L 8 AS 5579/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 2425/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 5579/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eintragungen einer Zustellerfirma auf einer sog. „Rollkarte“, wonach an einem
bestimmten Tag im Auftrag der Behörde ein Schreiben an die Adresse des Klägers
ausgeliefert worden ist, genügen nicht als Nachweis für den Zugang einer Meldeaufforderung
nach § 59 SGB II iVm § 309 SGB III.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. November 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2005 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem diese entschieden hat, dass der dem Kläger zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.07.2005 um 10 vom Hundert der Regelleistung abgesenkt wird.

Der 1958 geborene Kläger, seine 1961 geborene Ehefrau und die 1990 (G.), 1992 (R.), 1997 (C.) sowie 1986 (B.) geborenen Kinder bewohnten im Jahr 2005 eine gemeinsame Wohnung (4 Räume, 1 Küche, 1 Bad, Gesamtgröße 101 m², Gesamtmiete monatlich 744,99 EUR einschließlich Vorauszahlungen für Heizkosten monatlich 36,- EUR, für Betriebskosten monatlich 81,- EUR und für Wasser/Abwasser monatlich 81,- EUR). Der Kläger, seine Ehefrau und die drei (damals) minderjährigen Kinder beziehen seit 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung von der beklagten Arbeitsgemeinschaft.

Am 21.02.2005 veranlasste die Beklagte die Versendung einer Einladung des Klägers zu einem Meldetermin, die folgenden Text haben sollte:

"Bitte kommen Sie am 01.03.05 um 09.15 Uhr in die Agentur für Arbeit F., L. Str ..., Zimmer C ... Grund: Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen."

Der Auftrag zur Versendung dieses Schreibens wurde der Zustellerfirma "a." erteilt. Ob der Kläger dieses Schreiben erhalten hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Kläger erschien zum Termin am 01.03.2005 nicht.

Ohne den Kläger vorher anzuhören, entschied die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2005, dass die dem Kläger zustehende Regelleistung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 Abs. 2, Abs. 6 SGB II für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.07.2005 um 10 v.H., höchstens jedoch in Höhe des dem Kläger zustehenden Auszahlbetrages, abgesenkt wird. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung werde insoweit für diesen Zeitraum gemäß § 48 Abs. SGB X aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 01.03.2005 nicht erschienen und ein wichtiger Grund hierfür sei nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom 27.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger sowie seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern (G., R. und C.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.279,79 EUR für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005. Eine Absenkung der dem Kläger zustehenden Regelleistung aufgrund des Bescheides vom 19.04.2005 erfolgte nicht. Auf den Widerspruch des Klägers änderte die Beklagte diese Entscheidung ab und bewilligte dem Kläger, seiner Ehefrau und den drei minderjährigen Kindern für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2005 mit Bescheid vom 13.06.2005 Leistungen in Höhe von monatlich 1.333,96 EUR. Die Beklagte zog den Pauschbetrag von 30 EUR für private Versicherungen vom Einkommen des Klägers ab und verzichtete darauf, bei den Kosten für die Heizung einen Abzug für die Warmwasseraufbereitung zu machen, weil die Aufwendungen hierfür im Heizkostenanteil nicht enthalten waren. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2005 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 28.06.2005 Klage beim SG (S 12 AS 2606/05), die das SG mit Beschluss vom 02.08.2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum Verfahren S 12 AS 245/05 verband. Mit Urteil vom 08.09.2005 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung der ergangenen Bescheide, ua dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.10.2005 Leistungen nach dem SGB II in der Form zu erbringen, dass beim Einkommen des Klägers das Kindergeld für die am 23.05.1986 geborene Tochter in Höhe von 160,25 EUR nicht mehr als einzusetzendes Einkommen berücksichtigt wird. Im Übrigen wies es die Klagen ab. Auf die Berufung der Beklagten hob der Senat das Urteil des SG auf und wies die Klagen mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 15.09.2006 insgesamt ab (L 8 AS 5071/05).

