L 9 AL 83/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AL 330/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 83/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.
Der Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses setzt nach § 93 SGB III ua die Beendigung bestehender Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit voraus. Arbeitslos ist gem § 138 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB III nur derjenige, der sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Hierzu ist erforderlich, dass der Betreffende im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bereit ist, eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn zwischen Ende der Beschäftigung und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nur eine sehr kurze Zeitspanne liegt, die vorherige Beschäftigung im elterlichen Betrieb erfolgte und dieser Betrieb nahtlos übernommen wird.
2.
Zur Berücksichtigung des Merkmals der Eigenleistungsfähigkeit im Rahmen der Ermessensausübung.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.02.2014 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Gründungszuschusses.

Der 00.00.1969 geborene Kläger ist Installations- und Heizungsbauermeister. Nachdem er im seit 1976 bestehenden elterlichen Betrieb seine 1986 begonnene Berufsausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer 1989 erfolgreich abschloss, war er in der Zeit vom 01.12.1989 bis 31.03.2012 ununterbrochen im Familienbetrieb beschäftigt. Zwischenzeitlich legte er im Oktober 1998 die Meisterprüfung mit Erfolg ab. Nachdem der Vater und Inhaber des Betriebes das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.03.2012 aufgrund Geschäftsaufgabe gekündigt hatte (Schreiben vom 31.08.2011), meldete sich der Kläger am 08.09.2011 bei der Beklagten erstmals arbeitsuchend und gab als voraussichtlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit den 01.04.2012 an.

Am 13.10.2011 schlossen der Kläger und die Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung, wonach die Beklagte dem Kläger bei der "Einmündung in die Selbständigkeit" unterstützen sollte. Im Rahmen des am gleichen Tage erfolgten Beratungsgesprächs gab der Kläger an, den Betrieb seiner Eltern übernehmen zu wollen und informierte sich über einen Gründungszuschuss. Am 07.12.2011 wurde dem Kläger der Antrag auf Gründungszuschuss ausgehändigt, der der Beklagten am gleichen Tag mitteilte, dass die Selbständigkeit voraussichtlich im April 2012 beginne werde. Nach weiteren Gesprächen über die beabsichtigte Selbstständigkeit meldete sich der Kläger am 14.02.2012 arbeitslos zum 01.04.2012. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 09.03.2012 Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2012 bei einem tägl. Leistungssatz von 53,22 EUR (= 1.596,60 EUR mtl.), welches der Kläger in der Zeit von Sonntag, den 01.04.2012 bis 02.04.2012 tatsächlich bezog (s. Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 05.04.2012 m.W.v. 03.04.2012). Am 03.04.2012 - auch der Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung - übernahm er als Selbständiger den Betrieb seines Vaters.

Bereits am 15.03.2012 beantragte der Kläger die Bewilligung eines Gründungszuschusses für die selbständige hauptberufliche Tätigkeit als Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister ab dem 03.04.2012 im Wege der Übernahme des elterlichen Betriebes. Hierzu legte er eine Stellungnahme der Dipl.-Betriebswirtin X vom 19.03.2012 sowie einen von dem Dipl.-Kaufmann U erstellten Businessplan vor. Darin bestätigte Frau X zunächst, dass es sich um eine tragfähige Existenzgründung handele. In den ersten drei Jahren seien Erlöse zwischen 162.145,00 EUR bis 189.126,00 EUR sowie Überschüsse zwischen 65.000 EUR und 76.861 EUR zu erwarten. Herr U bestätigte ein geplantes Investitionsvermögen von 98.000 EUR und gab an, entsprechende KfW-Kredite, die im ersten Jahr tilgungsfrei sind, seien in Aussicht. Gleichzeitig ging er von einem Betriebsergebnis nach Steuern von 58.054 EUR im 1. Planjahr aus.

Mit Bescheid vom 10.04.2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung des beantragten Gründungszuschusses ab. Es bestehe ein Vermittlungsvorrang, da zum Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosigkeit 49 freie Stellen im Bereich Heizungsbauermeister gemeldet gewesen sein. Außerdem liege Eigenleistungsfähigkeit vor, da aufgrund der laufenden Betriebseinnahmen des bereits seit 1976 bestehenden elterlichen Unternehmens ein entsprechendes Einkommen sichergestellt sei.

