L 2 AS 1444/14 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 48 AS 6475/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 1444/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Grundsicherung für Arbeitsuchende - einstweiliger Rechtsschutz - gesamtschuldnerische Darlehensgewährung unter Einbeziehung Minderjähriger - Aufrechnung

Die gesamtschuldnerische Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Energieschulden unter Einschluss eines minderjährigen Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft, das nicht selbst Vertragspartner des Energeiversorgungsunternehmens ist, ist regelmäßig rechtswidrig.
Eine Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen des Grundsicherungsträgers aus einem solchen Darlehen gegen den Auszahlanspruch des Minderjährigen auf den ihm jeweils zustehenden Regelbedarf kommt daher nicht in Betracht.
I. Unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Dresden vom 14. November 2014 wird der Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller zu 2. ab 1. November 2014, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Überprüfungsantrag vom 5. Oktober 2014, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorläufig auszuzahlen, ohne hierbei gegen Ansprüche des Antragstellers zu 2. auf den für ihn jeweils maßgebenden Regelbedarf mit Rückzahlungsansprüchen aus dem mit Bescheid vom 27. August 2014 bewilligten Darlehen aufzurechnen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Antragsgegner hat die den Antragstellern in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (nachfolgend Antragsteller) wenden sich im Eilverfahren gegen die Aufrechnung einer Forderung des Antragsgegners und Beschwerdegegners (nachfolgend Antragsgegner) mit Ansprüchen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die 1968 geborene Antragstellerin zu 1. bildet mit ihrem 2001 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2., eine Bedarfsgemeinschaft. Sie beziehen laufende Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 27.08.2014 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft ein Darlehen über 1.088,70 EUR zur Begleichung von Stromschulden. In dem Bescheid heißt es u.a.: "Die Haftung für die Rückzahlung des Darlehens erfolgt gesamtschuldnerisch." Mit weiterem Bescheid vom 27.08.2014 teilte der Antragsgegner mit, dass ab Oktober 2014 mit den laufenden Leistungsansprüchen der Antragstellerin zu 1. in Höhe von 39,10 EUR und des Antragstellers zu 2. in Höhe von 26,10 EUR aufgerechnet werde.

Mit als "Widerspruch/Überprüfungsantrag" bezeichnetem Schreiben vom 05.10.2014 wies die Antragstellerin zu 1. auf einen aus ihrer Sicht gravierenden Berechnungsfehler hin. Bei der Berechnung des monatlichen Aufrechnungsbetrages sei nicht berücksichtigt worden, dass von ihrem Regelsatz in Höhe von 391,00 EUR eigenes Einkommen sowie Einkommensüberhänge des Antragstellers zu 2. abgezogen würden, sodass sich kein Regelbedarf von 391,00 EUR ergäbe. Vom Regelbedarf des Antragstellers zu 2. käme das Kindergeld in Abzug. Laut dem Bewilligungsbescheid hätte der Antragsteller zu 2. zudem gar keinen tatsächlichen Bedarf. Außerdem hafte er nicht für die Handlungen seiner Eltern. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 verwarf der Antragsgegner den Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig.

Am 30.10.2014 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dresden (SG) einen "Antrag auf Einstweilige Verfügung wegen Falschberechnung" gestellt, dem sie ihr Schreiben vom 05.10.2014 beifügten.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 14.11.2014 abgelehnt. Der sachdienlich als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auszulegende Antrag der Antragsteller habe keinen Erfolg. Es fehle bereits an einem Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung ggf. festgestellt werden könne, denn die Antragsteller hätten trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung keine Klage erhoben. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz dürfte nicht entsprechend auszulegen sein. Selbst für diesen Fall könne der Antrag aber keinen Erfolg haben. Aufschiebende Wirkung bestehe zwar auch bei unzulässigen Rechtsbehelfen, nicht jedoch dann, wenn der Verwaltungsakt – wie hier – bereits bestandskräftig geworden sei. Der Eilantrag sei auch hinsichtlich des Erlasses einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Ein Anordnungsanspruch sei denkbar, wenn der angegriffene Aufrechnungsbescheid vom 27.08.2014 im Überprüfungsverfahren aufgehoben würde. Der angegriffene Bescheid sei aber nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Der Darlehensbescheid vom 27.08.2014, der das Darlehen beiden Antragstellern gesamtschuldnerisch bewillige, sei bestandskräftig geworden. Gemäß § 42a SGB II werde das Darlehen durch alle Darlehensnehmer getilgt, wobei die Aufrechnung durch Verwaltungsakt zu erklären sei. Maßgeblich für die Berechnung der monatlichen Aufrechnung sei der grundsätzliche Regelbedarf, der für die Antragsteller 391,00 EUR bzw. 261,00 EUR betrage. Dass dem Antragsteller zu 2. tatsächlich nur Kosten der Unterkunft ausgezahlt würden, spiele keine Rolle. § 42a Abs. 2 SGB II erkläre nur, wie die Aufrechnungssumme errechnet werde.

