L 7 AS 932/15 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 2929/15 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 932/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Bei der Zusicherung i.S.d. § 22 Abs. 4 SGB II handelt es sich nicht um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (a.A. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28.05.2014 – L 8 AS 169/14 B ER, L 8 AS 171/14 B PKH).
2. Zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für eine einstweilige gerichtliche Regelung zur vorläufigen Zusicherung i.S.d. § 22 Abs. 4 SGB II
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. August 2015 aufgehoben. Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug der Antragsteller in die Wohnung D straße in Z.

Die 1983 geborene Antragstellerin zu 1, der am ...2012 geborene Antragsteller zu 2 und der 1957 geborene Antragsteller zu 3 beziehen laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Die Antragsteller zu 1 und 3 sind arbeitslos und haben kein Einkommen. Für den Antragsteller zu 2 wird Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR monatlich gezahlt.

Die Antragsteller bewohnen seit 01.07.2012 eine 78 m² große Dreizimmerwohnung in der Ä S Straße in Z , für die sie eine Grundmiete von 325,00 EUR sowie Vorauszahlungen auf allgemeine Betriebskosten nach der Betriebskostenverordnung und auf die Wärme- und Warmwasserkosten i.H.v. zusammen 156,40 EUR, insgesamt monatlich 481,40 EUR zu zahlen haben. In der Vergangenheit stritten die Beteiligten bereits über die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung, von denen der Antragsgegner ursprünglich lediglich 470,10 EUR als Bedarf berücksichtigte. Zuletzt erkannte der Antragsgegner die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 481,40 EUR als Bedarf an (z.B. Bewilligungsbescheid vom 19.09.2014 für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015).

Mit Schreiben vom 19.09.2014 wies der Antragsgegner auf die für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft maßgebliche Verwaltungsvorschrift des Landkreises Z vom 01.07.2014 hin, wonach für einen Drei-Personen-Haushalt in Z eine Bruttokaltmiete von 429,00 EUR angemessen sei. Hinsichtlich der angemessenen Höhe von Betriebskostenabrechnungen wurde darauf hingewiesen, dass im Fall der Antragsteller nach den bisher nachgewiesenen Kosten der Unterkunft nur solche bis zu einer Höhe von maximal 309,60 EUR übernommen werden könnten. Die angemessenen Heizkosten beliefen sich auf 113,00 EUR für einen Dreipersonenhaushalt in Z. Es wurde darauf hingewiesen, sparsam mit Wasser und dem Verbrauch von Heizmitteln umzugehen.

Mit Bescheid vom 04.03.2015 wurden der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016 monatliche Leistungen i.H.v. 1.251,41 EUR gewährt. Dabei wurde ein Bedarf für Unterkunft und Heizung i.H.v. 481,41 EUR berücksichtigt.

Am 02.06.2015 sprachen die Antragsteller zu 1 und 3 beim Antragsgegner vor. Sie wurden informiert, dass vor Abschluss eines Mietvertrages die Zusicherung über den Umzug einzuholen sei. Kosten der Unterkunft könnten nur gezahlt werden, wenn ein wichtiger Grund für den Umzug bestehe, die Kosten für die neue Wohnung angemessen seien und die Zusicherung vorliege. Bei fehlender Zusicherung des Umzugs könnten finanzielle Nachteile entstehen. Die Antragstellerin zu 1 wurde darauf hingewiesen, dass die vorgelegten Mietvergleichsangebote nicht geprüft werden könnten, da kalte Betriebskosten und Heizkosten nicht separat ersichtlich seien.

