L 7 SO 43/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 2994/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 43/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die mit der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII verbundene Befristung kann isoliert mit der Anfechtungsklage angefochten werden.
2. Die Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII begründet die Ermächtigung und zugleich die Verpflichtung der Behörde zu einer Befristung der Bewilligung i.S. des § 32 Abs. 1 SGB X.
3. Eine Abweichung von dem Regelbewilligungszeitraum von einem Jahr ist bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, an den keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind, zulässig.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die Befristung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) bis zum 28. Februar 2013.

Die 1986 in S. geborene, ledige Klägerin leidet an einer wesentlichen seelischen und geistigen Behinderung. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung in Höhe von 100 und die Merkzeichen "G" und "H" festgestellt. Seit 1996 lebt die Klägerin als Pflegekind bei der Familie S. in O., der "Pflegevater" G. S. wurde u.a. in vermögensrechtlichen Angelegenheiten für die Klägerin zum Betreuer bestellt (Bestellungsurkunde des Notariats II, Aktenzeichen VG II 32/2008). Die Klägerin bewohnt im Haus ihrer Pflegeeltern ein eigenes Zimmer; Unterkunftskosten entstehen ihr nicht.

Die Klägerin besucht seit 5. September 2007 eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) zunächst den Eingangs-, ab 5. Dezember 2007 den Berufsbildungsbereich und seit 5. Dezember 2009 den Arbeitsbereich. Dort erzielt sie ein Werkstattentgelt.

Bis zur Vollendung ihres 21. Lebensjahres am 21. Mai 2007 erbrachte der Beklagte für die Klägerin Jugendhilfeleistungen in Form eines pauschalierten Pflegegeldes (Bescheid vom 8. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2007). Danach gewährte er zunächst - neben Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen - für die Zeit vom 22. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII (Bescheide vom 26. Juli 2007, 26. November 2007 und 3. Dezember 2007). Zwischenzeitlich kam es zu einem Streit zwischen dem Sozialhilfeträger des Herkunftsortes (Beklagter bzw. Land S.) und dem Sozialhilfeträger des Wohnortes (Beigeladener) darüber, wer für die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zuständig ist (vgl. Sozialgericht (SG) Halle, Urteil vom 31. Januar 2014 - S 28 SO 133/10; Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, L 8 SO 27/14 anhängig).

Auf Grundlage sozialgerichtlicher Eilentscheidungen erbrachte zunächst die Arbeitsgemeinschaft S. für die Zeit vom 15. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) (SG Heilbronn, Beschluss vom 6. März 2009 - S 10 SO 145/09 ER -) und sodann der Beklagte für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII (SG Heilbronn, Beschluss vom 29. September 2009 - S 10 SO 3005/09 ER -). Zwischenzeitlich war der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit S. durch Dr. G. in seinem Gutachten vom 7. Mai 2009 zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin wegen einer geistigen Behinderung (seit früher Kindheit erhebliche psychomentale Retardierung) voraussichtlich auf Dauer weniger als 3 Stunden täglich (wöchentlich unter 15 Stunden) erwerbstätig sein könne.

Mit dem am 13. Januar 2010 vor dem SG Heilbronn im Rechtsstreit S 10 SO 2140/08 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin vorläufig bis zum 30. Juni 2010 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Höhe der bisher erbrachten Leistungen (monatlich 560,52 Euro) zu gewähren. Daraufhin erließ er einen entsprechenden Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2010 (Bescheid vom 2. Februar 2010) und meldete gegenüber dem Beigeladenen einen Erstattungsanspruch an (Schreiben vom 3. Februar 2010). Für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin laufende (Bescheid vom 17. März 2011) und für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. April 2012 vorläufige Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII in gleicher Höhe (Bescheid vom 19. März 2012).

Am 18. April 2012 beantragte der Betreuer der Klägerin für die Zeit ab 1. Mai 2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII bei dem Beklagten, am 20. Dezember 2012 solche für die Zeit ab 1. Januar 2013. Mit Bescheid vom 8. Januar 2013 bewilligte der Beklagte nun für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 560,52 Euro. Nachdem der überörtliche Sozialhilfeträger - das Land S. - die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe zeitlich bis zum 31. Dezember 2012 begrenzt und den entsprechenden Folgeantrag für die Zeit ab 1. Januar 2013 an den Beigeladenen weitergeleitet hatte (vgl. Bescheid vom 6. Dezember 2011; Schreiben vom 11. Dezember 2012), sah der Beklagte seine Zuständigkeit als nicht mehr gegeben an und verwies die Klägerin zuständigkeitshalber an den Beigeladenen. Zur Vermeidung eines Zahlungsausfalls bewilligte er Grundsicherungsleistungen bis einschließlich Februar 2013. Mit Schreiben vom 8. Januar 2013 leitete der Beklagte den klägerischen Antrag an den Beigeladenen weiter, den dieser mit Schreiben vom 18. Januar 2013 an den Beklagten zurücksandte.

