S 14 BK 32/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 14 BK 32/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Trainings- und Wettkampffahrten von Schülern an Sportbetonten Schulen im Freistaat Sachsen stellen keine Klassenfahrten i.S.d. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB 2 dar.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kosten werden nicht erstattet. 3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach dem Bundeskindergeldgesetz für ihren Sohn B. Höhe von 427,34 EUR.

Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre 3 Kinder B. (geboren am 31.01.1999), E. und M. erhielten mit Bescheid der L. D. vom 26.03.2012 vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 und mit Bescheid vom 12.02.2013 in der Zeit vom 01.02.2013 bis 31.01.2014 Wohngeld. Zudem bewilligte die Familienkasse der Klägerin mit Bescheid vom 13.09.2012 für die 3 Kinder Kinderzuschlag in Höhe von 405,- EUR monatlich für den Zeitraum von August 2012 bis Januar 2013.

Der Sohn B. besuchte das G.-Gymnasium D ... Dort war er unter der Woche im Internat untergebracht. Es handelt sich bei dieser Schule um eine Sportbetonte Schule. B. besuchte zum streitigen Zeitraum die. Klasse und betrieb als Sport Rennrodeln. Er nahm regelmäßig an Trainingslagern und Wettkämpfen teil.

Am 09.10.2012 ging der Antrag der Klägerin auf Leistung zur Bildung und Teilhabe für B bei dem Beklagten ein. Im Einzelnen beantragte sie Leistungen: • für eintägige Ausflüge der Schule • für mehrtägige Fahrten der Schule • Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf • Schülerbeförderungskosten • Leistungen für das gemeinschaftliche warme Mittagessen in der Schule • für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.

Die Klägerin reichte u.a. folgende Unterlagen nach:

&61656; Bescheinigungen der Schule über • eine mehrtägige Fahrradtour vom 05.09.2012 bis 06.09.2012 in Höhe von 15,- EUR, • sowie über einen eintägigen Ausflug am 19.07.2012 nach W. in Höhe von 15 EUR, • einen eintägigen Ausflug ins XXL D. für in Höhe von 17,- EUR, • und über eine Fahrt vom 05.03.2013 bis 08.03.2013 in das Kindererholungszentrum N. S. in Höhe von 100,- EUR,

&61656; Bescheinigungen des Rennrodel-, Bob- und Skeletonverbandes für S. e.V., bzw. des S. Sportvereins A. e.V. über die Teilnahme von Bund die Kosten der Fahrten • vom 29.08. bis 01.09.2012 zum Internationalen Eisstartwettkampf M. in Höhe von 62,- EUR, • vom 13.09. bis 15.09.2012 zum Kaderlehrgang O. in Höhe von 24,- EUR, • vom 28.09. bis 29.09.2012 zum BSD- Athletiktest S. in Höhe von 15,- EUR, • vom 29.11. bis 02.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader W. in Höhe von 84,08 EUR, • vom 05.12. bis 08.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader K. in Höhe von 74,25 EUR, • vom 16.12. bis 18.12.2012 zum Landesverbandslehrgang O. in Höhe von 33,11 EUR, • vom 19.12. bis 23.12.2012 zum Internationalen Rennsteigpokal O. in Höhe von 95,- EUR, • vom 26.12. bis 28.12.2012 zur Bayrischen Meisterschaften K. in Höhe von 39,90 EUR.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 08.02.2013 die Aufwendungen für die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung und mit Bescheiden vom 26.03.2013 die Aufwendungen für die Schülerbeförderung, die Aufwendungen für die eintägigen Schulausflüge vom 19.07.2012 und 05.12.2012 sowie für die mehrtägigen Klassenfahrten vom 05.09.2012 bis 06.09.2012 und vom 05.03.2013 bis 09.03.2013 und die Aufwendungen für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Mit Bescheiden vom 30.07.2012 und 29.07.2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin auch Aufwendungen für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Höhe von 10 EUR monatlich für die Zeit von Februar 2012 bis Januar 2014.

Mit Bescheid vom 26.03.2013 lehnte der Beklagte die Leistungen für die Fahrten vom 29.08. bis 01.09.2012, vom 13.09.2012 bis 15.09.2012, vom 28.09.2012 bis 29.09.2012, vom 29.11. bis 02.12.2012 und vom 05.12. bis 08.12.2012 ab mit der Begründung, es handele sich bei den Fahrten, die obligatorischer Bestandteil des Schul- bzw. Lehrplans seien, nicht um mehrtägige Klassenfahrten i.S. des § 28 Abs. 2 SGB II. Mit weiterem Bescheid vom 26.03.2013 lehnte der Beklagte auch die Leistungen für die Fahrten vom 16.12. bis 18.12.2012 und vom 19.12.2012 bis 23.12.2012 sowie vom 26.12.2012 bis 28.12.2012 mit derselben Begründung ab.

