L 8 SO 37/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 1/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 37/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Einsatz einer selbst bewohnten Immobilie als Vermögen.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 1. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Sozialhilfeleistungen als Darlehen oder als Zuschuss zustehen.

Die 1939 geborene Klägerin lebt in einem Eigenheim. Sie bezieht eine Altersrente in Höhe von monatlich 175,92 Euro und eine Witwenrente in Höhe von monatlich 296,71 Euro (jeweils Stand 07/2010). Bis zum 31.08.2010 erhielt die Klägerin jahrelang ergänzende Sozialhilfeleistungen als Zuschuss.

Am 24.06.2010 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag für den Bewilligungszeitraum ab 01.09.2010 und legte umfangreiche Unterlagen vor.

Am 12.08.2010 wies der Beklagte die Klägerin in einem als "Anhörung" bezeichneten Schreiben darauf hin, dass die Prüfung des Eigenheims als Schonvermögen im Raum stehe. Sofern das Haus der Größe nach nicht angemessen sei, komme allenfalls noch die Gewährung eines Darlehens nach § 91 SGB XII in Betracht. Derzeit werde von einer Wohnfläche von 120 m² ausgegangen. Die Klägerin legte daraufhin eine Wohnflächenberechnung vor, nach der die Wohnfläche 125,37 m² beträgt.

Mit Bescheid vom 27.08.2010 bewilligte der Beklagte laufende Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 199,53 Euro für den Zeitraum 01.09.2010 bis zunächst 31.03.2011 als Darlehen. In Ziffer 4. des Bescheides wurde der Klägerin die Auflage erteilt, eine Grundschuld über 15.000,- Euro zu Gunsten des Beklagten eintragen zu lassen. Zur Begründung für die darlehensweise Bewilligung wurde u.a. ausgeführt, ein Haus mit 125,37 m² Wohnfläche, das nur von einer Person bewohnt werde, könne nicht mehr als Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII betrachtet werden. Der Verkauf des Hauses sei zumutbar, zumal es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, den Erben das Erbe zu erhalten. Jedoch solle die sofortige Verwertung nicht verlangt werden (91 SGB XII). Ein sofortiger Verkaufszwang stelle eine Härte dar. Der Klägerin werde für den Verkauf zunächst eine Frist bis 31.03.2011 eingeräumt.

Am 27.09.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.08.2010. Der Beklagte sei seinen Aufklärungs- und Informationspflichten nicht nachgekommen. Das Haus sei Lebensmittelpunkt seit fast 40 Jahren, davon seit 10 Jahren im Bezug von Grundsicherungsleistungen. Sie verwies weiter auf mündliche Vereinbarungen mit der Tochter bezüglich eines Wohnrechts und die günstige Lage des Hauses. Sie könne dort die sozialen Kontakte zu ihren Familienmitgliedern ohne zusätzliche Kosten für diese wahrnehmen. Ein Darlehen bei der Bank könne aufgrund des Alters nicht aufgenommen werden. Eine Untervermietung sei nicht möglich, da keine abtrennbaren Bereiche beständen. Die Regierung von Schwaben wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 zurück.

Auf gesonderten Antrag der Klägerin bewilligte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 07.10.2010 für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 eine Brennstoffbeihilfe als einmalige Leistung für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 980,- Euro. Auch diese Hilfe wurde als Darlehen gewährt. Am 04.11.2010 erhob die Klägerin Widerspruch. Daraufhin hob der Beklagte den Bescheid vom 07.10.2010 mit Bescheid vom 08.11.2010 auf und setzte die Brennstoffbeihilfe auf 1.568,- Euro fest. Auch diese Leistung wurde als Darlehen gewährt. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.10.2010 wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 zurück, ohne auf den Bescheid vom 08.11.2010 einzugehen.

Am 07.12.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.11.2010. Daraufhin wies die Regierung von Schwaben mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 31.01.2011 "die Widersprüche gegen die Bescheide des LRA A-Stadt vom 07.10.2010, soweit das LRA nicht diesem Widerspruch mit Bescheid vom 08.11.2010 abgeholfen hat", zurück.

