S 205 AS 16758/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
205
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 16758/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nicht erwerbsfähige Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, wenn sie für den streitbefangenen Bewilligungszeitraum keinen Antrag auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gestellt haben.

Ein „Preissprung“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B 14 AS 2/10 R) liegt dann vor, wenn die angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die auf der Grundlage eines Mietspiegels bestimmt werden, in weniger als 2 Jahren um mehr als 5 Prozent steigen.

Ein gesonderte Kostensenkungsaufforderung im Hinblick auf die Bedarfe für Heizung ist nicht erforderlich, wenn in der Kostensenkungsaufforderung als angemessene Bedarfe für Unterkunft und Heizung eine Bruttowarmmiete angegeben wird.
Der Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 22. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 25. Mai 2011 (W 1832/11) wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, seinen Bewilligungsbescheid vom 2. Dezember 2010 im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung zurückzunehmen. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zu 1.) Sozialgeld für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 231,85 EUR und der Klägerin zu 2.) Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 231,85 EUR gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern 10 Prozent ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Berufung wird für den Beklagten nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren weitere Kosten für Unterkunft und Heizung von monatlich 188,70 EUR (insgesamt monatlich 632,77 EUR) für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011.

Die Kläger erhalten fortwährend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im streitbefangenen Zeitraum waren sie nach dem Mietvertrag verpflichtet, eine monatliche Miete in Höhe von 632,77 EUR zu entrichten. Diese setzt sich zusammen aus einer Grundmiete in Höhe von 326,30 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 158,42 EUR und Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser in Höhe von 148,05 EUR.

Der Grad der Behinderung (GdB) des am XX. XXXXXX 1952 geborenen Klägers zu 1.) beträgt 70 wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen der Wirbelsäule, Bluthochdruck, coronare Herzkrankheit (Durchblutungsstörungen des Herzens), Stent, arterielle Verschlusskrankheit des Beines beidseitig, Migräne, psychische Störungen (Neurosen), Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts, Funktionsbehinderung des Handgelenkes rechts, Carpaltunnelsyndrom (Mittelnervendruckschädigung) beidseits, chronischer Magenschleimhautentzündung, Magengeschwürsleiden, Hämorrhoiden und Diabetes mellitus (Bescheid des Versorgungsamts vom 30. September 2009). Der GdB der am XX. XXXXXX 1957 geborenen Klägerin zu 1.) beträgt 60 wegen Gesichtsneuralgie (Trigeminusneuralgie), psychische Störungen (Neurosen), funktionelle Wirbelsäulen-Beschwerden, besonders im Lendenwirbelsäulen-Bereich, Kopfschmerzen, Schwindel bei labilem Blutdruck, Diabetes mellitus sowie Harninkontinenz (Bescheid des Versorgungsamts vom 22. Juli 2009).

Der Kläger zu 1.) zu erhielt im Februar 2012 einen Rollator.

Bereits mit Schreiben vom 11. Juni 2008 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass die Miete der Kläger den Richtwert für angemessene Kosten der Unterkunft von 444,00 EUR übersteige. Ab 1. Januar 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern nur noch 444,00 EUR für Kosten für Unterkunft und Heizung (Bewilligungsbescheid vom 8. Dezember 2008). Nachdem die Kläger ursprünglich im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung als Darlehen erhalten haben (SG Berlin, B. v. 09.04.2009 – S 121 AS 9414/09 ER), haben sie die Klage in der Hauptsache (S 121 AS 9414/09) nach Einholung gerichtlicher Sachverständigengutachten im August 2009 zurückgenommen.

Der Beklagte bewilligte den Klägern auch für den Zeitraum Januar bis Juni 2011 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 444,00 EUR (Bewilligungsbescheid vom 2. Dezember 2010).

Einen Antrag der Kläger auf Überprüfung dieses Bescheides vom 25. Januar 2011 lehnte der Beklagte ab (Überprüfungsbescheid vom 22. Februar 2011). Der ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit habe bestätigt, dass ein Umzug möglich und zumutbar sei.

Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 4. März 2011 Widerspruch. Den Klägern sei es nicht gelungen, eine kostengünstigere Wohnung in der Umgebung zu finden. Jedenfalls sei nach den Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin eine Überschreitung der Angemessenheitsgrenze um 10 Prozent zulässig, da die Kläger krank und behindert seien.

Diesen Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2011 – W 1832/11). Aufgrund der durch das Sozialgericht Berlin beauftragten Gutachten sei von der Umzugsfähigkeit der Kläger auszugehen. Eine Überschreitung um 10 Prozent der Angemessenheitsgrenze sei nicht gerechtfertigt.

Mit der am 27. Juni 2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Die Kläger meinen, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien weiterhin in tatsächlicher Höhe zu gewähren. Die Kläger könnten aufgrund ihrer Behinderungen nicht umziehen. Zudem lebten die Kläger bereits 14 Jahre in ihrer Wohnung.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 2. Dezember 2010 in Fassung des Überprüfungsbescheides vom 22. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2011 (W 1832/11) für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung vollständig, hilfsweise unter Überschreitung des Richtwerts um 10 Prozent zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte dem Kläger zu 1.) ab 1. Februar 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit der Begründung, er sei bereits ab 6. Oktober 2009 voll erwerbsgemindert (Rentenbescheid vom 1. Juli 2011).

Mit Beweisanordnung vom 30. Mai 2013 hat das Gericht Beweis erhoben über die Umzugsfähigkeit der Kläger durch Einholung schriftlicher Fachgutachten auf allgemeinmedizinischem Fachgebiet des zum Sachverständigen bestellten Facharztes für Allgemeinmedizin BXXXXX. Wegen des Ergebnisses und der Einzelheiten wird auf die Gutachten vom 7. und 10. Oktober 2013 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin zu S 121 AS 9414/09 sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die der Kammer bei Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben hierfür ihr Einverständnis erteilt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) statthaft (vgl. nur Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 6. Aufl., Rn. 100) und zulässig.

Der angefochtene Überprüfungsbescheid des Beklagten ist im Hinblick die Kosten für Unterkunft und Heizung teilweise rechtswidrig und beschwert hierdurch die Kläger (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Kläger haben einen Anspruch auf teilweise Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 2. Dezember 2010, denn im Zeitpunkt seines Erlasses hat der Beklagte das Recht unrichtig angewandt. Die Kläger haben im Zeitrum Januar bis Juni 2011 einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 463,70 EUR monatlich.

Rechtsgrundlage ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Der Beklagte hat bei Erlass des Bewilligungsbescheides des Beklagten vom 2. Dezember 2010 das Recht unrichtig angewandt. Die Kläger haben einen weitergehenden Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im tenorierten Umfang.

Der Kläger zu 1.) ist dem Grunde nach anspruchsberechtigt, obschon er im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 voll erwerbsgemindert gewesen ist (1.). Die Kläger haben einen Anspruch auf Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 463,70 EUR monatlich, da nur diese Bedarfe abstrakt angemessen sind (2.). Eine höhere konkrete Angemessenheitsgrenze ist nicht zu rechtfertigen, da die Kläger über keinen besonderen Raumbedarf im streitgegenständlichen Zeitraum verfügten (3.). Den Klägern war die Senkung der Kosten für Unterkunft und Heizung weder unzumutbar noch unmöglich (4.).

1.) Der Kläger zu 1.) hat einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, auch wenn er im streitgegenständlichen Zeitraum bereits voll erwerbsgemindert ist.

Zwar hat er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, denn er war nicht mehr erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 Abs. 1 SGB II. Arbeitslosengeld II erhalten aber nur erwerbsfähige Leistungsberechtigte (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Der Kläger zu 1.) hat jedoch einen Anspruch auf Sozialgeld.

Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) haben (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Der Kläger zu 1.) ist im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erwerbsfähig. Er ist aber dennoch leistungsberechtigt, weil er als Ehegatte der Klägerin zu 2.) als "Partner" Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II). Ein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den §§ 41ff. SGB XII steht dem Kläger zu 1.) für den hier interessierenden Zeitraum nicht zu, da er hierfür keinen Antrag gestellt hat (vgl. Adolph, in: ders., SGB II, V/13, § 19 Rn. 18; wohl auch O. Loose, in: GK-SGB II, XI/11, § 19 Rn. 45, offen gelassen von BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr 2, Rn. 18). Erst durch Erfüllen des Antragserfordernisses nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII entsteht ein Anspruch auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung, denn der Antrag hat materiell-rechtliche Wirkung (Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 41 Rn. 26; Thie, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 41 Rn. 16).

Da der Kläger zu 1.) hiernach gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II Anspruch auf Sozialgeld hat, hat er auch einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

2.) Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Diese betragen im streitgegenständlichen Zeitraum für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger 463,70 EUR, mithin für jeden Kläger 231,85 EUR.

Nach Auffassung des Beklagten ist für einen 2-Personen-Haushalt eine Bruttowarmmiete von insgesamt monatlich 444,00 EUR abstrakt angemessen. Ob die Aufwendungen für die Wohnung angemessen sind, ist für das Gericht jedoch nicht anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gem. § 22 SGB II des Beklagten (AV-Wohnen) zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil v. 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R, Rn. 26). Die Angemessenheitsprüfung setzt eine Einzelfallprüfung voraus und hat für die Unterkunftskosten und für die Heizkosten getrennt zu erfolgen (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R – sowie vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R, Rn. 18, zitiert nach juris).

a) Nach Überzeugung des Gerichts ist für einen 2-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete von 370,20 EUR abstrakt angemessen.

Dies berechnet sich aus dem Produkt der für die hier zu beurteilende Haushaltsgröße höchstens angemessenen Wohnungsgröße (60 Quadratmeter) und der angemessenen Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete von 4,76 EUR pro Quadratmeter zuzüglich kalter Betriebskosten von 1,41 EUR pro Quadratmeter). Diese Werte wurden auf Grundlage des qualifizierten Berliner Mietspiegels des Landes Berlin 2009 (Amtsblatt für Berlin 2009, Nr. 27 vom 24.06.09) und dem darin angegebenen durchschnittlichen Berliner Betriebskostenwert errechnet. Dabei wurden die Kaltmietwerte jeweils nach dem Verhältnis der den Wohnungsangaben zugrundeliegenden Wohnungsanzahl zum insgesamt vom Berliner Mietspiegel erfassten Wohnungsbestand gewichtet. Wegen der Einzelheiten der Berechnungsmethode und der weiteren Quellenangaben verweist das Gericht auf die Darstellung von Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010 S. 28 – 42; bestätigt durch BSG, Urteile v. 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R; B 14 AS 65/09 R; B 14 AS 2/10 R; zitiert jeweils nach juris.

Die Kammer berücksichtigt entgegen dem richterlichen Hinweis vom 1. April 2014 den Mietspiegel 2011 nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das schlüssige Konzept zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft heranzuziehen, welches im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R, Rn. 28). Zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Bewilligungsbescheides am 2. Dezember 2010 war der Mietspiegel für 2011 noch nicht erlassen. Der Mietspiegel 2011 ist erst im Mai 2011 veröffentlicht worden (Mietspiegel 2011, Amtsblatt für Berlin 2011, Nr. 22 vom 30.05.11).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts soll eine "Korrektur" erforderlich sein, wenn es zu nicht vorhersehbaren "Preissprüngen" kommt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R, Rn. 21).

Wann ein Preissprung im Sinne dieser Rechtsprechung vorliegt, ist bisher nicht geklärt. Die Kammer zieht hierzu die rechtswissenschaftliche Literatur zu § 22c Abs. 2 SGB II heran. Nach dieser Vorschrift müssen die Kreise und kreisfreien Städte müssen die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre und die durch Satzung bestimmten Werte für die Heizung mindestens jährlich überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen. Hierzu wird vertreten, dass eine Anpassungspflicht schon vor Ablauf von 2 Jahren ("gegebenenfalls") besteht, wenn Mietschwankungen von mehr als 5 Prozent konstatiert werden (vgl. Groth, in: Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, Rn. 377; Lauterbach, in: Gagel, SGB II/III, 53. EL 2014, § 22c SGB II Rn. 5; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22c Rn. 6). Die Kammer nimmt daher an, dass ein Preissprung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt, wenn die Mieten bzw. Kosten der Unterkunft um mehr als 5 Prozent gestiegen sind.