Gegen diese beiden Bescheide legte die Klägerin am 22.04.2013 Widerspruch ein. Diesen begründete sie wie folgt: B. erhalte am Ende des Schuljahres auf dem Zeugnis eine Note im Rennrodeln. Dieser Sport gehöre zur schulischen Ausbildung. Demzufolge gehörten sämtliche Trainingslager und Wettkämpfe zum Unterricht, bzw. zum Schul- und Lehrplan, denn nur durch die Teilnahme an diesen könne ein erfolgreicher Abschluss der Schule gewährleistet werden. Die Trainingslager und Wettkämpfe fänden zum Großteil während der obligatorischen Schulzeit statt. Die Trainer fungierten als Lehrer, da von der Schule nicht immer ein Lehrer mitfahren könne. Die frühere Bearbeiterin bei der Beklagten habe die Erstattung der Kosten für die Trainingslage und Fahrten zu Wettkämpfen bewilligt. B. sei ein erfolgreicher Sportler. Er sei 20 Deutscher Meister seiner Altersklasse geworden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dies begründete sie insbesondere damit, dass nach Nr. 4 VwV-Schulfahrten die Schule in ihrer pädagogischen Gesamtverantwortung die Schulfahrten zu planen und entsprechend zu genehmigen hat. Die Fahrten zu den Trainingslagern und Wettkämpfen wurden jedoch nicht durch die Schule, sondern durch den Rennrodel-, Bob- und Skeletonverband für S. e.V. organisiert und durchgeführt.

Dagegen hat die Klägerin am 06.08.2013 Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben. Sie trägt vor, die Teilnahme an mehrtägigen Fahrten zu Trainingslagern, Wettkämpfen und Lehrgängen sei Bestandteil des Unterrichts. Die Teilnahme sei Pflicht und damit seien die Wettkämpfe etc. auch schulische Veranstaltungen. In einem früheren Bescheid (Bescheid vom 30.07.2012) habe der Beklagte die Kosten für diese Fahrten als Klassenfahrten übernommen. Während der Wettkampftage müssten die Sportler immer auch Schulaufgaben erledigen und sogar Arbeiten oder Leistungskontrollen schreiben. Die begleitenden Trainer fungierten in dieser Zeit somit auch als Lehrer. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, die Tatsache, dass die durch die Trainingslager– und Wettkampfteilnahme angefallenen Fehltage nicht als Fehltage im Zeugnis gekennzeichnet seien, spreche dafür, dass ihr Sohn in diesen Zeiten als anwesend gegolten habe und die Fahrten daher Schulfahrten seien. Da auf den Fahrten zwar nicht die Klasse, wohl aber alle Rennrodelschüler der Klasse mitführen, würden die Fahrten im Kursverband stattfinden. Für B. bestünde eine Pflicht zur Teilnahme an diesen Fahrten. Nach der Verwaltungsvorschrift böten Sportbetonte Schulen die Voraussetzungen, die schulische Ausbildung mit der gleichzeitigen Förderung besonderer sportlicher Begabung zu verbinden, indem die Inhalte der leistungssportlichen Ausbildung und die Organisation der schulischen Abläufe konsequent auf eine systematische Talentförderung abgestimmt werden. Damit plane und genehmige der Schulleiter auch die Wettkämpfe etc ... Die Trainings- und Wettkampffahrten seien Teil des trainingsbegleitenden Unterrichts, den sie vertiefen, erweitern und ergänzen würden. Damit erfüllten sie die Ziele von Schulfahrten. Außerdem sei die Erfüllung der leistungssportlichen Anforderung an die Sportart Voraussetzung, die Sportbetonte Schule zu besuchen. Andernfalls müsse die Schule verlassen werden. Insofern bestehe eine enge Verknüpfung zwischen den Sportbetonten Schulen und den jeweiligen Landesfachverbänden. Die Landesfachverbände würden über die Erfüllung der leistungssportlichen Anforderungen entscheiden, die jedoch nur im Rahmen der Teilnahme an Wettkämpfen und Trainingslagern festgestellt werden könnten. Es sei schlichtweg nicht denkbar, dass ein Schüler an einer Sportbetonten Schule nicht an leistungssportlichen Wettkämpfen teilnehme. Es sei nicht Voraussetzung für eine Klassenfahrt, dass die gesamt Klasse fahre. Die Ablehnung der beantragten Leistungen würde eine Schlechterstellung B. darstellen. Leistungsempfängern würde ansonsten nicht die Möglichkeit geboten, eine Sportbetonte Schule zu besuchen. Soziale Ungleichheit sollte jedoch durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen gerade vermieden werden.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 26.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2013 zu verurteilen, an die Klägerin 427,34 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ferner trägt sie vor, allein die Tatsache, dass durch die Sportbetonten Schulen eine Freistellung vom Unterricht erfolgen könne zwecks Teilnahme an Wettkämpfen etc., beinhalte nicht, dass es sich um schulische Klassenfahrten handele. Solche lägen nur vor, wenn die gesamte Klasse zu Veranstaltungen fahre und diese Veranstaltungen auch als Klassenfahrten deklariert würden.

