L 3 AS 1333/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AS 4997/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1333/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Anpruchsberechtigt nach § 16a Nr. 2 SGB II sind nur die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, nicht aber die Erbringer von Dienstleistungen zur Schuldnerberatung.
2. Es steht dem Leistungsträger nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II frei, ob er die Beschaffung von Leistungen auf der Basis eines (mit Wettbewerbs- und Vergaberecht verbundenen) zweiseitigen Vertragsverhältnis (d. h. zwischen ihm und dem Leistungserbringer) oder auf der Basis eines sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses (d. h. 1. zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer, 2. dem Leistungsträger und dem Leistungsempfänger sowie 3. dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger) organisieren will. Dies hat zur Folge, dass ein Leistungserbringer gegenüber einem Leistungsträger keinen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Inhalt, mit der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit beauftragt zu werden, hat. Er hat auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch keinen Anspruch darauf, dass ihm der Leistungsträger Kunden zuweist.
3. Die Regelungen in § 17 Abs. 2 SGB II betreffen nur die Vergütungspflicht, nicht aber die vorangehende Beschaffung von Leistungen zur Eingliederung bei Dritten.
4. Bei § 14 Satz 1 und 3 SGB II handelt es sich nur um objektiv-rechtliche, verbindliche Handlungsanforderungen, die sich an die Träger der Grundsicherung wenden, und nicht um Anspruchsgrundlagen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Beschluss vom 5. März 2014 – L 3 AS 1883/13 B ER).
5. Soweit die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person im Sinne von § 15 SGB II zugleich Dritter im Sinne von § 17 SGB II ist, geht letztere Vorschrift für das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer als lex specialis vor.
6. Bei dem Anspruch auf ein Sofortangebot nach § 15a SGB II handelt es sich nicht um eine eigenständige Leistung, sondern um eine Handlungsverpflichtung für die Grundsicherungsträger.
7. § 17 SGB II ist für das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer lex specialis zur freien Förderung nach § 16f Abs. 1 SGB II.
8. Eine Zusage, die sich nicht auf den Erlass oder Nichterlass eines Verwaltungsaktes bezieht, unterliegt nicht ohne weiteres dem Schriftformerfordernis aus § 34 SGB X.
9. Ein Grundsicherungsträger "schuldet" nicht die Verschaffung einer Erwerbstätigkeit, sondern lediglich Bemühungen im Rahmen der Aufgaben und Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger erstreben die Verurteilung des Beklagten, mit dem Kläger zu 2 einen "Leistungsvertrag" über Schuldnerberatung zu schließen und die Kläger in Arbeit zu vermitteln.

Der am 1949 geborene Kläger zu 2 und sein Sohn, der am 1988 geborene Kläger zu 1, beziehen seit Juli 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Der Kläger zu 2 ist seit dem 24. September 2008 als privater Arbeitsvermittler und Schuldnerberater selbständig tätig. Die Aufnahme dieser Tätigkeit wurde mit einem Gründungszuschuss gefördert.

Die Kläger haben am 25. Juli 2012 Klage erhoben und "über drei Jahre Untätigkeit" hinsichtlich gesetzlicher Mitwirkungspflichten zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit bemängelt. Versuche des Sozialgerichts, das Begehren der Kläger zu konkreten, bei dem Beklagten gestellten Anträgen und daraufhin ergangenen Bescheiden in Beziehung zu setzen, sind fehlgeschlagen. Mit Schriftsatz vom 6. Januar 2013 hat der Kläger zu 2 unter der Überschrift "wiederholte Zuarbeit eines Urteilsvorschlages" sein Begehren präzisiert und ausgeführt: "Im Namen des schikanierten Klägers wird das Jobcenter G aufgefordert, unverzüglich tätig zu werden, d.h., entweder es - kommt unverzüglich der Vermittlungs-PFLICHT nach, oder - setzt rückwirkend den zugesicherten ABSCHLUSS eines Leistungsantrages um."

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die auf einen Abschluss eines Leistungsvertrages gerichtete Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) sei unbegründet. Bei dem vom Kläger begehrten Leistungsvertrag handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 53 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Eine Anspruchsgrundlage für den Abschluss eines solchen Vertrages sei nicht ersichtlich. Eine schriftliche Zusicherung des Beklagten liege nicht vor. Der Antrag der Kläger, den Beklagten zu Vermittlungsaktivitäten zu verpflichten, sei als Feststellungsantrag (vgl. § 55 SGG) dahingehend auszulegen, dass ein Leistungs- und Betreuungszusammenhang, mithin ein Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten bestehe. Die Klage sei aber mangels Feststellungsinteresse unzulässig, denn die Kläger könnten ihr Begehren, Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, vorrangig im Wege der Leistungsklage verfolgen. Soweit die Klage als Untätigkeitsklage (vgl. § 88 SGG) auszulegen sei, sei sie bereits unzulässig, weil ein Antrag der Kläger auf Vornahme eines Verwaltungsaktes, der sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vorliege.

