ist.

Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt, mithin in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGBII). Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt: Urteil vom 16. Februar 2012 - B 4 AS 14/11 R – Rn. 22 ff. m.w.N.), der der Senat folgt, an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, d.h. die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten. Zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, für die Leistungen als Zuschuss zu erbringen sind, gehören im Bereich der Kreditfinanzierung die Schuldzinsen, grundsätzlich aber nicht die von den Klägern verlangten Tilgungsraten. Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 79/10 R). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt. Die Anerkennung von Ausnahmen trägt der Überlegung Rechnung, dass bei ausschließlicher Berücksichtigung von Schuldzinsen als KdU Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II), die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen gegenüber den Tilgungsraten bei Weitem überwiegen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R).
Nach Würdigung der insoweit einzelfallbezogenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, wird insoweit für einen Ausnahmefall vorausgesetzt, dass der Erwerb der Immobilie erstens außerhalb des Leistungsbezuges erfolgte (BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 - B 4 AS 14/11 R – Rn. 25). Zweitens muss im Falle der Nichtübernahme der Tilgung der Wohnungsverlust drohen, wobei grundsätzlich eine konkrete Betrachtungsweise angezeigt ist (BSG a.a.O., Rn. 26), die hier allerdings aufgrund des Erfolgs des Klägers im Eilverfahren auf hypothetischer Ebene zu erfolgen hat. Drittens muss die Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen sein (BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13). Auch im Ausnahmefall werden viertens nur die angemessen Aufwendungen nach den einheitlichen, für Mieter und Hauseigentümer geltenden Kriterien geleistet.

Zu 1.: Der Kläger hat das Grundstück bereits 1984 außerhalb eines Zeitraums des Bezugs steuerfinanzierter, existenzsichernder Leistungen erworben. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des den Verwaltungsakten des Beklagten zu entnehmenden Lebenslaufs des Klägers fest, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen.

Zu 2.: Es drohte bei der hier angezeigten hypothetischen Betrachtungsweise auch der Wohnungsverlust. Zwar eröffnet allein die Feststellung einer konkreten und unvermeidbaren Bedarfslage eine ausnahmsweise Tilgungsverpflichtung des Jobcenters (BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 - B 4 AS 14/11 R – Rn. 26). Insoweit reicht nicht die abstrakte rechtliche Kündigungs- und Zwangsversteigerungsmöglichkeit. Indes kann es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er es sich erfolgreich mittels eines Eilverfahrens ermöglicht hat, den Kredit weiter zu bedienen. Das vom Bundessozialgericht aufgestellte Erfordernis einer konkreten Bedarfssituation zur Abwendung des Wohnungsverlustes ist demnach erfüllt, wenn der Senat mit hinreichender Gewissheit davon überzeugt ist, dass der konkrete Kreditgeber den Kredit gekündigt und die Verwertung angestrebt hätte.
Der Senat ist aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die C-Sparkasse den Kredit gekündigt hätte, wenn der Kläger mit seinem Eilverfahren keinen Erfolg gehabt hätte. Das Sozialgericht hat den Mitarbeiter der C-Sparkasse, Filiale A Stadt, Herrn D. sowie die Mitarbeiterin der B. Hessen Thüringen Frau E. schriftlich als Zeugen vernommen. Frau E. hat mit Schreiben vom 30. Januar 2012 ausgeführt, den Antrag des Klägers, die Tilgung seines Bauspardarlehens auszusetzen und zu strecken, abgelehnt zu haben. Eine Tilgungsaussetzung oder Streckung sei bei der B. grundsätzlich aus geschäftspolitischen Gründen nicht möglich – auch nicht für die Zukunft, da sie das Bausparkollektiv beeinträchtige. Eine Tilgungsaussetzung oder Streckung habe indirekt eine Tilgungsverlängerung zur Folge und beeinflusse damit negativ den Zuteilungszeitpunkt der anderen Bausparer. Eine Kündigung des Bauspardarlehens sei trotz eines Zahlungsrückstandes bislang nicht erfolgt, da der Kläger unregelmäßig Zahlungen geleistet habe, die den Rückstand zurückführten. Die nunmehr nur noch bestehende Restforderung in Höhe von 389,79 EUR berechtige zwar nicht zur Kündigung des Darlehens, hindere aber nicht an der zwangsweisen Beitreibung der Forderung durch Zwangsmaßnahmen. Der Zeuge D. von der C-Sparkasse hat mit Schreiben vom 16. Februar 2012 ausgeführt, die vom Kläger beantragte Aussetzung der Tilgung sei von der C-Sparkasse abgelehnt worden. Der Darlehensvertrag sehe eine solche Tilgungsaussetzung nicht vor. Die Tilgung könne längstens für 3 Monate ausgesetzt werden, wenn der Kunde nachweise, dass seine finanziellen Verhältnisse nur vorübergehend schwierig seien, und erkennbar sei, dass sich seine finanzielle Lage nach ca. 3 Monaten bessern werde. Der Kläger müsse damit rechnen, dass das Darlehen gekündigt und die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werde, wenn die vertraglich vereinbarte Tilgungsleistung nicht erbracht werde. Die letztgenannten Angaben erscheinen vor dem Hintergrund der Vertragsgestaltung lebensnah, so dass der Senat keinen Anlass zu Zweifeln oder zur nochmaligen Zeugenvernehmung gesehen hat. Zudem stehen auch keine Rechtsgründe dieser Prognose entgegen.