Das Gericht hat eine schriftliche Aussage des Zeugen Herrn V. H., Schulleiter des G.- Gymnasiums, eingeholt. Auf dessen Schreiben vom 26.02.2014 (Bl. 39 d. GA) wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide vom 26.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen für die Fahrten ihres Sohnes B., die dieser als Trainings- oder Wettkampffahrten in dem Zeitraum vom 29.08.2012 bis 28.12.2012 mit dem Rennrodel-, Bob- und Skeletonverband für S. e.V., bzw. dem S. Sportverein A. e.V. unternommen hat.

Ein Anspruch nach § 6b Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ist nicht gegeben.

A) Zwar fällt die Klägerin grundsätzlich in den Kreis der anspruchsberechtigten Personen. Nach § 6b Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 BKGG erhalten Personen Leistungen für Bildung und Teilhabe für ein Kind, wenn sie für dieses Kind nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 BKGG haben und wenn im Falle der Bewilligung von Wohngeld sie und das Kind, für das sie Kindergeld beziehen, zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder sind. Die Klägerin hat für ihren Sohn B. einen Anspruch auf Kindergeld. Außerdem wurden ihr und B. mit Bescheid der L.D. vom 26.03.2012 für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 Wohngeld bewilligt. Beide sind laut Wohngeldbescheid zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder. Die Frage, ob B. als Internatsschüler als Haushaltsmitglied i.S. des BKGG zu betrachten ist, ist daher vom Gericht nicht weiter zu prüfen. Es kommt nach dem Gesetzeswortlaut allein auf den Wohngeldbescheid an.

B) Jedoch handelt es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Bedarfe nach § 6b Abs. 2 BKGG in Verbindung mit § 28 Absatz 2 bis 7 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Leistungen für Bildung und Teilhabe entsprechen gemäß § 6b Abs. 2 BKGG den Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2 bis 7 SGB II.

I. Die Fahrten des Sohnes der Klägerin vom 29.08. bis 01.09.2012 zum Internationalen Eisstartwettkampf in M. vom 13.09. bis 15.09.2012 zum Kaderlehrgang in O., vom 28.09. bis 29.09.2012 zum BSD- Athletiktest in S., vom 29.11. bis 02.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader in W., vom 05.12. bis 08.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader am K., vom 16.12. bis 18.12.2012 zum Landesverbandslehrgang in O., vom 19.12. bis 23.12.2012 zum Internationalen Rennsteigpokal O., vom 26.12. bis 28.12.2012 zur Bayrischen Meisterschaften am K. sind weder Schulausflüge noch mehrtägigen Klassenfahrten im Sinne des § 28 Abs. 2 SGB II, da sie keine schulischen Veranstaltungen sind.

Nach § 28 Abs. 2 SGB II werden bei Schülerinnen und Schülern die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für 1. Schulausflüge und 2. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.

1. Bei Schulausflügen handelt es sich um eintägige Ausflüge, bei Klassenfahrten um mehrtägige Fahrten, bei denen zumindest eine Übernachtung außerhalb der Wohnung des Schülers notwendig ist (Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 28 Rdnr. 22, 23). Diese bundesrechtliche Regelung bestimmt den abstrakten Rahmen dafür, wann Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt zu erbringen sind. Gleichwohl ist der Rechtsbegriff der "Klassenfahrt" innerhalb dieses Rahmens durch die landesschulrechtlichen Vorschriften auszufüllen (BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 204/10 R –, SozR 4-4200 § 23 Nr 15, Rdnr. 14 ff, juris).

Das Gericht schließt sich auch den folgenden Ausführungen des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 22. November 2011, a.a.O. an, wobei zu beachten ist, dass es sich bei der vom Bundessozialgericht benannten Regelung des § 23 SGB II um die Vorgängervorschrift des nunmehr anzuwendenden § 28 SGB II handelt:

"Die Verbindung der Begriffe mehrtägige Klassenfahrt und schulrechtliche Bestimmungen gibt damit einerseits bundesrechtlich vor, dass nur Leistungen zu erbringen sind für Kosten, die durch eine schulische Veranstaltung entstanden sind, die mit mehr als nur einem Schüler und für mehr als einen Tag (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9) durchgeführt wird und einer "Fahrt", also einer Veranstaltung, die außerhalb der Schule stattfindet. Andererseits folgt aus der Wortlautverbindung zu dem "schulrechtlichen Rahmen", dass nach schulrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes zu bestimmen ist, ob die konkret durchgeführte Veranstaltung im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II regional "üblich" ist. Bieten die schulrechtlichen Bestimmungen keinerlei Rechtsgrundlage für die Durchführung der Veranstaltung bzw die Höhe der Aufwendungen hierfür oder überschreitet ihre Durchführung (dem Grunde nach) den bundesrechtlichen Rahmen, lösen die dadurch entstehenden Kosten keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II aus. Die Aufwendungen sind vom Grundsicherungsträger mithin nur dann zu übernehmen, wenn die Veranstaltung den Vorgaben entspricht, die die bundesrechtliche Rahmenbestimmung vorgibt und für die im Landesrecht eine Grundlage vorhanden ist."

