L 5 KA 4251/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1619/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4251/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Individuelle praxisstrukturelle Probleme (zu geringer Rentneranteil) begründen bei Hausärzten keinen Anspruch auf Erweiterung des Praxisbudgets.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten auch die Aufwendungen für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erweiterung des Praxisbudgets der Klägerin durch Erhöhung der Fallpunktzahl für psychosomatisch kranke Patientinnen streitig.

Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Mit Schreiben vom 8. November 1999 beantragte sie die Erweiterung ihres Praxisbudgets mit der Begründung, sie habe einen niedrigen Rentneranteil, der sich auf die Budgetermittlung nachteilig auswirke. Sie behandele ihre überdurchschnittlich vielen, im Wesentlichen psychosomatisch kranken berufstätigen und mit Familienpflichten belasteten Frauen zwischen 20 und 50 Jahren mit einem ebenso intensiven Aufwand wie multimorbide Rentner.

Mit Bescheid vom 19. November 1999 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, eine Erweiterung u.a. des Praxisbudgets könne nur in begründeten Ausnahmefällen und bei einer Gefährdung der Sicherstellung gewährt werden. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall.

Ihr hiergegen am 16. Dezember 1999 erhobener Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. April 2000). Zur Begründung wurde ausgeführt, allein die Tatsache eines besonderen Patientenklientels rechtfertige noch keine Erweiterung. Den praxisindividuellen Umständen könne vielmehr durch die Zuerkennung von Zusatzbudgets Rechnung getragen werden.

Gegen den am 6. April 2000 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 8. Mai 2000 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung sie ergänzend vortragen ließ, sie werde im Verhältnis zu Arztpraxen innerhalb der Arztgruppe, die einen höheren Anteil multimorbider Rentner habe, schlechter behandelt. Sie weise weitaus überdurchschnittliche Fallzahlen bei der GNR. 11, 850 und 851 EBM im Vergleich zur Fachgruppe auf. Für die Behandlung von Rentnern werde ein Fallpunktzahlwert von 47,5; für die überwiegende Anzahl der Patientinnen der Klägerin hingegen ein Wert von 26,50 (DM jeweils vor Ermittlung des Punktwerts) zugrunde gelegt. Sie habe deswegen bei der Gesamtvergütung eine Minderung von ca. 20 % hinnehmen müssen. Dieses trage nicht dem Umstand Rechnung, dass ihre überwiegend im psychosomatischen Bereich liegenden Leistungen einen ebenso hohen Aufwand wie bei der Rentnerbehandlung verursachten. Es sei schwer einzusehen, dass ein höherer Leistungsaufwand bei Rentnern typisiert und pauschalisiert werde, ein im Vergleich dazu konkreter, belegbarer und durchaus nachvollziehbarer mindestens ebenso hoher Leistungsaufwand an anderen Patientengruppen aber ungleich behandelt werde.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2000 mit der Begründung ab, die Erweiterung des Praxisbudgets müsse Ausnahmefällen vorbehalten bleiben, da es nur im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs zulässig sei. Eine solche Praxisstruktur liege bei der Klägerin nicht vor, da zwar ihr Rentneranteil vergleichsweise niedrig sei, sie aber keine Schwerpunktpraxis mit einem besonderen Patientengut führe. Wenngleich sie viele weibliche Patienten behandele, so ließen die abgerechneten Gebührennummern des EBM einen Schwerpunkt und eine spezielle Ausrichtung der Praxis nicht erkennen. Bloße Besonderheiten genügten nämlich nicht, um eine Erweiterung des Praxisbudgets zu begründen. Bei einem Patientenstamm von ca. 1000 Patienten bildeten die psychosomatischen Erkrankungen nicht einmal 15 %, sodass von einer Spezialpraxis nicht ausgegangen werden könne. Dies gelte um so mehr, als ihr das Zusatzbudget "Psychosomatik" gewährt worden sei.