Dies war im Zeitraum zwischen Juni 2009 (Mietspiegel 2009, Amtsblatt für Berlin 2009, Nr. 27 vom 24.06.09) und Mai 2011 (Mietspiegel 2011, Amtsblatt für Berlin 2011, Nr. 22 vom 30.05.11) nicht der Fall. Die angemessene Bruttokaltmiete beträgt ab Mai 2011 für einen 2-Personen-Haushalt 387,00 EUR. Im Juni 2009 betrug die angemessen Bruttokaltmiete 370,20 EUR. Dies ergibt eine durchaus erhebliche Steigerung von ca. 4,54 Prozent, aber keinen "Preissprung" im hier verstandenen Sinne.

b) In einem weiteren Schritt sind tatsächlichen Heizkosten mit einem Grenzwert abzugleichen, der kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizverhalten und damit unangemessene Heizkosten indiziert.

Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts im Urteil v. 2. Juli 2009 (B 14 AS 36/08 R), von der abzuweichen die Kammer keinen Anlass sieht, können die Heizkosten nicht – wie die angemessene Bruttokaltmiete – durch einen Rückgriff auf örtliche, durchschnittliche, für "einfache" Wohnungen anfallende Heizkosten bestimmt werden (BSG, aaO). Die Angemessenheit der Heizkosten ist gesondert zu ermitteln.

Als Grenzwert, mit dem die tatsächlichen Heizkosten abzugleichen sind, gibt das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 2. Juli 2009 die ungünstigste Verbrauchskategorie des bundesweiten Heizspiegels vor, solange kein entsprechender lokaler Heizkostenspiegel existiert. Das Bundessozialgericht zieht in seinem Urteil von 2. Juli 2009 hierzu die Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen, gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche heran, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "zu hoch" unterscheiden. Der Grenzwert, den das Bundessozialgericht der Angemessenheitsprüfung zu Grunde legt, ist das Produkt aus dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt und dem Wert für "zu hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage. Insofern wird der Wert für zu hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl berücksichtigt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht.

Im vorliegenden Fall wird die Wohnung mit Fernwärme beheizt. Die Heizungsanlage beheizt eine Gebäudefläche von insgesamt mehr als 1000 Quadratmeter. Der nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" für das Jahr 2011 maßgebliche Faktor für zu hohe Heizkosten beträgt somit 18,70 EUR je Quadratmeter und Monat. Multipliziert mit der höchstens angemessenen Wohnungsgröße (60 Quadratmeter) ergibt sich ein Grenzwert für angemessene Heizkosten von 93,50 EUR je Monat.

3.) Die so festgestellte abstakte Angemessenheitsgrenze ist nicht wegen eines besonderen Raumbedarfs der Kläger auf eine höhere konkrete Angemessenheitsgrenze zu erhöhen.

Zwar können im Rahmen des Einzelfalls Besonderheiten die Berücksichtigung eines erhöhten angemessenen Wohnflächenbedarfs rechtfertigen (Lauterbach, in: Gagel, SGB II/III, 53. EL 2014, § 22 SGB II Rn. 61). So wäre es naheliegend wegen des Rollators des Klägers zu 1.) einen typischen behinderungsbedingten Mehraufwand von 15 Quadratmetern anzunehmen (vgl. BVerwG 1.10.1992 – 5 C 28/89FEVS 44, 141 f., zum Wohnbedarf eines Rollstuhlfahrers).

Im streitgegenständlichen Zeitraum nutzte der Kläger zu 1.) jedoch keinen Rollator.

4.) Aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II können die Kläger keine weitergehenden Ansprüche herleiten.