Nach den Vorschriften des Freistaates S. handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fahrten nicht um schulische Veranstaltungen.

a) Für die allgemeinen landesschulrechtlichen Vorschriften des Freistaates S. hat das Sächsisches Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 19. November 2013 – L 3 AS 1200/13 NZB –, Rdnr. 21 ff, juris Folgendes ausgeführt, dem sich die Kammer anschließt:

"Der schulrechtliche Rahmen, auf den das Bundessozialgericht für die Prüfung, ob es sich bei einer Veranstaltung um eine mehrtägige Klassenfahrt handelt, abstellt (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 204/10 R – SozR 4-4200 § 23 Nr. 15 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21), lässt sich an Hand der einschlägigen Regelungen des sächsischen Schulrechtes bestimmen. Klassenfahrten zählen nach der beispielhaften Aufzählung in § 43 Abs. 2 Nr. 6 des Schulgesetzes für den Freistaat S. (SchulG) i. d. F. d. Bekanntmachung. vom 16. Juli 2004 (SächsGVBl. S. 298; zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138, 163]) zu den außerunterrichtlichen Veranstaltungen Über Angelegenheiten nach § 43 Abs. 2 SchulG, mithin auch über außerschulische Veranstaltungen, berät und beschließt die Gesamtlehrerkonferenz (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 i. V. m. § 43 Abs. 2 Nr. 6 SchulG; vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Lehrerkonferenzen [Lehrerkonferenzverordnung – LKonfVO] vom 12. Juli 1994 [SächsGVBl. S.1452], zuletzt geändert durch die Verordnung vom 21. Juli 2004 [SächsGVBl. S. 353]). Von der Lehrerkonferenz gefasste Beschlüsse bedürfen gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 6 SchulG des Einverständnisses der Schulkonferenz. Entsprechend der dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 22) zugrunde liegenden Rechtslage delegiert auch das sächsische Schulrecht in dem gesetzlich gesteckten Rahmen die Frage, ob und welche außerunterrichtlichen Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule. Weitere Regelungen zu Klassenfahrten und ähnlichen Veranstaltungen finden sich in Verwaltungsvorschriften, insbesondere der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung von Schulfahrten (VwV-Schulfahrten) vom 7.April 2004 (SächsABl. S. 372). Nach Nummer 1.2 VwV-Schulfahrten sind Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehungs- und Bildungsarbeit der Schule. Sie vertiefen, erweitern und ergänzen den Unterricht. Die Sozial- und Gemeinschaftsfähigkeit der Schüler wird in besonderer Weise unterstützt und gefördert. Schulfahrten sind nach Nummer 1.3 Satz 1 VwV-Schulfahrten schulische Veranstaltungen im Sinne von § 26 Abs. 2 SchulG. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchulG erstreckt sich die Schulpflicht nicht nur auf den regelmäßigen Besuch des Unterrichts, sondern auch der übrigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule einschließlich der Teilnahme an Evaluationsverfahren im Sinne des § 59a SchulG (zur Schulpflicht bei für verbindlich erklärten Veranstaltungen: Adolf/Berenbruch/Hoffmann/Maier, Schulrecht S. [17. Erg.-Lfg.], § 26 SchulG Anm. 2.2). Nach Nummer 1.3 Satz 2 VwV-Schulfahrten sind Schulfahrten im Klassen- oder Kursverband durchzuführen, soweit nicht die Besonderheit der Veranstaltung einen hiervon abweichenden Teilnehmerkreis notwendig macht. Nicht genehmigte Veranstaltungen von Lehrkräften und Schülern haben privaten Charakter (vgl. Nummer 1.3 Satz 3 VwV-Schulfahrten). In Nummer 2 VwV-Schulfahrten sind vier Arten von Schulfahrten aufgeführt. Schulfahrten im Rahmen von Maßnahmen der internationalen Bildungskooperation dienen insbesondere der Förderung der interkulturellen und fremdsprachlichen Kompetenz (vgl. Nummer 2.4 VwV-Schulfahrten). Für Fahrten nach den Nummer 2.4 steht in der Sekundarstufe II ein zeitlicher Rahmen von bis zu 10 Unterrichtstagen insgesamt zur Verfügung (vgl. Nummer 3.1 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Die Schulfahrten sind von der Schule zu planen (vgl. Nummer 4.1 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Die finanzielle Belastung muss für alle Erziehungsberechtigten beziehungsweise volljährigen Schüler zumutbar sein (vgl. Nummer 4.1 Satz 3 VwV-Schulfahrten). Nach Maßgabe von Nummer 4.2 VwV-Schulfahrten besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Teilnahme an Schulfahrten. Vor der Durchführung einer Schulfahrt müssen die Erziehungsberechtigten beziehungsweise volljährigen Schüler eine schriftliche Erklärung im Sinne von Nummer 4.3 VwV-Schulfahrten abgeben. Die Vorbereitung und Durchführung (Leitung) der Schulfahrt obliegt im Regelfall dem Klassenlehrer, dem Kursleiter oder Tutor (vgl. Nummer 5.2 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Art und Umfang der Aufsicht einschließlich der etwaigen Pflicht zur Teilnahme einer Begleitperson sind in Nummer 6 VwV-Schulfahrten geregelt. Jede Schulfahrt bedarf der Genehmigung durch den Schulleiter (vgl. Nummer 9.1 und 9.2 Satz 1 VwV-Schulfahrten). Schulfahrten ins Ausland sind vier Wochen vor Beginn der Fahrt schriftlich beim zuständigen Regionalschulamt anzuzeigen (vgl. Nummer 9.2 Satz 4 VwV-Schulfahrten). Bestimmte Schulfahrten können nach Maßgabe der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen der internationalen Bildungskooperation an sächsischen Schulen (FRL IntBilkoop) vom 20. September 2012 (SächsABl. S. 1269), die an die Stelle der Richtlinie vom 6. Mai 2003 (SächsABl. S. 618) getreten ist, staatlich gefördert werden."