Am 03.01.2011 hat die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, zwar belaufe sich die Wohnfläche des Hauses auf 125 m². Das Dachgeschoss mit ca. 30 m² sei jedoch als Wohnraum nicht nutzbar. Das Dachgeschoss müsste ausgebaut und gedämmt werden. Die Dachfenster seien undicht. Für eine Sanierung fehle jedoch das Geld. Damit sei von einer nutzbaren Wohnfläche von 95 m² auszugehen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso der Beklagte einen Wert des Anwesens in Höhe von 140.000,- Euro annehme. Dies sei zu hoch geschätzt. Es beständen Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 40.000,- Euro. Gegen die Verwertbarkeit des Hauses spreche auch, dass die Klägerin bereits 1996 ihrer Tochter, Frau B., und einem Herrn S. jeweils ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt habe. Eine Eintragung im Grundbuch liege insoweit allerdings nicht vor. Eine Teilvermietung scheide aus, weil es an abtrennbaren Wohneinheiten fehle. Für die Schaffung einer Einliegerwohnung fehle das Geld. Im Übrigen liege eine Härte vor, weil die Klägerin 72 Jahre alt sei und das Haus seit 40 Jahren bewohne.

Das Gericht hat die Streitsache am 15.09.2011 in Augsburg mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass es bezüglich der Grundsicherung und der Heizkostenbeihilfe um die grundsätzliche Frage der Bewilligung eines Zuschusses gehe. Die durch Zeitablauf erledigte Auflage und die Höhe der Heizkostenbeihilfe seien dagegen nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Allerdings richte sich die Klage nunmehr auch gegen den Bescheid vom 08.11.2010.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht bedürftig gemäß § 19 Abs. 2 SGB XII, weil sie über Vermögen in Form eines nicht angemessenen Hausgrundstücks verfüge, aus dem sie den nicht durch die beiden Renten abgedeckten Lebensunterhalt bestreiten könne.

Das Hausgrundstück der Klägerin stelle verwertbares Vermögen gemäß § 90 SGB XII dar.

Bezüglich der Größe werde nach der Rechtsprechung zum SGB XII wie beim Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auf die Wohnungsgrößen in § 39 des bis 31.12.2001 geltenden Zweiten Wohnungsbaugesetzes verwiesen. Danach werde für Familienheime mit einer Wohnung eine Größe von 130 m² noch als angemessen angesehen. Allerdings seien nach der Rechtsprechung hiervon noch Abzüge zu machen, wenn das Haus von weniger als vier Personen bewohnt werde (20 m² je Person) bis zu 90 m² (BSG vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R). Das BSG habe in dieser Entscheidung ein Haus mit einer Wohnfläche von knapp 92 m² für einen Zwei-Personen-Haushalt noch als angemessen angesehen und habe grundsätzlich ausgeführt, dass 90 m² bei einem Haus wohl insgesamt als Untergrenze angesehen werden müssten.

Bezüglich der Wohnfläche sei auch nach den bisherigen Ermittlungen und den eigenen Angaben der Klägerin von einer Wohnfläche von 125 m² auszugehen.

Das Haus sei jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum und auch weiterhin ausschließlich von der Klägerin bewohnt worden, so dass bezüglich der Angemessenheit auf einen Einpersonenhaushalt abzustellen sei. Allerdings ergäben sich auch bei einem von zwei Personen bewohnten Haus noch keine höheren Werte. Anhaltspunkte für einen erhöhten Wohnbedarf der Klägerin hätten sich auch im Klageverfahren nicht ergeben.

Auch dass das Haus in einem derart schlechten Zustand wäre, dass es praktisch keinen Wert mehr darstelle, sei weder vorgetragen noch erkennbar. Dies sei bei einem Haus Baujahr 1972 auch nicht zu erwarten. Preise wie der vom Beklagten vorläufig angesetzte Betrag von 140.000,- Euro würden regelmäßig auch bei nicht sanierten Häusern dieses Jahrgangs noch erzielt. Eine abschließende Bewertung habe aus den oben genannten Gründen nicht erfolgen können. Jedenfalls lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass das Haus unter Berücksichtigung der dinglichen Belastung von ca. 40.000,- Euro (Stand Sommer 2010) keinen wirtschaftlichen Wert mehr darstellen würde, wobei es bezüglich der Höhe des Erlöses nur darauf ankomme, ob dieser den maßgebenden Vermögensfreibetrag von 2.600,- übersteige. Davon könne mit Sicherheit ausgegangen werden.