In der Leistungsakte befindet sich ein undatiertes handschriftliches Schreiben mit der Überschrift "Begründung/Erforderlichkeit des Umzugs" (Bl. 785), wonach die Wohnung allgemein unzumutbar sei. Im Kinderzimmer würden die Wände extrem nass, sobald es draußen kalt und nass werde. Man sehe die Nässe durch die Tapete kommen. Es entstehe starker Schimmel und rieche stark. Sie hätten vor einiger Zeit festgestellt, dass unter dem Laminat noch ein alter dreckiger Teppich liege und dadurch komme durch Wärme ein ekliger und ungesunder Gestank hoch. Durch die Belästigung der Familie über ihnen werde ein starker Lärm verursacht von frühmorgens 6:00 Uhr bis spät in die Nacht. Dies hätten sie mehrmals dem Vermieter mitgeteilt und es sei auch über einen Anwalt gegangen. Der Sohn komme durch den Lärm nicht zur Ruhe. Der Vermieter habe gesagt, wenn es sie störe, sollten sie ausziehen. Die Garage, die zu ihrer Wohnung gehöre, werde fremdvermietet. Der Vermieter habe verschwiegen, dass der Strom von der Garage über ihren Zähler laufe. Dies hätten sie vor einem Jahr durch Zufall von einem anderen Mieter erfahren. Dadurch würden sie jährlich sicherlich mit mehr Stromkosten belastet. Es gebe Rechtsextreme im Haus und man habe Angst aus dem Haus zu gehen, wenn sich die Gruppe im Hof versammele. Mit Schreiben vom 15.07.2013 hatte sich der damalige Prozessbevollmächtigte der Antragsteller wegen ganztägiger Lärmbelästigung an die Verwaltung der Wohnung gewandt. Auf die Mängelanzeige hätten diese mitgeteilt, dass eine Abmahnung erteilt worden sei. Es sei lediglich für ca. eine Woche ein hinnehmbarer Zustand zu verzeichnen gewesen, der sich sodann jedoch zunehmend verschlechtert hätte. Dann wurden die Verwalter aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die Beeinträchtigungen auf ein geordnetes Maß im Rahmen der Hausordnung herabzusetzen. Auch sei im Schlafzimmer die Tür zum Balkon undicht. Der Mangel sei bereits mehrfach angezeigt worden. Die Zahlung der Miete erfolge ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Vom Anwalt geführter Schriftwechsel zum Lärm und insbesondere zum Stromverbrauch in der Garage erfolgte zuletzt im Mai 2015.

In der Leistungsakte befindet sich ein Exposé zur Wohnung D straße in Z mit einer Wohnfläche von ca. 87 m² zu einer Kaltmiete von 68,50 EUR, Nebenkosten insgesamt von 154,10 EUR, die sich hälftig auf kalte Betriebskosten sowie Heizung und Warmwasser aufteilten, insgesamt betrug die Gesamtmiete 522,60 EUR.

Aufgrund der Nachfragen der Antragstellerin zu 1 zur Entscheidung über das am 02.06.2015 eingereichte Wohnungsangebot fand am 30.06.2015 ein Hausbesuch statt, bei dem auch Fotos gefertigt wurden (Bl. 776-788). Durch Anheben des Laminats im Flur am Übergang zur Badezimmertür sei die darunterliegende Teppichauslegware zu sehen. Es habe in der gesamten Wohnung kein unangenehmer Geruch festgestellt werden können, ebenso wenig, ob die Auslegware unter dem Laminat schmutzig sei. Im Zeitraum 22.06.2015 bis 27.06.2015 habe es fast durchgehend geregnet. Zum Zeitpunkt des Hausbesuchs seien keine schimmelähnlichen Flecken im Kinderzimmer ersichtlich gewesen, allerdings habe es in einer Ecke des Kinderzimmers feucht schimmernde Flecken (keine nassen Flecken) gegeben, deren Herkunft für den Außendienst nicht nachvollziehbar sei. Nach Aussage des Antragstellers zu 3 würde das Wasser die Wand herunterlaufen. Dann müssten nach Meinung des Außendienstes im oberen Teil der Wand stärkere feuchte Flecken vorhanden sein, was nicht der Fall sei. Die nicht vorhandenen Schimmelflecken habe der Antragsteller zu 3 damit begründet, dass sie den Schimmel immer beseitigen würden und teilweise auch übermalt hätten, da der Schimmel für das Kind ungesund sei. Der Schimmel sei seiner Meinung nach auch zu riechen. Dies könne nicht bestätigt werden und sei den Antragstellern auch so mitgeteilt worden. Die erwähnten feucht schimmernden Flecken im Kinderzimmer befänden sich ausschließlich in einer Ecke des Raumes, in der ein Wandvorsprung zum angrenzenden Haus existiere. Die Außenwand habe eine Dicke von ca. 40 cm. Die Fassade sei neu geputzt, der Putz sei nicht lose. Für den Außendienst sei nicht nachvollziehbar, wie die Feuchtigkeit durch diese Fassade und Wand in das Kinderzimmer eindringen solle. Bei genauerem Hinsehen sei festgestellt worden, dass die Innenwand des Kinderzimmers mit einer Art Schaumstoff versehen sei, auf den dann die Tapete geklebt worden sei. Dieser Schaumstoff stelle vermutlich eine Art Innendämmung dar. Er könne sich nicht mit Wasser vollsaugen. Auch gebe es keinen Putz, der sich mit Wasser vollsaugen könne und dadurch abbröckele. Zum Zeitpunkt des Hausbesuchs sei keine Lärmbelästigung aus der darüberliegenden Wohnung vorhanden gewesen. In der Wohnung darüber wohne eine alleinerziehende Frau, die im Leistungsbezug Alg II sei.

