L 31 AS 3028/14 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 190 AS 20926/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 3028/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Hilfebedürftigkeit ist nicht feststellbar, wenn der vollschichtig tätige Selbstständige die Obliegenheit verletzt, seine Aufräge kaufmännisch seriös zu kalkulieren.
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2014 werden zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I. Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, ihm für die Zeit vom 01. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), zu zahlen.

Der Antragsteller, der 1967 in Litauen geboren wurde, hatte im September 2006 ein Gewerbe an- bzw. umgemeldet. Im März 2011 war über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Ab Juni 2012 bezog er als selbstständig Tätiger Leistungen nach dem SGB II; dabei bewilligte der Antragsgegner ihm neben der Regelleistung einen Zuschuss gemäß § 26 SGB II zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit am 26. Mai 2014 unterschriebenem Formantrag (bei dem Antragsgegner eingegangen am 14. Juli 2014) beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Dem Antrag war eine vorläufige Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (EKS) beigefügt. Für den Zeitraum von Juli 2014 bis Dezember 2014 standen den erwarteten Betriebseinnahmen von 22.200,00 EUR erwartete Betriebsausgaben von 20.785,00 EUR gegenüber, so dass sich ein erwarteter Gewinn von 1415,00 EUR für den gesamten Sechsmonatszeitraum ergab.

Den Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. August 2014 ab und führte zur Begründung unter anderem aus, mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Antragsteller nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II, einem monatlichen Gesamtbedarf von 771,00 EUR stünde ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen von 1599,83 EUR gegenüber, aus dem der Bedarf gedeckt werden könne.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 20. August 2014 Widerspruch ein.

Mit dem am 1. September 2014 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag begehrte der Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Hierzu erklärte er mit eidesstattlicher Versicherung vom 29. August 2014 unter anderem, zu der Notwendigkeit der Personalkosten wolle er folgendes anmerken, er arbeite auf Baustellen. Er könne zwar als Alleinunternehmer allein Aufträge annehmen, er benötige jedoch oft Hilfe bei der Ausführung der Aufträge. Dazu bediene er sich der Tätigkeit von Subunternehmern oder eben auch der Arbeit von Angestellten oder Bauhelfern. Auch wenn er die Tätigkeit (z.B. Gipskartonplatten montieren) zwar ausführen könne, weil seine Fähigkeiten dies zulassen würden, reiche jedoch die Zeit oft nicht, dass er alles machen könne. Die Arbeitsverträge habe er dem Antragsgegner bereits vorgelegt. Ohne die Hilfe der darin genannten Personen könne er die vertraglich geschuldeten Arbeiten nicht erbringen. Daneben seien auch Büroarbeiten zu erledigen. Hier sei insbesondere die Korrespondenz mit Ämtern, Auftraggebern usw. zu nennen. Dies könne er jedoch nicht selbst erledigen, da er nicht die notwendigen umfassenden Kenntnisse der deutschen Sprache habe. Sämtliche Abrechnungen seien korrekt vorgenommen worden. Er komme in Schwierigkeiten, wenn der Antragsgegner ihm nicht die beantragte Hilfe zum Leben gewähre. Er habe nunmehr bereits Mietschulden. Ergänzend übersandte er Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die von ihm Beschäftigten sowie Arbeitsverträge.

Das Sozialgericht Berlin lehnte mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, der Antragsteller habe für die Zeit von Juli bis Dezember 2014 zu erwartende Einnahmen i.H.v. 22.200,00 EUR angegeben. Soweit er der Ansicht sei, diesen Einnahmen stünden Ausgaben i.H.v. 20.785,00 EUR gegenüber, vermöge dies nicht zu überzeugen. Die Ausgaben für öffentliche Verkehrsmittel, für den Wareneinkauf und für Ersatzteile/Handwerksgeräte sowie die geltend gemachten Telefonkosten könnten nicht berücksichtigt werden. Zu berücksichtigen seien lediglich Ausgaben i.H.v. 12.007,00 EUR. Der Gewinn betrage damit insgesamt 10.193,00 EUR bzw. monatlich 1698,83 EUR. Damit sei der Antragsteller in der Lage, seinen aktuellen Bedarf i.H.v. 771,00 EUR zzgl. 316,67 EUR für Kranken- und Pflegeversicherung zu decken.

