S 1 SO 1225/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 1225/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Allein die (dauerhafte) Aufnahme eines Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft in ein Pflegeheim und der dadurch bedingte Wegfall der bisherigen Wirtschaftsgemeinschaft bewirkt kein Getrenntleben im sozialhilferechtlichen Sinn. Hinzukommen muss vielmehr der nach außen erkennbar bekundete Wille eines der Partner, sich von dem anderen Partner unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft dauerhaft zu trennen.

Auch die bloße Weigerung des in der bisher gemeinschaftlichen Wohnung verbleibenden Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die ungedeckten Heimkosten des anderen Partners aus seinem Vermögen zu bestreiten, führt für sich nicht zur Beendigung der eheähnlichen Gemeinschaft.

Die Annahme eines fiktiven Vermögensverbrauchs ist in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage rechtlich nicht zulässig.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme ungedeckter Heimkosten aus Mitteln der Hilfe zur Pflege nach den Bestimmungen des Siebten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit ab dem 05.02.2014.

Die 1934 geborene Klägerin und der 1940 geborene C. M. (im Folgenden: M) bewohnten ab dem 20.11.1965 gemeinsam eine Wohnung im Anwesen X-Str. 6, B ... Neben 5 Kindern aus der Ehe mit ihrem 1966 verstorbenen Ehemann hat die Klägerin mit M einen 1971 geborenen Sohn.

Die Klägerin bezieht von der XXX - Pflegekasse - K. seit dem 01.02.2014 Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II und seit dem 01.08.2014 nach der Pflegestufe III (Bescheide vom 19.03. und vom 11.09.2014). Wegen ihrer Gesundheitsstörungen ist sie seit dem 05.02.2014 vollstationär im E. Altenzentrum B. untergebracht, zunächst im Rahmen von Kurzzeit- (bis zum 26.02.2014) und Verhinderungspflege (vom 27.02. bis zum 20.03.2014), seit dem 21.03.2014 zur Dauerpflege. Seither bewohnt M die zuvor gemeinsam genutzte Wohnung allein. Nach den Angaben der Klägerin sieht sich M ihr gegenüber weiterhin emotional verbunden und besucht sie regelmäßig, nach Auskunft der Pflegedienstleitung des Altenzentrums B. täglich, im Pflegeheim. Nach den Angaben der Tochter U. der Klägerin sind die Pflegeheimkosten bis einschließlich 31.05.2014 bezahlt.

Den Antrag der Klägerin vom 04.03.2014 auf Gewährung von Hilfe zur Pflege ab dem 05.02.2014 lehnte der Beklagte nach weiterer Sachaufklärung (u.a. zu den Einkünften und Vermögensverhältnissen des M) und Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 23.10.2014) mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie und M verfügten über Vermögen auf Giro- und Sparkonten zum 28.02.2014 in Höhe von insgesamt 16.499,86 EUR. Unter Abzug eines Vermögensfreibetrages von 3.214,00 EUR verbleibe ein zu berücksichtigendes Vermögen von 13.285,86 EUR. Dieses Vermögen könne die Klägerin vorranging zur Begleichung der ungedeckten Heimkosten einsetzen. Die Weigerung des M, die ungedeckten Heimkosten aus seinem Sparvermögen zu bestreiten, führe zu keinem anderen Ergebnis (Bescheid vom 28.11.2014).

Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, sie könne auf das Sparvermögen des M. keinen Zugriff nehmen. Außerdem habe sie über ihre Prozessbevollmächtigte bereits versucht, M zur Übernahme der offenen Heimkosten zu bewegen. Hierauf habe sie indes keine Antwort erhalten. Sie sei daher bedürftig. Deshalb komme es nicht darauf an, ob zwischen ihr und M noch eine Bedarfsgemeinschaft bestehe; jedenfalls übernehme M. ihr gegenüber keine finanzielle Verantwortung mehr. Insoweit sei von einer einseitigen Aufkündigung der vormals bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen. Im Übrigen wäre das Sparvermögen spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2015 verbraucht gewesen. Ergänzend verweist die Klägerin auf den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Reutlingen vom 08.11.2006 - S 12 SO 3629/06 ER -. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück: nach den Bestimmungen des SGB XII dürften Personen in eheähnlicher Gemeinschaft hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Deshalb bestimme sich die Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach ihren eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie denen ihres eheähnlichen Partners M. Diese eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe weiterhin. Allein die räumlich getrennte Unterbringung führe zu keinem abweichenden Ergebnis, nachdem ein aktiv geäußerter Wille eines der Lebensgefährten, die eheähnliche Lebensgemeinschaft zu beenden, nicht festzustellen sei. Allein die Weigerung des M. zur Übernahme ungedeckter Heimkosten aus seinem Vermögen lasse ein Aufgeben des Bekenntnisses zur Lebensgemeinschaft mit der Klägerin nicht erkennen. Denn M. begleite und unterstütze die Klägerin weiterhin fürsorglich durch tägliche Besuche in der Pflegeeinrichtung. Die Partnerschaft erscheine mithin weiterhin gelebt und durch gegenseitige Unterstützung geprägt. Wäre allein der fehlende Wille, angespartes Vermögen zu Gunsten des eheähnlichen Partners einzusetzen, ausreichend, um eine eheähnliche Gemeinschaft zu beenden, führe dies zu einer Aushöhlung der gesetzlichen Regelung und einer vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollten Besserstellung von Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft gegenüber Eheleuten hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe. Der Entscheidung des SG Reutlingen habe ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde gelegen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Hinweis auf Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -) sei überdies die Berücksichtigung eines fiktiven Vermögensverbrauchs nicht zulässig (Widerspruchsbescheid vom 08.04.2015).

Deswegen hat die Klägerin am 13.04.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, mit ihrer Aufnahme ins Pflegeheim sei die häusliche Gemeinschaft mit M. aufgehoben. Dieser weigere sich trotz mehrfacher Aufforderung u.a. durch ihre Prozessbevollmächtigte, ihre ungedeckten Heimkosten zu übernehmen. Da sie mit M. nicht verheiratet sei, habe sie weder Unterhaltsansprüche gegen ihn noch eine sonstige rechtliche Handhabe, auf sein Vermögen Zugriff zu nehmen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Widerspruchsvorbringen.

Sie beantragt - teilweise sinngemäß -,

den Bescheid vom 28. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr ab dem 08. April 2014 aus Sozialhilfemitteln Hilfe zur Pflege in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die die Kammer mit Einverständnis die Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -), ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege aus Sozialhilfemitteln, weil sie nicht bedürftig ist.

1. Dass die Klägerin zu dem Personenkreis gehört, der dem Grunde nach Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach den Bestimmungen des Siebten Kapitels SGB XII (§ 61 ff. SGB XII) hat, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und unzweifelhaft. Die von ihr begehrten Hilfeleistungen hängen gem. §§ 19 Abs. 3 und 20 SGB XII aber davon ab, dass u.a. dem Leistungsberechtigten und der Person, die mit ihm in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, d.h. ihrem Lebenspartner, die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten ist.

2. Zunächst ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens festzustellen, dass zwischen der Klägerin und M. während ihres rund 50 Jahre andauernden Zusammenlebens im Anwesen X-Str. 6, B., eine eheähnliche Lebensgemeinschaft im Sinne des § 20 SGB XII bestanden hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 234 ff.) ist eine eheähnliche Gemeinschaft eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, mithin über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Erfasst werden solche Gemeinschaften, in denen die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicher stellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten vergleichbar. Das Bestehen einer solchen eheähnlichen Lebensgemeinschaft während der Dauer des Zusammenlebens bestreitet auch die Klägerin nicht. Hierfür spricht überdies der Umstand, dass sie und M. Eltern eines gemeinsamen Kindes, des 1971 geborenen Sohnes P., sind und die Klägerin nach den aktenkundigen Kontoauszügen jedenfalls bis zu ihrer Aufnahme in die Pflegeeinrichtung die Kosten der Unterkunft und für die Stromversorgung der gemeinschaftlichen Wohnung aus ihren eigenen Einkünften in voller Höhe bestritten hat. Sie hat es damit M. ermöglicht, eigenes Vermögen anzusparen.