Gegen den Bescheid vom 19.04.2005 legte der Kläger am 02.05.2005 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, das Einladungsschreiben habe er nicht erhalten, weshalb er der Meldeaufforderung nicht habe folgen können. Die Beweislast für den Zugang trage die Beklagte; im Übrigen sei eine Sanktion für die Dauer von drei Monaten in jedem Fall rechtswidrig, da die maximale Sanktionsdauer bei einem Meldeversäumnis nach § 144 Abs. 6 SGB III nur eine Woche betragen dürfe. Als Bezieher von Leistungen nach dem SGB II werde er bei einem Meldeversäumnis ansonsten gegenüber Leistungsbeziehern nach dem SGB III unverhältnismäßig stärker sanktioniert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2005 wurde auch der Widerspruch des Klägers gegen den Absenkungsbescheid vom 19.04.2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, § 31 Abs. 2 SGB II bestimme, dass das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde, wenn er eine Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkomme und er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweise. Der Kläger sei von der Arbeitsgemeinschaft Freiburg schriftlich aufgefordert worden, sich am 01.03.2005 bei ihr zu melden. Diese Aufforderung habe eine vollständige und verständliche Belehrung über die möglichen Rechtsfolgen enthalten. Die Berechtigung zu dieser Aufforderung ergebe sich aus § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Daraus folge, dass eine Meldepflicht während der Zeit bestehe, für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beansprucht werde. Der Meldeaufforderung sei der Kläger nicht nachgekommen. Ein wichtiger Grund sei nicht nachgewiesen worden. Soweit der Kläger geltend mache, er habe kein Einladungsschreiben erhalten, sei auf die Ermittlungen der Widerspruchsstelle hinzuweisen. Diese hätten ergeben, dass die Zustellung des Meldeaufforderungsschreibens in den Briefkasten des Widerspruchsführers dokumentiert sei. Das Meldeaufforderungsschreiben sei laut Zustellerrollkarte am 23.02.2005 um 11.25 Uhr in den Briefkasten und damit in den Verfügungsbereich des Widerspruchsführers gelangt. Dass der Kläger behauptet habe, keine Kenntnis der Meldeaufforderung erlangt zu haben, sei unglaubwürdig und als Schutzbehauptung zu werten; im Übrigen sei zur Wirksamkeit der Meldeaufforderung die tatsächliche Kenntnis bei nachgewiesener Zustellung in den Verfügungsbereich aber auch gar nicht erforderlich. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Arbeitslosengeldes II um 10 v.H. der maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes seien daher erfüllt. Der Kläger sei auch vorher belehrt worden. Diese Belehrung sei am 19.04.2005 erfolgt. Damit sei der Kläger in die Lage versetzt worden, die konkreten Auswirkungen der Pflichtverletzung zu erkennen. Die Sanktion umfasse die Kalendermonate Mai, Juni und Juli 2005.

Am 16.06.2005 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 19.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit dem Ziel, die Sanktion aufzuheben. Zur Begründung hat er ergänzend vorgetragen, bei der Versendung des Einladungsschreibens seien die Zustellungsvorschriften nach § 37 Abs. 2, Abs. 5 SGB X, § 65 SGB X, §§ 3, 4, 5, 6 VwZG nicht eingehalten worden. Da keine Zustellung erfolgt sei, sei die Meldeaufforderung nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nichtig. Der Sanktionsbescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil er nur eine isolierte Absenkung des Arbeitslosengeldes ausspreche. Notwendig sei aber auch eine Änderungsentscheidung über die laufenden Leistungen im betroffenen Zeitraum insgesamt. Es sei auch nicht nötig, dass er von der Beklagten zu Gesprächen über seine berufliche Situation eingeladen werde, da sein Bewerbungsprofil der Beklagten vorliege und diese seine Vermittlung in Arbeit generell eher verhindern als fördern würde. Außerdem hätte er, selbst wenn er die Einladung erhalten hätte, einen wichtigen Grund gehabt, um zu dem Termin am 01.03.2005 nicht zu erscheinen. Er habe an diesem Tag seine gesamte an Grippe erkrankte Familie versorgen bzw. pflegen müssen. Schließlich sei die ihm zustehende Regelleistung durch die monatliche Absenkung in Höhe von 31,10 EUR unter das ihm verfassungsrechtlich zustehende Existenzminimum gesunken.