Gegen diesen ihm am 28. Oktober 2014 zugegangenen Beschluss richtet sich die am 24. November 2014 eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung führt er unter anderem aus, er habe insbesondere notwendige Personalkosten. Er arbeite auf Baustellen. Daneben seien Büroarbeiten zu erledigen. Hier sei insbesondere die Korrespondenz mit Ämtern und Auftraggebern zu nennen. Dies könne er nicht selbst erledigen, da er nicht die notwendigen umfassenden Kenntnisse der deutschen Sprache habe. Daneben benötige er für einige Arbeiten auf den Baustellen einen Bauhelfer. Bestimmte Aufgaben könne er nicht allein bewältigen, z.B. Gipskartonplatten montieren. Ohne die Hilfe seiner Angestellten könne er seiner Tätigkeit nicht nachgehen. Er könne weder die Demontage eines Daches eines mehrstöckigen Mietshauses noch die neue Eindeckung des Daches allein ausführen. Er verfüge nicht in allen Teilbereichen über die gleichen umfassenden Baukenntnisse. Die Büroangestellte unterstütze ihn, indem sie telefonisch immer erreichbar sei, die Post durchsehe und bei der Koordinierung der Baustelleneinsätze, der Mitarbeiter sowie der Subunternehmer behilflich sei. Auch die Buchhalterin müsse für ihre Tätigkeit bezahlt werden. Die Kosten für Ersatzteile und Reparaturen seien notwendig gewesen. Die Wareneinkäufe seien belegt worden. Die derzeit anfallenden Telefonkosten würden alleine sein Geschäft betreffen. Privatgespräche würden vom Telefonanschluss des Büros des Antragstellers nicht mehr geführt. Der Antragsteller müsse häufig von der Baustelle seine Angestellte im Büro anrufen und Anweisungen erteilen. Die Büroangestellte müsse häufig mit Auftraggebern telefonieren. Ergänzend hat der Antragsteller betriebswirtschaftliche Auswertungen für die Monate Juli 2014 bis Dezember 2014 übersandt (hinsichtlich der Einzelheiten dieser Auswertungen sowie der dazu übersandten Anlagen wird auf Bl. 210 bis 215, 229 bis 329 sowie 342 bis 376 der Gerichtsakten verwiesen).

Auf die Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 18. Februar 2015, in übersichtlicher Art und Weise darzulegen, welche Bauprojekte im streitigen Zeitraum durchgeführt worden seien, wer diese Bauprojekte in ca. wie viel Stunden durchgeführt habe, das heiße ob diese Bauprojekte von dem Antragsteller selbst, einem Subunternehmer oder einem seiner Mitarbeiter ausgeführt worden seien sowie die entsprechenden Rechnungen zu übersenden, hat der Antragsteller mit Schreiben vom 18. März 2015 lediglich pauschal ausgeführt, er sei seit Dezember 2013 überwiegend auf einem Bauvorhaben tätig und benötige für die Bewältigung der dort anfallenden Arbeiten mindestens einen Mitarbeiter. Er habe daher Herrn G M als Bauhelfer angestellt, z.B. zur Hilfe beim Montieren von Gipskartonplatten. Er führe kein Auftragsbuch, es bestehe ein entsprechender Subunternehmervertrag für das Bauvorhaben B Str 18 in Z. Die Bürokraft habe einen Pauschalvertrag mit 20 Stunden im Monat und werde variabel eingesetzt. Ihre Aufgaben umfassten das Schreiben von Angeboten, das Einholen von Materialangeboten, die Erledigung von Telefonaten, das Erstellen von Rechnungen, die Koordinierung der Bauvorhaben sowie die Erledigung des sonstigen Schriftverkehrs. Eine Aufstellung hinsichtlich der Tätigkeiten, die insbesondere der Antragsteller selbst sowie der als Bauhelfer angestellte G M im streitgegenständlichen Zeitraum zu verrichten hatten, hat der Antragsteller nicht übersandt Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Die Beschwerden des Antragstellers sind zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruches sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind, wobei umso geringere Anforderungen an den Eilbedarf zu stellen sind, je größer die Erfolgsaussichten sind. Sofern dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Aktenzeichen 1 BvR 569/05, zitiert nach juris).

Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß §§ 7, 7a SGB II Personen zwischen dem 15. und dem 65. Lebensjahr, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit sowie aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden zudem Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Danach besteht für den Antragsteller - wie bereits vom Sozialgericht zutreffend dargelegt - ein Bedarf i. H. v. 1087,67 EUR, der sich aus dem Regelsatz i. H. v. 391,00 EUR, den monatlichen Mietkosten i. H. v. 380,00 EUR sowie den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. 316,67 EUR zusammensetzt.

