L 15 SO 285/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 92 SO 2413/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 285/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GruSi) für die Zeit von Juli bis September 2011 in Höhe von monatlich 335,92 Euro unter Abzug bereits gewährter Leistungen.

Der 1972 geborene, also jetzt 43 Jahre alte Kläger ist psychisch krank und steht unter Betreuung seiner Mutter. Er bezieht von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer. Er arbeitet in einer Werkstatt für Behinderte, aus dieser Tätigkeit erzielt er ein Einkommen. Der Kläger hat von seinem Vater Vermögen geerbt, einen Teil hierfür hat er zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verwendet.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger GruSi für die Zeit vom 01. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 unter Anrechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und des Werkstatteinkommens. Der Versuch, mit Bescheid vom gleichen Tage 932,56 Euro "zurückzufordern" wegen die Vermögensfreigrenze von 2.600,00 Euro überschreitenden Vermögens in Höhe von 932,56 Euro scheiterte nach eingelegtem Widerspruch daran, dass in dem (zweiten) Bescheid vom 10. Juni 2010 keine Rechtsgrundlage angegeben war. Dem Widerspruch wurde voll abgeholfen.

Am 11. Mai 2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Weiterzahlung der GruSi über Juni 2011 hinaus.

Mit Bescheid vom 07. Juni 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit von September 2011 bis Juni 2012. Für die Monate Juli und August 2011 wurde die Bewilligung von GruSi mit der Begründung abgelehnt, dass insgesamt 773,02 Euro das Schonvermögen übersteigenden Betrages angerechnet würden, und zwar je 335,92 Euro für die Monate Juli und August 2011 und der Restbetrag von 101,18 Euro für September 2011, für den ein Betrag von 234,74 Euro bewilligt wurde. Für den Monat Oktober 2011 wurden dem Kläger 335,92 Euro bewilligt.

Mit Eingang bei dem Beklagten am 27. Juni 2011 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 07. Juni 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) dadurch verletzt sei, dass das Schonvermögen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geringer sei als das, dass Empfängern von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zugestanden werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Eine Zugrundelegung der Vermögensfreigrenze nach dem SGB II sei nicht möglich, da der Kläger ausschließlich Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII beziehe und demzufolge auch die maßgebliche Vermögensfreigrenze nach dem SGB XII zur Anwendung komme. Welche Motive den Gesetzgeber bewogen hätten, unterschiedliche Vermögensfreigrenzen im SGB II und SGB XII einzuführen, könne vom Sozialhilfeträger nicht abschließend beurteilt werden. Fest stehe jedoch, dass der Bezug von SGB II-Leistungen eher einen kürzeren Zeitraum umfasse, während SGB XII-Leistungen in der Regel langfristig bezogen würden. Die unterschiedlichen Regelungen allein könnten hier nicht als Begründung für eine Härtefallregelung herangezogen werden. Eine individuell begründete Härte sei nicht vorgetragen worden. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG könne von hier nicht gesehen werden.

Ab dem 01. Juli 2011 hat der Kläger aus seiner Werkstattarbeit ein höheres Einkommen, und zwar von 301,00 Euro monatlich statt vorher 257,00 Euro monatlich, erzielt.

Mit Änderungsbescheid vom 04. November 2011 hat der Beklagte (u. a.) die Leistung für den Monat September 2011 herabgesetzt, und zwar von den vorher bewilligten 234,74 auf 201,74 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Aufhebung und Neufestsetzung wegen Berücksichtigung höheren Einkommens erfolge. Als Rechtsgrundlage wurde § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) genannt. Der Bescheid enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen ihn der Widerspruch zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 16. November 2011 bezüglich der Anrechnung von Vermögen auf die Leistung im September 2011 Widerspruch eingelegt. Das Widerspruchsverfahren ruht auf Vorschlag des Beklagten im Hinblick auf das vorliegende Klage- bzw. Berufungsverfahren.

Mit der am 15. November 2011 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Nach dem SGB II würde das Schonvermögen des Klägers mit Rücksicht auf sein Alter (39 x 150 =) 5.850 Euro betragen. Es gäbe keinen sachlich einleuchtenden Grund, aus dem der Gesetzgeber den Freibetrag unterschiedlich bestimme. Der Kläger ginge einer Erwerbstätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen nach. Da es sich bei der Vorschrift, die den Vermögensfreibetrag von 2.600,00 Euro letztlich festlege, nur um eine Verordnung handele, könne das Gericht selbst prüfen, ob diese gegen die Verfassung verstoße.

Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass Härtegründe nicht geltend gemacht worden seien.

Mit Urteil vom 24. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Kläger jedenfalls nicht in höherem Maße leistungsberechtigt sei, als vom Beklagten bewilligt. Die Schonvermögensgrenze von 2.600,00 Euro sei nicht verfassungswidrig. Die Durchführungsverordnung habe durch Art. 15 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I Seite 3022) den Status eines Gesetzes erhalten. Der Gesetzgeber habe die Durchführungsverordnung bewusst übergeleitet und die Vermögensschongrenzen dabei selbst ausdrücklich beziffert. Das Gericht könnte daher entgegen der Auffassung des Klägers die in der Durchführungsverordnung bezifferten Barbeträge nicht Kraft eigener Kompetenz verwerfen.

Eine Differenzierung der Vermögensfreigrenzen im SGB II und im SGB XII sei verfassungsgemäß, insbesondere deshalb, weil die Erwerbslosigkeit im Rahmen des SGB II nur vorübergehend sei, SGB XII-Leistungen jedoch dauerhaft gewährt würden. Es liege auch keine Härte vor, der Kläger habe diese auch ausdrücklich nicht geltend gemacht.

Gegen das am 02. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Oktober 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen im Klageverfahren. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass der Kläger in einer Werkstatt für Behinderte arbeite und eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhalte. Er trage damit mehr als ein Großteil der Leistungsempfänger nach dem SGB II zur Minderung der ihm zustehenden staatlichen Transferleistungen bei. Das Arbeitslosengeld II würde – statistisch gesehen – auch nicht nur vorübergehend in Empfang genommen. Im Übrigen spräche der letztlich zeitlich unbegrenzte Bezug von SGB XII-Leistungen eher für als gegen einen höheren Schonbetrag. Der niedrige Schonbetrag treffe diejenigen besonders hart, die wegen Krankheit, Behinderung oder Alter nicht erwerbsfähig seien. All diese Merkmale machten die Betroffenen besonders schutzbedürftig. Damit liege auch ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung bei Behinderung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 07. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2011 sowie den Bescheid vom 04. November 2011 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Juli bis September 2011 in Höhe von jeweils 335,92 Euro unter Abzug bereits gezahlter Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG -).

Die Berufung ist auch nicht gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unstatthaft. Dies ist der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Der Kläger wendet sich gegen ein Urteil des Sozialgerichts, mit dem dieses die Klage mit dem Begehren, für die Monate Juli bis September 2011 jeweils 335,92 Euro an Leistungen der GruSi zu gewähren, abgewiesen hat. Daraus ergäbe sich ein Beschwerdegegenstand im Wert von 1007,76 Euro. Da der Beklagte dem Kläger für den Monat September 2011 Leistungen gewährt hat, und zwar laut Bescheid vom 07. Juni 2011 in Höhe von 234,74 Euro, bedeutet dies , dass der Kläger nur die Gewährung von 101,18 Euro zusätzlich für September 2011 begehrt, wie auch seinen Schriftsätzen sinngemäß zu entnehmen ist und wie er es zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht auch förmlich beantragt hat ("unter Abzug bereits gezahlter Leistungen"). Auch dies ergibt einen Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro, nämlich von 773,02 Euro. Diesen Betrag hat das Sozialgericht auch zur Prüfung der Frage, ob die Berufung statthaft ist, zu Grunde gelegt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Dies sind hier mindestens 773,02 Euro, so dass der Beschwerdewert erreicht ist.