Bezüglich der Berücksichtigung der schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechte gelte, dass Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte allenfalls zu berücksichtigen seien, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (z.B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) laste, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden könne (BSG vom 02.11.2011 - B 4 AS 154/11 B - und vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R -).

Schließlich lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verwertung für die Klägerin eine Härte gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde, die zu einer Unverwertbarkeit des Hauses führen würde. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht der Schutz des Eigentums, sondern ausschließlich der Schutz der Wohnung sei. Insofern könnten also bei Wohneigentum keine anderen Grundsätze gelten als bei einer Mietwohnung, die im Falle ihrer Unangemessenheit unter Umständen auch aufgegeben werden müsse.

Insoweit habe zuletzt das BSG mit Urteil vom 13.04.2011 (B 14 AS 32/09 R) entschieden, dass auch ein Wohnen in einer Wohnung über einen Zeitraum von 50 Jahren noch nicht die Unzumutbarkeit eines Umzugs begründe. Zu Recht habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass gerade im Alter auch nicht bedürftige Menschen oftmals ihr Wohnumfeld wechseln müssten, etwa wenn sie pflegebedürftig würden, eine Wohnung zu groß werde und nicht mehr erhalten oder unterhalten werden könne. Dabei gäben sehr viele Menschen ihr ehemaliges Familienwohnhaus gerade im Hinblick auf eine später eintretende Pflegebedürftigkeit zu Gunsten einer kleineren, leichter zu pflegenden und ebenerdigen Wohnung auf. Dass die Klägerin schon jetzt derart pflegebedürftig bzw. desorientiert wäre, dass ihr ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zugemutet werden könne, sei nach den Akten ebenfalls nicht nachvollziehbar und werde von ihr auch nicht vorgetragen.

Der Gerichtsbescheid wurde am 07.02.2012 abgesandt und ist der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 13.02.2012 zugegangen.

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren weiteren früheren Bevollmächtigten am 07.03.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben Zwar sei dem SG darin beizupflichten, dass lediglich schuldrechtlich vereinbarte Wohnrechte einer Verwertbarkeit des Hausgrundstücks nicht entgegenständen. Jedoch habe das SG zu Unrecht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks ausschließlich auf die Hausgröße (Wohnfläche) abgestellt. Zudem habe es das Vorhandensein einer nutzbaren Wohnfläche von wenigstens 95 m² als unstreitig unterstellt, ohne diesbezüglich den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Für die Frage der Angemessenheit seien mehrere Kriterien zu berücksichtigen, ohne dass die Unangemessenheit eines einzelnen Kriteriums automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks führe (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 17). Das SG sei verpflichtet gewesen, den Wert von Grundstück und Gebäude näher zu prüfen und dabei den geltend gemachten schlechten baulichen Zustand aufzuklären und ggf. zu berücksichtigen. Im Übrigen habe die Klägerin vorgetragen, dass die Wohnfläche nur 87,66 m² betrage, wenn man die Kellerräume außer Betracht lasse. Auch 95 m² seien nicht unangemessen, weil eine Überschreitung der Wohnflächenobergrenze von 90 m² um bis zu 10% unschädlich sei (BSG, a.a.O., Rn. 19). Keinesfalls dürfe das Dachgeschoss als Wohnraum berücksichtigt werden, weil es sich gegenwärtig nicht in einem bewohnbaren Zustand befinde. Schließlich liege eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII vor, weil durch die Verwertung das Wohnrecht der an einer schweren Krankheit/Behinderung leidenden Tochter vereitelt werde.

Am 04.10.2013 hat der Bevollmächtigte mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete. Seitdem wird die Klägerin von ihrer Tochter, der Inhaberin des von der Klägerin behaupteten, schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechts, vertreten.