Es ist nicht feststellbar, dass der Antragsteller vor dem Hintergrund der ermittelten Bedarfe hilfebedürftig ist. Im streitigen Zeitraum von Juli bis Dezember 2014 bestand bis zum 31. Oktober 2014 zumindest der Nachunternehmervertrag vom 6. Dezember 2013, der für den Zeitraum vom 6. Dezember 2013 bis 31. Oktober 2014 einen Festpreis für das Gewerk in der B Straße 18 in Z von 52.000,00 EUR vorsah. Verteilt auf elf Monate ergibt dies monatliche Einkünfte von rund 4700,00 EUR für die Sanierungsarbeiten am Objekt. Hieraus ergibt sich zunächst für die Monate Juli bis Oktober 2014 ein Einkommen von 18.800,00 EUR (4 x 4.700,00 EUR), im November 2014 hat der Antragsteller nach seinen Angaben kein Einkommen und im Dezember 2014 ein Einkommen von 2515,00 EUR gehabt. Es ergibt sich also für den Leistungszeitraum Juli bis Dezember 2014 ein Gesamteinkommen in Höhe von 21.315,00 EUR, mithin ein monatliches Einkommen in Höhe von 3552,50 EUR. Dem stehen nach Angaben des Antragstellers allein für die Bezahlung einer Bürokraft, eines Bauhilfsarbeiters sowie weiterer Subunternehmer Ausgaben in Höhe von 14.404,38 EUR gegenüber, die sich wie folgt zusammensetzen: Rechnungen des M B vom 8. August 2014 i. H. v. 1980,00 EUR und vom 14. August 2014 i. H. v. 380,00 EUR Rechnung des O C vom 11. August 2014 i. H. v. 900,00 EUR Rechnung der M Bau vom 09. September 2014 i. H. v. 2170,00EUR Bauhilfskraft und Bürokraft 6 Monate x 1495,73 EUR insgesamt 8974,34 EUR. Hierzu kamen monatliche Kosten i. H. v. ca. 500,00 EUR für Rechts- und Beratungskosten (ca. 140,00 EUR monatlich), Kosten der Buchführung (ca. 80,00 EUR monatlich), Fahrtkosten (ca. 120,00 EUR monatlich), Telefonkosten (ca. 100,00 EUR monatlich) und Kosten für Material und Handwerkszeug (ca. 55,00 EUR monatlich), die aus der verbliebenen Differenz i. H. v. 6910,62 EUR (bzw. 1151,77 EUR monatlich) zu bezahlen waren. Bereits diese überschlägige Kalkulation zeigt, dass der Antragsteller seine eigene vollschichtige Arbeitsleistung nicht ausreichend in seine Angebote eingearbeitet hat, denn es verblieben lediglich monatlich 650,00 EUR - von denen noch alle sonstigen Kosten abzuziehen wären – als Gegenleistung für die vollschichtige Arbeitskraft des Antragstellers.

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II ist der Antragsteller gesetzlich verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Im Falle eines selbstständig Tätigen bedeutet dies, dass er verpflichtet ist, die Führung seiner Geschäfte so auszurichten, dass die von ihm ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit ausreichende Erträge sowohl für seinen Geschäftsbetrieb als auch für seinen Lebensunterhalt einbringt (Berlit in LPK-SGB II, § 2 Rn. 23). Erst wenn trotz Erfüllung dieser Obliegenheit keine ausreichenden Erträge erwirtschaftet werden können, z.B. wegen Auftragsmangels, besteht Anspruch auf SGB II-Leistungen.