Etwas Anderes, insbesondere Hinweise darauf, das das Begehren zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung willkürlich auf einen höheren Betrag beziffert wurde, so dass wegen Rechtsmissbräuchlichkeit nur der geringere Betrag beachtet werden müsste (vgl. dazu Leitherer, aaO., § 144 Rdnr. 14a), liegen nicht vor und ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Bescheid vom 04. November 2011, der den Zahlbetrag auch für den Monat September 2011 herabsetzt, entgegen seiner Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist, weil er den Bescheid vom 07. Juli 2011 ändert. Das anhängige Widerspruchsverfahren ist unzulässig. Dies dürften sowohl die Beteiligten als auch das Sozialgericht nicht gesehen haben. Da davon auszugehen ist, dass der Kläger die Herabsetzung des Anspruchs auf Grund höheren Einkommens, das er ab Juli 2011 erzielt hat, nicht beanstandet, da er dies in seiner Widerspruchsbegründung bzgl. des Bescheides vom 04. November 2011 auch nicht getan hat, sondern sich nur gegen die Anrechnung des den Betrag von 2600,00 Euro übersteigenden Vermögens gewandt hat, dürfte sein eigentliches Begehren dahingehen, dass er lediglich je 302,92 Euro auch für die Monate Juli und August 2011 begehrt sowie 101,18 Euro für September 2011. Dann betrüge der insgesamt geltend gemachte Betrag 707,02 Euro und läge unter dem Beschwerdewert. Da aber, wie gesagt, nicht ersichtlich ist, dass der Kläger einen höheren Betrag beantragt hat, um den Beschwerdewert zu beeinflussen, ist die Berufung statthaft.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2013 und der Bescheid des Beklagten vom 07. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2011 sowie der Änderungsbescheid vom 04. November 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß den §§ 41 ff SGB XII für die Monate Juli und August 2011 und auch nicht auf höhere Leistungen für den Monat September 2011. Der Beklagte hat mit den Bescheiden vom 07. Juni 2011 und vom 04. November 2011, wobei letzterer, wie gesagt, gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens erster Instanz geworden ist, Leistungen nicht in zu geringer Höhe festgesetzt. Es dürfte eher, da davon auszugehen ist, dass der Kläger auch im September 2011 und möglicherweise auch noch in den Folgemonaten noch im Besitz des den Schonbetrag von 2600,00 Euro überschießenden Betrages gewesen sein dürfte, GruSi insgesamt zu Unrecht gewährt worden sein, da, solange verwertbares Vermögen vorhanden ist, es dem Hilfebedürftigen zum Einsatz zur Verfügung steht und er sich nicht darauf berufen kann – wie es z.B. früher im Arbeitslosenhilferecht der Fall war – ,es sei schon für vorherige Bedarfszeiträume zum Einsatz vorgesehen gewesen und "fiktiv" verbraucht worden (ganz herrschende Meinung, vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Auflage, § 90 Rdnr. 31 m.w.N.).

Dass dem Kläger dem Grunde nach GruSi zustünde, wenn kein anrechenbares Einkommen bzw. Vermögen vorläge, steht außer Streit. Der Kläger bezieht eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente (nach altem Recht) und ist damit dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des § 41 Abs. 1 SGB XII und hat GruSi beantragt. Es ist auf seinen Bedarf in Höhe von 719,09 Euro Einkommen in Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente (270,71 Euro), des Einkommens aus der Werkstattarbeit in Höhe von 160,42 Euro (301,00 Euro abzüglich des Freibetrages von 109,38 Euro und der Arbeitsmittelpauschale in Höhe von 5,20 Euro und des Arbeitsförderungsgeldes in Höhe von 26,00 Euro) sowie der Beiträge für eine Hausrat- und eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 6,10 Euro bzw. 8,86 Euro abzusetzen. Dies ergibt bzw. ergäbe einen Bedarf von 302,92 Euro monatlich. Hinsichtlich dieses Betrages hat der Kläger jedoch das – zumindest in den hier in Rede stehenden Monaten unstreitig vorhandene und - über dem Freibetrag von 2600,00 Euro liegende Vermögen von 773,02 Euro einzusetzen. Hinsichtlich der Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften und der Begründung bezüglich der Frage, ob der Vermögensfreibetrag in Höhe von 2600,00 Euro verfassungsgemäß ist, sowie, dass eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII nicht vorliegt, verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts und schließt sich ihnen an, wobei offen bleiben kann, ob der Senat eine eigene Verwerfungskompetenz hätte, da eine Verfassungswidrigkeit der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (DurchführungsVO) mit dem Sozialgericht nicht anzunehmen ist.

Ergänzend und im Hinblick auf die Berufungsbegründung weist der Senat darauf hin, dass die Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von (dem Grunde nach) Leistungsberechtigten nach dem SGB II und solchen nach dem SGB XII eben tatsächlich darin liegt, dass bei den ersteren Erwerbsfähigkeit vorliegt. Zumindest gilt dies für die Gruppe der Bezieher von Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung, da für diese eine Veränderung zumindest durch eigenes Zutun – alters- oder schicksalsbedingt - nicht mehr zu erwarten ist. Hier greift der Selbsthilfegrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann. Solange noch die Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit besteht, dass jemand aus dem Bezug staatlicher Transferleistungen wieder ausscheidet, ist ihm, auch zur Förderung des Wiedereingliederungsprozesses, auch aus Anreizgründen, ein höheres Vermögen zu belassen. Die vom Kläger durchgeführte Arbeit in einer Werkstatt ist zwar durchaus sinnvoll, ändert aber nichts daran, dass es sich um eine Arbeit in einem geschützten Rahmen handelt und nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt und auch nicht zu erwarten ist, dass der Kläger jemals auf diesen zurückkehren kann. Wie es sich hinsichtlich des Vermögenseinsatzes verhalten würde, wenn jemand nur auf Grund einer wegen medizinischer Besserungsaussicht befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhält, ist hier nicht zu entscheiden, da ein solcher Fall nicht vorliegt.