Am 11. Februar 2013 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 8. Januar 2013 - insbesondere im Hinblick auf die Befristung - Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2013, dem Klägerbevollmächtigten am 30. Juli 2013 zugestellt, als unbegründet zurückwies.

Dagegen hat die Klägerin am 27. August 2013 Klage zum SG Heilbronn (SG) erhoben und zunächst die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. Mai 2012 in gesetzlicher Höhe begehrt. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 18. November 2013 hat sie sodann die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in gesetzlicher Höhe ab 1. März 2013 verlangt. Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei für die Erbringung der Eingliederungshilfe - und der Grundsicherungsleistungen zuständig.

Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren betreffend die vorläufige Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. März 2013 ist im Ergebnis erfolglos geblieben (vgl. SG Heilbronn, Beschluss vom 1. August 2013 - S 9 SO 1256/13 ER -; Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2013 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 11. November und 18. November 2013 - L 7 SO 3291/13 ER-B -).

Das SG hat mit Beschluss vom 12. Dezember 2013 den Landkreis S. gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 12. Dezember 2013 hat die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Bescheids vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013 den Beklagten zu verurteilen, Grundsicherung in Höhe von 560,52 Euro über den 28. Februar 2013 hinaus bis auf weiteres zu gewähren. Der Beklagte hat dies als Klageänderung angesehen und einer solchen widersprochen.

Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 12. Dezember 2013 unter Abänderung des Bescheids vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013 verurteilt, der Klägerin über den 28. Februar 2013 hinaus Grundsicherung in Höhe von 560,52 Euro monatlich bis auf weiteres zu gewähren. Das SG hat zur Begründung u.a. ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in der bisher bewilligten Höhe von 560,62 Euro § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (SGB I) bilde. Die Klägerin habe als Erwerbsunfähige dem Grunde nach einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen sei lediglich streitig, wer zur Leistung verpflichtet sei. Der Beklagte sei als erster und einziger Leistungsträger angegangen worden. Zudem bestehe eine Zuständigkeit des Beklagten nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII. Die Klägerin habe Leistungen der Eingliederungshilfe ab 1. Januar 2007 in Form einer ambulant betreuten Wohnform seitens des Beklagten erhalten, worunter auch das begleitende Wohnen in Familien falle. Die Grundsicherungsleistungen seien abweichend vom Regelzeitraum des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bis auf weiteres zuzusprechen, da die endgültige Klärung der Zuständigkeit des Beklagten im Wege des Erstattungsstreits derzeit nicht absehbar sei.

Gegen das ihm am 20. Dezember 2013 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 3. Januar 2014 beim LSG Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Er hat zur Begründung u.a. vorgebracht, dass das SG unter Verstoß gegen § 103 SGG weder den Bedarf (Regelleistungsbedarf, Mehrbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung) noch die Hilfebedürftigkeit der Klägerin ermittelt habe. So erziele die Klägerin ein Einkommen aus ihrer Beschäftigung in einer WfbM, das ggf. anzurechnen sei. Auch habe das SG nicht beachtet, dass den Folgeanträgen der Klägerin vom 22. Februar 2013 für die Zeit ab 1. März 2013 und vom 11. September 2013 für die Zeit ab 1. September 2013 eine Zäsurwirkung zukomme. Weiterhin habe das SG nicht § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII beachtet, der dem Beklagten einen Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum bei der Frage der Bestimmung des Bewilligungszeitraumes einräume. Der in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vorgesehene Bewilligungszeitraum von 12 Monaten dürfe nicht auf unbegrenzte Zeit ausgedehnt werden. Auch in der Leistungsgewährung nach § 43 SGB I sei keine Besonderheit zu sehen, die ein Abweichen vom Regelbewilligungszeitraum rechtfertigen könne. Schließlich überzeugten auch die Ausführungen des SG zur örtlichen Zuständigkeit des Beklagten nach § 98 Abs. 5 SGB XII nicht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sie über keine eigenen finanziellen Mittel verfüge und ohne die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII vollkommen mittellos sei.