Aufgrund der Hausgröße mit einer Wohnfläche von ca. 78 m2 und des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geschilderten Wohnungszuschnitts ist der Senat davon überzeugt, dass eine Untervermietung nicht mit Erfolg in einer Weise möglich ist, in der dem Kläger noch eine dem Existenzminimum entsprechende, angemessene Wohnsituation verbleibt. Zunächst bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob überhaupt ein Markt für unrenovierte Einzelzimmer in der Größe zwischen 9 und 13 m2 in A-Stadt bei bloßer in einer derart kleinen Wohnung bei Bad-/Küchen-/Toiletten-Mitbenutzung besteht. Darüber hinaus führen der Zuschnitt (kein separierbarer Teilbereich der Wohnung) und die Ausstattung (Küche, Bad und Toilette nur jeweils einmal vorhanden) dazu, dass zwangsläufig eine Wohnatmosphäre entsteht, die im Regelfall nur bei freundschaftlich oder partnerschaftlichem Miteinander akzeptabel sein kann. Jenseits einer WG-artigen Einzelzimmervermietung in vorgenanntem Sinne ist festzustellen, dass dem Kläger bei größerer Vermietung von Teilen der Wohnung selbst keine der Existenzsicherung genügende Nutzungsmöglichkeit verbleiben würde, da – wie bereits ausgeführt – Küche, Bad und Toilette nur jeweils einmal vorhanden sind. In der Gesamtwürdigung führt dies dazu, dass aufgrund der vorgenannt festgestellten Umstände der Senat davon überzeugt ist, dass der Wohnungsverlust auch nicht durch Untervermietung hätte abgewendet werden können.

Zu 3.: Die Finanzierung war im streitgegenständlichen Zeitraum des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen. Dabei ist nicht in isolierter Betrachtung auf den jeweiligen noch laufenden Kreditvertrag abzustellen, sondern auf das Verhältnis zwischen Kaufpreis bzw. Gesamtkreditsumme und Restschuld (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 79/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 48, Rn 20: "langjährig bewohntes und bereits fast abbezahltes Wohneigentum"). Nach Auffassung des Senats ist dabei das Verhältnis von Zins und Tilgung für die Bewertung der "weitgehend abgeschlossenen Finanzierung" zwar nicht völlig zu vernachlässigen (siehe auch BSG a.a.O. Rn. 19), aber nicht von allein ausschlaggebender Bedeutung, zumal das Verhältnis von Zins und Tilgung durch den Leistungsberechtigten während des Leistungsbezuges steuerbar ist (vgl. auch Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 169a), wenn während des Leistungsbezuges die Zinsbindung ausläuft und zudem – wie hier – von der Ausgestaltung einer Anschlussfinanzierung abhängen kann, deren Faktoren außerhalb des Leistungsbezuges naturgemäß anders sind als während des Leistungsbezuges. Insofern streitet der Umstand für den Kläger, dass das Bauspardarlehen in den unmittelbar dem streitgegenständlichen Zeitraum nachfolgenden Monaten vollständig getilgt werden konnte. Als maßgeblicher Gesichtspunkt der letztlich im Wege der Abwägung zu beantwortenden Frage, wann eine Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist, ist in Beziehung zu setzen, ob die Vermögensbildung weitgehend abgeschlossen ist und hinter dem Erhalt des Wohnraums der Aspekt der zweckwidrigen Vermögensmehrung zurücktritt. Hierfür kommt es – wie bereits erwähnt – auf das Verhältnis von Kaufpreis und Restschuld (Tilgung) und als Hilfskriterium auf die Dauer der Stellung als selbst nutzender Eigentümer an (BSG a.a.O. Rn. 20). Weiterhin müssen auch Umstände berücksichtigt werden, nach denen von vornherein feststeht, dass die Vermögensmehrung wegen absoluter Geringfügigkeit oder begrenzter Leistungsdauer von zu vernachlässigender Bedeutung ist. Insbesondere der Aspekt einer Rentennähe kann hier in den Abwägungsprozess einfließen (zur Bedeutung dieses Topos im Rahmen des SGB II vgl. z.B. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 35/08 R).