Der Senat hat am 25.07.2014 den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen C. mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Fragen des Verkehrswertes und der Verwertbarkeit, auch in zeitlicher Hinsicht, beauftragt. Das schriftliche Gutachten vom 29.08.2014 wurde nach Aktenlage erstellt. Die Klägerin hatte eine Begehung und Besichtigung des Grundstücks nicht erlaubt. Danach hatte das Anwesen zum Stichtag 01.09.2010 einen Wert von 186.000,- Euro und zum Stichtag 31.03.2011 einen solchen von 190.000,- Euro. Die Frage, wie lange es gedauert hätte, diesen Erlös zu erzielen, wenn Verkaufsbemühungen am 01.09.2010 begonnen worden wären, hat der Gutachter damit beantwortet, dass dies schwer festzustellen sei. Am Immobilienmarkt gelte aber eine Vermarktungsdauer von ca. 6 Monaten als wirtschaftlich und üblich. Ab 12 Monaten gelte eine Vermarktung als unwirtschaftlich. Jedenfalls seien in der näheren Gegend sechs Verkaufsfälle in der Kaufpreissammlung bekannt. Die erzielten Kaufpreise hätten zwischen 144.000,- Euro und 180.000,- Euro gelegen.

Die Tochter der Klägerin hat sich zu dem Gutachten geäußert. Insbesondere hat sie moniert, dass sich der Gutachter nicht zu der Frage geäußert habe, ob die schuldrechtlich eingeräumten Wohnrechte einer Veräußerung der Immobilie entgegenständen bzw. wie weit sie den Wert minderten. Insoweit sei ihr rechtliches Gehör verwehrt worden. Veräußere die Klägerin das Haus, müsse sie den Wohnberechtigten gegenüber das entfallene Wohnrecht abgelten, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. Es sei auch unverständlich, warum es keine weiteren Unterlagen über das Haus gebe. A-Stadt habe nichts von der Infrastruktur U-Stadt/A-Stadt. In A-Stadt selbst gebe es nur eine oder zwei Gaststätten, keinen Arzt, keine Apotheke, und einen kleinen Laden, der nur sporadisch geöffnet habe. Die Verbindung von A-Stadt nach S-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei sehr ungünstig. Auch sonst sei A-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen. Ein Bodengutachten müsste beim Bauamt vorliegen. Es sei nicht klar, ob der Baugrund vor Erteilung der Baugenehmigung geprüft worden sei. Es bestehe eine Lärmbelästigung durch Kreisstraße und Umfahrungsstraße, die weniger als 600 m entfernt am Haus vorbeiführten. Die Hausanschlüsse seien nach eigenem Ermessen (der Tochter) nicht so gut, wie der Sachverständige annehme. Das Dachgeschoss sei nicht ausgebaut und nicht bewohnbar. Es werde nicht erwähnt, dass das Haus im Rohbau übergeben worden sei, nachdem der Bauträger insolvent geworden sei. Es sei nicht akzeptabel, wenn der Sachverständige keine Baumängel und -schäden annehme, weil er das Gebäude nicht betreten habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 sowie der Bescheide des Beklagten vom 27.08.2010 und 08.11.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.11.2010 und 31.01.2011 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Leistungen der Grundsicherung als Zuschuss zu zahlen sowie die Brennstoffbeihilfe für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.09.2011 ebenfalls als Zuschuss zu bezahlen.

Darüber hinaus beantragt die Klägerin,

dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Klägerin wurden 2.964,71 Euro als Darlehen bewilligt (monatlich 199,53 Euro für 7 Monate zuzügl. 1.568,- Euro Heizkostenbeihilfe), deren Umwandlung in einen Zuschuss sie begehrt. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zutreffend als zulässig, aber unbegründet abgewiesen.