Der Beigeladene hat sich der Auffassung des SG angeschlossen und beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 17. Oktober 2014 Bezug genommen (Bl. 57/63 der Senatsakten). Der Klägervertreter hat im Erörterungstermin erklärt, dass die Klage darauf gerichtet sei, die in dem angefochtenen Bescheid vom 8. Januar 2013 enthaltene Befristung bis zum 28. Februar 2013 zu beseitigen.

Der Beklagte hat - u.a. auf den Fortzahlungsantrag des Betreuers der Klägerin vom 25. Februar 2013 betreffend Grundsicherungsleistungen ab 1. März 2013 - mit Bescheiden vom 25. Februar 2015 über die vorläufige Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2015 entschieden (Bl. 66/95 der Senatsakten). Zuvor hatte der überörtliche Sozialhilfeträger - das Land Sachsen-Anhalt - mit Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2014 betreffend den Bescheid vom 31. Dezember 2011 über den 31. Dezember 2012 hinaus ein monatliches Betreuungsgeld bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache gewährt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und des Beigeladenen, die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Akten des SG S 10 SO 145/09 ER, S 10 SO 3005/09 ER, S 10 SO 2140/08, S 9 SO 1256/13 ER und die Senatsakten L 7 SO 3291/13 ER-B Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG vom 12. Dezember 2013 ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet der Bescheid vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte über die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 entschieden hat. Diesen Bescheid hat die Klägerin mit Widerspruch und Klage nur hinsichtlich der Befristung bis zum 28. Februar 2013 angefochten (vgl. Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 2. April 2013). Bereits im Widerspruchsverfahren hat der Bevollmächtigte der Klägerin betont, dass die Befristung der Grundsicherungsleistungen bis zum 28. Februar 2013 angegriffen wird. Im Berufungsverfahren hat der Bevollmächtigte der Klägerin ausdrücklich erklärt, dass allein die Befristung der Grundsicherungsleistungen angegriffen werden sollte. Vor diesem Hintergrund legt der Senat die vor dem SG formulierten Anträge (vgl. Klageschrift vom 27. August 2013, Klagebegründungsschrift vom 18. November 2013 und Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2013), an deren Fassung er nicht gebunden ist (§ 123 SGG), dahingehend aus, dass die Klägerin begehrt, den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013 insofern aufzuheben, als die bewilligten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bis zum 28. Februar 2013 befristet worden sind. Damit hat die Klägerin eine isolierte Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben, die Befristung der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII bis zum 28. Februar 2013 vollständig zu beseitigen. Wird die Befristung beseitigt, würde der Bescheid vom 8. Januar 2013 die Gewährung von Grundsicherungsleistungen auch ab März 2013 regeln; eines neuen Grundsicherungsbescheids als Grundlage für eine Leistungsgewährung bedürfte es nicht, sodass dem zunächst mit der Anfechtungsklage verbundenen Leistungsantrag (Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab 1. Mai 2012 bzw. ab 1. März 2013) keine eigenständige Bedeutung zukäme. Vor diesem Hintergrund ist in der Neuformulierung des Klageantrags mit Schriftsatz vom 18. November 2013 (Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab 1. März 2013 anstatt ab 1. Mai 2012) keine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG zu sehen, zumal das Begehren zunächst auf eine dauerhafte Leistungsgewährung ab 1. Mai 2012 gerichtet gewesen ist und mit Schriftsatz vom 18. November 2013 zeitlich beschränkt worden ist (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Somit sind weder die Höhe der in der Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 erbrachten Leistungen noch die Bescheide vom 25. Februar 2015 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2015) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

3. Die isolierte Anfechtungsklage gegen die im Bescheid vom 8. Januar 2013 enthaltene Befristung ist zulässig, aber unbegründet.

a. Grundsätzlich können alle (unselbständigen und selbständigen) Nebenbestimmungen mit der Anfechtungsklage angefochten werden (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 27. Februar 1992 - 6 RKa 15/91 - juris Rdnr. 21; vom 5. August 1999 - B 3 KR 12/89 R - juris Rdnr. 9; vom 06. April 2000 - B 11/7 AL 10/99 R - juris Rdnr. 19; vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 20/11 R - juris Rdnr. 20 und 23; vgl. ferner z. B. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 112, 221; Hintz/Lowe, SGG, 2013, § 54 Rdnr. 6; Keller in Meyer-Ladewig, 11. Aufl. 2014, Anhang § 54 Rdnr. 18 a). Wird - wie vorliegend - geltend gemacht, die einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte belastende Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vorneherein ausscheidet (BVerwGE 112, 221). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

b. Die isolierte Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Die von der Klägerin angefochtene Befristung der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII bis zum 28. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.