Dagegen legte der Kläger am 11.05.2012 Widerspruch ein und machte geltend, die grundsätzlichen Voraussetzungen für die beantragte Leistung lägen vor. Das Argument des Vermittlungsvorgangs sei unsinnig, denn der Gründungszuschuss sei als politisches Instrument gerade dafür geschaffen worden, um Menschen die Selbstständigkeit zu ermöglichen. Auch liege bei ihm keine ein entsprechendes Einkommen sichernde Eigenleistungsfähigkeit vor, insbesondere weil er ein Darlehen bei der KfW aufgenommen habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf den Gründungszuschuss sei schon deshalb nicht gegeben, weil es an der von dem Gesetzgeber vorausgesetzten Kausalität zwischen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und der Beendigung der Arbeitslosigkeit fehle. Der Kläger habe die selbständige Tätigkeit offiziell am 03.04.2012 aufgenommen, nachdem das Arbeitsverhältnis im elterlichen Betrieb zum 31.03.2012 gekündigt worden sei. Arbeitslosigkeit sei also allenfalls im juristischen Sinne eingetreten, aber nicht faktisch, weil der 01.04.2012 ohnehin ein Sonntag gewesen sei und eine theoretische Arbeitsaufnahme als Arbeitnehmer nur für den 02.04.2012 in Frage gekommen wäre. Aus der Gesamtschau ergebe sich, dass der Kläger von vornherein die Selbstständigkeit geplant habe. Dies folge auch aus seinem mit dem elterlichen Betrieb verknüpften beruflichen Werdegang, der, wie von ihm von vornherein geplant, in die Übernahme dieses Unternehmens gemündet sei. Auch wenn eine Betriebsübernahme eine Existenzgründung darstellen könne, sei dies im vorliegenden Fall zu verneinen. Wie auch aus der Außendarstellung des Unternehmens deutlich werde, ziele die Übernahme des seit 1976 bestehenden, elterlichen Betriebes sowohl auf die wirtschaftliche, als auch (wegen der Wohn- und Arbeitssituation) räumliche Kontinuität. Auch die vom Kläger angegebenen Erlöse und Überschüsse bewegten sich deutlich über dem Ansatz, der bei einer tatsächlichen Existenzgründung erzielt würde. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger somit auf einen bestehenden funktionierenden Betrieb mit einem entsprechenden Kundenstamm zurückgreifen könne und des Weiteren Gewinne erzielt würden, die über das übliche Maß einer Neugründung hinausgingen, sei festzustellen, dass keine Existenzgründung vorliege. Doch selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen käme die Gewährung eines Gründungszuschusses im Rahmen der Ausübung von Ermessen nicht infrage. Denn bei dem Kläger greife der in § 4 SGB III niedergelegte Vorrang der Vermittlung ein, weil aufgrund seiner Qualifikation und Berufserfahrung sowie der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Prüfung seines Antrages 49 Stellen für den Bereich des Heizungsbauermeisters im Umkreis von 50 km von C gemeldet gewesen seien, dessen Eingliederung in Arbeit voraussichtlich in relativ kurzer Zeit erfolgt wäre. Aber auch unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Notwendigkeit unter dem Gesichtspunkt der Bedürftigkeit käme hier eine Förderung nicht infrage. Der Kläger erwarte aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2012 bis 2014 Überschüsse zwischen 65.000 EUR und 76.871 EUR. Der Gründungszuschuss hätte nach § 94 Abs. 1 und 2 SGB III insgesamt ca. 14.080 EUR (für längstens 15 Monate) betragen. Damit sei der dem Kläger zur Verfügung stehende Betrag wesentlich höher als der Gründungszuschuss, so dass er den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung selbst sicherstellen könne.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 02.07.2012 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage gewandt. Er hat geltend gemacht, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Leistungsgewährung vorlägen. Aus diesem Grunde sei die Beklagte zumindest verpflichtet gewesen, ihr Ermessen ordnungsgemäß auszuüben, was sie jedoch nicht getan habe. Ein von der Beklagten reklamierter Vorrang der Vermittlung bestehe nicht, da mit dem Gründungszuschuss gerade eine höhere Selbständigenquote erreicht werden solle.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10.04.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Entscheidung unter Ausübung von Ermessen zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 11.02.2014 unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verpflichtet, "dem Kläger über den Antrag auf Gründungszuschuss vom 15.03.2012 unter Ausübung von Ermessen einen neuen Bescheid zu erteilen". Zur Begründung hat es im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