Nach dieser Regelung sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

a) An die Unzumutbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (BSG, Urt. v. 19.02.2008 - B 4 AS 30/08 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.01.2011 - L 28 AS 2276/07, Rn. 41, juris; Zimmermann, NJ 2010, 400, 403). Selbst bei Bestehen einer Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Kostensenkung sind sechs Monate die regelmäßige Höchstfrist (BSG, aaO, Rn. 32; Bayerisches LSG, B. v. 26.05.2011 - L 7 AS 331/11 B ER, Rn. 21, juris). Um über diese sechs Monate hinaus höhere als angemessene Unterkunftskosten zu erhalten, muss eine besondere Bedarfssituation bestehen, die eine nochmalige Ausnahme von der Ausnahme (sechsmonatige Schonfrist) rechtfertigt (Bayerisches LSG, aaO). Wenn sich der Hilfebedürftige nicht bemüht, die unangemessenen Kosten zu senken, so werden nur die angemessenen Kosten übernommen (vgl. Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 55). Nur bei erfolglosen ernsthaften Bemühungen um eine kostenangemessene Unterkunft sind höhere Leistungen zu gewähren, wenn der Leistungsberechtigte alle ihm erreichbaren und zumutbaren Suchmöglichkeiten ausgeschöpft hat (Berlit, SGb 2011, 619, 624). Der Grundsicherungsträger ist nicht verpflichtet, über die Angabe des von ihm als angemessen anzusehenden Mietpreises hinaus den Leistungsempfänger "an die Hand zu nehmen" und ihm im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise er die Kosten der Unterkunft senken und welche Wohnungen er anmieten kann (BSG, aaO, Rn. 40, juris). Der Leistungsberechtigte muss seine Kostensenkungsbemühungen substantiiert darlegen (Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 Rn. 89; Lauterbach, in: Gagel, SGB II/III, 53. EL 2014, § 22 SGB II Rn. 73; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22 Rn. 128).

Das Bundessozialgericht geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, eine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis zu finden, zu verneinen ist, weil es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht (BSG, Urt. v 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R; vgl. bereits BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36). Dann kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (BSG, aaO). Konkret für Berlin hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Tatsachenvermutung besteht, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt (BSG, Urt. v. 13.04.2011 – B 14 AS 32/09 R Rn. 29; vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.05.2012 - L 32 AS 741/11; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.07.2012 - L 18 AS 1632/12 NZB; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 03.04.2012 - L 32 AS 913/09; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.03.2012 - L 10 AS 1191/09).

Diese Tatsachenvermutung haben die Kläger nicht erschüttert. Im Gegenteil, die Kläger haben mehrere Wohnungsangebote im gerichtlichen Verfahren eingereicht, die sogar den niedrigeren Angemessenheitswert der AV-Wohnen nicht überschreiten.

b) Soweit die Kläger meinen, sie hätten ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Nutzungsdauer nach der Verwaltungsvorschrift des Beklagten (AV-Wohnen) überschritten, können sie damit nicht gehört werden. Auf die AV Wohnen können sich die Kläger insoweit nicht berufen. Dies würde gegen den Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes verstoßen (vgl. nur BSG, Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R, Rn. 27).

c) Den Klägern ist es auch unter gesundheitlichen Aspekten nicht unmöglich oder unzumutbar, die Kosten der Unterkunft und Heizung durch einen Wohnungswechsel zu senken.

Der gerichtliche Sachverständige hat bei dem Kläger zu 1.) folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Erkrankung der Herzkranzgefäße, Bluthochdruck, tablettenpflichtige Zuckerstoffwechselstörung, Carpaltunnelsyndrom beiderseits, chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, arterielle Verschlusskrankheit des rechten Beines. Bei der Klägerin zu 2.) hat der gerichtliche Sachverständige folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt: Insulinpflichtige Zuckerstoffwechselstörung, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, Polyarthrose, Bluthochdruck, Somatisierungsstörung.