Nach § 32 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit 1. einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung), 2. einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung), 3. einem Vorbehalt des Widerrufs oder verbunden werden mit 4. einer Bestimmung, durch die dem Begünstigen ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage), 5. einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage (§ 32 Abs. 2 SGB X). Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen (§ 32 Abs. 3 SGB X).

Vorliegend hat der Beklagte mit Bescheid vom 8. Januar 2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2013) laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 in Höhe von monatlich 560,52 Euro bewilligt. Dabei hat der Beklagte hinsichtlich der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII jedenfalls für den mit Bescheid vom 8. Januar 2013 geregelten Bewilligungsabschnitt eine endgültige und keine vorläufige Entscheidung i.S. des § 43 SGB I getroffen, weil er nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont nicht klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, ob und inwieweit er eine vorläufige Bewilligung verfügt hat (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 - B 10 SF 1/14 R - juris Rdnr. 18; Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 - juris Rdnr. 18; Wagner in JurisPK-SGB I, § 43 Rdnr. 37). Weder die Überschrift ("Bescheid über die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches - Zwölftes Buch (SGB XII) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung") noch der Verfügungssatz und die Begründung enthalten einen Hinweis auf eine vorläufige Bewilligung. Der angefügte Hinweis "zur Beachtung" auf den Beschluss des SG Heilbronn vom 29. September 2009 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 SO 3005/09 ER führt nicht weiter, weil dort der Beklagte lediglich zur vorläufigen Leistungserbringung für den Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2009 verpflichtet worden war. Auch in dem gerichtlichen Vergleich im Klageverfahren S 10 SO 2140/08 vom 13. Januar 2010 hatte sich der Beklagte lediglich für die Zeit bis zum 30. Juni 2010 zur vorläufigen Erbringung von Grundsicherungsleistungen verpflichtet. Auch der Bezugnahme auf die Einstellung der Eingliederungshilfeleistungen durch das Land Sachsen-Anhalt zum 1. Januar 2013 und eine Zuständigkeit des Beigeladenen ab diesem Zeitpunkt lässt nicht erkennen, ob und ggf. in welchem Umfang eine vorläufige Bewilligung erfolgen sollte.

Der Beklagte hat seine begünstigende Bewilligungsentscheidung vom 8. Januar 2013 mit einer Befristung im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X versehen. Da bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 SGB XII ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung besteht, darf die Bewilligungsentscheidung nach der Regelung des § 32 Abs. 1 SGB X nur dann mit einer Nebenbestimmung - vorliegend einer Befristung - versehen werden, wenn diese durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

Die Befristung der Leistungsgewährung ist durch Rechtsvorschrift, nämlich § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zugelassen. Danach wird die Leistung (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII) in der Regel für 12 Kalendermonate bewilligt. Die Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dient der Verwaltungsvereinfachung und ist dem Umstand geschuldet, dass Veränderungen in den Leistungsvoraussetzungen bei der Personengruppe der Grundsicherungsbezieher seltener eintreten oder zu erwarten sind als bei Beziehern anderer Sozial(hilfe)leistungen (vgl. BT-Drs. 14/4595, S. 71). § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII normiert Beginn und Dauer des Bewilligungszeitraums für Grundsicherungsleistungen (Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 Rdnr. 12). Die Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 12 begründet die Ermächtigung und zugleich die Verpflichtung der Behörde zu einer Befristung der Bewilligung im Sinne von § 32 Abs. 1 SGB X (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 13/08 R - juris Rdnr. 12 zu § 6 Grundsicherungsgesetz; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 Rdnr. 13). Mithin war der Beklagte unmittelbar von Gesetzes wegen verpflichtet, die Leistungsbewilligung mit einer Befristung zu versehen. Er musste im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung eine Prognoseentscheidung treffen (vgl. Blüggel, a.a.O. Rdnr. 15), für welchen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen der begehrten Grundsicherungsleistungen vorliegen. Gesetzlich vorgesehenen ist in der Regel ein Zeitraum von 12 Kalendermonaten. Eine Abweichung von dem Regelbewilligungszeitraum, d.h. ein kürzer Bewilligungszeitraum, ist bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, an den keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind, zulässig (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Januar 2008 - L 20 B 132/07 SO ER - juris Rdnr. 6; Blüggel, a.a.O. Rdnr. 16). Dies wird z.B. angenommen, wenn sich die Zuständigkeit des Leistungsträgers ändert (vgl. Grube in ders./Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 44 Rdnr. 1; Kirchhoff in Hauck/Noftz, SGB XII, § 44 Rdnr. 9). Vorliegend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die zum 31. Dezember 2012 durch das Land Sachsen-Anhalt eingestellten Leistungen der Eingliederungshilfe seine abgeleitete Zuständigkeit (vgl. § 98 Abs. 5 SGB XII; BSG, Urteil vom 25. September 2014 - B 8 SO 7/13 R - juris Rdnr. 25) entfallen ist und der Beigeladene in eigener Zuständigkeit leisten wird.

