L 1 KR 1/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 372/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 1/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2002 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat den Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist noch, ob die beklagten Krankenkassen verpflichtet sind, die vom privaten Pflegedienst der Klägerin ab 1. Juni 2000 auf Grund ärztlicher Verordnungen bei Versicherten der Beklagten erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach den Bedingungen und Vergütungssätzen der von den beklagten Krankenkassen zum 31. Dezember 1998 gekündigten Verträge bis zum Abschluss neuer Verträge zu bewilligen und abzurechnen.

Nachdem die bisherigen Kläger zu 2) und 3) –A. P. mbH und M. L. – gegen das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts vom 2. August 2002 Berufung nicht eingelegt haben, wendet sich allein die bisher unter 1) geführte Klägerin gegen diese Entscheidung.

Zwischen der Klägerin, anderen Pflegeunternehmen und den beklagten Betriebskrankenkassen waren 1994 Verträge über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen abgeschlossen worden. Die Betriebskrankenkassen kündigten diese Verträge zwar zum Jahresende 1998 zum Zwecke angestrebter Kostensenkung bei diesen Leistungen, räumten der Klägerin (und anderen Pflegeunternehmen) jedoch die Möglichkeit ein, einstweilen weiterhin zu den bisherigen Vertragsbedingungen tätig zu werden und abzurechnen, um eine praktikable Regelung während der Dauer der seit Juni 1999 laufenden Verhandlungen über einen neuen Vertrag zu haben. Die Leistungserbringer, einschließlich der Klägerin, bildeten eine Verhandlungsgemeinschaft, der u. a. der die Klägerin insoweit vertretende Q. a. p. B. (QaB) und die H. P. (HPG) angehörten. Für die beklagten Betriebskrankenkassen verhandelte ihr Landesverband (BKK-Landesverband NORD). Dieser erklärte mit Schreiben vom 23. Dezember 1999, die Betriebskrankenkassen seien bis zur Klärung der "strittigen Rechtsfrage, ob es sich um einen vertragslosen Zustand handelt, bis auf weiteres bereit, für ihre Versicherten Rechnungen entgegen zu nehmen und zu begleichen". Des weiteren bot er, weil den Betriebskrankenkassen insbesondere daran gelegen war, die Preise für die Medikamentengabe abzusenken, mit Schreiben vom 3./30. März 2000 an, die Vergütungen des gekündigten Vertrages zunächst bis zum 31. März 2001 weiter gegen sich gelten zu lassen, sofern im Gegenzug ab April 2000 die Preise im Medikamentengabebereich erst einmal um bestimmte Beträge gekürzt würden, um dann anschließend weitere eingehende Verhandlungen zu führen. Die HPG, die für 211 Mitgliedsbetriebe agierte, akzeptierte diesen Vorschlag. Zu einer Einigung für die Zeit ab 1. April 2001 kam es allerdings nicht. Einige andere Pflegebetriebe einigten sich mit den Betriebskrankenkassen abschließend. Weitere Pflegebetriebe schlossen sich in der Folge an. Der QaB akzeptierte das Angebot der Beklagten nicht. Er forderte den BKK-Landesverband NORD mit Schreiben vom 28. April 2000 auf, die Verhandlungen bedingungslos fortzusetzen, und bat darum, ihm die den Vorstellungen der Krankenkassen zur Preisgestaltung der Einzelleistungen der häuslichen Krankenpflege zu Grunde liegenden Preiskalkulationen zur Verfügung zu stellen. Der BKK-Landesverband NORD entzog darauf hin u. a. der Klägerin mit Schreiben vom 4./8. Mai 2000 die bislang eingeräumte Abrechnungsmöglichkeit zum 31. Mai 2000 und wies darauf hin, dass der Sicherstellungsauftrag der Hamburger Betriebskrankenkassen auch ohne ihre Mitwirkung an der häuslichen Krankenpflege erfüllt werden könne. Außerdem wurden die Versicherten der Betriebskrankenkassen darüber informiert, dass Pflegeleistungen der Klägerin von den Betriebskrankenkassen nicht mehr bezahlt werden würden und die Versicherten sich an einen anderen Pflegedienst, mit dem ein Vertragsverhältnis bestehe, wenden müssten.