Der Schulleiter des G.-Gymnasiums, der Zeuge H. gab in seiner schriftlichen Aussage vom 26.2.2014 ausdrücklich an, dass es sich bei den streitgegenständlichen Fahrten nicht um schulische Veranstaltung handelte (Bl. 39 der Gerichtsakte).

Auch gab es gemäß seiner schriftlichen Aussage bezüglich dieser Fahrten keine Beschlüsse der Gesamtlehrerkonferenz nach § 43 Abs. 2 SchulG.

Außerdem würde der zeitliche Aufwand den für Schulfahrten vorgesehenen Rahmen sprengen. Für Schulfahrten sieht Nummer 3.1 VwV-Schulfahrten für die Klassenstufe 8 bis 10 einen zeitlichen Rahmen von 8 Tagen pro Schuljahr vor, ausgenommen Fahrten aus besonderem Anlass. Diese 8 Tage wurden bereits abgedeckt durch die von der Schule organisierten Fahrten (Fahrradtour vom 05.09. 2012 bis 06.09.2012, Ausflug nach W. am 19.07.2012, Ausflug ins XXL nach D. und Fahrt ins Kindererholungsheim vom 05.03.2013 bis 08.03.2013). Die Aufwendungen für diese Fahrten hat die Beklagte bereits mit Bescheiden vom 26.03.2013 bewilligt. Darüber hinaus standen gar keine Tage für Schulausflüge oder Klassenfahrten zur Verfügung. Es handelt sich bei den streitgegenständlichen Fahrten nicht um Fahrten aus besonderem Anlass. Gemäß Nummer 2.2 VwV-Schulfahrten können als Schulfahrten zwar ein- oder mehrtägige Fahrten aus besonderem Anlass durchgeführt werden, wie z.B. Chor- und Orchesterfahrten, Fahrten von Schulmannschaften. Hiervon erfasst werden jedoch nach Ansicht des Gericht nur diejenigen Fahrten, in denen Schüler für ihre Schule auf- bzw. antreten, also mit dem Schulchor oder mit der Schulsportmannschaft, nicht jedoch solche, in denen die Schüler nicht für die Schule, sondern für sich oder ihren Verein z.B. singen oder Sport treiben.

Vorliegend wurden zudem sämtliche streitgegenständlichen Veranstaltungen gerade nicht von der Schule organisiert und geleitet. Vielmehr wurden die Fahrten vom 29.08. bis 01.09.2012 zum Internationalen Eisstartwettkampf in M., vom 13.09. bis 15.09.2012 zum Kaderlehrgang in O., vom 28.09. bis 29.09.2012 zum BSD- Athletiktest in S., vom 29.11. bis 02.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader in W., vom 05.12. bis 08.12.2012 zum D/C- Lehrgang Zusatzkader am K., vom 16.12. bis 18.12.2012 zum Landesverbandslehrgang in O. vom Rennrodel-, Bob- und Skeletonverband für S. e.V. organisiert und durchgeführt. Die Fahrten vom 19.12. bis 23.12.2012 zum Internationalen Rennsteigpokal O. und vom 26.12. bis 28.12.2012 zur Bayrischen Meisterschaften am K. organisierte der S. Sportverein A. e.V ... Die Vereine bestätigten die Teilnahme des Sohnes der Klägerin an den jeweiligen Fahrten und stellten auch die Rechnungen dafür aus. Die Klägerin selbst trug vor, dass nicht die Lehrer, sondern Trainer des Vereins die Sportler auf den Fahrten begleiteten. In diesen Zeiten unterstanden die Sportler demnach nicht der Aufsicht durch Lehrer. Es handelt sich daher nicht um schulische Veranstaltungen, sondern um Vereinsfahrten.