Mit Bescheid vom 30.06.2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag vom 02.06.2015 auf Zusicherung zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung ab, weil der Umzug nicht notwendig sei. Die geschilderten Mängel seien bei dem am 30.06.2015 geschilderten Hausbesuch nicht festgestellt worden. Die die Lärmbelästigung verursachende Mieterin in der Wohnung darüber wohne nicht mehr in diesem Haus. Bezüglich der Problematik des Stromanschlusses der Garage handele es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit, welche zwischen Mieter und Vermieter zu regeln sei. Außergewöhnliche Umstände, welche die Notwendigkeit eines Umzuges begründen könnten, seien nicht erkennbar.

Am 03.07.2015 reichte die Antragstellerin zu 1 ein im Hinblick auf die Aufteilung der Nebenkosten geändertes Wohnungsangebot ein, wonach auch 60,50 EUR auf die kalten Betriebskosten und 93,60 EUR auf die Heizungsvorauszahlung entfielen.

Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erhob am 10.07.2015 Widerspruch (W 2789/15). Das Kinderzimmer leide unter Schimmelbefall. Bei Regen durchfeuchte die Wand derart, dass nasse Flecken in der Wohnung sichtbar seien. Der Vermieter sei nicht bereit, hier etwas zu übernehmen. Die mittlerweile in der Wohnung lebende Nachmieterin stelle eine noch größere Lärmbelästigung dar, als dies schon vorher der Fall gewesen sei. Auch hier hätten sich die Antragsteller bemüht, vermieterseits Abhilfe zu schaffen. Hierzu habe ein Gespräch stattgefunden, in dem Herr T von der Verwalterfirma mitgeteilt habe, dass er nichts unternehmen werde. Die Problematik des unberechtigten Stromabzuges sei immer noch nicht geklärt. Hierbei handele es sich um einen ganz erheblichen Mangel und somit Grund, die Notwendigkeit des Umzugs zu sehen, da gerade im Grundsicherungsbereich der Anteil für Haushaltsenergie, der im Regelbedarf enthalten sei, ohnehin recht knapp bemessen sei, so dass es den Antragstellern nicht zugemutet werden könne, weiter Strom für eine Garage, die vermieterseits anderweitig vergeben wurde, über ihren Wohnungsstromzähler abzurechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Nach Prüfung des Angebots sei festzustellen, dass weder die Erforderlichkeit noch die Angemessenheit des Angebots vorliege. Die Antragsteller hätten vom Jobcenter keine Aufforderung zur Senkung der Kosten der bisherigen Kosten der Unterkunft erhalten. Sie seien bisher in voller Höhe anerkannt worden, so dass dies kein Grund für die Erforderlichkeit des Umzugs darstelle. Bei Mängeln in der Mietsache seien vorrangig Ansprüche gegen den Vermieter geltend zu machen, um die Mängel beseitigen zu lassen. Dies habe die Antragstellerin zu 1 nach ihren Angaben versucht. Das Jobcenter habe daher zur Prüfung der Erforderlichkeit des Umzugs am 30.06.2015 einen Hausbesuch durchführen und die Wohnung in Augenschein nehmen lassen. Die vorgetragenen Mängel hätten sich dabei nicht bestätigt. Insbesondere seien keine großflächigen Schimmelflecken im Kinderzimmer vorgefunden worden. Wenn an dieser Wand Wasser herunterlaufen würde, müssten nach der Erfahrung der Wohnungsbesichtigung in vielen anderen Wohnungen im oberen Teil der Wand stärkere feuchte Flecken vorhanden sein. Es sei aber weder Schimmelbefall noch Schimmelgeruch festgestellt worden. Geruchsbelästigung durch den vorhandenen alten Teppichboden sei ebenfalls nicht festzustellen gewesen. Zum Zeitpunkt des Hausbesuchs sei auch keine Lärmbelästigung aus der darüberliegenden Wohnung vorhanden gewesen. Eine Recherche habe ergeben, dass seit Dezember 2014 in dieser Wohnung eine alleinstehende Frau wohne, so dass der Vortrag unglaubwürdig erscheine. Die Aufwendungen für die neue Wohnung seien mit einer Bruttokaltmiete von 445,55 EUR für drei Personen in der Stadt Z unangemessen, da sie den angemessenen Richtwert von 429,00 EUR übersteigen würden. Der kommunale Träger respektive das Jobcenter seien daher zur Zusicherung nicht verpflichtet.