Hiergegen richten sich die von der Klägerin und den bisherigen Klägern zu 2) und 3) im Juli 2000 erhobenen, vom Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Kündigung des 1994 abgeschlossenen Vertrages sei unwirksam, weil sie den Voraussetzungen von § 59 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht entspreche. Die Behauptung der Betriebskrankenkassen, die mit ihnen vertraglich getroffene Preisgestaltung sei im Bundesvergleich überhöht, sei nicht substantiiert und mangels Vorlage von Kalkulationsgrundlagen auch nicht nachvollziehbar. Deshalb müsse vorliegend der Grundsatz gelten, dass gekündigte Verträge bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen Gültigkeit behielten. Dies diene dem Vertrauensschutz der Leistungserbringer, weil sie ihre Tätigkeit zu den bisher für angemessen erachteten Preisen erbracht, ihre Aufwendungen daran ausgerichtet hätten und dies auch weiterhin bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen tun dürften. Den Beklagten sei es von Rechts wegen verwehrt, die Fortführung der Vertragsbeziehungen von der Annahme eines Preisdiktates für einzelne Pflegeleistungen abhängig zu machen. Dies und der vollständige Ausschluss ihrer Pflegebetriebe von der Behandlung der Versicherten der beklagten Betriebskrankenkassen verstoße gegen die den Leistungserbringern nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verbürgte Berufsausübungsfreiheit. Die beklagten Betriebskrankenkassen seien verpflichtet, mit den Klägern die Vertragsbeziehungen zur unveränderten Bedingungen bis zum Abschluss eines neuen Vertrages fortzuführen. Insoweit bestehe ein Anspruch der Pflegebetriebe aus § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf Fortsetzung der Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags. Den Beklagten obliege der Nachweis, dass der von ihnen unterhalb des bisherigen Preisniveaus neu angebotene Preis für die Kläger wenigstens kostendeckend sei. Diesen Nachweis hätten sie nicht erbracht, sodass sie nicht damit gehört werden könnten, ihr neues Preisangebot trage dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Rechnung.

Die Klägerin und die bisherigen Kläger zu 2) und 3) haben – neben Anträgen, welche die Klägerin mit der Berufung nicht mehr verfolgt – vor dem Sozialgericht beantragt, die Beklagten zu verpflichten, die von ihnen ab 1. Juni 2000 eingereichten Verordnungen nach den Bedingungen und Vergütungssätzen des zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrages bis zum Abschluss eines neuen Vertrages zu bewilligen und abzurechnen.

Demgegenüber haben die Beklagten darauf hingewiesen, der gekündigte Vertrag enthalte keine Bestimmung über seine Fortgeltung bis zum Abschluss eines neuen Vertrages. Er sei dem Privatrecht zuzuordnen gewesen, weswegen sich auch seine Kündigung nach diesem Recht und nicht nach dem SGB X richte. Ein Grundsatz der Fortgeltung der bisherigen Vertragsmodalitäten im Falle eines vertragslosen Zustandes bestehe nicht. Dass die Beklagten sich zunächst damit einverstanden erklärt hätten, dass einstweilen während der Zeit der Vertragsverhandlungen nach den Bestimmungen des gekündigten Vertrages verfahren werden könne, binde die Beklagten nach Ablehnung ihres Vertragsangebots für die Zukunft nicht. Diese könnten aus der bisherigen Übergangslösung keinen Vertrauensschutz für deren weitere Praktizierung herleiten. Dies sei mit der Vertragsautonomie der Beklagten nicht vereinbar.

Durch Urteil vom 2. August 2002 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Die Kündigung der Verträge zum 31. Dezember 1998 sei rechtswirksam. Auf sie finde noch Privatrecht Anwendung. Ein genereller Fortgeltungsgrundsatz existiere nicht, könne insbesondere nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte gestützt werden. Eine solche Sichtweise entspreche nicht dem "Vertragsmodell" des § 132a SGB V. Den Gerichten sei, zumal das SGB V – bis Ende 2003 – in § 132a SGB V eine Schiedsregelung nicht enthalte, grundsätzlich die Festlegung der streitigen Vergütung nicht zugewiesen. Der Klägerin – und den bisherigen Klägern zu 2) und 3) - bleibe letztlich nur die Möglichkeit, die Bedingungen, die andere Leistungserbringer akzeptiert hätten, auch hinzunehmen oder sich anderen Versicherten, deren Krankenkassen ihnen bessere Abrechnungsmöglichkeiten böten, zuzuwenden, dafür aber von der Behandlung der Versicherten der beklagten Betriebskrankenkassen Abstand zu nehmen.