Das Bundessozialgericht hat, wie schon in der vom Sozialgericht erwähnten Entscheidung vom 25. August 2011, Az. B 8 SO 19/10 R, dokumentiert in juris, auch in seinem Urteil vom 20. September 2012, Az. B 8 SO 13/11 R, dokumentiert in juris und in SozR 4-3500 § 90 Nr. 5, in dem es sich mit den Schonvermögen sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII zu befassen hatte, keinerlei Bedenken bzgl. der Verfassungsgemäßheit der Regelung des § 90 SGB XII und der DurchführungsVO geäußert. Es hat ausgeführt: "Insoweit greifen die Regelungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und die des § 65 Abs. 5 SGB II [die im SGB II die Höhe des Freibetrages regeln] sogar in besonderer Weise aus Vertrauensschutzgesichtspunkten auf die Vorschriften zum Arbeitslosenhilferecht zurück (BT-Drucks 15/1516, S. 67 zu § 65 und S. 53 zu § 12); sie dienen der zusätzlichen privaten Absicherung der Altersvorsorge (BT-Drucks 16/1410, S. 21 zu § 12) und sollen durch höhere Freibeträge als im Sozialhilferecht stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen (BT-Drucks 15/1516, S 46). ( ) Für die aus dem System des SGB II ausscheidende Person sind die auf sie bezogenen Freibetragsanteile nicht mehr zu rechtfertigen. Das SGB XII sieht für Erwerbsunfähige bzw. ältere Menschen gegenüber dem SGB II einen weitaus geringeren Freibetrag in Form des sog. "kleinen Barbetrags" vor, der lediglich die Wahrung eines gewissen wirtschaftlichen Bewegungsspielraums gewährleisten soll" (vgl. BSG vom 20. September 2012. aaO., juris Rdnr. 20).

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wie von dem Kläger vorgetragen, liegt nicht vor. Ein solcher kann gegeben sein, wenn eine Ungleichbehandlung in Abhängigkeit von der Behinderung vorgenommen wird, d.h., wenn an die Behinderung direkt angeknüpft wird (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 13. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 145). Dies ist hier nicht der Fall, weil nicht an die Behinderung, sondern an die – fehlende - Erwerbsfähigkeit angeknüpft wird, die für die Hilfebedürftigen jenseits der Regelaltersgrenze praktisch fingiert wird. Es ist nicht jeder behinderte Mensch auch erwerbsgemindert. Sofern man hier eine indirekte Benachteiligung annehmen wollte, die vorliegt, wenn eine staatliche Regelung nicht an die Behinderteneigenschaft, sondern an ein anderes Differenzierungskriterium anknüpft, im Ergebnis es aber im Wesentlichen zu einer Benachteiligung Behinderter kommt, wäre diese hier dadurch gerechtfertigt, dass sie unerlässlich ist, um den Grundsatz zu verwirklichen, dass Sozialhilfeleistungen nur erbracht werden sollen, wenn eine Person nicht selbst leistungsfähig ist und sich nicht selbst helfen kann, weil nur dann die Inanspruchnahme der Allgemeinheit in Form des Steuerzahlers gerechtfertigt ist.

Im Hinblick auf den Bescheid vom 04. November 2011 ist noch darauf hinzuweisen, dass eine Anhörung gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht notwendig war, weil (lediglich) einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollten. Die Änderung war wegen des höheren erzielten Einkommens gemäß § 48 Abs. 1 und 2 SGB X ab Änderung der Verhältnisse vorzunehmen und ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Der Senat sieht die hier in Rede stehende Frage der Verfassungsgemäßheit der unterschiedlichen Schonvermögensregelungen im SGB II und im SGB XII als durch das Urteil des BSG vom 20. September 2012 geklärt an.
Rechtskraft
Aus
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