1.
Streitgegenstand sind nach dem Antrag der Klägerin

a) laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 - in der mit Bescheid vom 27.08.2010 als Darlehen gewährten Höhe - als Zuschuss. Dass Leistungen für weitere Bewilligungszeiträume nicht Gegenstand des Verfahrens sind, ergibt sich schon aus dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2014. Im Übrigen sind Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum ab 01.04.2011 vom Beklagten mit gesondertem Bescheid vom 18.04.2011 abgelehnt worden; insoweit ist beim SG Augsburg das Klageverfahren S 3 SO 47/14 anhängig.

b) die einmalige Leistung zum Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode als Zuschuss. Die Leistung wurde zunächst mit Bescheid vom 07.10.2010 in Höhe von 980,- Euro für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 als Darlehen bewilligt. Am 04.11.2010 wurde Widerspruch erhoben; mit Bescheid vom 08.11.2010 wurde der Bescheid vom 07.10.2010 aufgehoben und ersetzt; es wurden für den Zeitraum 01.10.2010 - 31.03.2011 ein Betrag von 1.568,- Euro als Darlehen bewilligt. Damit wurde der Bescheid vom 08.11.2010 nach § 86 SGG zum Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens, obwohl § 86 SGG - anders als § 96 SGG - den Fall der Ersetzung nach seinem Wortlaut nicht umfasst (Bayer. LSG, Beschluss vom 02.12.2011, L 16 AS 877/11 B ER). Entsprechend wurde der Bescheid vom 08.11.2010 auch zum Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2010, obwohl die Widerspruchsbehörde darin auf den Bescheid vom 08.11.2010 in keiner Weise eingegangen ist. Der spätere, separate Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.11.2010 war unzulässig und schon deshalb zurückzuweisen. Dass die Klägerin gegen den zweiten Widerspruchsbescheid vom 31.01.2011 nicht innerhalb der Monatsfrist Klage erhoben hat, steht damit der Einbeziehung des Bescheides vom 08.11.2010 in die Klage nicht entgegen.

Ein Antrag auf Bewilligung höherer als der gewährten Leistungen ist jeweils nicht gestellt worden; es ist lediglich darüber zu entscheiden, ob die Leistungen als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 5/09 R, Rn. 10). Dabei sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSG, a.a.O.).

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist auch die durch Zeitablauf erledigte Auflage (Ziffer 4. des Bescheides vom 27.08.2010). Dies hat die Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15.09.2011 erklärt.

2.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter als Zuschuss (§§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII) nicht zu. Dies gilt sowohl für die laufenden Leistungen für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 als auch für die einmalige Leistung für den Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode. Zwar gehört die Klägerin zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis, weil sie - geboren 1939 - die Altersgrenze erreicht hat (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Sie kann jedoch ihren Lebensunterhalt - im streitgegenständlichen Zeitraum nach der Berechnung des Beklagten monatlich etwa 672,- Euro (Regelsatz und Kosten der Unterkunft) - aus dem Einkommen aus eigener Rente und Witwenrente in Höhe von insgesamt etwa 472,- Euro und ihrem Vermögen bestreiten. Sie ist Eigentümerin eines Wohnhauses, das als Vermögen einzusetzen ist und zumindest in der Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 zur Bestreitung des Lebensunterhalts neben dem laufenden Einkommen ausreicht.

a)
Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII). Das Hausgrundstück der Klägerin ist durch Vermietung und insbesondere durch Verkauf verwertbar. Der Senat ist davon überzeugt, weil der gerichtliche Sachverständige - u.a. nach Vornahme einer Außenbesichtigung von öffentlichem Grund - einen Verkehrswert von 186.000,- Euro ermittelt hat. Er hat damit die Marktgängigkeit des Anwesens bejaht. Reiheneckhäuser werden nach den Ausführungen des Sachverständigen am Grundstücksmarkt in der Regel gern angemietet, weil sie den Mietern eine große individuelle Freiheit bieten. Auch die Veräußerungsmöglichkeit ist gegeben. Sowohl die Vermietbarkeit als auch die Veräußerungsmöglichkeit sind gegeben, wenn die Angebotspreise marktgerecht sind (Ziffer 5.6. des Sachverständigengutachtens). Dies wird insbesondere dadurch untermauert, dass im Nachbarort W-Stadt im Jahr 2010 vergleichbare Anwesen tatsächlich veräußert worden sind (Ziffer 6.5. des Sachverständigengutachtens).