Am 31.07.2015 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller dagegen Klage erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Im Hinblick auf die Lärmbelästigung hat sie ein Lärmprotokoll der Antragstellerin zu 1 für die Zeit vom 28.05.2015 bis 09.07.2015 überreicht sowie eine eidesstattliche Versicherung der Antragsteller zu 1 und 3 vom 31.07.2015 hierzu (Bl. 30 der Gerichtsakte). Eine Reservierung der Wohnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens sei nicht möglich. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei immer dann möglich, wenn – wie hier – gesundheitliche Gründe dafür sprächen. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Feuchtigkeit und den Schimmelbefall im Kinderzimmer sei das Gesundheitsrisiko für den Antragsteller zu 2 nicht mehr hinnehmbar. Die Mittel der Selbsthilfe hätten die Antragsteller ausgeschöpft.

Der Antragsgegner hat geltend gemacht, dass der Umzug nicht erforderlich sei. Zur Angemessenheit der neuen Wohnung werde auf Vortrag verzichtet, da zwei unterschiedliche Angebote hinsichtlich der Aufteilung der Nebenkosten vorlägen. Es fehle ein Anordnungsgrund, weil im Wege einer einstweiligen Anordnung keine Rechtsklarheit über die Folgen des geplanten Umzugs hergestellt werden könne. Da die Zusicherung nicht Anspruchsvoraussetzung für die zu gewährenden Leistungen für den künftigen Wohnraum sei, sei dieses Rechtsverhältnis einer vorläufigen Regelung nicht zugänglich.

Mit Beschluss vom 14.08.2015 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für die Unterkunftskosten die die Wohnung D straße , in Z zu erteilen. Ein Anordnungsanspruch liege vor, da die Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Zusicherung zur Übernahme der Unterkunftskosten für die neue Wohnung hätten. Der Umzug sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erforderlich und die Kosten der neuen Unterkunft auch angemessen. Unstreitig zeigten sich im Kinderzimmer an einer Außenwand feuchte Flecken, die auf den vorgelegten Fotografien erkennbar seien. Diese befänden sich nicht im Bereich der Fensterlaibung, so dass diese nicht durch unsachgemäßes Heizen und Lüften entstanden sein könnten. Es erschließe sich der Kammer nicht, dass die Außendienstmitarbeiterin selbst in der Lage sei, den Ursprung der feuchten Flecken beurteilen zu können. Es seien feuchte Flecken an der Außenwand erkennbar. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entstünden diese aufgrund der Gebäudesubstanz. Die Antragsteller hätten glaubhaft dargelegt, dass der Vermieter zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden, jedoch nicht bereit sei, etwas zu unternehmen. Auch der Sachverhalt zum unberechtigten Strombezug sei glaubhaft gemacht; daraus kreiere sich durchaus die Unzumutbarkeit, die Wohnung weiter zu bewohnen. Hinsichtlich der Geruchsbelästigung und der Lärmbelästigung könne offen bleiben, ob diese zur Erforderlichkeit des Umzugs führen würden. Die neuen Unterkunftskosten seien nach der Richtlinie des Landkreises Z auch angemessen. Dies ergebe sich aus dem weiteren Wohnungsangebot vom 29.06.2015, wonach die Bruttokaltmiete lediglich 419,00 EUR betrage.