Die zulässige Klage sei begründet. Die angegriffene Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft und verletze den Kläger in seinem Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 93 SGB III seien erfüllt. Die Kammer habe allerdings Zweifel daran, dass insbesondere Verfügbarkeit des Klägers vorgelegen habe. Denn er habe bereits im Zusammenhang mit seiner Arbeitssuchendmeldung vom 08.09.2011 sowie der Eingliederungsvereinbarung vom 13.10.2011 zu erkennen gegeben, den väterlichen Betrieb übernehmen zu wollen. Dies bedeute jedoch nicht zwingend, dass er nicht auch anderen Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte, wenn diese ihm eine oder mehrere der von ihr behaupteten offenen Stellen im Berufsbereich des Klägers vorgeschlagen hätte. Es handele sich hier um eine innere Tatsache, die im Nachhinein durch das Gericht nicht mit Sicherheit mehr aufzuklären sei. Wäre der Kläger tatsächlich nicht bereit gewesen, entsprechenden Vermittlungsvorschlägen der Beklagten zu folgen, wäre es für sie ein Leichtes gewesen, durch konkrete Vermittlungsbemühungen die Verfügbarkeit zu überprüfen. Auch habe die Beklagte selbst offensichtlich keine Zweifel an dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld gehabt, da sie es ihm für die Zeit ab dem 01.04.2012 bewilligt habe. Nach alledem wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens Erwägungen anzustellen, ob dem Kläger die beantragte Leistung zu bewilligen sei oder nicht. Gerade diese Pflicht zu Ermessensausübung habe die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden sowie im Rahmen ihrer Klageerwiderung verneint. Es sei auch nicht ersichtlich, dass auch im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens keine andere Entscheidung als die ablehnende möglich gewesen wäre. So habe sich die Beklagte in keiner Weise damit auseinandergesetzt, dass nach den vorgelegten Stellungnahmen der fachkundigen Stellen allein die durch Kredite zu finanzierenden Investitionen für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit den zu erwartenden Überschuss im ersten Jahr um mehr als 50 % übersteigen sollten.