Das Gutachten überzeugt insbesondere auch zur Wertermittlung. Es handelt sich bei dem Sachverständigen um einen von der örtlich benachbarten IHK bestellten Gutachter in die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke, der zudem Mitglied in dem Gutachterausschuss des betreffenden Landkreises ist. Der Sachverständige hat die gestellten Fragen beantwortet, eine Ortsbesichtigung am 13.08.2014 (Außenbesichtigung) vorgenommen und sich Bewertungsgrundlagen verschafft. So ist dem Gutachten ein Lageplan beigegeben, diverse Berechnungen der Wohn- und Nutzflächen aus dem Bauantrag sowie Grundbuchauszüge. Weiter hat der Sachverständige Auskünfte über Bodenrichtwerte, den Erschließungszustand, städtebauliche Festsetzungen, über Hochwassergefahr und Altlastenverdacht sowie sonstige öffentliche Gegebenheiten bei der Gemeinde eingeholt. Damit hatte der Sachverständige auch ohne eine Innenbesichtigung genügend Bewertungstatsachen geschaffen, um eine valide Bewertung abzugeben. So konnte er nach den Wohnflächenberechnungen von 25.04.1973 für die Reihenhäuser Nummer 23-28 eine Wohnfläche von 125,37 m² zu Grunde legen, bei der das Dachgeschoss mit 28,71 m² bemessen ist. Die Weigerung der Klägerin, eine Innenbesichtigung zuzulassen, hat damit eine Bewertung nicht verhindert.

Soweit allerdings der Erhaltungszustand von dem im Gutachten angenommenen Zustand abweicht, führt dies nicht zur Unschlüssigkeit des Gutachtens. Denn insoweit fehlende Befundtatsachen gehen zu Lasten der Klägerin, die ein Betreten des Anwesens durch den Sachverständigen abgelehnt und so eine amtliche Beibringung verhindert hat. Der Sachverständige durfte demnach von der Baubeschreibung aus dem Bauantrag ausgehen (vergleiche Blatt 10 und 11 des Gutachtens). Er ging davon aus, dass keine energetische Modernisierung stattgefunden hat, wie es auch die Klägerin behauptet. Ebenso konnte er auch von einem Alter des Gebäudes von 36 Jahren und einer wirtschaftlichen Restnutzungsdauer von 43 Jahren ausgehen. Damit hat der Senat keinen Zweifel an der Größenordnung des ermittelten Wertes in Höhe von etwa 186.000,- Euro.

Soweit die Klägerin eine ungünstige Infrastruktur geltend macht, greifen ihre Einwände nicht durch. Der Sachverständige hat nämlich die entsprechenden Parameter bei der Wertermittlung berücksichtigt. Er hat die Veräußerungsvorgänge in der näheren Umgebung gewürdigt und ist als Mitglied des Gutachterausschusses des Landkreises A-Stadt selbstverständlich über die Infrastruktur U-Stadt/A-Stadt orientiert. Dies betrifft auch Bodengutachten, Baugrund, öffentliche Verkehrsmittel, Lärmbelästigung durch Kreisstraße und Umfahrungsstraße und Hausanschlüsse. Gerade wegen dieser Umstände hat sich das Gericht mangels eigener Sachkunde eines Sachverständigen bedient.

Das Anwesen der Klägerin ist auch nicht überschuldet. Der Schuldenstand lag zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums bei etwa 41.000,- Euro. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des Beklagten, Bl. 50 der Beklagtenakte, sowie den eigenen Ausführungen der Klägerin, Schriftsatz vom 26.04.2011, Bl. 21 der Akte des SG. Damit lag er weit unter dem ermittelten Marktwert der Immobilie.

Die schuldrechtlich vereinbarten, aber nicht im Grundbuch eingetragenen Wohnrechte - die im Übrigen während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht in Anspruch genommen wurden - stehen der Verwertbarkeit nicht entgegen, weil sie gegen einen möglichen Erwerber nicht geltend gemacht werden können. Im Übrigen schließt auch ein dinglich gesichertes und tatsächlich in Anspruch genommenes Wohnrecht die Verwertbarkeit nicht von vornherein aus (BSG, Urteil vom 12.07.2012, B 14 AS 158/11 R).