Vom Antragsteller muss also eine seriöse kaufmännische Kalkulation seiner Aufträge/Angebote erwartet werden. Es kommt vor dem Hintergrund des § 2 SGB II nicht in Betracht, dass der Antragsteller Aufträge annimmt, die so schlecht bezahlt werden, dass bei einer – wie sie der Antragsteller mehrmals glaubhaft beschrieben hat - vollschichtigen eigenen Tätigkeit im Betrieb für den eigenen Unterhalt staatliche Fürsorgeleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Wenn nämlich, wie der Antragsteller vorliegend glaubhaft machen will, nahezu der gesamte Erlös aus dem Objekt B Straße 18 in Z von den Ausgaben aufgezehrt würde, so dass die staatliche Gemeinschaft für seinen Lebensunterhalt aufkommen müsste, so bedeutete dies nichts anderes, als dass der Auftraggeber der Arbeiten (die Firma W) sich auf Kosten der Träger der Leistungen des SGB II bereichert hätte. Denn wenn selbst bei seriöser kaufmännischer Kalkulation der vertraglich vereinbarten Arbeiten deutlich weniger als das Existenzminimum bleibt, obwohl vollschichtig allein auf dieser Baustelle gearbeitet wird, so wäre in dem Festpreis von 52.000,00 EUR kein Entgelt für die Arbeiten des Antragstellers enthalten. D.h., dass der Firma W durch Arbeitsleistung eine Vermögensmehrung zuwüchse, ohne dass sie diese Arbeitsleistung des Antragstellers bezahlt hätte. Die Arbeitsleistung des Antragstellers würde in diesem Fall, da er von seiner Arbeit nicht leben könnte, der Antragsgegner und somit die staatliche Gemeinschaft zahlen. Es liegt aber auf der Hand, dass es nicht Aufgabe des SGB II-Trägers sein kann, die zu gering kalkulierten Angebote des Antragstellers durch Leistungen nach dem SGB II zu "subventionieren", um ihm konkurrenzlos günstige Angebote zu ermöglichen und damit mittelbar beim Generalunternehmer einen Vermögenszuwachs zu finanzieren. Ebenso wenig ist es Aufgabe des Antragsgegners, Einzelfirmen bei der Durchführung wettbewerbsverzerrender Arbeiten zu unterstützen, die ohne eigenen Lohn- oder Gewinnanteil kalkuliert sind und deshalb ehrbar kalkulierende Handwerker verdrängen. Daraus folgt, dass der mit seinen Aufträgen im streitigen Zeitraum im Wesentlichen vollschichtig beschäftigte Antragsteller zur Vermeidung seiner Hilfebedürftigkeit Rechnungen für erbrachte Leistungen zu erstellen hat, die kaufmännisch einwandfrei kalkuliert sind und deshalb bei vollschichtiger Tätigkeit den Bedarf auch decken müssen. Sollte die Bestreitung des Lebensunterhalts so dennoch nicht gelingen, spricht alles dafür, dass das Unternehmen des Antragstellers wohl insolvent und damit zu schließen wäre.

Darüber hinaus muss der Antragsteller in seiner Tätigkeit die Ausgaben auf einen dem Leistungsbezug entsprechenden, bescheidenen Umfang beschränken, denn nur die nach gesetzlichen Vorschriften des SGB II zu berücksichtigenden, also die im Sinne des § 3 Abs. 2 Arbeitslosengeld II Verordnung notwendigen Betriebsausgaben können im Rahmen der Leistungsberechnung von dem Antragsgegner den Einnahmen des Antragstellers gegenübergestellt werden (so auch schon: Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 14. Juni 2010, L 7 AS 163/10 B, zitiert nach Juris).

Danach ist mit dem Sozialgericht ohne weiteres davon auszugehen, dass dem Antragsteller Mittel verbleiben, die seinen Bedarf übersteigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach § 3 Abs. 2 S. 3 Arbeitslosengeld II-Verordnung Ausgaben nicht abgesetzt werden können, die in auffälligem Missverhältnis zu den Erträgen stehen.

Dies gilt zur Überzeugung des Senates vorliegend zum einen für die Beträge, die der Antragsteller an weitere Subunternehmer gezahlt hat, wobei insoweit sinngemäß auf das oben gesagte verwiesen werden kann. Auch diesbezüglich gilt, dass zwischen den Erträgen, die der Antragsteller für sich verbuchen kann und den Ausgaben für Subunternehmer ein auffälliges Missverhältnis besteht, das dazu führt, dass entweder von höheren Einnahmen oder von geringeren Ausgaben auszugehen ist.