Gegen den am 18.11.2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 12.12.2014 "Widerspruch" erhoben. Sie tragen vor, dass es sich bei den vom SG angeführten laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nachweislich um ergänzende Leistungen zu den Kosten der Unterkunft und damit keine Leistungen zum Lebensunterhalt handele. Anhand der Lohnbescheinigungen der Antragstellerin zu 1. werde ersichtlich, dass das Einkommen über dem Regelsatz liege. Der Antragsteller zu 2. erhalte gar keine Leistungen zum Lebensunterhalt. Da bei ihm bereits das Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR angerechnet werde, führe eine 10%ige Aufrechnung zu Lasten seines unantastbaren Kindergeldes zu einer Bedarfsunterdeckung für Minderjährige. Die aufgrund des Notstandes abgegebene Bereitschaftserklärung der Antragstellerin zu 1. könne nicht zur Urteilsbegründung genügen.

Der Antragsgegner hält die Beschwerde für unbegründet und verweist auf die den Beschluss des SG tragenden Gründe.

Mit Bescheid vom 19.12.2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern vorläufig Leistungen vom 01.01.2015 bis 30.06.2015. Zur Auszahlung der Leistung (S. 6 des Bescheides) wird mitgeteilt, dass 65,20 EUR der monatlichen Leistungen an den Antragsgegner ausgezahlt werden.

Dem Senat lagen die Akten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners vor.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers zu 2. ist begründet, denn er hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne monatliche Aufrechnung mit Rückzahlungsansprüchen aus einem vom Antragsgegner gewährten Darlehen (unten 2.). Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet (unten 3).

1. Das auf vorläufige ungeminderte Auszahlung der Regelbedarfe gerichtete Begehren der Antragsteller ist – sachdienlich (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ausgelegt – als Antrag nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Die Antragsteller wenden sich gegen die durch Bescheid vom 27.08.2014 verfügte teilweise Aufrechnung ihrer Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Rückzahlungsansprüchen aus dem ihnen vom Antragsgegner gewährten Darlehen zur Begleichung von Energieschulden, infolgedessen ihnen seit Oktober 2014 monatlich lediglich ein um 10 % geminderter Regelbedarf ausgezahlt wird.

Ein gegenüber § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG vorrangiger Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen den Aufrechnungsbescheid ist nicht statthaft. Wie das SG zu Recht entschieden hat, ist insoweit Bestandskraft (§77 SGG) des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2014 eingetreten, da die Antragsteller keine Klage zum SG erhoben haben.

Im Hinblick auf den von den Antragstellern mit Schreiben vom 05.10.2014 zumindest auch gestellten (Überprüfungs-)Antrag nach § 44 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist einstweiliger Rechtsschutz deshalb über § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren.

Der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung ist auch nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil die Antragsteller "lediglich" einen Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes – hier in Gestalt des Aufrechnungsbescheides vom 27.08.2014 – geltend machen Auch in diesem Fall kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht (vgl. Wahrendorf in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 86b RdNr. 224), auch wenn in diesen Konstellationen an den Anordnungsgrund verschiedentlich höhere Anforderungen als im "Normalfall" gestellt werden (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b RdNr. 29c m. w. N.).

Ebenso wenig fehlt dem Antrag das (Eil-)Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsgegner über den Antrag der Antragsteller nach § 44 SGB X noch nicht entschieden hat. Weder ist Voraussetzung, dass sich ein von einem Verwaltungsakt Betroffener zuvor vergeblich an die Behörde gewandt hat (vgl. Wahrendorf in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 86b RdNr. 54), noch hat sich der Antragsgegner im Eilbeschwerdeverfahren – trotz rechtlicher Hinweise des Senats vom 27.01.2015 und 05.02.2015 – bislang überhaupt substantiiert geäußert.

2. Der Antragsteller zu 2. hat auch einen Anspruch nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen der Rechte des Antragstellers, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden können und will sich das Gericht in solchen Fällen an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren, muss die Sach- und Rechtslage ggf. abschließend geprüft werden. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – juris RdNr 24ff.). Die Gewährung effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) verlangt dabei, dass das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition umso weniger zurückgestellt werden darf, je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2009 – 1 BvR 120/09 – juris RdNr. 11).

Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., RdNr. 108 m. w. N.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht.

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller zu 2. sowohl Anordnungsrund (unten b) als auch Anordnungsanspruch (unten a) glaubhaft gemacht.

a) Es besteht ein Anordnungsanspruch, denn die gesamtschuldnerische Darlehensgewährung an den minderjährigen Antragsteller zu 2. und dessen (volljährige) Mutter, die Antragstellerin zu 1., sowie die monatliche Aufrechnung mit 10 % des dem Antragsteller zu 2. zustehenden Regelbedarfs ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller zu 2. in seinen Rechten.