Gegen den am 28. September 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30. Oktober 2000 (einem Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, sie werde bereits dadurch benachteiligt, dass sie in Bezug zu den Durchschnittswerten der Fachgruppe eine im Hinblick auf multimorbide Rentner unterdurchschnittlich liegende Patientenklientel habe. Dies müsse auch bei der Wertung mit einbezogen werden, ob die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen eine Spezialpraxis begründe. Mit der schwerpunktmäßigen Betreuung von berufstätigen Frauen mit psychosomatischen Erkrankungen werde ein besonderer Behandlungsbedarf sichergestellt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2000 die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2000 ihr eine Erweiterung des Praxisbudgets durch Erhöhung der Fallpunktzahl für psychosomatische Erkrankungen zu gewähren und ihr Praxisbudget dahingehend zu erweitern, dass ihr die Rentnerfallzahl einer durchschnittlichen Praxis gewährt wird, hilfsweise unter Beachtung der Auffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass einzelne Ärzte der Arztgruppe mit einem speziellen Leistungsspektrum, das einen Schwerpunkt der Praxis bilde, und die deshalb durch die Budgetierung besonders betroffen würden, grundsätzlich durch ein bedarfs- bzw. qualifikationsabhängiges Zusatzbudget einen Ausgleich erhalten könnten, der verhindere, dass sie wirtschaftlich in Schwierigkeiten gerieten. Dem sei bei der Klägerin dadurch Rechnung getragen worden, dass ihr das qualifikationsabhängige Zusatzbudget Psychosomatik und die bedarfsabhängigen Zusatzbudgets für Phlebologie und Allergologie gewährt worden seien. Die Voraussetzungen für die Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets lägen hingegen bei der Klägerin nicht vor, da eine Schwerpunktsetzung und Übernahme der Behandlung von bestimmten schwerwiegenden Gesundheitsstörungen über das bereits nach Ziffer 4.1 bzw. 4.2 des Kapitel A I Teil B Nr. 4.3 EBM zu berücksichtigende Maß in einem quantitativ relevanten Ausmaß nicht erkennen ließe. Hierzu hat sie eine Auswertung vorgelegt, wonach der Anteil der psychosomatischen Leistungen lediglich zwischen 9 und 4 % ihrer Gesamtleistungsanforderung betrage. Ihr Rentneranteil liege bei ca 13 % verglichen mit 28 % der Fachgruppe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich der Bescheid vom 19. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2000, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erweiterung ihres Praxisbudgets abgelehnt hat. Die Honorar- bzw. Abrechnungsbescheide für die Quartale ab 1/98 sind hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Insoweit kommt weder eine direkte Anwendung noch eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Betracht (vgl. dazu: BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nrn. 27 und 28).

II.

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, nachdem das Fristende auf einen Samstag fiel (§ 64 Abs. 3 SGG). Sie ist insbesondere nach § 144 SGG statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach dieser Vorschrift liegt nicht vor. Da die Klägerin eine Erweiterung ihres Praxisbudgets begehrt, betrifft die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2).

III.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erweiterung ihres Praxisbudgets.

Mit Wirkung ab 1. Juli 1997 hat der Bewertungsausschuss die Praxis - und Zusatzbudgets für bestimmte Arztgruppen eingeführt. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM unterliegen die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ärztlichen Leistungen nach Maßgabe dieser Bestimmungen je Arztpraxis (Abrechnungsnummer) und Abrechnungsquartal für die nach Nr. 1.5 aufgeführten Arztgruppen einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Die in den Budgets enthaltenen Leistungen sind je Arztpraxis und Abrechnungsquartal jeweils nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechnungsfähig, wobei sich die Höhe des Budgets aus dem Produkt der Fallpunktzahl mit der Zahl der budgetrelevanten Fälle errechnet. Die Leistungsvergütung für Zusatzbudgets erfolgt fallzahlabhängig auf der Grundlage des regional ermittelten Punktzahlbedarfs der diese Leistungen abrechnenden Ärzte. Zu unterscheiden ist zwischen qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets (Allgemeine Bestimmungen A I Teil B 4.1 EBM), die bei Vorliegen einer bestimmten Qualifikation von Amts wegen zuerkannt werden, und bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, die auf besonderen Antrag des Arztes zuerkannt werden können, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf besteht (Allgemeine Bestimmungen A I Teil B 4.2 EBM). Auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall kann die KV zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs auch eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren (Allgemeine Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM).

Die Einführung der Praxis- und Zusatzbudgets im EBM ist rechtmäßig (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 sowie u.a Urteile des erkennenden Senats vom 15. September 1999 – L 5 KA 988/99 - und vom 17. November 1999 – L 5 KA 4599/99 und L 5 KA 1127/99 -). Nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. In einer Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets (abgedruckt bei Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, EGO und GOÄ, S. 8-73 f) haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ergänzung der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses in Nr.4 vereinbart: "Abschnitt A I B 4.3 EBM wird dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen: - Betreuung von HIV-Patienten

- onkologische Erkrankungen - Diabetes - Mukoviszidose - Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung) - kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen - erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil."