Im Übrigen ist die Befristung bis zum 28. Februar 2013 allein deshalb gerechtfertigt, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII erfüllt werden. Ein Verwaltungsakt kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, um den künftigen Fortbestand seiner gesetzlichen Voraussetzungen sicherzustellen (vgl. Burkiczak in jurisPK-SGB X, § 32 Rdnr. 87). Insbesondere bei Dauerverwaltungsakten (vorliegend die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für mehr als einen Monat) ist die Behörde zu einer Befristung berechtigt, wenn entweder aufgrund der Eigenart des Verwaltungsaktes typischerweise damit zu rechnen ist, dass dessen Voraussetzungen nach einer gewissen Zeit wieder entfallen können, oder wenn im konkreten Einzelfall greifbare Anhaltspunkte befürchten lassen, dass die Voraussetzungen möglicherweise wieder wegfallen können. (BSG, Urteil vom 28. September 2005 - B 6 KA 60/03 R - juris Rdnr. 25; Burkiczak, a.a.O. Rdnr. 87; Müller-Grune in Eichenhofer/Wenner, SGB I, IV, X, 2012, § 32 SGB X Rdnr. 14; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 32 Rdnr. 10). Bei der Gewährung von einkommens- und vermögensabhängigen Sozialhilfeleistungen besteht ein berechtigtes Interesse, die Leistungen für einen überschaubaren Zeitraum (für Grundsicherungsleistungen geregelt in § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII) und nicht unbefristet zu gewähren, um nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen, insbesondere den aktuellen Bedarf und die Hilfebedürftigkeit, zu ermitteln und zu überprüfen.

Vorliegend hat der Beklagte seit dem 1. Juli 2009 bis zum 28. Februar 2013 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 560,52 Euro (ohne Einkommensanrechnung) erbracht, ohne den bei der Klägerin tatsächlich bestehenden Bedarf und ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu ermitteln. Eine solche Prüfung war für die Zeit ab 1. März 2013 deshalb dringend angezeigt, weil die Klägerin bereits seit dem 5. Dezember 2009 eine Beschäftigung in einer WfbM aufgenommen und aus dieser ein Werkstattentgelt erzielt hat, das als Einkommen nach Maßgabe des § 82 SGB XII bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist. Der Besuch der WfbM gibt weiterhin Anlass zur Prüfung, ob die Klägerin dort ein Mittagessen eingenommen hat und der Regelbedarf deshalb abweichend festzusetzen ist (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252). Zudem hat sich aufgedrängt, dass für die Zeit bis zum 28. Februar 2013 eine nachvollziehbare und gesetzesorientierte Bedarfsbestimmung unterblieben ist. So ist nicht ansatzweise ersichtlich, aus welchen Gründen die gesetzlich vorgeschriebene, vom Regelbedarf (nach Regelbedarfsstufe 1, vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2014 - B 8 SO 14/13 - juris; Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 5/14 R, Terminbericht Nr. 11/15) abweichende Festsetzung des individuellen Bedarfs der in einer Pflegefamilie untergebrachten Klägerin (§ 27a Abs. 4 Satz 3 SGB XII in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung bzw. § 28 Abs. 5 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) unterblieben ist. Weiterhin sind in der Bedarfsberechnung Kosten für Unterkunft und Heizung pauschal angesetzt worden, obwohl der Klägerin tatsächlich insofern gar keine Kosten entstanden sind (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Allein diese Umstände rechtfertigen es, dass der Beklagte den Bewilligungszeitraum abweichend vom Regelbewilligungszeitraum festgesetzt hat. Tatsächlich hat der Beklagte für die Zeit ab 1. März 2013 die Einkommensverhältnisse der Klägerin ermittelt und seinen Bewilligungsbescheiden vom 25. Februar 2015 für die Zeit vom 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2014 und vom 1. März 2014 bis zum 28. Februar 2015 zugrunde gelegt.

Demnach ist auf die Berufung des Beklagten das stattgebende Urteil des SG vom 12. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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