Mit Urteil vom 09.11.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung im Hinblick auf die Beweisanforderungen bei der Zustellung von Einladungen zu Meldeterminen durch private Zustellerfirmen wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Gegen das dem Kläger mit Zustellungsurkunde am 21.11.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, mit dem Aufhebungsbescheid sei der Neuregelungsbescheid zu verbinden, was nicht realisiert worden sei. Außerdem werde mittels der Kürzung das verfassungsrechtliche Existenzminimum unterschritten. Ihn hätte keine schriftliche Aufforderung zur Vorsprache erreicht. Die Meldeaufforderung bedürfe zur Wirksamkeit den Zugang des Schreibens. Die Verwaltung habe die objektive Beweislast. Das Verwaltungszustellungsgesetz sei von der Beklagten nicht beachtet worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Leistung des Klägers abzusenken.

Nach § 31 Abs. 2 SGB II in der vom 01.01.2005 bis 31.07.2006 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 16 Buchst. a des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004 (BGBl I S. I 2014) wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Rechtsgrundlage für die Aufforderung, sich beim zuständigen Träger zu melden, ist § 59 SGB II iVm § 309 SGB III. Ob die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 SGB II erfüllt sind, lässt sich nicht nachweisen, weil nicht feststeht, ob und mit welchem Inhalt dem Kläger eine Meldeaufforderung zugegangen ist. Diese Nichterweislichkeit geht zu Lasten der Beklagten.

Die Meldeaufforderung nach § 309 SGB III (bzw. der Vorgängerregelung) ist zunächst in der Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 20.03.1980 (SozR 4100 § 132 Nr. 1) als Verwaltungsakt qualifiziert worden, weil sie die allgemeine Mitwirkungspflicht für den Einzelfall mit Verpflichtungswirkung gegenüber dem Adressaten konkretisiere. In späteren Entscheidungen hat das BSG die Rechtsnatur der Aufforderung offen gelassen (BSG, Urteil vom 19.01.2005, B 11a/11 AL 39/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr 2 mwN). Auch im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die auf § 59 SGB II iVm § 309 SGB III gestützte Meldeaufforderung des Grundsicherungsträgers als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Denn unabhängig von der Rechtsnatur der Meldeaufforderung setzt eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 Abs.2 SGB II voraus, dass dem Hilfebedürftigen die Aufforderung zusammen mit einer schriftlichen Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung zugegangen ist. Wird wie im vorliegenden der Zugang der Meldeaufforderung bestritten, trägt der Grundsicherungsträger die Beweislast für einen Zugang des Schriftstücks. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Aufforderung als Verwaltungsakt anzusehen ist oder nicht.