Der Begriff des besonderen Versorgungsbedarfs in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 4.3 EBM ist eng auszulegen. Vor allem der mehrstufige Aufbau von allgemeinem Praxisbudget, qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets, bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, budgetfreien Leistungen und Ansprüchen auf Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets schließt eine Auslegung dieser Vorschrift in dem Sinne aus, dass jedem Arzt die bestehende Ausrichtung seine Behandlungstätigkeit schlechthin ohne Einbuße beim Honorar auf Dauer garantiert werden müsste (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 53/00 R -, S. 8). Die Bindung eines besonderen Versorgungsbedarfs an eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausstattung, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat, findet ihren Niederschlag auch in der zuvor genannten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (BSG, aaO, S. 10). Ohne spezifische Schwerpunktsetzung und ohne die Übernahme der Behandlung von bestimmten schwerwiegenden Gesundheitsstörungen in einem quantitativ relevanten Ausmaß kommt deshalb eine Budgeterweiterung nach dem Zweck der Regelung nicht in Betracht (BSG, Beschluss vom 8. März 2000 - B 6 KA 64/99 B -, S. 4). Eine Ausnahme von der in den Quartalen 3/96 bis 2/97 geltenden Teilbudgetierung wegen eines Versorgungsschwerpunktes war nur gegeben, wenn auf den als solchen geltend gemachten Leistungsbereich ein Anteil von mindestens 20% der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl entfiel (vgl. z. B. Urteil des BSG vom 6. September 2000 - B 6 KA 37/99 R -). Wegen der Unterschiede in Zuschnitt und Wirkungsweise zwischen den Teilbudgets der Quartale 3/96 bis 2/97 einerseits und den ab dem 1.7.1997 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets andererseits kann bei letzteren nicht stets auf einen Punktzahlanteil von 20% abgestellt werden. Jedoch bilden Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlagen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 53/00 R -, S. 10). Durch diese Rechtsprechung des BSG sieht sich der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt (vgl. das dem Urteil des BSG vom 16 Mai.2001 vorangehende Urteil des Senats vom 17. November 1999 - L 5 KA 440/99 - S. 11 f; Urteil vom 10. Mai 2000 - L 5 KA 2396/99 -, S. 8 ff = E-LSG KA 072).

In der Tabelle 5 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 1.5 EBM ist die Arztgruppe der Allgemeinmediziner aufgeführt. Die Klägerin ist als Allgemeinmedizinerin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Sie unterliegt deshalb den Regelungen über die Praxisbudgets. Allerdings liegen die Voraussetzungen für die Erweiterung des Praxisbudgets bei ihr nicht vor. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass bei ihr insoweit ein berücksichtigungsfähiger Schwerpunkt vorliegt.

1.) Die Klägerin nimmt als Allgemeinärztin die hausärztliche Versorgungsfunktion der bei ihr in Behandlung stehenden Versicherten wahr, wie sie im Einzelnen in § 73 Abs. 1 S. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 2 des zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Vertrages über die hausärztliche Versorgung beschrieben ist. Es handelt sich dabei um die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung (Grundversorgung) der Patienten in Diagnostik und Therapie in Kenntnis des häuslichen und familiären Umfeldes sowie um Koordinations- und Dokumentationsleistungen. Derjenige Vertragsarzt, der die hausärztliche Versorgung der Versicherten wahrnimmt, unterscheidet sich nicht von den anderen zugelassenen Vertragsärzten, die ebenfalls in der hausärztlichen Versorgung tätig sind. Ein spezifischer Schwerpunkt, der von der Typik der Fachgruppe abweicht, kann damit bei hausärztlich tätigen Ärzten grundsätzlich nicht vorliegen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 28. November 2001 - L 5 KA 2438/99 und vom 10. Juli 2002 - L 5 KA 2652/00).

2.) Der Klägerin hat zwar einen sehr niedrigen Anteil an Rentnerversicherten (Versichertengruppe R) mit lediglich 13 % (Fachgruppe der Allgemeinärzte 28 %). Dementsprechend ist der Anteil ihrer Patienten, der zur Gruppe M/F (Mitglieder/Freiwillig Versicherte) zählt mit 87 % überdurchschnittlich groß (Fachgruppe 72 %)

Quartal Rentneranteil (ausgewiesen) bei der Klägerin Rentneranteil (ausgewiesen) in der Fachgruppe 1/98 12,9 % 27,7 % 2/98 13,2 % 29,3 % 3/98 13,5 % 29,8 % 4/98 13,7 % 28,3 % 1/99 12,4 % 26,8 %

Aus dieser Tabelle wird aber auch deutlich, dass auch die Fachgruppe zum ganz überwiegenden Anteil die Gruppe M/F behandelt. Die Behandlung von Mitgliedern der Krankenkassen, ihren Familienangehörigen und freiwillig Versicherten gehört somit zum Kernbereich der hausärztlichen Aufgaben. Leistungen, die zum Kernbereich des Fachgebiets des Arztes gehören, rechtfertigen nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich keine Erweiterung des Praxisbudgets, auch wenn sie von einem Arzt in überdurchschnittlich häufiger Anzahl abgerechnet werden ( BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.31)