Gegen den ihm am 19.08.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 03.09.2015 Beschwerde erhoben, mit der er insbesondere geltend macht, es fehle am Anordnungsgrund. Das Erfordernis, die vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II einzuholen, sei lediglich eine Obliegenheit, keine Anspruchsvoraussetzung für die Aufwendungen für die neue Unterkunft. Für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes gälten im Falle der begehrten Zusicherung besonders strenge Maßstäbe. Die begehrte vorläufige Zusicherung sei nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfalte. Für eine derartige Vorwegnahme der Hauptsache, für die § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich keine geeignete Rechtsgrundlage darstelle, sei nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten würden. Solche seien vorliegend nicht gegeben. Die ausgesprochene Verpflichtung führe nicht zu einer gesicherten Rechtsposition. Sobald der Mietvertrag für die angegebene Wohnung unterschrieben werde, bestehe keine Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine endgültige Zusicherung. Die vorläufige Anordnung wirke jedoch nur bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Daher könne keine Rechtssicherheit durch die "vorläufige" Zusicherung eintreten. Im Übrigen sei im Stadtgebiet Z ausreichend anmietbarer Wohnraum vorhanden; selbst die hier gewählte Vermieterin habe ausreichend freie Wohnungen zur Verfügung. Er verweist hierzu auf zahlreiche Internetangebote. Die sich aus dem Angebot vom 29.06.2015 ergebende Miete sei nach der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Z für die Zeit ab 01.07.2014 im Hinblick auf die Plausibilität der Betriebskostenvorauszahlung von lediglich 0,90 EUR/m² statt einer schlüssigen Vorauszahlungshöhe von mindestens 0,97 EUR/m² nicht angemessen.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.08.2015 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller bezieht sich auf den Beschluss des Sozialgerichts und trägt vor, auf ausreichend anmietbaren Wohnraum könne nicht verwiesen werden, denn dies schlösse in praktisch jedem Verfahren einen Anordnungsgrund aus. Den Antragstellern, die außer dem Kindergeld über keinerlei Einkommen verfügten, müsse Planungssicherheit vor Abschluss des Mietvertrages geboten werden. Ein Verweis auf die Wohnungsangebote sei nicht möglich, weil keine Angaben zur Bruttokaltmiete und den Heizkosten für eine Prüfung enthalten seien. Sie überreicht ein ärztliches Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin M H vom 17.10.2015, wonach der Schimmelbefall der Wohnung Ursache der verstärkten Atemwegsinfektionen des Antragstellers zu 2 sein könnte. Die Antragsteller würden am 01.11.2015 in die Wohnung D straße in Z umzuziehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Antragsgegners (1 Band, Bl. 566-807) verwiesen.

II.

Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht erhobene Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

Streitig ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren allein eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II; eine Zusicherung der Übernahme von Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II haben die Antragsteller nicht beantragt und diese auch mit der beantragten einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht nicht begehrt.

Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthaft.

Soweit das Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern die Ansicht vertritt, die begehrte Zusicherung gemäß § 22 Abs. 4 SGB II sei auf eine höhere Geldleistung, nämlich die Differenz zu den höheren Kosten der Unterkunft für die neue Wohnung gerichtet (Beschluss vom 28.05.2014 – L 8 AS 169/14 B ER, L 8 AS 171/14 B PKH, juris, RdNr. 19), folgt der Senat dem nicht. Vielmehr handelt es sich bei der Zusicherung i.S.d. § 22 Abs. 4 SGB II nicht um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Eine erteilte behördliche Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II bescheinigt die Erforderlichkeit des Umzuges und die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Wohnung. Ihre Wirkung ist darüber hinaus nicht auf einen bestimmten (Bewilligungs-)¬Zeitraum beschränkt, sondern gibt den Leistungsbeziehern Rechtssicherheit hinsichtlich der Unterkunftskosten für diese Wohnung, solange sie sie bewohnen und sich ohne Unterbrechung im Leistungsbezug befinden (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.07.2014 – L 14 AS 1360/14 B ER, juris, RdNr. 2). Denn eine erteilte Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II schließt eine Beschränkung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dauerhaft aus. Auch wenn bestandskräftig abgelehnte Anträge auf Zusicherung zur Tragung der Unterkunftskosten keine Dauerwirkung für die Zukunft entfalten (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 6/14 R; RdNr. 19), wirkt eine nicht eingeholte oder versagte Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II über den Umzug insofern hinaus, als für jeden nach dem Umzug liegenden Bewilligungszeitraum gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II eine "Deckelung" der Unterkunftskosten auf die Höhe der früheren Wohnung zu erfolgen hat, wenn die Voraussetzungen hierfür (fehlende Erforderlichkeit des Umzugs und Unangemessenheit der Kosten der neuen Wohnung) vorliegen.

Due Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts vom 14.08.2015 ist aufzuheben, weil die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung i.S.d. § 86b Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Denn die Antragsteller haben jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auf Antrag schon vor Klageerhebung (§ 86b Abs. 3 SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der geltend gemachte materielle Rechtsanspruch (Anordnungs-anspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser An-spruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert oder geregelt werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Außerdem kann das Gericht dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend grundsätzlich nur vorläufige Rege-lungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen kann.

Gemäß § 22 Abs. 4 SGB II soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Dem entsprechend sieht § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II vor, dass die Leistungen für die Wohnung weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht werden, falls sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen. Nach der Rechtsprechung des Senats und des Bundessozialgerichts (SächsLSG, Beschluss vom 28.09.2009 – L 7 AS 44/09 B ER, n.v.; BSG, Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 5/10 R, juris, RdNr. 17, und Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254, 257 f = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) ist die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht abstrakt, sondern einzelfallbezogen zu beurteilen. Daher müssen die künftigen Unterkunftskosten der Höhe nach bestimmt sein, das heißt, es muss ein nach Lage der Wohnung sowie den aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Wohnungsangebot vorliegen, weil erst dann die Zusicherung auf die konkrete Vorwegnahme eines künftigen Verwaltungsaktes gerichtet sein kann (BSG, Urteil vom 06.04.2011, a.a.O.).

Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass auch eine Verpflichtung des Leistungsträgers zur vorläufigen Zusicherung im Wege einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG keine Rechtsicherheit für die Antragsteller schafft. Für eine gesonderte Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung für die Übernahme angemessener Unterkunftskosten wegen grundsätzlicher Erforderlichkeit eines Umzuges entfällt zudem das Rechtsschutzinteresse, wenn aufgrund eines zwischenzeitlich vollzogenen Wohnungswechsels nunmehr in einem anderen Streitverfahren wegen der Höhe der Unterkunftskosten über den Gegenstand einer möglichen Zusicherung selbst zu befinden ist (BSG, Urteil vom 06.04.2011, a.a.O., RdNr. 15 mit Verweis auf Urteil vom 04.05.1999 – B 4 RA 28/98 R, SGb 1999, 406). Andererseits ist der Umstand, dass für den Umzug in eine neue Wohnung keine Zusicherung beantragt oder erteilt wurde, für die Übernahme der Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt (BSG, Urteil vom 29.04.2015, a.a.O., RdNr. 19, m.w.N.). Ebenso wenig ist die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II rechtlich notwendig, um einen Mietvertrag über die neue Wohnung abschließen zu können (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 04.03.2015 – L 12 AS 117/ 15 B ER u.a., RdNr. 4, und vom 03.09.2014 – L 2 AS 1195/14 B ER, RdNr. 5, beide juris).

Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht, wenn dies zur Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte der Antragsteller unumgänglich wäre. Dies könnte die grundsätzlich auf vorläufige Regelungen begrenzte gerichtliche Verpflichtung des Leistungsträgers im Rahmen einer einstweiligen Anordnung auch nicht bewirken. Denn die prozessualen Bestimmungen ermächtigen die Gerichte nicht, ihren einstweiligen Regelungsanordnungen endgültige Wirkung beizumessen. Auch rein tatsächlich wird die Hauptsache durch eine dem Begehren der Antragsteller entsprechende einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG nicht vorweg genommen, da eine endgültige Klärung im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens sowohl nachträglich möglich also auch zumutbar ist (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.07.2014 – L 7 AS 517/14 B ER; offenbar für eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.11.2012 – L 25 AS 2712/12 B PKH, juris, RdNr. 4). Zwar findet ein Hauptsachverfahren nach erfolgtem Umzug zur speziellen Frage, ob die beantrage Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II zu Recht oder zu Unrecht abgelehnt wurde, nicht mehr statt. Dies ist indes keine Besonderheit, da auch in anderen Fällen, eine Überprüfung eines Verwaltungsaktes auf Rechtmäßigkeit z.B. nach tatsächlicher Erledigung unterbleibt (z.B. Fortsetzungsfeststellungsklage). Dies führt im hier vorliegenden Fall allerdings nicht dazu, dass die Leistungsberechtigten rechtschutzlos wären, wenn die begehrte einstweilige Anordnung zur vorläufigen Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II nicht ergeht. Denn auch nach einem ohne (vorläufige) Zusicherung erfolgten Umzug, haben sie grundsätzlich Anspruch auf die Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten der neuen, tatsächlich bewohnten Wohnung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, weil die Zusicherung eben keine Anspruchsvoraussetzung ist. Vielmehr soll dem Leistungsberechtigen eine Planungssicherheit im Hinblick auf die Erbringung der Unterkunftsaufwendungen durch den Antragsgegnern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verschafft und eine auf Dauer angelegte Notlage bei nur teilweiser Anerkennung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft als Bedarf vermieden werden (BSG, Urteil vom 06.08.2014 – B 4 AS 37/13 R, juris, RdNr. 14). Eine derartige Planungssicherheit entsteht aber nur dann, wenn die Behörde die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II erteilt. Die Schutz- und Klärungsfunktion (BSG, Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 10/10 R, juris, RdNr. 17) des Zusicherungsverfahrens tritt somit nur bei erteilter Zusicherung ein. In allen anderen Fällen ist der ohne Zusicherung vorgenommene Umzug mit der Unsicherheit behaftet, ob die vollständigen Unterkunftskosten künftig übernommen werden. Damit befindet sich das Zusicherungsverfahren nach § 22 Abs. 4 SGB II in einem Spannungsfeld zwischen eigenverantwortlicher Lebensgestaltung der Leistungsberechtigten ohne behördliche Vorgaben und dem öffentlichen Interesse daran, steuerfinanzierte Transferleistungen möglichst gering zu halten, das mit dem Makel behaftet ist, keine vollständig justiziable Rechtssicherheit herstellen zu können. Die Gefahr, dass die Leistungsträger regelmäßig keine Zusicherungen nach § 22 Abs. 4 SGB II erteilen würden, erscheint wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ausgeschlossen.