Gegen dieses ihr am 26.02.2014 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 24.03.2014 eingelegten Berufung, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Gewährung eines Gründungszuschusses im Sinne des § 93 SGB III lägen nicht vor. Insbesondere habe der Kläger nicht durch die Aufnahme der Tätigkeit im eigenen Unternehmen am 03.04.2012 seine Arbeitslosigkeit beendet. Er sei nicht arbeitslos gewesen. Zwar habe er für die Tage vom 01.04.2012 bis 02.04.2012 keine Beschäftigung im elterlichen Betrieb mehr gehabt, weil das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis mit dem 31.03.2012 beendet gewesen sei. Der Kläger sei jedoch an diesen beiden Tagen entgegen auch der eigenen Annahme der Beklagten hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht verfügbar gewesen. Er habe ungeachtet der Tatsache, dass dem Kläger keine Stellenangebote unterbreitet worden seien, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe von Anfang an deutlich gemacht, dass er die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im elterlichen Installateurbetrieb beabsichtige. Auch gehe dieses Ziel der selbstständigen Tätigkeit sowohl aus der Eingliederungsvereinbarung vom 13.10.2011 als auch dem Beratungsvermerk vom 13.10.2011 hervor. Auch seien die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Planung des Klägers, Anfang April 2012 den Betrieb zu übernehmen, aufeinander abgestimmt gewesen. Damit erscheine die Arbeitslosmeldung am 14.02.2012 für den 01.04 und 02.04.2012 als rein formaler Akt. Es sei nicht plausibel, dass der Kläger bereit gewesen wäre, am Montag, den 02.04.2012 für einen Tag eine anderweitige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, nachdem er bereits seit seiner Arbeitslosmeldung bzw. dem Erstgespräch bei der Beklagten am 13.10.2011 beinahe ein halbes Jahr auf die Übernahme des elterlichen Betriebes hingearbeitet habe. Für den Kläger, aber auch den elterlichen Betrieb wäre es ausschließlich mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen, wenn er zu Gunsten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber die Tätigkeit in dem Familienbetrieb unterbrochen hätte. Dieser Betrieb sei gut eingeführt, habe einen festen Kundenstamm, genieße einen guten Ruf und einen hohen Bekanntheitsgrad und werde auch von der Familie insgesamt mitgetragen. Dass die Beklagte trotz dieser Sachlage Arbeitslosengeld für den 01.04. und 02.04.2012 bewilligt habe, ändere nichts daran, dass der Kläger nicht verfügbar gewesen sei. Jedenfalls fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und der Beendigung der Arbeitslosigkeit. Im Übrigen bleibe es auch dann bei der Ablehnung, wenn Ermessen eröffnet wäre. Denn die angegriffenen Bescheide enthielten Ermessenserwägungen, die die ablehnende Entscheidung trügen. Dies gelte zum einen für den Vermittlungsvorrang, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung 49 Stellenangebote zur Verfügung gestanden hätten, so dass eine günstige Prognose für eine Vermittlung des Klägers in eine versicherungspflichtige Beschäftigung in absehbarer Zeit zu stellen gewesen wäre. Zum andere habe sie ihre Entscheidung rechtmäßig auf den Gesichtspunkt der Eigenleistungsfähigkeit gestützt. Um einen solchen Ausnahmefall besonderer Tragfähigkeit des Unternehmens handele es sich hier. Denn der Kläger habe den gut eingeführten und florierenden Betrieb der Eltern übernommen. Dieser habe vor der Übernahme durch den Kläger offenbar so ausreichend erbracht, dass sowohl die Eltern als auch die Familie des Klägers davon hätten leben können. Es sei auch unter Berücksichtigung des von dem Kläger vorgelegten Geschäftskonzepts nicht nachvollziehbar, dass dies nach der Übernahme durch den Kläger anders sei. Der Kläger habe die Tätigkeit in dem Betrieb nahtlos weiterführen können und - etwa anders als bei einem Wechsel zu einem fremden neuen Inhaber - nicht befürchten müssen, dass er Kunden verlieren würde, weil diese dem neuen Inhaber nicht vertrauten. Der Einwand des Sozialgerichts im Hinblick auf die Kreditaufnahme des Klägers könne bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Gründungszuschuss nicht dazu dienen solle, Kreditaufnahmen zu finanzieren. Vielmehr solle mit diesem der Lebensunterhalt gesichert und die soziale Absicherung ermöglicht werden. Ferner wiesen die vom Kläger in seinem Geschäftskonzept vorgelegten Zahlen, insbesondere für das erste Jahr der Selbstständigkeit, in eine andere Richtung. Sowohl das prognostizierte Betriebsergebnis im ersten Jahr nach Steuern von im mittleren Wert 58.054 EUR als auch die Tatsache, dass auf die KfW-Darlehenssumme von 98.000 EUR im ersten Jahr nur Zinsen i.H.v. 314 EUR monatlich und keine Tilgung zu leisten gewesen sei, verdeutliche, dass der Lebensunterhalt des Klägers einschließlich der sozialen Absicherung auf der Grundlage des Betriebsergebnisses innerhalb der Anlaufphase von sechs Monaten gedeckt gewesen sein dürfte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.02.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Sozialgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs(bescheidungs)klage zu Unrecht stattgegeben, weil sie unbegründet ist. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages auf Gewährung eines Gründungszuschusses vom 15.03.2012 für seine am 03.04.2012 aufgenommene selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit als Heizungsbauermeister.