Mit der Berufung vom 18. Juli 2013 verfolgen die Kläger, die keinen bestimmten Antrag gestellt haben, ihre Begehren weiter.

Der Beklagte hat sich nicht zur Berufung geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogene Verwaltungsvorgangs sowie der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung.

II. Da die Kläger keinen Berufungsantrag gestellt haben, legt das Gericht das Berufungsbegehren dahingehend aus, dass sie neben der Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2013 weiterhin ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 6. Januar 2013 verfolgen möchten. Danach soll der Beklagte verurteilt werden, zum einen mit dem Kläger zu 2 einen "Leistungsvertrag" abzuschließen und zum anderen die Kläger in Arbeit zu vermitteln.

III. Die solchermaßen beschriebene Berufung der Kläger ist unbegründet. Ihnen stehen die geltend Ansprüche nicht zu. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klagen abgewiesen.

1. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Abschluss des von ihm begehrten "Leistungsvertrages". Dieser Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers zu 2 offenbar zum Inhalt haben, dass der Beklagte ihm, dem Kläger zu 2, in seiner Eigenschaft als selbständiger Schuldnerberater Kunden aus dem Kreis der Hilfebedürftigen zuführt. Dieses Begehren findet im Gesetz keine Stütze.

a) Die Schuldnerberatung als kommunale Eingliederungsleistung ist seit dem 1. Januar 2011 in § 16a Nr. 2 SGB II geregelt (vgl. Artikel 2 Nr. 5 des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917). Nach § 16a SGB II können zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit bestimmte Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden. Hierzu zählt auch die Schuldnerberatung. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut sind jedoch nur die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten anspruchsberechtigt, nicht aber die Erbringer von Dienstleistungen zur Schuldnerberatung. Das Verhältnis der zuständigen Leistungsträger zu Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung ist vielmehr in § 17 SGB II geregelt.

b) Aber auch § 17 SGB II enthält für das Begehren des Klägers zu 2 keine Anspruchsgrundlage.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II sollen die zuständigen Träger der Leistungen nach dem SGB II zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können. Damit hat der Gesetzgeber der Leistungsträgern ein weit reichendes Zurückhaltungsgebot auferlegt (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 55). Dritte im Sinne dieser Regelung sind kommunale Träger, Träger der freien Wohlfahrtspflege aber auch sonstige Träger wie gemeinnützige Organisationen sowie private Träger, die Leistungen zur Eingliederung erbringen, wobei es unerheblich ist, ob der private Träger gemeinnützig oder gewerblich tätig ist (vgl. Hahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 17 Rdnr. 14; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: Erg.-Lfg. 1/15, Januar 2015], § 17 Rdnr. 11; Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II [3. Aufl., 2013], § 17 Rdnr. 2). Ergänzend zu § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist § 17 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) zu beachten, wonach die Leistungsträger verpflichtet sind, darauf hinzuwirken, dass die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, schreibt der Gesetzgeber für das SGB II nicht vor (vgl. Münder, in: Münder [Hrsg.], SGB II [5. Aufl., 2013], § 17 Rdnr. 20). Damit steht es dem Leistungsträger frei, ob er die Beschaffung von Leistungen auf der Basis eines (mit Wettbewerbs- und Vergaberecht verbundenen) zweiseitigen Vertragsverhältnis (d. h. zwischen ihm und dem Leistungserbringer) oder auf der Basis eines sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses (d. h. 1. zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer, 2. dem Leistungsträger und dem Leistungsempfänger sowie 3. dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger) organisieren will (vgl. Münder, a. a. O. sowie Rdnr. 32; Rixen/Weißenberger, a. a. O., Rdnr 16). Dies hat zur Folge, dass ein Leistungserbringer gegenüber einem Leistungsträger keinen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Inhalt, mit der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit beauftragt zu werden, hat. Er hat auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch keinen Anspruch darauf, dass ihm der Leistungsträger Kunden zuweist (vgl. Luthe, a. a. O., Rdnr. 17, m. w. N.; so auch zum Begehren, Patienten zur Durchführung von Anschlussheilbehandlungen zugewiesen zu bekommen: Thür. LSG, Beschluss vom 30. Januar 2004 – L 6 RJ 914/03 ER – JURIS-Dokument Rdnr. 38 ff., sowie die weiteren Rechtsprechungsnachweise bei Luthe, jurisPR-SozR 31/2004 Anm. 5 [Buchst. C.]).

Ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Vertrages folgt auch nicht aus § 17 Abs. 2 SGB II. Danach sind, wenn die Leistung von einem Dritten erbracht wird und im Dritten Buch (Arbeitsförderung) keine Anforderungen geregelt sind, denen die Leistung entsprechen muss, die Träger der Leistungen nach dem SGB II zur Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Dritten oder seinem Verband eine Vereinbarung insbesondere über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Nummer 1), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzen kann (Nummer 2), und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Nummer 3) besteht (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die Regelungen in § 17 Abs. 2 SGB II betreffen danach nur die Vergütungspflicht, nicht aber die vorangehende Beschaffung von Leistungen zur Eingliederung bei Dritten.

c) Auch aus anderen Vorschriften des SGB II lässt sich kein Anspruch des Klägers zu 2 auf Abschluss des begehrten Vertrages ableiten.

(1) So unterstützen gemäß § 14 Satz 1 SGB II die Träger der Leistungen nach dem SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit. Gemäß § 14 Satz 3 SGB II erbringen die Träger der Leistungen nach dem SGB II unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alle im Einzelfall für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen Leistungen. Bei beiden Regelungen handelt es sich jedoch nur um objektiv-rechtliche, verbindliche Handlungsanforderungen, die sich an die Träger der Grundsicherung wenden, und nicht um Anspruchsgrundlagen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 5. März 2014 – L 3 AS 1883/13 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 19; Berlit, in. Münder [Hrsg.], SGB II [5. Aufl., 2013], § 14 Rdnr. 26; Greiser, in Eicher, SGB II [3. Aufl., 2013], § 14 Rdnr. 6; Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 14 Rdnr. 31; jeweils m. w. N.). Die beiden Regelungen können nur mittelbar Bedeutung für einen Hilfebedürftigen entfalten. So können insbesondere die Vorgaben aus § 14 Satz 1 SGB II die Entscheidungen über Anträge auf Eingliederungsleistungen nach §§ 15 SGB II, bei denen es sich überwiegend um Ermessensleistungen handelt, beeinflussen. Die objektiv-rechtlichen Handlungsanforderungen müssen im Rahmen der Normauslegung und eines etwa auszuübenden Ermessens als verbindliche Handlungsrichtlinien Berücksichtigung finden können (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 5. März 2014, a. a. O., m. w. N.).

(2) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung soll unter anderem bestimmen, welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II). Soweit die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person im Sinne von § 15 SGB II zugleich Dritter im Sinne von § 17 SGB II ist, geht letztere Vorschrift für das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer als lex specialis vor. Einem erwerbsfähigen leistungsberechtigten Schuldnerberater vermag deshalb § 15 SGB II keine weitergehenden Ansprüche zu verschaffen als § 17 SGB II, soweit er auch als Leistungserbringer im Sinne von § 17 SGB II betroffen ist.

(3) Nach § 15a SGB II sollen erwerbsfähigen Personen, die innerhalb der letzten zwei Jahre laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, weder nach dem SGB II noch nach dem Dritten Buch (Arbeitsförderung) bezogen haben, bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II unverzüglich Leistungen zur Eingliederung in Arbeit angeboten werden. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in diesem Sinne sind Leistungen im Sinne der §§ 16 ff. SGB II (zur Beschränkung auf Ermessensleistungen: Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 15a Rdnr. 25; Thie, in: Münder [Hrsg.], SGB II [5. Aufl., 2013], § 15a Rdnr. 9). Bei dem Anspruch auf ein Sofortangebot handelt es sich jedoch nicht um eine eigenständige Leistung, sondern um eine Handlungsverpflichtung für die Grundsicherungsträger (vgl. Müller, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: Erg.-Lfg. 1/15, Januar 2015], § 15a Rdnr. 12; vgl. auch Meßling, a. a. O., Rdnr. 7), sodass allein deshalb der Kläger zu 2 aus § 15a SGB II keine Anspruchsgrundlage für sein Vertragsschlussbegehren ableiten kann. Zudem würde er nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten zählen, weil er innerhalb der letzten zwei Jahre laufende Geldleistungen nach dem SGB II, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, bezogen hat.

(4) Bereits tatbestandlich fällt der begehrte Vertragsabschluss nicht unter eine der in § 16 SGB II aufgeführten Leistungen zur Eingliederung.