Gegen das ihr am 25. November 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Dezember 2002 Berufung eingelegt. Soweit sich ihre Klage bisher gegen den Landesverband der Betriebskrankenkassen NORD richtete, greift sie das Urteil vom 2. August 2002 nicht an. Soweit das Sozialgericht ihre auf Seite 6 des erstinstanzlichen Urteils wiedergegebenen Klageanträge zu 2) bis 5) abgewiesen hat, verfolgt die Klägerin diese Anträge mit dem Rechtsmittel nicht weiter.

Die Klägerin hält daran fest, der gekündigte Vertrag habe dem öffentlichen Recht unterlegen. Es treffe nicht zu, dass der Gesetzgeber des § 132a SGB V darauf gebaut habe, der angemessene Preis für die streitigen Leistungen werde sich im freien Spiel der Kräfte am Markt schon herausbilden. Die Preisbildung habe sich ausschließlich nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 12, 70 SGB V zu richten, weshalb sie Anspruch auf Vereinbarung und Zahlung kostendeckender, ihren Pflegebetrieb sichernder Preise habe. Die Beklagten hätten mit ihr keineswegs ausführliche Vertragsverhandlungen vor ihrer Erklärung vom 4. Mai 2000 geführt. Sie hätten nicht überzeugend dargetan, dass ihnen das Festhalten an den bisherigen Preisen nicht länger zuzumuten sei. Angesichts der nunmehr öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander widerspreche das Verhalten der Beklagten, vor allem deren Preisdiktat, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Im Übrigen verkenne das Sozialgericht, dass sie – die Klägerin – sich den von den Beklagten angebotenen Vergütungsabsenkungen – wenn auch mit von den Beklagten unter dem 27. Juli 2000 zurückgewiesenen Schreiben vom 7. Juli 2000 - unter Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung unterworfen habe. In der Zeit ab 1. Juni 2000 bis 2002 habe sie für Versicherte der beklagten Betriebskrankenkassen Leistungen der häuslichen Krankenpflege in der Größenordnung von etwa 9.000 EUR erbracht, die ihr – unstreitig - von den Beklagten nicht vergütet worden seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2002 zu ändern und die Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin ab 1. Juni 2000 eingereichten Verordnungen nach den Bedingungen und Vergütungssätzen des zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrags bis zum Abschluss eines neuen Vertrags zu bewilligen und abzurechnen.

Die Beklagten zu 1) bis 5) und 7) bis 16) beantragen,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2002 zurückzuweisen.

Sie halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. An der Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung der Verträge zum 31. Dezember 1998 könne kein Zweifel bestehen, zumal § 69 SGB V Verträge der vorliegenden Art erst ab 1. Januar 2000 dem öffentlichen Recht zuordne. Der geltend gemachte Anspruch könne nicht mit Erfolg auf §§ 12, 70 SGB V gestützt werden. Im Übrigen lasse sich dem eigenen Vorbringen der Klägerin entnehmen, dass sehr wohl ausreichende Vertragsverhandlungen – allerdings nicht mit dem von ihr gewünschten Ergebnis – stattgefunden hätten. Die jüngere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stütze ihren – der Beklagten - Standpunkt. Hiernach besitze ein Leistungserbringer keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots durch eine oder mehrere Krankenkassen, solange er jedenfalls nicht durch die Ablehnung gegenüber anderen Leistungserbringern diskriminiert werde (BSG 21.11.2002 – B 3 KR 14/02 R, BSGE 90, 150, 152f = SozR 3-2500 § 132a Nr 4, S 14; 27. 5. 2004 – B 3 KR 29/03 B).

Die Beklagte zu 6) hat keinen Antrag gestellt. Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Gerichtsakten S 21 KR 306/00 ER/L 1 B 42/01 ER (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2003) und der von der Klägerin eingereichten Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).

Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 16) zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand ist lediglich, ob die Beklagten die bei ihren Versicherten von der Klägerin über den 31. Mai 2000 hinaus erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege dem Grunde nach auf der Basis der zwischen den Beteiligten 1994 abgeschlossenen – inhaltsgleichen - Verträge bewilligen und abrechnen müssen. Streitig ist nicht, ob und in welcher Höhe diese Leistungen möglicherweise nach anderweitigen Rechtsgrundsätzen – etwa nach Bereicherungsgrundsätzen (Wertersatz) iSd §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - bewilligungs- und vergütungsfähig sind. Die Klägerin hat deshalb eine auf einen konkreten Zahlbetrag gerichtete Leistungsklage auch nicht erhoben, obwohl sie nach eigenen Angaben Leistungen der häuslichen Krankenpflege über den 31. Mai 2000 hinaus bei Versicherten der Beklagten nur bis in das Jahr 2002 hinein erbracht hat. Ihr geht es allein darum, ob ihr aus dem zum 21. Dezember 1988 gekündigten Rechtsverhältnis weiter Ansprüche zustehen.