1.) Nach § 93 Abs. 1 SGB III in der ab dem 01.04.2012 gültigen und auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung - der Kläger hat seine selbständige Tätigkeit am 03.04.2012 aufgenommen (vgl. § 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III), und die speziellen, lediglich die Beantragung einer Verlängerung eines bereits unter der Geltung des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. (bis 27.12.2011) bewilligten Gründungszuschusses betreffenden Übergangsregelungen der §§ 434x Abs. 1 SGB III a.F., 132 SGB III finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung - können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer (1.) bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, (2.) der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und (3.) ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt. Nach § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

a) Der Kläger hat bereits die ermessenseröffnenden, tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB III nicht erfüllt. Denn er hat durch die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit zum 03.04.2012 nicht im Sinne des § 93 Abs. 1 SGB III seine Arbeitslosigkeit beendet.

Die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Beendigung von Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass mindestens an einem Tag im Rahmen der Arbeitslosigkeit Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt gegeben war, mithin die Bereitschaft bestand, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. Senat, Beschl. v. 16.04.2014 - L 9 AL 297/13 -, juris Rn. 37; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.05.2014 - L 18 AL 236/13 -, juris Rn. 18; Hassel, in: Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 93 Rn. 9). Hieran fehlt es bei dem Kläger. Denn er war zu keinem Zeitpunkt arbeitslos i.S.d. §§ 137 Abs. 1 Nr. 1, 138 SGB III, weil er durchgehend bis zum Ablauf des 02.04.2012 nicht i.S. von § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 3 SGB III subjektiv verfügbar war. Obwohl sich der Kläger nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses im elterlichen Betrieb am 31.03.2012 zum 01.04.2012 arbeitslos gemeldet und die Beklagte ihm auch Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2012 bewilligt und die Bewilligung erst ab dem 03.04.2012 aufgehoben hat, ist der Senat unter Würdigung der aktenkundigen Unterlagen sowie des klägerischen Vorbringens davon überzeugt, dass der Kläger weder am 01.04.2012 noch am 02.04.2012 bereit war, eine nach Maßgabe der §§ 138 Abs. 5 Nr. 1, 140 SGB III zumutbare versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen.

Aus den aktenkundigen Unterlagen, insbesondere den Verbis-Vermerken der Beklagten über persönliche und telefonische Kontakte mit dem Kläger ergibt sich, dass er bereits Mitte Oktober 2011 und damit weit vor seiner Arbeitslosmeldung zum 01.04.2012 entschlossen war, den Betrieb seines Vaters, der sich zur Ruhe setzen wollte, als selbstständiger Installations- und Heizungsbauermeister fortzuführen. Denn er hat im Beratungserstgespräch am 13.10.2011 angegeben, den Betrieb seiner Eltern übernehmen und sich dann selbstständig machen zu wollen und sich bereits nach einer Förderung durch Gründungszuschuss erkundigt. Dementsprechend haben der Kläger und die Beklagte am gleichen Tag eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, die lediglich das Ziel einer Einmündung in die Selbstständigkeit zum Inhalt hatte. Mithin hat die Beklagte insoweit konsequent darauf verzichtet, dem Kläger schon vor Eintritt einer etwaigen Arbeitslosigkeit Vermittlungsvorschläge in Richtung auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung in seinem Beruf zu unterbreiten, weil er, wie die Beklagte zutreffend geltend macht, auf die Selbstständigkeit im Wege der Übernahme des elterlichen Betriebes "hingearbeitet" hat. Darauf lässt auch der weitere Geschehensablauf ohne Weiteres schließen. Dem Kläger wurde am 07.12.2011 der Antrag auf Gewährung des Gründungszuschusses ausgehändigt, und er teilte der Beklagten über seine Ehefrau am gleichen Tage telefonisch mit, dass die Selbstständigkeit voraussichtlich erst im April 2012 angetreten werden könne. Dass der Kläger in dieser Zeit und damit bereits vor der Arbeitslosmeldung die Übernahme des elterlichen Betriebes systematisch vorbereitet hat, zeigt sich auch daran, dass er, wie er selbst im Schriftsatz vom 07.08.2012 dargelegt hat, den Handwerksbetrieb seines Vaters gekauft und hierfür ein Darlehen von knapp 100.000 EUR aufgenommen hat. Eine solche planvolle Vorgehensweise verträgt sich schlechterdings nicht mit einer auch nur kurzzeitigen subjektiven Verfügbarkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im elterlichen Betrieb. Auch der von dem Kläger vorgelegte Businessplan des Herrn U fügt sich nahtlos in dieses Bild ein. So beruhte die Beurteilung des Existenzgründungsvorhabens des Klägers ausweislich Punkt 1.1.1 des Businessplans u.a. auf einer in der Zeit vom 10.03.2012 bis 31.03.2012 durchgeführten Beratung. In dieser Zeit hat der Kläger ausweislich der Ausführungen von Herrn U bereits diejenige selbstständige Tätigkeit ausgeübt, die Gegenstand des beantragten Gründungszuschusses sein soll. Auch dies zeigt, dass an der Entschlossenheit des Klägers, ausschließlich den elterlichen Betrieb zu übernehmen, auch für die Zeit nach dem 31.03.2012 keinerlei Zweifel bestehen.

Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl der Kläger als auch der väterliche Handwerksbetrieb wirtschaftliche Nachteile zu gewärtigen gehabt hätten, wenn der Kläger auch nur tageweise seine Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten hätte. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, beginnend mit seiner Ausbildung im väterlichen Betrieb, über ein Vierteljahrhundert in diesem beschäftigt war und davon auszugehen ist, dass er von vornherein für die Nachfolge seines Vaters "auserkoren" war. Der Meisterbetrieb genießt in C einen guten Ruf und hohen Bekanntheitsgrad, betreut einen festen Kundenstamm mit rund 700 Heizungsanlagen und zeichnet sich insbesondere durch Kundendiensteinsätze auch am Wochenende und an Sonn- und Feiertagen aus. Gleichzeitig bietet die Firma einen Notfallservice an, was eine telefonische Erreichbarkeit an 24 Stunden am Tag bedeutet (s. P.1.6.3 des Businessplans). Der Kläger hat es unwidersprochen gelassen, dass er bei diesen Tätigkeiten im Kleinbetrieb seines Vaters eine bedeutsame, wenn nicht gar zentrale Rolle eingenommen hat, die es ihm im Interesse der Unternehmenskontinuität ermöglicht, das Unternehmen so fortzuführen, wie es die Kunden erwarten und schätzen. Hiermit würde sich jedoch nicht vereinbaren lassen, wäre der Kläger gerade am 01.04.2012 und 02.04.2012 und damit in der "heißen Phase" unmittelbar vor der eigentlichen Unternehmensübernahme für den Betrieb nicht verfügbar gewesen, sondern hätte sich ausgerechnet zu dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Dies anzunehmen ist absolut lebensfremd. Nach alledem handelte es sich bei der Arbeitslosmeldung des Klägers am 14.02.2012 für den 01.04.2012 (Sonntag!) und 02.04.2012 lediglich um einen formalen Akt, weil der Kläger am Montag, den 02.04.2012 nicht bereit gewesen ist, eine anderweitige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Hinsichtlich des 01.04.2012 wusste der Kläger, dass es sich um einen Sonntag handelte und die Beklagte deshalb keinerlei Vermittlungsbemühungen hätte vornehmen können. Damit war auch ihm klar, dass eine mit der Arbeitslosmeldung erklärte Bereitschaft zur Beschäftigungsaufnahme an diesem Tag keinerlei Folgen nach sich ziehen würde (s. Senat, Beschl. v. 16.04.2014 - L 9 AL 297/13 -, juris Rn. 38).