Die Unterscheidung zwischen Rentnerversicherten und Mitgliedern/Freiwillig Versicherten im EBM ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bewertungsausschuss brauchte insoweit auch nicht weiter zu differenzieren. (vgl. Urteil des Senats vom 10.7.2002 - L 5 KA 312/01). Die Unterteilung in die Versichertengruppen M/F einerseits und R andererseits knüpft erkennbar an die sich aus den Vorschriften des 2. Kapitels, 1. Abschnitt des SGB V ergebenden Versicherungstatbestände in der gesetzlichen Krankenversicherung an. Der Versichertengruppe R werden nur diejenigen Versicherten zugeordnet, die die Voraussetzungen in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfüllen. Ihre besondere Berücksichtigung rechtfertigt sich aus dem im Durchschnitt signifikant höheren Behandlungsaufwand für diesen Personenkreis. Einer weitergehenden Differenzierung innerhalb der Gruppe M/F bedurfte es nicht. Der Umstand, dass Hausärzte im Durchschnitt weitgehend ähnliche Aufgaben der Grundversorgung unter Betreuung aller Altersjahrgänge der Bevölkerung erfüllen, legt es nicht nahe, diese Gruppe weiter aufzugliedern. Jedenfalls hält es sich im Rahmen der dem Bewertungsausschuss zustehenden Befugnis, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität einer Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren und von der Bildung weiterer Untergruppen mit möglicherweise schwierigen Abgrenzungsproblemen abzusehen.

Durch die geringe Anzahl an Rentnerversicherten erleidet die Klägerin zudem bei der Budgetermittlung keine rechnerischen Nachteile. Grundlage für die Ermittlung der Praxisbudgets mit unterschiedlichen Fallpunktzahlen für die Gruppen R bzw M/F war das Abrechnungsverhalten der Allgemeinärzte in dem Basisjahr 1996 (vgl Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Anlage 2 EBM). Dabei ergab sich, dass für die in der Krankenversicherung der Rentner versicherten Personen ein sehr viel höherer Leistungsaufwand betrieben wurde als für die übrigen Mitglieder der Krankenkassen. Ein niedriger Rentneranteil bedeutet daher auch im Durchschnitt einen sehr viel niedrigeren Leistungsaufwand. Hätte die Klägerin einen höheren Anteil an multimorbiden Rentnern, hätte sie auch einen entsprechend höheren Aufwand. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin das ihr für die Behandlung multimorbider Rentner dann zustehende höhere Budget nicht ausschöpfen würde, liegen nicht vor. Die von der Klägerin beanstandete Situation, dass ihr ein hoher Anteil der in das Praxisbudget fallenden Leistungen nicht vergütet werden, bliebe unverändert bestehen. Das Problem der Klägerin besteht darin, dass sie entgegen dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe sehr viel aufwändiger den Personenkreis der Mitglieder/Freiwillig Versicherten behandelt. Anders sind die Überschreitungen des Praxisbudgets bei überdurchschnittlicher Fallzahl nicht zu erklären.

3.) Für die Überschreitung des Praxisbudgets macht die Klägerin den von ihr behandelten hohen Anteil an weiblichen Versicherten mit psychischen bzw. psychosomatischen Erkrankungen verantwortlich. Auf Grund der vorliegenden Zahlen vermag der Senat allerdings eine Schwerpunkt im Bereich der Behandlung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen nicht zu erkennen. Die psychosomatischen Behandlungen schwanken bezogen auf den Gesamtleistungsbedarf zwischen 9 % im Quartal 4/97 und 4% im Quartal 4/99. Da die Rechtsprechung des BSG einen Anteil von 20 % am Gesamtleistungsvolumen für die Bejahung eines Versorgungsschwerpunkts verlangt, hat die Beklagte zu Recht die Erweiterung des Praxisbudgets abgelehnt.

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob es zutreffend ist, dass die Behandlung von weiblichen Versicherten eine erhöhte psychosomatische Betreuung erfordert und damit einen gleichen Aufwand wie die von Personen, die das Rentenalter erreicht haben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Die Aufwendungen der Beklagten sind erstattungsfähig. § 193 Abs. 4 S. 2 SGG ist zwar durch Art. 1 Nr. 66 Buchst. b des 6. Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I, S. 2144) mit Wirkung zum 2. Januar 2002 aufgehoben worden. Eine Übergangsvorschrift für vor dem 2. Januar 2002 anhängig gewordene Verfahren enthält das 6. SGGÄndG nicht. Allerdings hat sich durch das 6. SGGÄndG an der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beklagten nichts geändert. Sie ergibt sich nunmehr aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der allerdings auf vor dem 2. Januar 2002 anhängig gewordene Verfahren nicht anzuwenden ist (Art. 17 Abs. 1 S. 2 6. SGGÄndG). Bei dieser Sachlage kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber für die vor dem 2. Januar 2002 anhängig gewordenen Verfahren die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beklagten hat beseitigen wollen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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