Nicht nachvollziehbar ist des Weiteren, dass der Antragsteller, der lediglich einen Auftraggeber hat, für den er nach seinen Angaben seit Dezember 2013 als Subunternehmer das Bauvorhaben B Str 18 in Z – die schlüsselfertige Herstellung von vier Wohneinheiten mit Treppenhaus und einem Gewerbe - durchführt, hierfür eine Bürokraft für 20 Stunden monatlich beschäftigen muss. Auf die Aufforderung des Senats detailliert mitzuteilen, welche Aufgaben diese Bürokraft ausgeführt, hat der Antragsteller mitgeteilt, sie schreibe Angebote, hole Materialangebote ein, erledige Telefonate, erstelle Rechnungen, koordiniere die Bauvorhaben und erledige den sonstigen Schriftverkehr. Soweit ersichtlich hat der Antragsteller monatlich eine Rechnung an seinen Auftraggeber gestellt. Dabei waren Briefkopf, Anschrift und die Fußzeilen der Schreiben jeweils identisch. Eingefügt werden musste lediglich die Rechnungsnummer, der Ausführungszeitraum - beispielsweise Juni 2014, Juli 2014, August 2014 usw. sowie die äußerst kurze Beschreibung der Tätigkeit im genannten Monat - beispielsweise Rechnung 13-14: "Demontage der Dach", Fenstereinbau; Rechnung 14-14: Dach neu decken, Fassadenarbeiten; Rechnung 16-14: Erdarbeiten auf dem Hof; Rechnung 15-14: "Hause Restaurierung". Baustoffe hat der Antragsteller ausweislich der vorgelegten Quittungen in auch von Privathaushalten aufgesuchten Baumärkten erworben, für die die Einholung eines Materialangebots nicht notwendig ist. Da der Antragsteller selbst angegeben hat, lediglich ein Bauvorhaben, nämlich die B Str. in Z durchgeführt zu haben, ist nicht ersichtlich, welche Bauvorhaben die Bürokraft hätte koordinieren können. Sonstiger zu erledigender Schriftverkehr ist nicht im Einzelnen benannt worden. Soweit der Antragsteller im Verfahren mitgeteilt hat, es sei Schriftverkehr mit Ämtern zu führen gewesen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welcher Schriftverkehr das sein sollte. Telefonate kann der Antragsteller, der im Besitz eines Handys ist, selbst führen - dies ist auch auf Baustellen möglich und unter Einzelhandwerkern durchaus auch üblich. Im Übrigen beschäftigte der Antragsteller neben dieser Bürokraft auch noch einen EDV-Dienstleister, der die monatliche Lohnabrechnung ausführt und die laufenden Geschäftsvorfälle bearbeitet, wie sich unter anderem aus der Rechnung dieses EDV-Dienstleisters vom 25. Juli 2014 ergibt. Für welche Tätigkeiten der Antragsteller dann zwingend noch eine weitere Bürokraft benötigt, ist nicht ersichtlich. Damit entfielen auch die Kosten für den Festnetztelefonanschluss in der Wohnung der Bürokraft.

Ob die weiteren geltend gemachten Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig sind oder nicht, kann danach offen bleiben. Insoweit ist der Antragsteller aber darauf hinzuweisen, dass Betriebsausgaben nach § 3 Abs. 3 S. 1 ALG II-V nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende entsprechen. Zwar ist bei der Beurteilung, ob eine Ausgabe notwendig und unvermeidbar ist, auf der einen Seite die unternehmerische Freiheit des Selbstständigen zu berücksichtigen und ihm ein gewisser Prognosespielraum zuzugestehen, ob diese Ausgabe nötig oder zumindest so unternehmensfördernd ist, dass die Ausgabe gerechtfertigt ist (vgl. Geiger, in: LPK-SGB II, 5. Aufl., § 11, Rn. 54 f.). Es ist jedoch andererseits auch zu berücksichtigen, dass der Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II die Verpflichtung hat, sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um seine Hilfebedürftigkeit zu verringern.

Soweit der Antragsteller "betriebswirtschaftliche Auswertungen" zu den Akten gereicht hat, vermochte der Senat nicht, diese der Entscheidung zu Grunde zu legen. Gerade auch vor dem Hintergrund der schmalen Beantwortung der Anfrage vom 18. Februar 2015 stellen diese nicht viel mehr dar als beschriftetes Papier, zumal der Antragsteller weder Auftragsbücher führt noch Vereinbarungen mit anderen Subunternehmern schriftlich fixiert. Hilfebedürftigkeit lässt sich so jedenfalls nicht belegen.

Damit hat das Sozialgericht auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt (§ 73 a SGG i.V.m. §§ 114 ZPO).

Nach alledem sind die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2014 zurückzuweisen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war einerseits abzulehnen, weil es an der notwendigen Erfolgsaussicht fehlt, andererseits, weil die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nicht festgestellt werden konnte und daraus mittelbar folgt, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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