Der Verneinung subjektiver Verfügbarkeit und damit des nach § 93 Abs. 1 SGB III anspruchsbegründenden Merkmals der Beendigung von Arbeitslosigkeit steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger von der Beklagten mit (insoweit bestandskräftigem) Bescheid vom 09.03.2012 Arbeitslosengeld für den 01.04.2012 und 02.04.2012 bewilligt worden ist. Denn dieser Bescheid entfaltet für die Gewährung eines Gründungszuschusses im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Beendigung von Arbeitslosigkeit keine Tatbestandswirkung (so wohl auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.05.2014 - L 18 AL 236/13 -, juris Rn. 18; krit. jurisPK-SGB III/Kuhnke, § 93 Rn. 20.2). Hierbei ist in systematischer Hinsicht zu beachten, dass ein konkreter Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt, nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III eine selbstständige Voraussetzung für einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich der Gewährung des Gründungszuschusses darstellt. Hat die Bundesagentur über einen solchen Anspruch bestandskräftig entschieden und liegt ein entsprechender (tatsächlicher) Leistungsbezug vor, ist von einer Tatbestands- bzw. Bindungswirkung eines solchen Bescheides im Hinblick auf die Voraussetzung des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III auszugehen (so auch BSG, Beschl. v. 23.10.2014 - B 11 AL 52/14 B -, juris Rn. 6 ff., wonach eine rechtskräftige Entscheidung des Sozialgerichts im Verfahren betreffend die Ablehnung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld eine materielle Rechtskraftwirkung im Hinblick auf das (Nicht-)Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen als wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Gründungszuschuss nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 lit. a SGB III a.F. entfaltet). Das Merkmal der "Beendigung von Arbeitslosigkeit" nach § 93 Abs. 1 SGB III ist aber etwas anderes als die Voraussetzung des Vorliegens eines Restanspruchs auf Arbeitslosengeld. Mit ihm dokumentiert der Gesetzgeber, dass die Bundesagentur nicht jede selbstständige Tätigkeit mit einem Gründungszuschuss fördern soll, sondern nur diejenige, die aus der Arbeitslosigkeit führt und damit auf diesem Wege eine "echte" (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben ermöglicht. Der hier zu entscheidende Fall ist jedoch das typische Beispiel für einen Mitnahmeeffekt, der sich außerhalb des Sinn und Zwecks der Gewährung des Gründungszuschusses bewegt und nicht deshalb zu einer Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzung der "Beendigung von Arbeitslosigkeit" führen kann, weil ein insoweit bestandskräftiger Bewilligungsbescheid betreffend Arbeitslosengeld für den maßgeblichen Zeitraum vorliegt.

b) Unabhängig davon erweist sich selbst bei Annahme einer Beendigung der Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit die ablehnende Entscheidung der Beklagten auch deshalb als rechtmäßig, weil sie das ihr nach § 93 Abs. 1 SGB III zustehende Ermessen zumindest im Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 rechtmäßig ausgeübt hat, indem sie in einer die Entscheidung eigenständig tragenden Weise von einer die Gewährung des Gründungszuschusses ausschließenden Eigenleistungsfähigkeit des Klägers ausgegangen ist.

Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen z.T. nicht einheitlich sind (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, juris Rn. 16). Keiner dieser Ermessensfehler liegt hier vor.

Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts nicht vor. Zwar ist die Beklagte - zutreffend (s.o.) - bereits vom Nichtvorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 SGB III ausgegangen. Sie hat aber jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 erkannt, dass sie Ermessen auszuüben hat und ihr Ermessen ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt.

Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich auch dessen bewusst, dass sie bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen den Gründungszuschuss hätte bewilligen können und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt.