Ausgehend davon hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend und nachvollziehbar abgeleitet, dass die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ein Umzug ohne Hilfestellungen möglich gewesen ist und dies nicht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger geführt hätte. Besonderheiten bei der Wohnumgebung oder bei den Wohnverhältnissen aus medizinischen Gründen sind nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht folgt dem sorgfältig und nachvollziehbar begründeten Gutachten und sieht keinen Anlass, an den darin getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen zu zweifeln. Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige hat die Kläger eingehend zu ihren Beschwerden befragt, die erforderlichen Befunde erhoben und diese unter Berücksichtigung des medizinischen Aktenmaterials kritisch gewürdigt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die medizinische Leistungsbeurteilung unzutreffend vorgenommen wurde.

d) Den Klägern ist eine Senkung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht etwa deshalb unzumutbar, weil sie vom Beklagten nicht oder nur unzureichend auf seine Obliegenheit, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken, hingewiesen worden wären.

Der Beklagte hat die Kläger durch sein Schreiben vom 11. Juni 2008 auf die Unangemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft und auf die nach seiner Ansicht angemessene Höhe der Aufwendungen und darauf hingewiesen, dass Leistungen in Höhe der tatsächlichen (unangemessenen) Aufwendungen nur noch bis zum 31. Dezember 2008 erbracht werden würden; dies genügt den Anforderungen an eine "Kostensenkungsaufforderung" (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 28.02.2011 - L 14 AS 205/11 B ER, Rn. 12, juris). Eine Kostensenkung wäre allenfalls dann als unmöglich anzusehen, wenn der Grundsicherungsträger dem Hilfeempfänger zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft über die als angemessen angesehene Referenzmiete hinaus unrichtige Richtgrößen (Parameter) mitteilt und der Hilfeempfänger gerade deshalb keine angemessene Wohnung findet (BSG, Urt. v. 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R). Es mag zwar sein, dass die vom Beklagten benannte Referenzgröße deshalb unzutreffend ist, weil die Heizkosten nicht bei der Festlegung dieser Größe pauschaliert werden dürfen, indes führt dies nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung in dem Ausnahmefall, dass dadurch bewirkt wurde, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.03.2010 - L 28 AS 1266/08).

Dafür gibt es indes keinen ausreichenden Anhalt. Es ist daher unschädlich, wenn der Beklagte wider § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II eine Bruttowarmmiete als Referenzmiete angibt (vgl. BSG, Urt. v. 19.03.2008 – B 11b AS 43/06; BSG, Urt. v. 28.09.2009 – B 14 AS 41/08 R).

e) Die Kläger haben auch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II keinen Anspruch auf Berücksichtigung von Bedarfen für Heizung in tatsächlicher Höhe.

Das Bundessozialgericht hat nun entschieden, dass ein Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen unangemessener Aufwendungen für Heizung nur dann zumutbar ist, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt niedrigere Bruttowarmkosten entstehen (BSG, Urt. v. 12.6.2013 – B 14 AS 60/12 R). Das Bundessozialgericht ist der Auffassung, bei einer Abwägung mit dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse der oder des Leistungsberechtigten am Verbleib in seiner Wohnung überwiege das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines (insgesamt gesehenen) wirtschaftlichen Umzuges (vgl. Lauterbach, in: Gagel, aaO, § 22 SGB II Rn. 77a). Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosen führte, wäre unwirtschaftlich und deshalb unzumutbar.

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Bruttowarmmiete der Kläger beträgt 632,77 EUR. Bei einem Umzug hätte der Beklagte lediglich die angemessen Kosten zu übernehmen. Diese belaufen sich auf 415,20 EUR. Diese Summe setzt sich zusammen aus den abstrakt angemessenen Kosten für die Unterkunft (BSG, Urt. v. 12.6.2013 – B 14 AS 60/12 R, Rn. 32). Diese betragen – wie ausgeführt – für einen 2-Personen-Haushalt 370,20 EUR. Hinzuzurechnen sind nicht etwa die Richtwerte aus dem bundesweiten Heizkostenspiegel, sondern in der Regel niedrigeren Werte für angemessene Heizkosten aus den Verwaltungsvorschriften des Beklagten (vgl. BSG, aaO, Rn. 32). Dies sind bei einem 2-Personen-Haushalt 45,00 EUR (vgl. Schreiben der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales vom 4. Oktober 2011).