b) Etwas anderes ergibt sich aus nicht aus der Tatsache, dass Beine Sportbetonten Schule besucht. aa) Das G.-Gymnasium in D. ist gemäß Nummer II. der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus für die Arbeit an den Sportbetonten Schulen im Freistaat Sachsen (VwV-Sportbetonte Schulen) vom 3. Dezember 2007 eine Sportbetonte Schule.

Nach Nr. I Satz 5 VwV-Sportbetonte Schulen bieten Sportbetonte Schulen die Voraussetzungen, die schulische Ausbildung mit der gleichzeitigen Förderung besonderer sportlicher Begabungen zu verbinden, indem die Inhalte der leistungssportlichen Ausbildung und die Organisation der schulischen Abläufe konsequent auf eine systematische Talentförderung abgestimmt werden und die vertiefte sportliche Ausbildung schulartübergreifend durchgeführt wird.

Insofern besteht auf einer Sportbetonten Schule durchaus die Verknüpfung zwischen schulischer Ausbildung und sportlicher Talentförderung. Dies wird auch anhand des Aufnahmeverfahrens, das eine Absprache mit dem Landessportbund und den jeweiligen Fachverbänden vorsieht (Nummer III. VwV-Sportbetonte Schulen) und der Tatsache deutlich, dass Sportschüler, die die leistungssportlichen Anforderungen ihrer Sportart nicht mehr erfüllen und die aus dem leistungssportlichen Trainings- und Wettkampfbetrieb ausscheiden, ggfs. die Sportklasse oder die Sportbetonte Schule verlassen müssen (Nummer IV. VwV-Sportbetonte Schulen).

bb) Allerdings führt dies nicht dazu, dass die für die Ausübung des Leistungssports erforderlichen Wettkampf- und Trainingsfahrten als Klassenfahrten i.S.d. § 28 SGB II zu qualifizieren sind.

Zum einen findet die leistungssportliche Ausbildung nicht in vollem Umfang als schulische Ausbildung statt. Gemäß Nummer VII. VwV-Sportbetonte Schulen erfolgt ab Klassenstufe 5 die sportliche Ausbildung an den Sportbetonten Schulen gemäß Stundentafel für die vertiefte sportliche Ausbildung an Gymnasien und kooperierenden Mittelschulen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über allgemeinbildende Gymnasien und die Abiturprüfung im Freistaat S. (Schulordnung Gymnasien Abiturprüfung - SOGYA) vom 27. Juni 2012 tritt in den Klassenstufen 8 bis 10 die vertiefte Ausbildung gemäß Satz 1 Nr. 1 bis 3 an die Stelle der Profile. Dies wiederum bedeutet nach Nummer V. der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Lehrpläne und Stundentafeln für Grundschulen, Förderschulen, Mittelschulen, Gymnasien (Sekundarstufe I), Abendmittelschulen, Abendgymnasien und Kollegs (jeweils Vorkurs und Einführungsphase) und allgemeinbildende Schulen im sorbischen Siedlungsgebiet im Freistaat S. (VwV-Stundentafeln) in Verbindung mit der als Anlage 4b beigefügten Stundentafel, dass in der Sekundarstufe für Klassen mit vertiefter Ausbildung in Klasse 8 im Vertiefungsbereich –vorliegend also für die sportliche Ausbildung- pro Schuljahr drei Wochenstunden vorgesehen sind. Hinzu kommen die für alle in Klassenstufe 8 vorgesehenen zwei Stunden Sportunterricht, so dass sich die schulischen Sportstunden auf insgesamt fünf Stunden pro Wochen belaufen. Dieser Stundenrahmen wird mit den streitgegenständlichen Veranstaltungen weit überschritten, so dass auch dieses dafür spricht, dass es sich nicht um schulische, sondern um Veranstaltungen im Rahmen des Vereinstrainings handelt.