Die Rechtsprechung hat bereits geklärt, dass ohne eine nähere Regelung weder eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachem Brief übersandten Schreibens besteht (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 15.5.1991 - 1 BvR 1441/90, NJW 1991, 2757; ebenso bereits Bundesfinanzhof (BFH) vom 23.9.1966, BFHE 87, 203) noch insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten (BFH vom 14.3.1989, BFHE 156, 66 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung: S 73; Bundesgerichtshof (BGH) vom 5.4.1978 - IV ZB 20/78, VersR 1978, 671; BGH vom 24.4.1996 - VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, 2035 aE; ebenso BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 4/06 R, zit. nach juris). Denn die volle Überzeugung des Gerichts vom Zugang lässt sich auf eine - wenn auch große - Wahrscheinlichkeit nicht gründen (BFH vom 14.3.1989, BFHE 156, 66, 71). Vom Adressaten eines angeblich nicht eingetroffenen einfachen Briefes kann auch nicht mehr verlangt werden als ein schlichtes Bestreiten, das Schreiben erhalten zu haben. Denn ihm ist im Regelfall schon aus logischen Gründen nicht möglich, näher darzulegen, ihm sei ein per einfachem Brief übersandtes Schreiben nicht zugegangen. Anders ist die Sachlage beim behaupteten verspäteten Zugang (hierzu zB BVerwG vom 24.4.1987 - 5 B 132/86): Hier kann der Empfänger vortragen, wann genau und unter welchen Umständen er die Erklärung erhalten hat (BSG aaO).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht den Nachweis erbracht, dass und mit welchem Inhalt der Kläger eine Meldeaufforderung zu einem Termin am 01.03.2005 erhalten hat. Der Kläger hat den Zugang einer solchen Aufforderung bestritten und aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass er die Aufforderung entgegen seinem Vorbringen doch erhalten hat. Auch genügen die Eintragungen der Zustellerfirma a. auf einer "Rollkarte", wonach am 23.02.2005 im Auftrag der Beklagten ein Schreiben an die Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, im konkreten Fall nicht als Nachweis für den Zugang der Meldeaufforderung. Unabhängig davon, welcher Beweiswert diesen Eintragungen allgemein zukommt, wird damit nur dokumentiert, dass ein Schreiben an die Anschrift des Klägers ausgeliefert worden ist. Es wird nicht bestätigt, dass der Brief in den Briefkasten des Klägers eingelegt worden ist. Zwar ist es durchaus richtig, dass der Gesetzgeber die Verwaltung nicht verpflichtet hat, Bescheide oder Meldeaufforderungen förmlich zuzustellen, weil damit die in der Regel höheren Kosten für eine Zustellung eingespart werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung die Beweislast dafür trägt, dass ein von ihr versandtes Schreiben auch tatsächlich beim Empfänger angekommen ist.

Hinzu kommt, dass sich schon nicht hinreichend sicher feststellen lässt, mit welchem Inhalt ein Schreiben an den Kläger zur Versendung gebracht worden ist. Es ist anhand der in den Akten enthaltenen Informationen noch nicht einmal zu klären, ob ein Verwaltungsakt erlassen worden ist. Nach dem in der Verwaltungsakte befindlichen BewA-Ausdruck ist am 21.02.2005 die Versendung einer Meldeaufforderung veranlasst worden. Danach sollte diese Aufforderung folgenden Inhalt haben: "Bitte kommen Sie am 01.03.05 um 09.15 Uhr in die Agentur für Arbeit F., L. Str ..., Zimmer C ... Grund: Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen." Ob und ggf. welche Rechtsfolgenbelehrung dem Schriftstück beigefügt war, lässt sich mit diesem Eintrag in das Datenverarbeitungsprogramm der Beklagten aber nicht beurteilen. Hierfür genügt auch der Hinweis der Beklagten auf einen Mustertext (Bl. 20/21 der SG-Akte) nicht. Der Senat hält es (auch) angesichts des Umstands, dass das Verwaltungsverfahren auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch eine Vielzahl von Bescheiden gekennzeichnet sein kann, für unumgänglich, dass sich der Inhalt der vom Grundsicherungsträger getroffenen Entscheidungen, eingeleiteten Maßnahmen und versandten Aufforderungen zweifelsfrei den Akten entnehmen lässt. Nur so ist es möglich, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der wirksamen Rechtsschutzgewährung (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz) gerecht zu werden. Mit Mutmaßungen darüber, welchen Inhalt ein Schriftstück bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang und funktionierender Datenverarbeitung haben müsste, kann der zu beurteilende Sachverhalt nicht zuverlässig festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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