a) Diese eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und M. besteht zur Überzeugung der Kammer - trotz der Aufnahme der Klägerin in die Pflegeeinrichtung am 05.02.2014 - auch weiter fort. Denn allein der Umstand, dass einer der Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft wegen eines pflegebedingten Aufenthaltes in einem Heim räumlich von dem anderen Partner getrennt lebt und eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen ihnen mithin nicht mehr besteht, reicht nicht aus, ein Getrenntleben im Sinne sozialhilferechtlicher Bestimmungen anzunehmen. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass wenigstens einer der Partner der eheähnlichen Lebensgemeinschaft den Willen hat, sich von dem anderen Partner unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft dauerhaft zu trennen und diesen Willen nach außen erkennbar bekundet (vgl. insoweit BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 12; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 16; LSG Niedersachsen-Bremen, NZS 2010, 112; LSG Berlin-Brandenburg, FEVS 61, 263 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.06.2007 - L 20 B 37/07 SO ER -; LSG Schleswig-Holstein vom 29.06.2011 - L 9 SO 25/09 -; Hess. LSG vom 29.07.2008 - L 7 SO 133/07 ER - und vom 25.11.2011 - L 7 SO 194/09 - (jeweils Juris) und LSG Baden-Württemberg vom 04.11.2014 - L 7 SO 2290/14 B - (nicht veröffentlicht)). Einen solchen, nach außen dokumentierten Trennungswillen der Klägerin und/oder des M. vermag das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit dem Beklagten vorliegend indes nicht zu erkennen. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin sieht sich M. ihr weiterhin emotional verbunden und besucht sie auch regelmäßig in der Pflegeinrichtung, nach der aktenkundigen telefonischen Auskunft der dortigen Pflegedienstleitung vom 28.11.2014 sogar täglich. Zwar kann die Zuwendung des M. zur Klägerin durch regelmäßige Besuche und gegebenenfalls fürsorgerische Handreichungen im Pflegeheim allein noch nicht als Ausdruck eines Willens aufgefasst werden, die frühere Lebensgemeinschaft mit der Klägerin fortzusetzen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, FEVS 61, 263 ff.). Jedoch sind sonstige äußere Anhaltspunkte für einen Trennungswillen des M. von der Klägerin nicht erkennbar.

b) Allein die Weigerung des M., die ungedeckten Pflegeheimkosten aus seinem Sparvermögen von 16.507,34 EUR (vgl. insoweit die Auskunft der X-bank B. eG vom 22.08.2014) zu bestreiten, führt ebenfalls nicht zur Aufhebung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und M. Hinsichtlich der Beendigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft hat zwar bereits das BVerfG darauf hingewiesen, dass eine solche jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren wieder beendet werden kann (vgl. BVerfGE 87, 234, 265). Die einzelnen Partner entscheiden also selbst über Begründung, Fortbestand und Beendigung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Ein bestimmtes rechtliches Verfahren ist für die Beendigung nicht vorgeschrieben. Ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann daher der nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen und Vermögen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtung verwenden. Wenn sich der Partner entsprechend verhält, so besteht von diesem Zeitpunkt an eine eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr.

Eine derartige Verhaltensänderung des M. lässt sich aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens aber auch zur Überzeugung der Kammer nicht feststellen. Denn nach dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich kein Anhalt dafür, dass trotz ihrer erheblichen Gesundheitsstörungen und der Notwendigkeit einer dauerhaften Pflegeheimunterbringung eine Veränderung der seit rund 50 Jahren andauernden inneren Bindung des M. zur Klägerin stattgefunden hätte. Insbesondere das Verhalten des M. nach dem Einzug der Klägerin in die Pflegeeinrichtung mit täglichen Besuchen lässt nicht erkennen, dass er den Willen zur Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit der Klägerin aufgegeben hat. Dieser besteht nämlich auch dann fort, wenn sich die mögliche Kontaktpflege allein auf Besuche des M. bei der Klägerin im Pflegeheim beschränkt (vgl. BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 12 und BGH, FamRZ 1989, 479). Vorliegend kommt hinzu, dass M. seit der Pflegeheimaufnahme der Klägerin die vormals gemeinsame Wohnung weiterhin nutzt, nunmehr aus seinen Einkünften die hierfür anfallenden Aufwendungen vollumfänglich trägt und auch weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass er z.B. Kleidung und/oder sonstige persönliche Gegenstände der Klägerin aus der Wohnung entfernt hat. Die bloße, vorliegend überdies nicht einmal gerichtsfest belegte Behauptung der Klägerin, M. wolle sie finanziell nicht (mehr) unterstützen, reicht nicht aus, die Aufgabe des Willens zur Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu begründen (vgl. Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 20, Rand-Nr. 22). Erforderlich ist vielmehr insoweit eine glaubhafte Versicherung des M., das eigene Einkommen und/oder Vermögen künftig allein zur eigenen Existenzsicherung verwenden zu wollen (vgl. Schellhorn/Hohm/Schneider, a.a.O. und Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 20, Rand-Nr. 12), oder der Nachweis einer tatsächlich in diesem Sinne vorgenommenen Verwendung. Daran fehlt es vorliegend. Wollte man im Übrigen allein die Weigerung des Einkommens- oder Vermögenseinsatzes eines Partners zugunsten des anderen ausreichen lassen, den Fortbestand einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu verneinen, wäre einer Umgehung des § 20 SGB XII, dem zufolge Personen in eheähnlicher Gemeinschaft hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden dürfen als Ehegatten, Tür und Tor geöffnet.