Anhaltspunkte dafür, dass ein Verkauf innerhalb von 7 Monaten - für diesen Zeitraum hat der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.08.2010 laufende Leistungen als Darlehen bewilligt - nicht oder nicht zu dem von dem gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Preis möglich gewesen wäre, liegen nicht vor. Die Klägerin hat nämlich keine (vergeblichen) Verkaufsbemühungen unternommen. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zu der Frage, ob der Klägerin hätte zugemutet werden können, das Anwesen zu einem geringeren Preis anzubieten, um den Verkauf leichter realisieren zu können.

Ob eine sofortige Verwertung möglich gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat nämlich angenommen, dass die sofortige Verwertung eine Härte darstellen würde, und hat der Klägerin deshalb nach § 91 SGB XII ein Darlehen für 7 Monate gewährt.

b)
Es handelt sich nicht um Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

Die Klägerin bewohnte das Haus im streitgegenständlichen Zeitraum allein. Anhaltspunkte dafür, dass sie etwa wegen einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit einen außergewöhnlichen Wohnbedarf haben könnte, liegen nicht vor. Damit bleibt es hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnfläche bei den allgemeinen Grenzwerten.

Die Angemessenheit der Größe von Familienheimen und Eigentumswohnungen war bis zum 31.12.2001 aufgrund der bis dahin in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG enthaltenen ausdrücklichen Verweisung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) zu bestimmen. Nach dessen Aufhebung werden die für die Wohnungsbauförderung maßgeblichen Wohnungsgrößen nach dem Wohnraumförderungsgesetz durch die Länder bestimmt. Der Sozialhilfesenat des BSG hat sich für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße aus Gründen der Harmonisierung der Rechtsprechung der SGB-II-Senate angeschlossen, wonach diese zur Wahrung eines bundeseinheitlichen Maßstabs weiterhin nach den Werten des II. WobauG zu bestimmen, jedoch - entsprechend den Vorgaben des § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 SGB XII - nach der Zahl der Bewohner zu differenzieren ist. Danach gelten Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm und Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm für einen Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß. Für jede weitere Person im Haushalt sind zu den genannten Werten weitere 20 qm (vgl. § 39 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 II. WobauG) zu addieren. Bei einer geringeren Familiengröße sind je fehlender Person 20 qm abzuziehen, wobei vor allem bei jüngeren Hilfesuchenden eine Untergrenze von 80 qm gelten soll, solange mit einem möglichen "Zuwachs" durch einen neuen Partner oder ein Kind zu rechnen ist (Mecke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 90 Rn. 78).

Für ein Familienheim, das - wie hier - von einer Person bewohnt wird, gilt also ein Grenzwert von 90 m². Der von Mecke, a.a.O., weiter vertretenen Auffassung, nach dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 Satz 2 II. WobauG sollte von einer Reduzierung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die Personenzahl erst durch den Auszug der erwachsenen Kinder verringert habe, folgt der Senat nicht, weil sich hierfür im SGB XII kein Anhaltspunkt findet.

Die Wohnfläche des Hauses der Klägerin beträgt 125,37 m². Die einzige diesbezüglich substantiierte Angabe ist die Aufstellung eines Architekten von 1973, die die Klägerin selbst am 17.08.2010 bei dem Beklagten vorgelegt hat. Danach beträgt die Wohnfläche 125,37 m². Kellerräume sind dabei nicht berücksichtigt, wohl aber das Dachgeschoss mit 28,71 m². Ob die Wohnfläche tatsächlich kleiner ist, insbesondere in welchem Zustand sich das Dachgeschoss befindet, ist dem Senat nicht bekannt. Es wurde mehrfach vergeblich versucht, die Klägerin bzw. ihre Tochter zu einem Einverständnis mit einer Begutachtung zu bewegen, die eine Besichtigung des Hauses einschließt. Die Tochter hat dies jedoch stets abgelehnt. Da die Klägerin die materielle Beweislast für das Vorliegen von Schonvermögen trägt und durch ihr Verhalten eine Besichtigung des Anwesens durch den gerichtlichen Sachverständigen verhindert hat, bildet der Senat seine Überzeugung auf der Grundlage der Aufstellung von 1973, wonach die Wohnfläche 125,37 m² beträgt.