Übersteigen – wie hier – die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt (vgl. BSG, Urt. v. 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rn. 33). Diesen Beweis musste der Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht führen, da die Kläger selbst u. a. ein Wohnungsangebot eingereicht haben, welches eine Angebotsmiete von 404,27 EUR bruttowarm beinhaltete.

Soweit der 10. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg meint, es bedarf zu einer Senkung der Heizkosten auf die angemessenen Bedarfe einer isolierten Kostensenkungsaufforderung im Hinblick auf die als angemessen erachteten Heizkosten und eine Kostensenkungssaufforderung mit der Angabe der für angemessen erachteten Bruttowarmmiete sei nicht ausreichend (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.02.2014 - L 10 AS 881/10), folgt die erkennende Kammer dem nicht.

Zwar trifft es zu, dass § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auch auf Heizkosten anzuwenden ist und es dementsprechend diesbezüglich eine Kostensenkungsaufforderung bedarf (BSG Urt. v. 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, FEVS 60, 490; BSG, Urt. v. 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 45). Das Bundessozialgericht geht allerdings in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Kostensenkungsaufforderung kein Tatbestandsmerkmal ist und lediglich eine Aufklärungs- und Warnfunktion hat, damit der Leistungsberechtigte Klarheit über die "aus Sicht des Jobcenters angemessenen Kosten" und einen Hinweis auf die Rechtslage enthält (BSG, Urt. v. 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 2). Wenn der Grundsicherungsträger - wie hier in Berlin – tatsächlich eine Bruttowarmmiete als Angemessenheitsgrenze ausweist, ist das die aus seiner Sicht bestehende Angemessenheitsgrenze für Kosten für Unterkunft und Heizung. Damit ist der Aufklärungs- und Warnfunktion genüge getan.

Regelmäßig genügt es nämlich, wenn der Leistungsberechtigte "den angemessenen Mietzins" und die Folgen mangelnder Kostensenkung kennt (BSG, Urt. v. 19.03.2008 – B 11b AS 43/06). Unter dem Mietzins bzw. der Miete im Sinne von § 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist das gesamte Entgelt zu verstehen, das der Mieter für die Überlassung der Mietsache zu entrichten hat (Blank, in: ders./Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 535 Rn. 490), wozu auch die Vorauszahlungen für Heizung gehören.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist schließlich unschädlich, wenn eine Kostensenkungsaufforderung lediglich auf eine beklagtenseitig für angemessen erachtete Bruttowarmmiete hinweist, ohne zwischen Grundmiete, "kalten" Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren (BSG, Urt. v. 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R; Rn. 33; BSG, Urt. v. 19.03.2008 – B 11b AS 43/06, Rn. 17; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.03.2012 – L 26 AS 1521/08, juris; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 28.02.2011 – L 14 AS 205/11 B ER, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.03. – L 28 AS 1266/08, juris).

Die Annahme des 10. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, ein Leistungsberechtigter könne von der Angabe der als angemessen erachteten Bruttowarmmiete auf die angemessenen Unterkunftskosten schließen, nicht aber auf die Heizkosten, ist nicht nachvollziehbar. Wenn ein Leistungsberechtigter bei einer vorgegeben Summe von zwei Summanden einen Summand (hier: Kosten der Unterkunft) erkennen kann, kann er zwangsläufig auch den anderen Summanden (hier: Heizkosten) erkennen.

Der 10. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg verkennt, dass die Senkung von Heizkosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auch durch einen Wohnungswechsel erfolgen kann (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R). Es erschließt sich der Kammer nicht, welche Hilfestellung, Aufklärung und nützliche Information dem Leistungsberechtigen mit der isolierten Angabe der für angemessen erachteten Heizkosten bei der Wohnungssuche gewährt werden soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.

Die Berufung bedarf für den Beklagten der Zulassung, da die Klage eine Geldleistung betrifft und die Beschwer des Beklagten 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und die Klage keine laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Dieses Urteil weicht nicht zu Lasten des Beklagten von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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