Der Beklagten kann auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (siehe zum Ermessensfehlgebrauch BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, juris Rn. 15). Denn sie hat ihre ablehnende Entscheidung auch insoweit entscheidungstragend auf den Gesichtspunkt der Eigenleistungsfähigkeit des Klägers gestützt. Dies ist im vorliegenden Fall zulässig. Das Bestehen eigener Leistungsfähigkeit (wegen einer besonderen Tragfähigkeit des Unternehmens) kann die Ablehnung eines Gründungszuschusses im Wege der Ermessensentscheidung rechtfertigen. Er berücksichtigt den Zweck der Vorschrift des § 93 SGB III, nämlich die Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung. Damit wird mit dem Ermessensgesichtspunkt der eigenen Leistungsfähigkeit in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise jedenfalls dann Gebrauch gemacht, wenn (ausnahmsweise) konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die geplante selbstständige Tätigkeit bereits in der Anlaufphase der ersten sechs Monate so erfolgreich sein wird, dass der Existenzgründer seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften und damit auch seine soziale Absicherung vornehmen kann. In einem solchen Fall ist die Förderung mit dem Gründungszuschuss nicht gerechtfertigt, da der eigentliche Sicherungszweck dieser Leistung verfehlt würde (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2014 - L 8 AL 1515/13 -, juris Rn. 35; SächsLSG, Urt. v. 10.04.2014 - L 3 AL 141/12 -, juris Rn. 36; vgl. auch BayLSG, Urt. v. 29.01.2015 - L 9 AL 303/11 -, juris Rn. 45).

So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nach der Stellungnahme der Dipl.-Betriebswirtin X vom 19.03.2012 aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2012 bis 2014 Überschüsse zwischen 65.000 EUR und 76.861 EUR erwartete. Dagegen hätte der Gründungszuschuss nach § 94 Abs. 1 und 2 SGB III insgesamt ca. 14.080 EUR (für längstens 15 Monate) betragen. Da der dem Kläger prognostisch zur Verfügung stehende Betrag somit wesentlich höher als der Gründungszuschuss gewesen wäre, kann bzw. konnte er den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung aus den hieraus erwachsenden Einkünften selbst sicherstellen. Auch der von Dipl.-Kfm. U für den Kläger erstellte Businessplan bestätigt diese Auffassung. Ausweislich dessen Punkt 6.9. rechnete er mit einem Betriebsergebnis nach Steuern von im mittleren Wert 58.054 EUR für das 1. Planjahr. Hieraus ergeben sich umgerechnet monatliche Einkünfte von 4.837,83 EUR und damit mehr als das monatliche Bruttoeinkommen von 3.467,49 EUR, welches aus seiner vorherigen abhängigen Beschäftigung im elterlichen Betrieb resultierte. Maßgeblich ist auch, dass der Gründungszuschuss nach § 94 Abs. 1 SGB III in den ersten sechs Monaten jeweils 1.896,60 EUR (1.596,60 EUR Arbeitslosengeld zzgl. 300 EUR für die soziale Absicherung) betragen und damit weit hinter den prognostizierten monatlichen Einkünften des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit zurückgelegen hätte. Hiergegen kann der Kläger auch nicht einwenden, dass er für die Übernahme bzw. den Kauf des elterlichen Betriebes ein KfW-Darlehen i.H.v. 98.000 EUR aufgenommen und seine Erträge somit im Wesentlichen fremdfinanziert hätte. Zwar trifft es zu, dass Vermögensmittel oder Einkünfte, die nicht aus der streitgegenständlichen selbständigen Tätigkeit resultieren, für die Prüfung der Eigenleistungsfähigkeit nicht heranzuziehen sind. Es wäre daher ermessensfehlerhaft, wenn die vom Kläger erst durch die Aufnahme eines Kredits geschaffene Eigenleistungsfähigkeit zur Ablehnung des Förderantrags herangezogen würde (SG München, Urt. v. 12.03.2013 - S 35 AL 753/12 -, juris Rn. 44). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Wie die Beklagte unter Bezugnahme auf Punkt 1.10.3 des Businessplans zutreffend ausgeführt hat, entfiel im ersten Jahr der Auszahlung des KfW-Kredits eine Pflicht zur Tilgung vollständig und waren nur jährliche Zinsen in Höhe von insgesamt 3.773 EUR zu leisten, so dass die monatliche Zinsbelastung lediglich 314 EUR betrug. Damit vermag bzw. vermochte dieser Kredit die aus den Einkünften der selbstständigen Tätigkeit selbst resultierende Eigenleistungsfähigkeit in den maßgeblichen ersten sechs Monaten (s.o.) nicht ernsthaft zu schmälern und führt bzw. führte nicht erst Eigenleistungsfähigkeit des Klägers herbei.

2.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

3.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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