Damit spielt auch keine Rolle mehr, ob eine Überschreitung des Richtwerts von 90 m² um 10% unschädlich wäre. Es liegt nämlich eine Überschreitung um 39,3% vor. Selbst wenn man mit 110 m² den Wert für drei Personen zu Grunde legen würde (1992: Ehemann und jüngster Sohn lebten mit im Haus), ergäbe sich eine Überschreitung um 13,97%.

Ob die Grundstücksgröße als solche mit 363 m² noch angemessen ist, kann offen bleiben. Insoweit ist auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 20), zu denen keine allgemeinen Erkenntnisse vorliegen. Angesichts der Größe der Wohnfläche ist die Frage nicht entscheidungserheblich.

Auch die übrigen in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Kriterien führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Insbesondere ist der bauliche Zustand des Hauses nicht so schlecht, dass trotz der unangemessenen Wohnfläche noch von einem angemessenen Hausgrundstück gesprochen werden könnte.

c)
Eine Härte nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liegt nicht vor.

Eine Härte liegt vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, des Alters, des Familienstands oder der sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung der nachfragenden Person insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist.

So liegt es hier nicht.

aa)
Im vorliegenden Fall spricht nichts dafür, dass die Klägerin durch die Entscheidung des Beklagten, ihr Leistungen im Umfang von etwa 3.000,- Euro als Darlehen statt als Zuschuss zu gewähren, faktisch gezwungen wäre, ihr Haus zu verkaufen und umzuziehen. Es liegen derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte wegen dieser Forderung die Zwangsversteigerung des Anwesens zu betreiben beabsichtigt, solange die Klägerin in ihrem Anwesen wohnt. Der Senat zweifelt insbesondere nicht daran, dass der Beklagte bei einer diesbezüglichen Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zur Zumutbarkeit eines Umzugs für ältere Menschen (Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rn. 19-20) berücksichtigt.

Damit stellt sich nicht die Frage, ob Verkauf und Umzug eine Härte darstellen würden. Es steht allenfalls ein Vermögenseinsatz in Form der Beleihung, konkret der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, im Raum. Diese begründet keinesfalls eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII.

bb)
Ohne dass dies noch entscheidungserheblich wäre, weist der Senat darauf hin, dass auch im Fall eines Verkaufs jedenfalls die Vereitelung des Wohnrechts der Tochter und eines Bekannten keine Härte darstellen würde, weil letztlich keine Interessen der Klägerin, sondern nur solche der Tochter und des Bekannten tangiert wären. Im Übrigen handelt es sich bei den berührten Interessen um privatrechtliche Ansprüche auf kostenfreies Wohnen. Die Tochter und der Bekannte waren jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in einem Maße bedürftig, dass sie dieses Recht hätten in Anspruch nehmen müssen. Sie haben nicht in dem Haus der Klägerin gewohnt und verlören dementsprechend auch bei einer Veräußerung nicht ihre Wohnung. Dass die Berechtigten, die ihre Wohnrechte bis heute nicht wahrgenommen haben, Schadensersatzforderungen gegen die Klägerin erheben könnten, ist nicht belegt und wäre im Übrigen auch nicht relevant, weil die Klägerin verpflichtet ist, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen, selbst wenn sie dadurch vertragliche Verpflichtungen verletzt. Anderenfalls müsste der Sozialhilfeträger zumindest indirekt auch für Schulden aufkommen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Tochter Unterhaltsansprüche gegen die Klägerin zustehen könnten, liegen nicht vor.

Im Übrigen könnte die Klägerin im Fall einer Veräußerung des Anwesens von zu erwartenden Verkaufserlös nicht nur ihren Lebensunterhalt für viele Jahre bestreiten, sondern zusätzlich in erheblichem Umfang etwaige Forderungen der Tochter und des Bekannten befriedigen.

3.
Der Antrag der Klägerin, "dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe" ist unzulässig. Im Übrigen ist derzeit nicht erkennbar, dass der Beklagte wegen seiner Forderung die Zwangsversteigerung zu betreiben beabsichtigt (s.o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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