Zwar sieht § 42a Abs. 1 Satz 2 SGB II vor, dass Darlehen sowohl an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften als auch an mehrere gemeinsam vergeben werden können. Allerdings wurde vom Antragsgegner hinsichtlich der Auswahl der Darlehensnehmer bereits kein Ermessen ausgeübt. Wegen des kompletten Ausfalls der Ermessenserwägungen kommt auch kein "Nachschieben von Ermessenserwägungen" in Betracht. Zudem ist die Einbeziehung des minderjährigen Antragstellers zu 2. in die gesamtschuldnerische Haftung ermessensfehlerhaft.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden (Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 3/14 R – juris), dass ein Darlehen für Mietschulden allein der zivilrechtlichen Vertragspartei zu gewähren ist. Das sog. Kopfteilprinzip gilt nicht, um "eine faktische Mithaftung der nicht am Mietvertrag Beteiligten, insbesondere auch der Kinder einer Bedarfsgemeinschaft" zu verhindern (so ausdrücklich a.a.O. RdNr. 28).

So liegt es letztlich auch hinsichtlich der hier betroffenen Schulden aus dem von der Antragstellerin zu 1. abgeschlossenen Energieversorgungsvertrag. Denn der Antragsteller zu 2. ist zwar Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, jedoch nicht Vertragspartner des Energieversorgungsunternehmens.

Hiervon abgesehen ist die Erweiterung der Darlehensgewährung auf – wie hier – minderjährige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie den gesetzlichen Minderjährigenschutz umgeht (vgl. insb. § 1643 Abs. 1, § 1822 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.09.2013 – L 19 AS 1501/13 B – juris RdNr. 20; zum Minderjährigenschutz auch BSG, Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 153/10 R – juris; ferner BVerfGE 72, 155) und zudem nicht mit der Konzeption des SGB II, wonach Einkommen des Kindes zuvörderst zur Deckung seines Bedarfs einzusetzen ist, in Einklang zu bringen ist. Auch in der Literatur werden deshalb insbesondere im Hinblick auf den Minderjährigenschutz einhellig Bedenken erhoben (vgl. Conradis in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 42a RdNr. 9; Greiser in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 42a RdNr. 23; Sander in: Hohm, SGB II, Stand Mai 2013, § 42a RdNr. 27; Hölzer in: Estelmann, SGB II, Stand April 2011, § 42a RdNr. 45 f.; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, § 42a RdNr. 119, 126). Auch die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit gehen im Übrigen davon aus, dass jedenfalls eine Gesamtschuldnerschaft unter Einschluss Minderjähriger zu vermeiden ist (vgl. Fachliche Hinweise, RdNr. 42a.8a).

b) Auch ein Anordnungsgrund ist vom Antragsteller zu 2. glaubhaft gemacht worden. Die dem Antragsteller zu 2. zustehenden Grundsicherungsleistungen werden monatlich durch die seit Oktober 2014 vom Antragsgegner vollzogene Aufrechnung in Höhe von monatlich 26,10 EUR nicht unerheblich gemindert, sodass die Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums für die Dauer der mit Bescheid vom 27.08.2014 unbefristet erklärten Aufrechnung gefährdet ist. Ob in einstweiligen Rechtsschutzverfahren wegen – wie hier – Ansprüchen auf Aufhebung von Verwaltungsakten nach § 44 SGB X strengere Maßstäbe an die Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit anzulegen sind, bedarf angesichts der im Fall des Antragstellers zu 2. gegebenen erheblichen Grundrechtsbetroffenheit keiner Entscheidung.

3. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die Antragstellerin zu 1. hat keinen Anspruch auf vorläufige Auszahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Berücksichtigung der Aufrechnung.

Die Gewährung des Darlehens zur Tilgung der Energieschulden an die Antragstellerin zu 1. als Vertragspartnerin des Energieversorgers ist im Rahmen des Eilverfahrens ebenso wenig zu beanstanden wie die Aufrechnung in Höhe von 10 % des für die Antragstellerin maßgebenden Regelsatzes (hier: 391,00 EUR). Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, ist nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB II zur Berechnung des monatlichen Aufrechnungsbetrages auf den jeweils maßgebenden, "vollen" Regelbedarf abzustellen. Für die Berechnung des Aufrechnungsbetrages ist dagegen nicht – wie wohl die Antragstellerin zu 1. meint – von dem Betrag des Regelbedarfes auszugehen, der nach Anrechnung von – wie im Fall der Antragstellerin zu 1. – erzieltem Einkommen tatsächlich zur Auszahlung kommt. Hiervon geht das Gesetz ersichtlich nicht aus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Unterliegen der Antragsteller.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar, § 177 SGG.

Dr. Scholz Korneli Salomo
Rechtskraft
Aus
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