c) Dass der Klägerin gegenüber M. kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch zusteht, begründet keine abweichende Entscheidung. Denn vorliegend geht es nicht um die Berücksichtigung gesetzlicher Unterhaltsansprüche, sondern um den Einsatz von Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII. Solange das Vermögen des M. in einer den Freibetrag von 3.214,00 EUR (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 b der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) übersteigenden Höhe vorhanden ist, steht es der Bedürftigkeit der Klägerin Monat für Monat (vgl. insoweit BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R - und Hess. LSG vom 18.09.2006 - L 7 SO 49/06 ER - (jeweils Juris); ferner BVerwGE 106, 105 ff.) entgegen. Die Annahme eines fiktiven Vermögensverbrauchs ist in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage rechtlich nicht zulässig (vgl. BSG SozR 4-3500 § 19 Nr. 4 m.w.N.; ferner Bay. LSG vom 21.11.2014 - L 8 SO 5/14 - und LSG Sachsen-Anhalt vom 12.12.2013 - L 8 SO 37/13 b - (jeweils Juris)). Dass die nach Abzug der eigenen Einkünfte der Klägerin und der Leistungen der Pflegekasse verbleibenden monatlichen Pflegeheimkosten den Betrag von 13.293,34 EUR (16.507,34 EUR abzgl. 3.214,00 EUR) übersteigen, ist ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Anders ist auch nicht aufgrund des Beschlusses des SG Reutlingen vom 08.11.2006 - S 12 SO 3629/06 ER - (Juris) zu entscheiden. Denn das SG Reutlingen ist zu Unrecht von einer Aufhebung/Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bereits allein aufgrund der pflegebedingten Heimunterbringung eines der Partner und der damit verbundenen Auflösung der Wohngemeinschaft ausgegangen. Überdies lag der dortigen Entscheidung insoweit ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, als neben der - im Übrigen dort offenbar auch objektiv belegten - Weigerung des Lebenspartners, für die ungedeckten Pflegeheimkosten aus eigenem Einkommen und Vermögen aufkommen zu wollen, auch keine innere Bindung mehr bestand, nachdem die Antragstellerin des dortigen Verfahrens von ihrem früheren Lebenspartner nicht einmal Kleidungsstücke erhalten hatte.

e) Schließlich und ohne dass dies noch entscheidungserheblich wäre, ist das Begehren der Klägerin, soweit es die Zeit vom 05.02.2014 bis zum 31.05.2014 betrifft, auch deshalb nicht begründet, weil die während dieser Zeitspanne angefallenen Pflegeheimkosten vollständig beglichen worden sind. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts aus den handschriftlichen Vermerken ("bezahlt") der Tochter der Klägerin vom 04.04.2014 auf den aktenkundigen Rechnungen des Pflegeheims vom 24.03.2014 und vom 31.03.2014 für die Zeitspanne vom 05.04.2014 bis zum 31.03.2014 sowie den weiteren Vermerken der Tochter der Klägerin auf der Rechnung des Pflegeheims vom 02.06.2014 für den Monat Juni 2014, denen zufolge die Rechnungen für die Monate April und Mai 2014 aus Mitteln der Klägerin und deren Kinder übernommen wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Mittel der Kinder der Klägerin nur darlehensweise und im Vorgriff auf eventuelle Sozialhilfeleistungen aufgebracht wurden und deshalb aktuell eine Bedarfslage auf Klägerseite weiterhin bestünde (vgl. insoweit BVerwGE 21, 208, 209; 94, 127 ff und 96, 152, 157; Hess. LSG vom 16.06.2011 - L 9 AS 658/10 B ER - (Juris) sowie Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, Einl., Rand-Nr. 151), sind weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens ersichtlich.

3. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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