Gegen die Übernahme der Tilgung spricht allein die bei isolierter Betrachtung in der Summe hohe Restzahlungsverpflichtung von 43.368,02 EUR des Kredits der C-Sparkasse am 31. Januar 2011 bis zum Jahr 2037 (Tilgung: 25.309,83 EUR; Zins: 17.798,19 EUR; Kosten: 260,- EUR). Die Tilgungsverpflichtung bei der B. belief sich für das Jahr 2011 lediglich noch auf 2.115,20 EUR und das Jahr 2012 auf 343,16 EUR. Diese Gesamtbelastung relativiert sich allerdings bereits erheblich, wenn die Restzahlungsverpflichtung hinsichtlich des Tilgungsanteils mit dem Kaufpreis in Relation gesetzt wird. Der noch zu tilgende Anteil beträgt hiernach 18,7 Prozent des Kaufpreises. Im Falle einer Inflationsbereinigung des Kaufpreises und der Berücksichtigung der allgemein wie gerichtsbekannten erheblichen Steigerung der Grundstückspreise in A-Stadt seit 1984 würde sich ein noch deutlich niedrigerer Anteil berechnen lassen. Bei einem solchen Anteil ist nach Auffassung des Senats von einem weitgehenden Abschluss der Finanzierung auszugehen.
Darüber hinaus spricht für die Übernahme der Tilgung der Umstand, dass der Kläger bereits seit 30 Jahren Eigentümer des selbst genutzten Hauses ist und lediglich für einen kurzen Zeitraum SGB II-Leistungen in Gestalt der Zahlungen auf die Tilgung beansprucht hat. Diese summieren sich für den streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2011 auf 2.115,20 EUR (B.) und 516,40 EUR, im Januar 2012 auf ca. 197,- EUR (199,40 abzüglich des Zinsanteils von 3,86 EUR für einen Monat + Restzahlung Februar 2012 bei der B.) und ca. 1/12 von 540,56 EUR (= 45,05 EUR), insgesamt ca. 2.873,65 EUR. Schreibt man die dem streitgegenständlichen Zeitraum zu Grunde liegenden Tilgungspläne bis zum Rentenbeginn des Klägers fort, so summiert sich die Tilgung für 2012 auf 343,16 (B.) und 540,46 EUR (C-Sparkasse), für die 10 Restmonate im Jahr 2013 auf ca.10/12 von 565,37 EUR (= 471,14 EUR nur noch C-Sparkasse), insgesamt 3.986,36 EUR. Seit November 2013 stellt der Rentenbezug sicher, dass er künftig keinen Sozialhilfeanspruch hat und die noch verbleibenden Monatsraten zahlen kann. Damit betragen die insgesamt zu prognostizierenden Tilgungsleistungen für den Gesamtleistungsbezug des Klägers ca. 2,7 Prozent des Kaufpreises ohne Inflationsbereinigung und Wertsteigerung.
Die beiden genannten Umstände (Resttilgungsschuld 18,7 Prozent des Kaufpreises und Gesamtleistungsbezug auf die Tilgung wegen Rentennähe ca. 2,7 Prozent) sind maßgeblich für die Überzeugung des Senats, dass die Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist.

Zu 4.: Zur Angemessenheit der Gesamtsumme der Kosten der Unterkunft nimmt der Senat mit den nachfolgenden Ergänzungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des angegriffenen Urteils. Dem Gericht sind keine Umstände bekannt, nach denen die Verwaltungspraxis des Beklagten, die von einer angemessenen Nettokaltmiete von 360, EUR im Monat und einem Betriebskostenreferenzwert von 2,10 EUR/m2 ausgeht, zu einer fehlerhaften Leistungsgewährung oberhalb der tatsächlichen Angemessenheitsgrenze führt. Insoweit handelt es sich bei den nunmehr zuerkannten Leistungen der Unterkunft und Heizung, die unterhalb dieser Schwellen liegen, um angemessene Kosten der Unterkunft. Dabei hat der Senat aufgrund des Teilvergleiches nicht mehr zu entscheiden, ob die Aufteilung der Nebenkosten in jedem Monat zutreffend erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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