Eine "Deckelung" nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II kommt im Übrigen nur in Betracht, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Übernimmt der Leistungsträger nach dem Umzug nicht die vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten, können die Leistungsempfänger diesen – insoweit teilweise ablehnenden – Bewilligungsbescheid mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln angreifen. Sie können insbesondere auch einstweiligen gerichtlichen Rechtschutz beantragen, wenn sie die Differenz zwischen den höheren neuen Unterkunftskosten und dem anerkannten Unterkunftsbedarf nicht selbst (vorübergehend) überbrücken können. In einem solchen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, in dem der Leistungsträger vorläufig zur Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten verpflichtet werden könnte, ist als Vorfrage die Erforderlichkeit des erfolgten Umzugs und die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Wohnung ebenso wie in einem Eilverfahren zur Zusicherung summarisch zu prüfen. Hier wie dort ist eine obsiegende Entscheidung der Leistungsberechtigten mit der Ungewissheit des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens behaftet. Eine nicht wiedergutzumachende Rechtsbeeinträchtigung seitens der Leistungsberechtigten erscheint ausgeschlossen, weil sich die verbleibende Ungewissheit auf den Ausgleich der finanziellen Lasten beschränkt. Das bedeutet, die Leistungsempfänger müssten im für sie schlimmsten Fall die Differenz der höheren Unterkunftskosten selbst tragen und könnten nach einer ggf. vorläufig zu ihren Gunsten ergangenen gerichtlichen Eilentscheidung zur Rückzahlung der überzahlten Leistungen verpflichtet werden, deren Umfang wiederum im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit stattfindet.

Offen bleiben kann, ob es aus den o.g. Gründen bereits am Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige gerichtliche Regelung zur vorläufigen Zusicherung i.S.d. § 22 Abs. 4 SGB II fehlt (Zulässigkeitsfrage; so evtl. Bayerisches LSG, Beschlüsse vom 18.03.2015 – L 11 AS 881/14 B PKH, RdNr. 12, und L 11 AS 875/14 B ER, RdNr. 13), ob der Anordnungsgrund entfällt oder ob die Ablehnung eines Antrages auf Zusicherung aus den gennannten Gründen ggf. eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragsteller ausschließt (so wohl LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.03.2015, a.a.O. RdNr. 4, m.w.N.), weil ihr Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten aufgrund anderer Rechtsgrundlagen durchgesetzt werden kann (Begründetheitsfrage). Hierzu werden in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten (siehe z.B. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2015 – L 19 AS 2347/14 B ER u.a., RdNr. 24: besonders strenger Maßstab beim Anordnungsgrund; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.01.2015 – L 7 AS 617/14 B, RdNr. 16: Kostenrisiko für Betroffen unzumutbar). All dies muss hier nicht entschieden werden, weil die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht haben, dass der beabsichtigte Umzug in die Wohnung D straße in Z erforderlich ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats und des BSG, der der Senat insoweit folgt, ist die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (BSG, Urteil vom 29.04.2015, a.a.O., RdNr. 21, m.w.N.). Notwendig ist der Umzug in eine andere Wohnung, wenn gesundheitliche Gründe einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht mehr zulassen (BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 107/10 R, juris, RdNr. 15). Ein Umzug ist im weiteren Sinne auch erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten lassen würde (vgl. Sächsisches LSG (SächsLSG), Beschluss vom 12.03.2012 – L 7 AS 985/11 B ER, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Schimmelbefall haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Für die Bewertung des Sozialgerichts, die feuchten Flecken, die auf den vorgelegten Fotografien erkennbar seien, könnten nicht durch unsachgemäßes Heizen und Lüften entstanden sein, sondern seien mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Gebäudesubstanz entstanden, fehlen ausreichende objektive Anhaltspunkte. Plausibel ist hingegen die Einschätzung der Außendienstmitarbeiterin, dass sie die Herkunft der feuchten Stellen im Kinderzimmer nicht nachvollziehen könne, weil z.B. der Außenputz – wie auf den in der Leistungsakte befindlichen Fotos zu erkennen – keine sichtbaren Mängel aufweise. Diese Einschätzung ist durch die umfassenden Feststellungen des Außendienstes bei dem Hausbesuch am 30.06.2015 belegt. Auch bestätigen die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Farbfotos der Antragsteller deren Feststellungen anlässlich des Hausbesuchs. Die anders farbigen Stellen der Raufasertapete in der einen Ecke des Kinderzimmers könnten durch Übermalungen mit Farbe entstanden sein. Anhaltspunkte für Schimmel sind auf keinem der vorliegenden Fotos zu erkennen.