Die von der Klägerin über den 31. Mai 2000 hinaus erbrachten streitigen Leistungen sind weder auf Grund eines etwa wegen unwirksamer Kündigung über den 31. Dezember 1998 weiter geltenden Vertrages noch auf Grund eines "Grundsatzes der Weitergeltung gekündigter Verträge bis zum Abschluss eines neuen Vertrags" oder auf Grund von Vertrauensschutzgesichtspunkten nach den Bedingungen und Vergütungssätzen des Vertrages von 1994 abzurechnen. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, entsprechende Leistungen, die die Klägerin auf Grund genehmigungsfähiger ärztlicher Verordnungen bei ihren Versicherten erbracht hat, unter Anwendung der vertraglichen Regelungen zu bewilligen und zu vergüten.

Ein Anspruch aus Vertrag besteht nicht. Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die 1994 zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Verträge, die eine für den Fall der Kündigung eingreifende Übergangsvergütungsregelung nicht enthalten, im Juni 1998 wirksam zum 31. Dezember 1998 – Kündigungsfrist 6 Monate - gekündigt worden sind. Diese Kündigung bedurfte nicht einer Begründung iSd Sollbestimmung des § 59 Abs. 2 Satz 2 SGB X, denn sie betraf keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Verträge der in Rede stehenden Art unterlagen bis Ende 1999 dem Privatrecht (vgl. GmSOGB 10. 4. 1986 – 1/85, SozR 1500 § 51 Nr 39), das keine Begründung für das einseitige Rechtsgeschäft der (ordentlichen) Kündigung verlangt. Schon deshalb brauchten die Beklagten mit der Kündigung gegenüber der Klägerin nicht darzulegen, aus welchen Gründen – insbesondere wegen welcher wirtschaftlichen Kalkulationen und Erwägungen – sie an den Verträgen nicht mehr fest halten wollten. Davon, dass Verträge nach § 132a SGB V ab 1. Januar 2000 auf Grund der Änderung von § 69 SGB V dem öffentlichen Recht zugehören, wird die Rechtmäßigkeit der 1998 ausgesprochenen Kündigung vorher abgeschlossener Verträge nicht berührt. Soweit Schwerdtfeger ("Die grundrechtsgeleitete Pflegeberechtigung der privaten Pflegedienste in der häuslichen Krankenpflege (§ 132a SGB V)", Dezember 2000) den Krankenkassen das Recht abspricht, Verträge mit pflegeberechtigungsbeendender Wirkung "ordentlich" zu kündigen, vermag der Senat für diese Auffassung dem geltenden Recht keinen Anhalt zu entnehmen. Jedenfalls bedurften die Kündigungen der hier in Rede stehenden – ein ordentliches Kündigungsrecht ausdrücklich vorsehenden - Verträge nicht des Vorliegens der Voraussetzungen der wesentlichen Änderung der Verhältnisse oder schweren Nachteile für das Gemeinwohl, wie sie § 59 Abs. 1 SGB X in besonderen Fällen für die Anpassung und Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge fordert.

Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf einen "Fortgeltungsgrundsatz" gestützt werden. Die 1994 abgeschlossenen Verträge wirken nach erfolgter Kündigung und Ablauf des Jahres 1998, jedenfalls über den 31. Mai 2000 hinaus, nicht mehr unmittelbar fort. Denn für die daran anschließende Zeit hatten die Beklagten unmissverständlich klargestellt, dass sie nicht mehr zur Abrechnung nach den alten Vertragssätzen bereit waren. Die Beklagten haben sich entsprechend auch verhalten. Ein "Fortgeltungsgrundsatz" lässt sich auch nicht aus der Pflicht der Beklagten zur Versorgung der Versicherten gem. § 70 Satz 1 SGB V herleiten. Danach haben die Krankenkassen und die Leistungserbringer zwar eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Daraus erwächst der Klägerin vorliegend aber kein Anspruch auf Fortgeltung der bisherigen Verträge. Abgesehen davon, dass die Beklagten im Frühjahr 2000 unwidersprochen erklärt haben, dass die Versorgung ihrer Versicherten durch andere Pflegedienste als die des QaB bzw. der Klägerin sichergestellt war, weswegen die Annahme eines Fortgeltungsgrundsatzes in Konflikt mit dieser Sachlage geriete, besagt § 70 SGB V jedoch auch nichts über die (für Verträge nach § 132a SGB V) maßgeblichen Preise (vgl. BSG 25.9.2001 – B 3 KR 15/00 R, SozR 3-2500 § 132a Nr 1 = Breithaupt 2002, 511). Eine generelle Fortgeltung wirksam gekündigter Verträge bis zum Abschluss neuer Verträge griffe in die Vertragsautonomie der Krankenkassen oder Leistungserbringer ein, weil sie stets demjenigen Vertragspartner zum Vorteil gereichte, der damit rechnen müsste, die ihm bisher günstige Vertragsposition nach neuen Verhandlungen nicht halten zu können. Das Sozialgericht weist deshalb zu Recht darauf hin, dass in Fällen wie diesem das Interesse an Neuverhandlungen erlahmen und den Krankenkassen erschwert würde, marktgerechte, möglichst günstige Bedingungen auszuhandeln. Ein so verstandener "Fortgeltungsgrundsatz" liefe faktisch auf den Ausschluss der Wirksamkeit jeder Kündigung in den fraglichen Angelegenheiten und damit auf den Ausschluss der Beendigungsmöglichkeit einmal abgeschlossener Verträge hinaus (BSG 13. 5. 2004 – B 3 2/03 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 vorgesehen).

Die weitere Anwendung der 1994 vereinbarten vertraglichen Regelungen über den 31. Mai 2000 hinaus lässt sich auch nicht auf die die Beklagten bindende Erklärung des BKK-Landesverbandes NORD vom 23. Dezember 1999 stützen. Zwar vertritt die Klägerin auch heute noch die Auffassung, dass ein vertragsloser Zustand über den 31. Mai 2000 hinaus nicht vorliege, weil eine wirksame Vertragskündigung nicht erfolgt sei, so dass zwischen den Beteiligten diese sie interessierende Rechtsfrage noch nicht "geklärt" ist. Das verleiht der Klägerin aber nicht die Berechtigung, über den 31. Mai 2000 hinaus unter Hinweis auf die Erklärung vom 23. Dezember 1999 die Bewilligung und Abrechnung nach dem gekündigten Vertrag zu verlangen. Denn die Erklärung des damals die Beklagten vertretenden Landesverbandes der Betriebskrankenkassen NORD vom 23. Dezember 1999 stellt eine einseitige Erklärung – keinen Vertrag - dar und band die Beklagten allenfalls "bis auf weiteres", nämlich - aus Vertrauensschutzgründen - bis zu ihrem Widerruf. Sie verlor ihre Geltung, nachdem die Klägerin, vertreten durch den QaB, das Vertragsangebot vom 3. März 2000 mit Schreiben vom 28. April 2000 ausgeschlagen hatte und ihr per Schreiben an den QaB vom Landesverband der Betriebskrankenkassen NORD unter dem 4. Mai 2000 – unter dem 8. Mai 2000 aber auch selbst - mitgeteilt worden war: "Ab dem 1. Juni 2000 werden die Hamburger Betriebskrankenkassen keine Verordnungen, die Ihre Pflegedienste im Bereich der Häuslichen Krankenpflege betreffen, mehr bewilligen. Eine Ausnahme besteht lediglich bis zum Ende des laufenden Verordnungszeitraumes. Diese Fälle werden selbstverständlich noch beglichen".

Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die Behauptung stützen, dass die Beklagten keine ernsthaften Vertragsverhandlungen aufgenommen hätten und dass ihre Leistungen deshalb nach den gekündigten Vertragsbedingungen zu vergüten seien. § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt lediglich, dass die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung schließen, trifft darüber hinaus aber keine Regelung, auf welchem Wege (etwa durch wechselseitige Schriftsätze oder persönliche Zusammenkünfte) und durch welche Verhandlungsgestaltung diese Verträge geschlossen werden. Das bleibt den Beteiligten überlassen. Selbst wenn aber eine Krankenkasse nach Auffassung des Leistungserbringers die Verhandlungen hinauszögert oder zu erkennen gibt, dass sie an einem (baldigen) Abschluss eines Folgevertrages nicht ernsthaft interessiert ist, erwächst daraus nicht zwingend ein Anspruch des Leistungserbringers auf Vergütung etwa zwischenzeitlich von ihm erbrachter Leistungen nach den Buchstaben der gekündigten Verträge. Eine solche Annahme würde die Wirkung einer Vertragskündigung unangemessen aushöhlen und die Vertragsautonomie der Krankenkassen beseitigen. Abgesehen davon rechtfertigt der vorliegende Sachverhalt nicht die Feststellung, dass von Seiten der Beklagten keine Maßnahmen unternommen wurden, um einen neuen Vertragsabschluss herbeizuführen. Die Klägerin hat im Übrigen auch nicht überzeugend dargelegt, dass ihr ein Rechtsanspruch auf Abschluss eines neuen Vertrages mit dem Inhalt des alten, gekündigten Vertrages zustehe, den die Beklagten rechtswidrig verweigerten. Das Gericht könnte nämlich allenfalls ausnahmsweise dann, wenn die Klägerin selbst einen Vertragsentwurf vorlegte und die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer diesen Vertragsentwurf akzeptierenden Willenserklärung entsprechend § 894 Zivilprozessordnung begehrte (vgl. hierzu BSG 24. 9. 2002 – B 3 P 14/01 R, SozR 3-3300 § 72 Nr 2, S 5; 23. 7. 2002 – B 3 KR 63/01, SozR 3- 2500 § 111 Nr 3, S 16), diesem Gesichtspunkt näher treten. Das setzte allerdings voraus, dass ein anderer Vertragsinhalt als der dann von der Klägerin vorgelegte für sie schlechterdings nicht zumutbar, sondern diskriminierend wäre. Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin dem Senat indes nicht unterbreitet, so dass auch insoweit die streitigen Leistungen nicht nach dem "materiellen" früheren Vertragsrecht vergütet werden können.

Zwar hat ein Leistungserbringer, der die qualitativ-fachlichen, personellen und räumlichen Voraussetzungen erfüllt, vom Grundsatz her einen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages. Die Preisgestaltung und das konkrete Abrechnungsverfahren sind dabei jedoch "Einzelheiten" iSd § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V, die der besonderen vertraglichen Vereinbarung unterliegen. Daraus folgt, dass ein Leistungserbringer keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots durch eine oder mehrere Krankenkassen besitzt, jedenfalls solange er durch die Ablehnung gegenüber anderen Leistungserbringern nicht diskriminiert wird. Davon kann hier keine Rede sein, weil eine nennenswerte Zahl anderer Pflegedienste Verträge mit dem Inhalt des Vertragsangebots der Beklagten abgeschlossen hat und nicht erkennbar ist, dass die Fortführung dieser Pflegebetriebe unter diesen Voraussetzungen nicht möglich ist.

Soweit die Klägerin ausführt, sie habe im Juli 2000 das Angebot der Betriebskrankenkassen nicht rundweg abgelehnt, sondern unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung akzeptiert, ist schon nicht verständlich, wodurch hiermit der Klaganspruch gestützt werden soll. Abgesehen davon, dass eine Vertragsannahme unter ausdrücklichem Vorbehalt einen Vertrag nicht wirksam zustande kommen lässt, hat die Klägerin unter dem 7. Juli 2000 auch nur das modifizierte Vertragsangebot der Beklagten vom 12. April 2000, an das sich die Beklagten nicht mehr gebunden sahen, weil sie der Klägerin inzwischen das Vertragsangebot vom 28. Juni 2000 unterbreitet hatten, unter Vorbehalt akzeptiert und keineswegs ein Vertragsangebot, dessen Konditionen mit denen des gekündigten Vertrages identisch waren. Schon deshalb kann daraus ein Recht auf Vergütung nach dem gekündigten Vertrag nicht hergeleitet werden.

Wegen des zwischen den Beteiligten bestehenden vertragslosen Zustandes weist der Senat für die Zeit ab 1. Januar 2004 darauf hin, dass gem. § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V - eingefügt durch das Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) - in den Verträgen zu regeln ist, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung hierzu allerdings übereinstimmend erklärt, dass Verträge über das Schiedsverfahren in Hamburg insoweit noch nicht existieren.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG in der bis einschließlich 1. Januar 2002 geltenden Fassung.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
Saved