Auch die Tatsache, dass die Trainingslager und Wettkämpfe zum Großteil während der obligatorischen Schulzeit stattfanden und während der Fahrten Schulaufgaben zu erledigen und Leistungskontrollen zu schreiben waren, ist unerheblich. Es ist gerade der große Vorteil Sportbetonter Schulen, dass große Rücksicht auf die Ausübung des Leistungssports genommen wird. Dementsprechend ist in Nummer V. VwV-Sportbetonte Schulen vorgesehen, dass schulorganisatorische Bedingungen auf die systematische Förderung sportlicher Talente abgestimmt werden sollen. In Abhängigkeit von der sportlichen Trainings- und Wettkampfbelastung können Unterrichtsbeginn und –ende verlagert werden. Für Sportarten, in denen das tägliche Training auf mehrere Trainingseinheiten pro Tag verteilt werden muss, sind schulorganisatorische Regelungen für die Durchführung von Vormittagstraining zu treffen. In Abstimmung mit der Sächsischen Bildungsagentur kann Unterricht auch an schulfreien Tagen oder in den Ferien stattfinden. Für die Wintersportarten ist eine saisonale Verlagerung des Unterrichts möglich. Schulzeitdehnung kann an allen Sportbetonten Schulen gemäß Ziffer II je einmal in der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II im begründeten Einzelfall genehmigt werden.

Den Sportlern werden damit optimale zeitliche Bedingungen für ihr Training ermöglicht. Dennoch zeigt diese Regelung, dass zwischen Unterricht und Training unterschieden wird. Dies wird auch an der Regelung nach Nummer VI. Satz 3 VwV-Sportbetonte Schulen deutlich. Demnach sind zeitliche Freiräume, die sich bei Trainingslehrgängen der Schüler außerhalb des Schulstandortes ergeben, systematisch für die Erfüllung schulischer Aufgaben zu nutzen. Auch hier wird klar getrennt zwischen Training und der Erfüllung schulischer Aufgaben. Dementsprechend werden die Schüler, die an umfangreichen Wettkampf- und Trainingsmaßnahmen teilnehmen auf Antrag des Sportlers und ihres Trainers vom Unterricht freigestellt. Dies teilte der Zeuge H. in einem Brief an die Klägerin (Bl. 18 der Gerichtsakte) mit. Folglich gelten die dadurch versäumten Unterrichtstage nicht als Fehltage. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies jedoch kein Grund, die Fahrten als Klassenfahrten zu qualifizieren. Vielmehr zeigt sich daran, dass die Fahrten zur Ausübung des Sports außerhalb der Unterrichtszeit erfolgen und eben keine schulischen, sondern Sportveranstaltung sind.

Zwar sind die sportlichen Leistungen Voraussetzung für den Besuch der Sportbetonten Schule, die gerade eine duale Karriere ermöglichen soll. Dies wiederum erfordert die Teilnahme an Trainings- und Wettkampffahrten (s. schriftliche Aussage des Zeugen H., Bl. 39 der Gerichtsakte). Insoweit kann es unter Umständen zu einer Benachteiligung von Kindern von Leistungsempfängern kommen, die die Kosten für die Fahrten zu den Wettkämpfen und Trainingslagern nicht aufbringen können. Dennoch kann dies nach Ansicht der Kammer nicht dazu führen, dass der Begriff der Klassenfahrt so weit ausgedehnt werden kann, dass darunter auch Fahrten mit dem Sportverein zu verstehen sind. Durch die Übernahme der Aufwendungen für die Teilnahme an einer "Klassenfahrt" sollen nach der Gesetzesbegründung zwar negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Phase des Schulbesuchs durch das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen vermieden werden (BT-Drucks 17/3404 S 104). Der Freistaat S. wollte durch die Einrichtung von Sportbetonten Schulen zwar einen Rahmen schaffen, Leistungssportlern durch die Gewährung ausgesprochen flexibler Unterrichtszeiten viel Zeit für ihr Training zu ermöglichen. Schulpolitisch war es offensichtlich jedoch nicht gewollt, dieses Training als schulischen Unterricht einzurichten. Vielmehr entschied sich der Freistaat für das duale System. Es verbleibt demnach bei einer Trennung zwischen Sporttraining im Verein und schulischem Unterricht. Daher zählen Kosten, die im Rahmen des Trainings anfallen, nicht zu den schulischen Bedarfen, auch wenn der Schüler eine Sportbetonte Schule besucht.