Dass die Antragsteller diesen angeblichen Mangel im Kinderzimmer gegenüber dem Vermieter bzw. der Hausverwaltung erfolgslos angezeigt hätten, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Denn die in der Leistungsakte vorhandenen Mängelanzeigen befassen sich ausschließlich mit anderen Mängeln (Balkontür, Heizungsthermostat, Garagenstrom) und überwiegend mit Beschwerden über Lärm aus der oberen Wohnung; diese stammen allerdings nicht aus dem Jahr 2015.

Auch das von der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller eingereichte Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin H vom 17.10.2015 ist zur Glaubhaftmachung eines die Erforderlichkeit eines Umzugs begründenden Umstandes nicht geeignet. So ist insbesondere die Aussage im ärztlichen Attest, dass verstärkte Atemwegsinfektionen in der Altersgruppe des jetzt dreijährigen Klägers ungewöhnlich seien, nicht nachvollziehbar, da bereits eine medizinische Studie aus dem Jahr 2007 festgestellt hatte, dass Erkrankungen der Atemwege der häufigste Anlass einer Vorstellung in der kinderärztlichen Sprechstunde sind. Da bei Kindern die Bronchien erst im Schulalter vollständig entwickelt sind und auch die Ausbildung der Abwehrkräfte (die immunologische Reifung) erst mit ca. zehn Jahren abgeschlossen ist, erkranken Kleinkinder etwa 6- bis 8-mal, 9-Jährige etwa 3- bis 4-mal und 12-Jährige ca. ein- bis 2-mal pro Jahr an einem Infekt der Atemwege (vgl. P. Kamtsiuris u.a., Robert Koch-Institut Berlin, Prävalenz von somatischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS); im Internet abrufbar unter http://¬edoc.rki.de/oa/articles/-reVGQRzXPMK0I/PDF/27jaWmnyGlRmc.pdf). Die Ärztin äußert im Übrigen lediglich eine Vermutung, die wohl auf der Mitteilung der Antragsteller beruht, dass es in der Wohnung Schimmel gebe, was gerade streitig und von den Antragstellern nicht glaubhaft gemacht worden ist.

Auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist nicht glaubhaft gemacht. Wie sich aus dem vorliegenden Schriftverkehr ergibt, hat der in der Mietsache eingeschaltete Rechtsanwalt in Bezug auf eine Lärmbelästigung im Jahr 2015 keine Beanstandungen mehr gegenüber der Hausverwaltung geäußert und bezüglich des Garagenstroms bereits die erforderlichen Schritte eingeleitet. Sein Vorgehen belegt, dass die Antragsteller offensichtlich in der Lage sind, ihre privatrechtlichen Ansprüche gegenüber der Vermieterseite angemessen zu verfolgen und durchzusetzen. Es ist auch in einer Gesamtschau der vorgebrachten Auszugsgründe nicht glaubhaft gemacht, dass den Antragstellern ein Verbleib in der Wohnung unzumutbar wäre. Sie selbst haben vorgetragen, dass sie eine um mehr als 40,00 EUR teurere Wohnung aus eigenen Mitteln sogar vorübergehend nicht finanzieren könnten. Dies lässt darauf schließen, dass auch ein Nichtleistungsempfänger solche Mehrkosten möglichst vermeiden würde. Die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten setzt aber gerade voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind (BSG, Urteil vom 24.11.2011, a.a.O., RdNr. 20).

Die Tatsache, dass die Antragsteller den Mietvertrag über die derzeitige Wohnung bereits gekündigt haben dürften, rechtfertigt die Erforderlichkeit des Umzugs nicht. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit hat eine durch Eigenkündigung der Hilfebedürftigen herbeigeführte Umzugsnotwendigkeit außer Betracht zu bleiben. Ansonsten hätten es die Hilfebedürftigen mit ihrer Kündigung in der Hand, einen der gesetzgeberischen Zielsetzung widersprechenden Wohnungswechsel zu erzwingen (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 12.03.2012 a.a.O., RdNr. 27, m.w.N.)

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Dr. Anders Weinholtz Wagner
Rechtskraft
Aus
Saved