(5) Für Selbständige sind im SGB II besondere Förderleistungen vorgesehen. So kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach Maßgabe von § 16b SGB II ein Einstiegsgeld erbracht werden. Zusätzlich erhält § 16c SGB II Regelungen über Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen. Nach § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II können erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit ausüben, können nach Maßgabe von § 16c Abs. 2 SGB II durch geeignete Dritte durch Beratung oder Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gefördert werden. In allen Fällen besteht nur ein (Ermessens-)Anspruch auf Geld- oder Dienstleistungen, nicht aber auf Abschluss eines Vertrages, auf Grund dessen der Grundsicherungsträger zur Auftragsbeschaffung für den Selbständigen verpflichtet wäre.

(6) Die Regelung in § 16e SGB II über die Förderung von Arbeitsverhältnissen ist vorliegend bereits deshalb nicht einschlägig, weil der Kläger zu 2 keine Leistungen als Arbeitgeber begehrt.

(7) Schließlich kann nach § 16f Abs. 1 Satz 1 SGB II die Agentur für Arbeit die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen durch freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erweitern. Die freien Leistungen müssen den Zielen und Grundsätzen des SGB II entsprechen (vgl. § 16f Abs. 1 Satz 2 SGB II). Bezüglich der freien Förderung gilt allerdings das zu § 15 SGB II Gesagte entsprechend, nämlich dass § 17 SGB II für das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer lex specialis ist. Das dort bestehende Auswahlermessen, in welcher Weise eine Leistungen unter anderem zur Schuldnerberatung beschaffen will, wird nicht durch § 16f Abs. 1 Satz 1 SGB II eingeschränkt.

d) Soweit der Kläger zu 2 geltend macht, ihm sei der Abschluss des "Leistungsvertrages" zugesagt worden, scheitert ein etwaiger Anspruch entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes nicht bereits daran, dass die behauptete Zusage nicht in Schriftform vorliegt. Denn eine Zusage, die sich nicht auf den Erlass oder Nichterlass eines Verwaltungsaktes bezieht, bedarf nicht ohne weiteres dem Schriftformerfordernis aus § 34 SGB X (so zu § 38 VwVfG: BVerwG, Beschluss vom 22. März 1995 – 1 WB 81/94BVerwGE 103, 219 = NVwZ 1996, 1219 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG [15. Aufl., 2014], § 38 Rdnr. 6c). Jedoch ist der Vortrag des Klägers zu 2 zu der behaupteten Zusage unsubstantiiert und unplausibel, sodass keine Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen besteht (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – L 3 AS 619/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 19).

e) Auch wenn der Kläger zu 2 keinen Anspruch auf Abschluss des begehrten Vertrages hat, ist er gleichwohl nicht gehindert, Leistungsberechtigten nach dem SGB II seine Dienste anzubieten. Er tritt in Konkurrenz zu anderen privaten Schuldnerberatern und anderen mit der Schuldnerberatung befassten Institutionen. Der Verwaltungsakte ist zu entnehmen, dass dem Kläger zu 2 gestattet worden ist, sein Werbematerial im Bereich der Selbstinformationseinrichtung des Dienstleistungszentrums für Arbeit G auszulegen, und er auch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Für die vom Kläger darüber hinaus offenbar gewünschte direkte Zuführung von beratungsuchenden Hilfebedürftigen auf der Grundlage eines "Leistungsvertrages" fehlt es hingegen, wie ausgeführt wurde, an einer gesetzlichen Grundlage.

2. Ohne Erfolg bleibt auch das Begehren der Kläger zur Verurteilung des Beklagten, sie in Arbeit zu vermitteln. Es liegt auf der Hand und bedarf daher keiner weiteren Erläuterung, dass der Beklagte nicht die Verschaffung einer Erwerbstätigkeit "schuldet", sondern lediglich Bemühungen im Rahmen der Aufgaben und Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. § 1 SGB II). Dass der Beklagte sich um die Vermittlung des Klägers zu 2 in Arbeit und um die Eingliederung des Klägers zu 1 nicht bemühen würde, lässt sich der Verwaltungsakte nicht entnehmen. So hat etwa am 9. Mai 2012 im Sachgebiet "Eingliederung für Jugendliche unter 25 Jahren" des Beklagten ein ausführliches Beratungsgespräch stattgefunden, an dem beide Kläger teilgenommen haben. Neben Fragen der Eingliederung des Klägers zu 1 war auch die Arbeitsvermittlung hinsichtlich des Klägers zu 2 Thema des Gesprächs. Unter anderem war eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget zur Unterstützung von Bewerbungsbemühungen Gesprächsgegenstand. Entfaltet der Beklagte damit bereits Bemühungen zur Eingliederung der Kläger in Arbeit, fehlt es dem darauf gerichteten Begehren am Rechtschutzinteresse. Auf die Möglichkeit (und Verpflichtung, vgl. hierzu u. a. § 2 SGB II, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) zur eigenständigen Arbeitssuche ist ergänzend hinzuweisen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 SGG).

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
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