cc) Es bleibt zudem zu beachten, dass die Leistungen nach § 28 SGB II ein eigenständiger Baustein im System des SGB II zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums sind (Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB, 11/13, § 28 SGB II, Rn. 7). Dies gilt ebenso für § 6b BKGG. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG enthält lediglich einen Anspruch auf die Zurverfügungstellung derjenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind (vgl. BVerfGE 82, 60 (80); BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u. a. -, NJW 2010, S. 505 (508, Rn. 135)). Wenn die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger sichergestellt sind, liegt es allein in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang darüber hinaus soziale Hilfe gewährt wird (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 07. Juli 2010 – 1 BvR 2556/09 –, Rn. 9, juris). Das menschenwürdige Existenzminimum ist durch die Möglichkeit des Besuchs eines "normalen" Gymnasiums für den Sohn der Klägerin gewahrt. Sportförderung auf dem Niveau des Leistungssports gehört nicht zur Existenzsicherung. Auch anderen Schüler, die Hochleistungssport auf hohem, internationalem Niveau betreiben und die keine Sportbetonten Schulen besuchen, werden die Aufwendungen für Fahrten zu Trainingslagern und Wettkämpfen im Rahmen der Leistungen für Bildung und Teilhabe für die Ausübung von Sport nach § 28 Abs. 7 SGB II lediglich als Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich erbracht. Diese Schüler kommen weder in den Genuss der großzügigen Unterrichtsregelungen, noch käme es in Betracht, die Wettkampf- oder Trainingsfahrten des Vereins als Klassenfahrten zu bezeichnen und die Aufwendungen über § 28 Abs. 2 SGB II geltend zu machen.

Letztlich handelt es sich bei den begehrten Leistungen nach Ansicht der Kammer um eine Begabtenförderung, die nicht über die Vorschriften des § 6b BKGG bzw. § 28 SGB II zu erfolgen hat. Dem Freistaat S. ist die Gewährung von Zuwendungen aus dem Landeshaushalt an besonders begabte Schüler nicht verwehrt. Dafür kann er gesonderte Richtlinien erlassen (s. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 5 B 289/05 –, Rn. 10, juris). Dies ist bereits geschehen, indem er z.B. nach § 2 Abs. 1 Ziffer 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die finanzielle Unterstützung von Schülern bei notwendiger auswärtiger Unterbringung (Sächsische Unterbringungsverordnung – SächsUVO) finanzielle Unterstützung für erhöhte Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei Unterbringung in einem der Schule zugeordneten Internat für Schüler in der sportlichen Ausbildung am G.-Gymnasium D. gewährt. Sofern die Leistungen des Staates die dem Sportler entstehenden Kosten nicht vollständig decken, verbleibt nur die Möglichkeit einer Unterstützung durch den Sportverband/ -verein oder private Sponsoren.

Die landesrechtlichen Vorschriften des Freistaates S. bieten alles in allem jedoch keine Grundlage dafür, die Fahrten des Sohnes der Klägerin zum Internationalen Eisstartwettkampf M., Kaderlehrgang O., BSD- Athletiktest S., D/C- Lehrgang Zusatzkader W., D/C- Lehrgang Zusatzkader K., Landesverbandslehrgang O., Internationaler Rennsteigpokal O. und zur Bayrische Meisterschaften K. als Schulausflüge oder mehrtägiger Klassenfahrten i.S. § 6 b Abs. 2 Satz 1 BKGG i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II zu qualifizieren.

2. Hinzu kommt, dass Aufwendungen i.S.d. § 28 Abs. 2 SGB II nur diejenigen sind, die von der Schule selbst unmittelbar veranlasst sind (Lenze in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 28 Rdnr. 10 mit Verweis auf BT. Dr. 17/3404, 104). Vorliegend waren jedoch die Aufwendungen durch die Sportvereine veranlasst. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin eingereichten Nachweisen zu den streitgegenständlichen Fahrten. Zudem hat die Klägerin dies auch in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2015 bestätigt.

II. Die von der Klägerin begehrten Kosten in Höhe von 427,34 EUR können nicht als weiterer Bedarf zur Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft über die bereits bewilligten 10,- EUR monatlich hinaus nach § 28 Abs. 7 SGB II geltend gemacht werden.

Gemäß § 28 Abs. 7 SGB II wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Die 10,- EUR monatlich wurden bereits mit Bescheid vom 30.07.2012 (Bl. 36 d. VwA) und mit Bescheid vom 29.07.2013 (Bl. 129 d. VwA) bewilligt. Ein weiterer Anspruch besteht darüber hinaus nicht. § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II trat erst zum 01.08.2013 in Kraft. Außerdem ist der Bedarf nach Ansicht der Kammer trotz Einführung des zweiten Satzes weiterhin auf 10,- EUR monatlich gedeckelt. Zwar ist der Wortlaut insofern nicht eindeutig. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich jedoch ersehen, dass für weitere als die in § 28 Abs. 7 Satz 1 SGB II genannten Bedarfe lediglich der noch unverbrauchte Rest der monatlich gewährten 10 EUR verwendbar sein soll (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 28, Rn. 205).

III. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Allein aus der Tatsache, dass die Beklagte bereits einmal die Wettkampf- und Trainingsfahrten als Klassenfahrten eingestuft und die Aufwendungen nach § 6b BKGG i.V.m. § 28 Abs. 2 SGB II als Bedarf für Bildung und Teilhabe anerkannt hat, erwächst kein Anspruch.

Alles in allem war die Klage daher abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

III.

Die Kammer hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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